Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. , S. 394 |
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Miscellen.
Miscellen.
Wiener Welt-Ausstellung 1873.
Erklärung.
Durch die Zeitungen und durch spätere Mittheilungen mehrerer Herren Aussteller bin
ich in die Kenntniß gelangt, daß Hr. Friedrich Vincenz Edler von Dewald, „Director des Wiener Kunstinstitutes: Atelier für
Aquarellen, Porträt-Malerei, Kalligraphie und zeichnende
Künste“ in den Kreisen der Aussteller Beiträge sammelt,
„für eine mir als Ehrengeschenk zugedachte im großartigsten Style und
hervorragenden künstlerischen Weise in Aquarell ausgeführte
Anerkennungsadresse“, die in eine „mit orientalischer
Pracht ausgestattete Enveloppe gelegt werden soll und wozu vorläufig zwanzig
tausend Gulden österr. Währ. projectirt seyen.“
Ich erkläre hiermit, daß ich diese Adresse nicht annehmen
werde, und bitte demzufolge die geehrten Herren Aussteller, welche an der
in Rede stehenden Sammlung von Geldbeträgen und Unterschriften sich betheiligt
haben, dieselben zurückziehen und für ihre mir bei diesem Anlasse bethätigte
freundliche Gesinnung den Ausdruck meines wärmsten Dankes entgegennehmen zu
wollen.
Wien, am 13. September 1873.
W. F. v. Schwarz-Senborn.
Ueber dynamo-elektrische Maschinen; von Dr. W. Siemens.
In einem im Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen gehaltenen Vortrage
sprach Dr. W. Siemens über
die wichtigen Verwendungen, welche die Elektricität auch in anderen Industriezweigen
als in der elektrischen Telegraphie, dem elektrischen Signalwesen und der
Galvanoplastik theils schon finde, theils aller Wahrscheinlichkeit nach künftig in
noch kaum zu übersehendem Maaße zu finden berufen sey. Schon vor langer Zeit haben
zwar Wagner, Jacobi und Andere versucht, den durch
galvanische Batterien erzeugten galvanischen Strom anstatt des Dampfes als
Triebkraft zu benutzen. Diese Versuche aber mußten scheitern, theils weil das
„elektrische Brennmaterial“, das Zink, zu theuer im
Vergleich zur Kohle ist, und theils weil der Nutzeffect desselben sich in schneller
Progression mit der von ihm geleisteten Arbeit so mindert, daß die
elektromagnetischen Arbeitsmaschinen einen mit ihrer Größe abnehmenden Nutzeffect
des zur Erzeugung der elektrischen Ströme verbrauchten Zinkes ergeben. Dazu kommt
noch die Schwierigkeit, Kostspieligkeit und Unbequemlichkeit der Beschaffung und
Instandhaltung der erforderlichen galvanischen Batterien, welche die Techniker,
vielleicht mehr als billig, zurückschreckten, und den hauptsächlichen Grund
bildeten, warum sich die Elektricität als Hülfskraft in andere Industriezweige so
schwer einbürgert. Man hat zwar schon seit langer Zeit und in vielen Fällen mit
bestem Erfolge versucht, die Ströme galvanischer Batterien durch Inductionsströme zu
ersetzen, welche in den Umwindungsdrähten von Elektromagneten durch die Einwirkung
kräftiger Stahlmagnete, an denen dieselben vorbeigeführt werden, entstehen; doch
haben diese „magnet-elektrischen“ Maschinen, wenn
kräftige Wirkungen erzielt werden sollen, zu große Dimensionen, und die Stahlmagnete
verlieren bald ihre Kraft. Siemens hat nun bereits vor
mehreren Jahren eine sogenannte „dynamo-elektrische“
Maschine erfunden, welche sich von den magnet-elektrischen Maschinen
wesentlich dadurch unterscheidet, daß die Stahlmagnete ganz beseitigt und durch
einen Elektromagnet ersetzt sind. Da das weiche Eisen dieses Elektromagnetes stets
eine geringe Menge Magnetismus zurückbehält, so vertritt es bei Beginn der
Thätigkeit der Maschine die Stelle eines schwachen Stahlmagnetes, erzeugt also
schwache Ströme in den Windungen des zweiten Stromerzeugungs-Elektromagneten.
