Titel: | Ueber ein neues Verfahren des Färbens und Druckens mit Indigo; von P. Schützenberger und de Lalande. |
Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. LXXVI., S. 446 |
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LXXVI.
Ueber ein neues Verfahren des Färbens und
Druckens mit Indigo; von P. Schützenberger und de Lalande.
Schützenberger und de Lalande, neues Verfahren des Färbens und
Druckens mit Indigo.
Das Indigblau wird von dem unterschwefligsauren Natron in einer alkalischen
Flüssigkeit schon in der Kälte fast augenblicklich zu Indigweiß reducirt. Die
Genannten schlagen vor, diesen Umstand in der Färberei und Druckerei zu
benutzen.
1) Anwendung des unterschwefligsauren Natrons beim Färben mit
Indigo. – Die Küpen, welche man jetzt in der Färberei gewöhnlich
anwendet, sind bekanntlich die Vitriolküpe für vegetabilische Faserstoffe und die
auf der Reduction des Indigo's durch eine Gährung beruhenden warmen Küpen für Wolle.
Die Vitriolküpe bietet aber den Uebelstand dar, daß sie einen voluminösen
Niederschlag von Gyps und Eisenoxyd enthält, den man vor dem Färben immer erst sich
absetzen lassen muß, und die warmen Küpen sind schwierig zu führen, und Unfällen,
bekannt unter dem Namen des Durchgehens, ausgesetzt, welche in einigen Stunden den
Verlust des ganzen in einer Küpe enthaltenen Indigo's herbeiführen können.
Die Küpe mit unterschwefligsaurem Natron, welche die Verf. statt der bisher benutzten
zum Färben sowohl der vegetabilischen als der animalischen Faserstoffe anzuwenden
vorschlagen, wird in folgender Weise dargestellt.
Eine Lösung von zweifach-schwefligsaurem Natron von 30 bis 35°
Baumé bringt man in einem verschlossenen Gefäße mit gewundenen Streifen von
Zinkblech oder mit granulirtem Zink in Berührung, und zwar, damit das Zink
allenthalben auf das Salz wirken könne, in solcher Weise, daß ersteres durch den
ganzen mit der Lösung gefüllten Raum des Gefäßes sich erstreckt, ohne jedoch in
Wirklichkeit mehr als ein Viertel desselben einzunehmen. Nach Verlauf von ungefähr
einer Stunde gießt man die Flüssigkeit zu überschüssiger Kalkmilch, welche die
Zinksalze fällt. Man rührt um und trennt die klare Flüssigkeit von dem
Niederschlage, entweder durch Filtriren und Auspressen oder durch Decantiren nach
vorherigem Zusatz von Wasser. Diese Operationen müssen so viel als möglich bei
Abschluß der Luft ausgeführt werden.
Indem man die so erhaltene Flüssigkeit, welche im Wesentlichen eine Lösung von
unterschwefligsaurem Natron oder Natronhyposulfit seyn dürfte,Die Verf. nennen das entstandene Salz in Gemäßheit ihrer Betrachtungsweise
der Constitution desselben, „hydrosulfite
de soude“. mit dem gemahlenen Indigo und der zur Auflösung des Indigweiß erforderlichen
Menge von Kalk oder Natron vermischt, erhält man unmittelbar eine gelbe Lösung,
welche nur die aus dem Indigo herrührenden erdigen Stoffe als unlösliche Theile
enthält. Man kann auf auf diese Weise den Indigo so reduciren, daß man eine sehr
concentrirte Küpe erhält, z.B. aus 1 Kilogrm. Indigo eine Küpe, deren Volum nicht
mehr als 10 bis 15 Liter beträgt.
Um zu färben, gießt man in die mit Wasser gefüllte Färbeküpe eine gewisse Menge der
auf die beschriebene Art erhaltenen Lösung von reducirtem Indigo. Das Färben der
Baumwolle geschieht kalt, das Färben der Wolle in gelinder Wärme. Da die Küpe in
ihrer ganzen Höhe klar ist, so kann man ohne Zeitverlust färben. Die Blume, welche
an der Oberfläche der Küpe entsteht, wird durch das in derselben enthaltene
überschüssige Natronhyposulfit beständig wieder reducirt. Das Speisen der Küpe
erfolgt während der Arbeit, indem man ihr nach und nach wieder eine Portion der
concentrirten Lösung von reducirtem Indigo zusetzt. Wegen dieser Leichtigkeit, die
Küpe beliebig concentrirt zu erhalten, kann man alle Nüancen von Blau, welche man zu
erlangen wünscht, durch die geringste Anzahl von Zügen darstellen.
