Titel: Verfahren zur Erzeugung von Stahl aus Roheisen und Eisenerz; von Rochussen aus Abchurch-lane und Daelen aus Neuß (früher auf dem Eisen- und Stahlwerk zu Hörde).
Fundstelle: Band 209, Jahrgang 1873, Nr. LXX., S. 416
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LXX. Verfahren zur Erzeugung von Stahl aus Roheisen und Eisenerz; von Rochussen aus Abchurch-lane und Daelen aus Neuß (früher auf dem Eisen- und Stahlwerk zu Hörde). Aus dem Engineer, April 1873, S. 249. Mit einer Abbildung auf Tab. VI. Rochussen und Daelen, Verfahren zur Erzeugung von Stahl aus Roheisen und Eisenerz. Das Verfahren, welches die Genannten sich kürzlich in England patentiren ließen, besteht darin, daß man bei der Umwandlung von Roheisen in Stahl im Bessemer-Converter zugleich aus Eisenerz, welches man ebenfalls in den Converter gebracht hat, eine gewisse Menge Stahl erzeugt, und daß man auf diese Weise nicht nur von jeder Roheisencharge eine viel größere Menge Stahl gewinnt, sondern auch, indem der zur Verbrennung des Kohlenstoffes etc. des Roheisens erforderliche Sauerstoff zum großen Theil aus dem Eisenerz genommen wird, für die selbe Menge von producirtem Stahl erheblich (im Verhältniß von 8 zu 5) weniger Wind gebraucht. Man erreicht dieß, indem man den Converter vor jeder Operation mit Eisenerz ausfüttert, wie es bei dem Danks'schen Puddelofen geschieht. Das Eisenerz bewirkt, wenn es mit dem geschmolzenen Roheisen bedeckt ist, die Oxydation des Kohlenstoffes desselben zu Kohlenoxydgas. Man läßt nun so viel Luft in den Converter eintreten, daß nicht nur das Silicium des Roheisens, sondern auch das Kohlenoxydgas verbrennen kann. Da die Verbrennung des letzteren in dem Metallbade selbst erfolgt, so kommt die dabei erzeugte Wärme demselben ebenfalls zu gute, während bei dem gewöhnlichen Bessemerproceß das Kohlenoxydgas hauptsächlich – durch Einwirkung des durch Verbrennen von Eisen entstandenen Eisenoxydes auf den Kohlenstoff – an der Oberfläche des Bades entsteht und also, in so weit es überhaupt verbrennt, erst verbrennt, nachdem es das Bad schon verlassen hat. Da die Bildung von Kohlenoxydgas beim Beginn einer Operation nicht sehr lebhaft seyn wird, der Wind aber einen starken Druck haben muß, damit eine rasche Verbrennung des Siliciums erzielt werde, so wird es nothwendig seyn, anfangs mit kleinerer Gebläseöffnung zu arbeiten, und dieselbe erst zu vergrößern, wenn, in Folge der eingetretenen Steigerung der Hitze, die Bildung von Kohlenoxydgas reichlicher geworden ist. Man muß dann so viel Luft einblasen, daß alles Kohlenoxydgas in dem Metallbade verbrennen kann. Das Bad wird auf diese Weise viel stärker erhitzt, als bei dem gewöhnlichen Bessemerproceß; denn es wird nicht nur das Kohlenoxydgas innerhalb desselben verbrannt, sondern es wird auch das Entweichen von freiem Sauerstoff oder vielmehr überschüssiger Luft, welches jetzt in der ersten Periode der Operation, – wo fast bloß Silicium verbrennt, bis eben durch die Verbrennung dieses Elementes die Hitze so weit gestiegen ist, daß auch die anderen Reactionen beginnen können –, stattfindet, und wodurch ein großer Theil der Wärme nutzlos fortgeführt wird, vermieden. Diese Methode wird besonders vortheilhaft seyn, wenn man das Roheisen direct aus dem Hohofen nimmt, weil dasselbe in diesem Fall schon an sich heißer ist, als wenn es in einem Kupolofen umgeschmolzen wurde, und weil es auch noch kein Silicium verloren hat. Durch die Art und Weise, wie die Patentträger das Erzfutter in dem Converter anordnen, reguliren sie die in den verschiedenen Perioden der Operation in das Metallbad eintretende Luftmenge so, daß im Anfange nicht zu viel Luft vorhanden ist, daß aber in dem Maaße, als mehr Kohlenoxyd entsteht, auch mehr Luft in das Bad eindringt, und daß immer so viel Sauerstoff vorhanden ist, daß das Kohlenoxydgas innerhalb desselben verbrennen kann. Die Anordnung des Futters, zu dessen Herstellung das Erz zuvor in kleine Stücke zertheilt und mit etwas Bindemittel zu einer plastischen Masse angemacht wird, ist aus Figur 16, welche einen für den in Rede stehenden Proceß bestimmten Converter im Verticaldurchschnitt darstellt ersichtlich. Beim Beginn der Operation sind die äußeren Düsen mit dem Futter bedeckt, also verschlossen; indem das Eisenbad aber das Erz mehr und mehr reducirt und zum Schmelzen bringt, werden sie frei. In der zweiten Periode der Operation wird also Luft genug in das Metallbad eindringen, um das nun in großer Menge entstehende Kohlenoxydgas zu verbrennen, wogegen beim Beginn der Operation nur wenig Luft, aber unter starkem Druck und nöthigenfalls vorher erhitzt, eintritt. Damit man das Erzfutter ohne Schwierigkeit anbringen könne, wird der Converter so construirt, daß man das Bodenstück mit dem Windkasten bis zum Ringe von dem oberen Theile des Converters trennen kann. Das äußere Futter besteht, wie gewöhnlich, aus feuerfestem Material; das Erz wird erst eingestampft, nachdem dieses Futter getrocknet und erhitzt ist. Für jeden Converter können mehrere Bodenstücke, mit Erz gefüttert, getrocknet und angewärmt, in Bereitschaft gehalten werden, und wenn eine Charge fertig ist, und eine neue Charge in Arbeit genommen werden soll, wird das bisher benutzte Bodenstück durch eines derselben ersetzt. Die Production eines in der beschriebenen Weise vorgerichteten Converters geben die Patentträger an, wie folgt: 8 Tonnen Fütterungserz von 60 Proc. Eisengehalt, aber nur 50 Proc. Eisen hergebend, und 4 1/2 Tonnen Roheisen, welche man vom Hohofen oder Kupolofen aus demselben hinzufügt, liefern, wenn auch 15 Proc. des letzteren bei dem Einblasen von Luft verbrennen, 7 3/4 Tonnen Bessemerstahl. Nach Angabe unserer Quelle wird jetzt auf dem Continent eine Anzahl solcher Converter aufgestellt.

Tafeln

Tafel Tab. VI
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