Diese Ströme durchlaufen in gleicher Richtung die Windungen des ersten Magneten und
vergrößern seinen Magnetismus. Der stärkere Magnetismus erzeugt wieder stärkere
Ströme, diese wieder stärkeren Magnetismus und so fort bis zum Maximum der
Magnetisirung des Eisens.
Es wird bei diesen Maschinen also die bewegende Arbeitskraft direct, d.h. ohne
Vermittelung von permanenten Magneten, in elektrischen Strom umgewandelt. Da der
Elektromagnetismus sehr viel stärker ist als der Stahlmagnetismus, so können sehr
kleine dynamo-elektrische Maschinen sehr starke Ströme erzeugen. Außerdem
kann man die Maschinen in beliebig großen Dimensionen bauen, was bei
magnetelektrischen Maschinen, der gegenseitigen Schwächung der Stahlmagnete wegen,
nicht thunlich ist. Die dynamo-elektrischen Maschinen bieten der Industrie
daher jetzt das Mittel, Ströme jeder Stärke durch
Arbeitskraft zu erzeugen, also die durch Verbrennung von Kohle erzeugte Wärme in
elektrischen Strom zu verwandeln. In sehr einfacher Weise lassen sich auch
magnetische Kuppelungen mit wechselnder Bewegungsrichtung, wie sie für Drehbänke,
Hobelbänke, Walzwerke u.s.w. vielfach in der Mechanik gebraucht werden, herstellen.
Diese Kuppelung beruht darauf, daß ein Elektromagnet einen anliegenden Eisenanker
mit sehr großer Kraft festhält, also an sich drückt, während er ihn aus ganz
geringer Entfernung nur mit sehr geringer Kraft an sich heranzuziehen vermag. Dem
Drucke entsprechend ist die Reibung, mit welcher die Kuppelung ohne alle mechanische
Hülfsmittel ausgeführt wird. Daß diese Reibung auch zur Uebertragung großer
Arbeitskräfte ausreichend groß seyn kann, zeigen die Locomotiven, bei denen die
Reibung zwischen Radkranz und Schiene ebenfalls die alleinige Kuppelung bildet. Siemens machte ferner auf die Benutzung größerer
dynamo-elektrischen Maschinen zu anderen Zwecken aufmerksam. So geben die in
seiner Fabrik gebauten dynamo-elektrischen Leuchtmaschinen, obgleich sie nur
einen Raum von wenig Kubikfußen einnehmen, ein elektrisches Licht von 3000
Normalkerzen Lichtstärke, während die stärksten bisher construirten
magnet-elektrischen Maschinen der Alliance-Compagnie in Paris, trotz
ihrer kolossalen Große, nur bis 500, und das elektrische Licht starker galvanischer
Batterien nur etwa 300 Lichtstärken geben. Dieselben Maschinen lassen sich auch so
construiren, daß sie mächtige Ströme geringer Spannung, wie sie für elektro
chemische Zersetzungen geeignet sind, hervorbringen. Diese mit geringen Kosten in
fast unbegrenzter Stärke hervorzubringenden elektrischen Ströme führen auch der
Metallurgie ein neues wichtiges Hülfsmittel zu. Namentlich glaubt Siemens, daß die galvanische Ausscheidung der Metalle aus
dem geschmolzenen Erze künftig eine wichtige Rolle in der Metallurgie zu spielen
berufen sey. Schließlich macht er darauf aufmerksam, daß die Arbeitskraft, welche
dynamo-elektrische Maschinen erfordern, theoretisch von der wirklichen
Leistung derselben abhängig sey, daß also das anfangs erwähnte hauptsächliche
Hinderniß der Construction ökonomischer Arbeitsmaschinen ganz oder doch
größtentheils fortfalle, wenn man durch dynamoelektrische Maschinen erzeugte Ströme
zum Betriebe von elektrischen Arbeitsmaschinen verwendet. Es sey daher denkbar, daß
man in späteren Zeiten den durch gewaltige dynamo-elektrische Maschinen
erzeugten Strom wie gegenwärtig Gas und Wasser den Häusern zuführen und hier
beliebig zur Licht-, Wärme- und Krafterzeugung verwenden würde.