Diese Küpe zeichnet sich, zum Färben der Baumwolle angewendet, durch Leichtigkeit und
Schnelligkeit der Arbeit aus; bei der Anwendung zum Färben der Wolle gewährt sie
außerdem den Vortheil, daß jede Gefahr des Durchgehens vermieden ist. Sie liefert
ächtere und reinere Farben, als die bisherigen Küpen, und man kann durch sie auch
leicht sehr helle blaue Gründe auf Wolle erhalten, welche man gewöhnlich mit dem
weniger ächten Indigcarmin darstellt.
2) Anwendung des unterschwefligsauren Natrons beim Drucken mit
Indigo. – Das Verfahren, welches man jetzt beim Druck mit Indigo,
behufs der Darstellung von Aechtblau, anwendet, besteht
darin, daß man auf das Gewebe Indigweiß oder Indigweiß Zinnoxydul aufdruckt, die man
erhält, indem man eine Zinnküpe mit Salzsäure fällt, oder indem man den klaren Theil
einer Vitriolküpe mit einer Mischung von Salzsäure und Zinnsalz versetzt. Nachdem
dieser Niederschlag, mit Gummi verdickt, aufgedruckt ist, fixirt man ihn mittelst
einer Passage durch Kalkmilch, worauf Passagen durch ein Chlor-, ein
Schwefelsäure- und ein Seifenbad folgen. Diese Fabrication ist schwierig,
kitzelig und kostspielig. Nur durch fortdauernde Aufmerksamkeit kann man das
Auslaufen der Farbe während der Passage durch Kalk verhüten, und es wird nur ein ziemlich
kleiner Theil des auf das Gewebe gebrachten Indigo's wirklich fixirt.
Die zahlreichen Versuche, welche man bisher angestellt hat, um dieses Verfahren durch
andere Methoden zu ersetzen – Fayenceblau, Schilderblau, Aufdruck einer
concentrirten Küpe bei Abschluß der Luft, nämlich in einer Atmosphäre von Leuchtgas,
– haben nicht vollständig zum Ziele geführt.
Das neue Verfahren, welches die Verf. fabrikmäßig erprobt haben, besteht im
Wesentlichen in dem Aufdruck einer angemessen concentrirten und verdickten Indigküpe
(alkalischer Lösung von reducirtem Indigo); die Farbe enthält außerdem einen großen
Ueberschuß von Natronhyposulfit. Die Gegenwart dieses Salzes bewirkt, daß das
Indigweiß, welches während der Arbeit der Walze sich zu oxydiren strebt, beständig
im völlig reducirten Zustande bleibt; dieses Salz ersetzt also, und zwar mit sehr
großem praktischem Vortheil, das Leuchtgas, dessen Anwendung man so sehr angepriesen
hat. Der Druck geschieht an der Luft mit den gewöhnlichen Maschinen, und die
Oxydation ist so wenig hervortretend, daß die in dem Trog einer Maschine enthaltene
Farbe, nachdem man die Maschine eine Stunde lang hat leer gehen lassen, noch gelb,
also der Indigo darin noch im reducirten Zustande ist. Indem man den Indigo im gelösten Zustande aufdruckt, veranlaßt man
andererseits die unmittelbare Fixirung des Farbstoffes und die wirkliche Benutzung
fast der ganzen Menge desselben. Man gebraucht daher für dieselbe Nüance von Blau
viel weniger Indigo, als bei dem bisherigen Verfahren; die Erfahrung hat gezeigt,
daß die Ersparniß an Indigo 50 bis 60 Proc. beträgt. Ueberdieß ist das nach dem
neuen Verfahren erhaltene Blau ächter, und der Druck reiner. Das neue Blau kann, da
es nach dem Druck keine Behandlung behufs der Fixirung nöthig hat, gleichzeitig mit
den meisten anderen Farben, wie Anilinschwarz, Krappfarben, Catechufarben, Farben
mit Chrom, mit Eiweiß etc., gedruckt werden. Man kann auch neue Arten von Mustern
bilden, welche auf andere Weise schwierig auszuführen sind.
Die neue Farbe wird erhalten, indem man eine hinreichend concentrirte Lösung von
Indigweiß in einem Alkali oder einem anderen alkalischen Körper mit Gummi oder
irgend einer anderen Substanz verdickt und der Mischung eine genügende Menge von
Natronhyposulfit hinzu fügt. Nach dem Druck läßt man den Indigo sich oxydiren, indem
man die Stücke 12 bis 24 Stunden lang in der Hänge aufhängt; zuletzt wäscht und
seift man. (Bulletin de la Société chimique de
Paris, t. XX p. 7; polytechnisches
Centralblatt, 1873 S. 1038.)