Feuersignalgeber von Siemens und
Halske in Berlin.
Für das Musterlager der königl. württembergischen
Centralstelle für Gewerbe und Handel ist ein sogen. Feuersignalgeber von Siemens und Halske in Berlin
angekauft worden, welcher dazu dient, daß bei einer Feuertelegraphen-Anlage
von jeder Station aus nach der Centralstation auch von Solchen Signale gegeben
werden können, welche des Zeichengebens durch den Telegraphen nicht kundig sind. Der
Signalgeber kann angewendet werden, wenn auf der Centralstation ein Morse'scher (gewöhnlicher) Schreibapparat sich befindet,
in welchem Fall mehrere solcher Signalgeber in den Leitungskreis eingeschaltet
werden können; derselbe hat im Wesentlichen nachstehende Einrichtung. Im Ruhezustand
geht der von der Centralstation ausgehende Strom durch den Signalgeber; will man nun
von einer gewissen Station aus ein Feuersignal abgeben, so zieht der Wächter einfach
an einem Glockenzug, wodurch das im Inneren des Signalgebers befindliche Laufwerk
und damit ein Contactrad in Bewegung gesetzt wird, welches mit gewissen Einschnitten
versehen ist. Gegen das Contactrad drückt eine Contactfeder, welche bei Berührung
den Strom überträgt, während der Dauer der Einschnitte im Rad aber denselben
unterbricht; mittelst Anwendung eines Relais auf der Centralstation äußern sich die
unterbrochenen Stromleitungen auf dem Schreibapparat in der Weise, daß Punkte oder
Striche je nach der Breite der Berührungsstellen am Contactrad entstehen. Sind die
Stationen mit verschiedenen Contacträdern versehen, so kann auf der Centralstation
sofort diejenige Station erkannt werden, von welcher aus das Signal gegeben worden
ist. – Hierbei ist zugleich die Einrichtung getroffen, daß durch eine am
Apparat angebrachte Nadel eines Galvanoskopes von der Centralstation ein
Verstanden-Zeichen gegeben werden kann, indem die Ablenkung der Nadel nach
rechts oder links einen Punkt oder einen Strich bedeutet, wodurch der Signalgeber
auf der betreffenden Station auf eine einfache für ihn leicht verständliche Welse in
Kenntniß gesetzt wird, ob das Signal richtig verstanden wurde; übrigens ist zu
diesem Zweck auch ein Taster angebracht für Solche, welche diesen handhaben können.
Das Laufwerk muß nach mehrmaligem Gebrauch wie ein Uhrwerk aufgezogen werden.
Der Hauptzweck des Signalgebers ist die Möglichkeit einer schnellen und sicher
verständlichen Meldung einer Feuersgefahr durch Personen, welche des Telegraphirens
unkundig sind, wie dieß für feuergefährliche Plätze, wie Lagerräume, Theater etc.
von großem Werth werden kann. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1873, Nr. 37.)
Sogenannte plastische Kohle zu Filtern; von Prof. V. Kletzinsky.
Zwei Mischungen bewähren sich in praktischer Beziehung am besten. Die eine dieser
Mischungen besteht aus 60 Theilen Kohks, 20 Theilen Spodium (Thierkohle), 10 Theilen
Holzkohle und 10 Theilen Pfeifenthon; die andere dieser Mischungen besteht aus 10
Theilen Kohks, 30 Theilen Spodium, 20 Theilen Holzkohle und 40 Th. Asbest
kurzfaseriger Gattung. Die einzelnen Ingredienzen werden, mit Ausnahme des Asbestes,
fein gepulvert und gesiebt, trocken im richtigen Verhältnisse innig gemischt und
hierauf mit Melasse (Syrup) soweit verbreitet, daß ein plastischer Teig geknetet
werden kann, wozu man ungefähr an Gewicht so viel Melasse braucht, als das Gewicht
des trockenen Pulvers beträgt. Der gut durchknetete Teig wird in Scheiben oder
Cylinder geformt, einige Zeit bei mäßiger Wärme austrocknen gelassen und dann ohne
Luftzutritt in der vorsichtig geheizten Muffel gebrannt. Nach langsam erfolgter
Abkühlung werden die gebrannten Massen in stark verdünnte Salzsäure gelegt, um alle
löslichen Aschensalze auszuziehen und das Schwefeleisen zu zersetzen. Hierauf werden
sie in fließendem Wasser vollständig ausgewaschen, getrocknet und noch einmal in gut
geschlossener Muffel bis zur dunklen Rothgluth erhitzt. Die solchergestalt fertige
Masse wird nun mechanisch vollendet, indem man ihr auf der Drehbank die gewünschte
Form gibt und daraus die Schalen, Becken, Trichter u.s.w. formt.
Sollen geschlossene Hohlräume von dieser Kohle gebildet werden, so kittet man die
zwei erforderlichen Schalenhälften auf folgende Weise: Die abgefallenen Drehspäne
der gewaschenen Masse werden mit reinem Syrup dünn verbreitet und verrieben, den man
sich durch Zerlassen von Raffinadezucker in seinem halben Gewichte Wasser erzeugt;
mit diesem Breie werden die Ränder der aufeinander zu passenden Hälften bestrichen,
alle Fugen damit gut verstrichen und das solchergestalt gekittete Hohlfilter nach
dem Uebertrocknen in geschlossener Muffel bei schwacher Glühhitze gebrannt. Der
schmelzende Zuckerkohk gibt die frittende Substanz ab. Kohks, Thon und Asbest
bedingen die relative Festigkeit und bilden das Gerüste des Filters. Die Holzkohle
bindet vorzüglich übelriechende Gase und Fuselöle, die Stickstoffkohle des Spodiums
übelschmeckende Extractivstoffe und Farbstoffe. Glasröhren, Thon- und
Porzellanröhren und, wenn zulässig, Metallröhren aus Antimonzinn und Antimonblei
lassen sich in die angebohrte Kohlenfiltermasse mittelst plastischen Schwefels, oder
mittelst guter Cemente (Kreide, Thon und Wasserglas) dicht und haltbar
einkitten.
Ohne Bildung von Rauch verbrennendes Heizmaterial
(Pyrolith).
Das mit dem Namen „Pyrolith“ bezeichnete Heizmaterial, auf
dessen Anfertigung T. D. Eagles in London (für B. Bergehausen, J. Phillips und
L. Kiesling
in Cöln) am 27. April
1872 in England ein Patent erhielt, besteht aus einem Gemenge von Holz- oder
Steinkohlenpulver und einem in der Hitze Sauerstoff abgebenden Körper, wie Salpeter,
Kaliumchlorat und dergl. Das Gemenge wird mittelst eines Bindestoffes, wie Gummi,
Stärke oder Wasserglas, zu Kuchen oder Ziegeln geformt, gepreßt und in der Wärme
getrocknet. Dieses Feuerungsmaterial brennt, ohne Rauch zu erzeugen, und bedarf nach
dem Anzünden keiner weiteren Aufmerksamkeit. Es eignet sich somit besonders gut zum
Heizen von Eisenbahn-Waggons.
Die Specification detaillirt schließlich verschiedene, für die Consumtion obiger
Ziegel geeignete Heizvorrichtungen. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1873 S. 773.)
Prof. Zängerle's patentirte
Hydro-Petrol-Lampe (Wasseraufgußlampe),
welche im vorhergehenden Heft S. 260 nach beigegebener
Abbildung beschrieben wurde, wird in drei Größen hergestellt und kann durch E. Lacher in München, (Kaufingerstraße Nr. 5) zu folgenden
Preisen bezogen werden:
Nr. 1.
Nr. 2.
Nr. 3.
7''' Flachbrenner.
10''' Flachbrenner.
10''' Rundbrenner.
14''' Rundbrenner.
Lampe
2.–
2.5
2.10
2.18 Thlr.
Lampe mit Milchglasschirm
2.10
2.15
2.21
3.9 „
Lampe mit Kugel
2.12
2.27
2.21
3.6 „
Hänggestelle mit Blechschirm dazu
– 28
1.4.
1.11 „
Ueber Glasthränen; von V. de
Luynes.
Man nimmt gewöhnlich an, daß das Zerfallen der Glasthränen nach dem Abbrechen des
Schweifes eine Folge der Spannung ist, die durch die inneren Theile derselben auf
die äußere Hülle ausgeübt wird. Die rasch zum Erstarren gebrachte äußere Schicht
schließt noch ausgedehnte heiße Glastheile ein, welche, wenn sie sich frei abkühlen
könnten, nach der gewöhnlichen Annahme ein geringeres Volumen einnehmen würden, als
sie in der That erlangen. Dadurch wird ein Zug auf die äußere Schicht ausgeübt, und
sobald dieselbe an einer Stelle verletzt wird, muß dieser Annahme zufolge der Bruch
erfolgen. Des Verfassers Untersuchungen haben gezeigt, daß dem nicht so ist. Wenn
man eine Glasthräne mittelst eines Fadens so über in einer Platinschale enthaltener
Fluorwasserstoffsäure aufhängt, daß der Schweif eintaucht, so kann man letzteren
ganz auflösen, ohne daß die Glasthräne zerstört wird. Sobald aber die Säure den
dickeren Theil der Glasthräne berührt, wird das Gleichgewicht immer gestört und der
Körper zerfällt in Stücke. Taucht man andererseits die Glasthräne mit dem dicken
Ende in die Säure, so daß der Schweif ganz außerhalb derselben bleibt, so läßt sich
der ganz eingetauchte Theil auflösen, während der Schweif intact bleibt. Läßt man
bei verschiedenen Glasthränen die Einwirkung der Säure verschieden lange dauern, so
zeigt sich, daß der Rest, der noch am Schweife hängen bleibt, nicht mehr die
ursprünglichen Eigenschaften der Glasthräne zeigt. Er zerfällt nicht mehr, wenn man
den Schweif abbricht und hieraus geht hervor, daß die innere Masse des Glases bei
dem in gewöhnlicher Weise bewirkten Zerbrechen ohne Wirkung ist. Diese Versuche
zeigen, daß die Ursache der Stabilität der Glasthräne an der Stelle zu suchen ist,
wo der dicke Körper in den Hals übergeht. Bleibt dieser Theil unverletzt, so bewahrt
auch die Glasthräne ihren Zusammenhang. (Aus den Comptes
rendus, durch chemisches Centralblatt, 1873 S. 210.)
Die Central-Zuckerfabrik in Cambrai.
In Frankreich beginnt das System der unterirdischen Saftleitungen sich immer mehr
Bahn zu brechen, und das „Journal de fabricants de
sucre“ hat vor Kurzem einen Bericht über eine nach diesem
System erbaute Centralfabrik in Cambrai veröffentlicht, der Zeugniß geben soll von
der Großartigkeit einer solchen Einrichtung.
Der Saft wird aus 14 Reibereien, die in einer Entfernung von 7 bis 32 Kilomet. von
der Fabrik liegen, derselben durch eine Saftleitung von 100 Kilomet. Länge und 90
bis 250 Millimet. Durchmesser zugeführt. Demnächst soll die Anzahl der Reibereien
auf 25 erhöht, und es sollen dann im Ganzen 250 Millionen Kilogrm. Rüben verarbeitet
werden. Der zuströmende Saft gelangt zunächst unter eine große Glocke, welche
wiederum mit einer Saftreserve von 5000 Hektolit. Inhalt in Verbindung steht. Aus
der Glocke fließt der Saft in den Saftvorwärmer (mit 400 Quadratmet. Heizfläche) und
von da in die Saturationsgefäße, deren im Ganzen sechs, nämlich vier für die erste
und zwei für die zweite Saturation, vorhanden sind. Die Kohlensäure wird durch acht
Schlangen in die 500 Hektolit. fassenden Saturateure getrieben. Von der zweiten
Saturation fließt der durch Absetzenlassen geklärte Saft vorerst in ein Vorfilter
und sodann in die geschlossenen transportablen Kohlenfilter (8 an der Zahl) von 1
bis 8 Met. Durchmesser und 2 bis 5 Met. Höhe. Der Verdampfapparat besteht aus drei
Körpern von 4,5, 5 und 5,6 Met. Durchmesser. Das Vacuum hat 5,5 Met. im Durchmesser
und eine Höhe von 4 Met. Die Sude beziffern sich auf 6 bis 700 Hektolit.; die
Füllmasse fließt zuerst in zwei Behälter und von da in 16 Centrifugen. Diese Zahlen
liefern wohl einen Beweis von der Großartigkeit der von S. Linard, Erfinder der Reibereien, erbauten Centralfabrik in Cambrai.
(Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1873 S. 202)
Ueber die Nachweisung von Dextrin im arabischen Gummi; von Dr. H. Hager.
Gummi arabicum in sogenannter fein gesiebter Waare
scheint mit Dextrin stark untermischt im Handel vorzukommen. Die Dextrinkörner sind
den Gummikörnern so ähnlich, daß ihre Unterscheidung in dem Gemisch selbst dem
geübtesten Auge schwer fällt. Ein solches, dem Verf. vorgekommenes Gummi war von
ziemlich weißer Farbe und gab mit Wasser eine kaum gefärbte Lösung, welche aber auf
kalische Kupferlösung schon bei 80° C. stark reducirend wirkte und sich durch
dieses Verhalten verdächtig machte. Es war nun zu entscheiden, ob Dextrin und Gummi
in einer Masse vereinigt, oder ob beide Substanzen in kleinen Stückchen, welche die
Größe einer halben Linse hatten, einfach durch einander gemischt seyen. Eine
vergleichende Prüfung mit der Loupe ließ das Letztere vermuthen, was sich auch durch
folgende Probe bestätigte. Der Verf. gab in eine Glasschale mit ebenem Boden und
senkrechter Seitenwand 20 Stückchen des Gummis, übergoß sie mit einer Mischung von
gleichen Volumen der officinellen Eisenchloridlösung (von 1,480 bis 1,484 spec.
Gewicht) und destillirtem Wasser, so daß sie gerade davon bedeckt waren, benetzte
sie schnell durch Umrühren und stellte sie bei Seite. Nach Verlauf einer halben bis
ganzen Minute fand er, wenn er die Flüssigkeit durch schnelle Neigung des Gefäßes in
Bewegung setzte, die Stückchen des wirklichen Gummi
arabicum fest an dem Boden der Schale angekittet, die Dextrinstückchen
dagegen nicht. Ein Gegenversuch mit einer absichtlich hergestellten Mischung von
Gummi- und Dextrinstückchen ergab dasselbe Resultat. Wenn man die Probe
länger als eine Minute stehen läßt, so haftet auch wohl das eine oder andere
Stückchen des Dextrins an seiner Unterlage. Die Eisenchloridlösung muß in dem Maaße
verdünnt seyn, daß einerseits die Gummistückchen darin untersinken, andererseits die
Flüssigkeit sich gegen Gummi und Dextrin in Bezug auf ihre lösende Wirkung schwierig
erweist. (Pharmaceutische Centralhalle, 1873 Nr. 24.)
Ueber den Alkoholgehalt des Brodes; von Thomas Bolas.
Bei der Bereitung des Brodes läßt man bekanntlich zum Zweck der Auflockerung des
Teiges eine Gährung stattfinden, wobei der in dem Teige enthaltene oder vielleicht
auch durch die Einwirkung des Fermentes auf die Stärke sich bildende Zucker in
Alkohol und Kohlensäure zerfällt. Man nimmt gewöhnlich an, daß der so entstandene
Alkohol beim Backen des Brodes gänzlich verflüchtigt wird. Dieß ist aber nach Bolas nicht der Fall; indem man 2 Unzen gewöhnliches Brod
mit Wasser destillirt und das Destillat rectificirt, kann man leicht eine Quantität
Alkohol bekommen, welche zur Nachweisung desselben völlig hinreichend ist.
Bolas hat den Alkohol im Brode auch quantitativ bestimmt.
Zu diesem Zweck destillirte er ca. 1 Pfd. (1/2 Kil.) des
Brodes mit Wasser (zur Verringerung des Schäumens hatte er der Mischung ein wenig
Oel zugesetzt), rectificirte das Destillat so oft als nöthig, und bestimmte die
Menge des Alkohols dann auf die gewöhnliche Art. In sechs Proben (I bis VI) von ganz
neubackenem Brod aus verschiedenen Bäckerläden Londons fand er auf diese Weise
folgende Alkoholgehalte:
I.
0,245 Proc.
II.
0,221 „
III.
0,401 „
IV.
0,368 „
V.
0,249 „
VI.
0,399 „
–––––––––
Mittel
0,314 Proc.
Die Brodproben wurden bei diesen Bestimmungen so frisch als möglich, d.h. sehr bald
nach dem Backen verwendet. Um zu erfahren, wie diel Alkohol das Brod bei der
Aufbewahrung verliert, hat Bolas Theile der Brode III und
VI eine Woche lang in einem mäßig warmen Raume an der Luft liegen lassen und dann
die Alkoholbestimmung damit wiederholt. Es ergab sich daß die genannten beiden
Brodproben nun nur noch beziehentlich 0,132 und 0,120 Proc. Alkohol enthielten; es
hatten sich also ungefähr zwei Drittel des Alkohols, welcher in dem frischen Brode
enthalten war, verflüchtigt.
Als Bolas nicht gegohrenes, sondern durch Einmischen von
in Wasser gebundener Kohlensäure in den Teig locker erhaltenes Brod (aërated bread) ebenso untersuchte, erhielt er,
wie zu erwarten war, keine Spur von Alkohol.
Bolas bemerkt, der Alkoholgehalt des Brodes sey
wahrscheinlich zu klein, um in diätischer Beziehung irgend wichtig zu seyn; es
verdiene aber wohl angeführt zu werden, daß in 40 zweipfündigen Broden ungefähr eben
so viel Alkohol enthalten sey, wie in einer Flasche Portwein. (Chemical News, vol. XXXVII p. 271.)
Anwendung des schwefligsauren Natrons zum Einquellen des
Mais- und Getreidemehles in der Brennerei.
Die Erfahrung hat zur Genüge erwiesen, daß die Branntweinmaischen, wenn man sie mit
wässeriger schwefliger Säure behandelt, bedeutend höhere Spirituserträge geben. Man
glaubte damit einen großen Fortschritt in der Spiritusfabrication gemacht zu haben;
leider zeigte es sich aber, daß dieses Verfahren auch seine Schattenseiten hat. Der
dabei erzeugte Spiritus nimmt nämlich einen fremdartigen, widerlichen Geschmack an,
so daß er nur zu technischen Zwecken verwendbar ist, also viel unter dem Preise
abgegeben werden muß, und deßhalb die höheren Spirituserträge die gedrückten
Spirituspreise nicht mehr ausgleichen.
Nach vielem Suchen hat man nun in dem schwefligsauren Natron einen anderen und in dem
zweifach-schwefligsauren Natron einen noch besseren Stoff gefunden, welcher
in noch höherem Maaße die Auflösung der Cellulose bewirkt (?), dabei aber einen rein
schmeckenden Spiritus gibt.
Schwefligsaures Natron, auch Antichlor genannt, wird erzeugt, indem man in eine
Auflösung von kohlensaurem Natron schwefligsaures Gas leitet und einen etwaigen
Ueberschuß an Säure durch Zugabe von kohlensaurem Natron bindet. Das
zweifachschwefligsaure Natron erhält man, wenn man in die Auflösung von kohlensaurem
Natron schwefligsaures Gas im Ueberschuß leitet.
Die Erzeugung des schwefligsauren Natrons kann in den Brennereien selbst geschehen,
indem man ebenso verfährt, wie bei der Darstellung der wässerigen schwefligen Säure,
aber zum Absorbiren des durch Verbrennen von Schwefel gebildeten schwefligsauren
Gases mit (kohlensaurem) Natron versetztes Wasser benutzt. Es genügt 1/2 Kilogrm.
Natron (calcinirte Soda?) auf einen österreichischen Eimer (50 Quart). Diese Lange
wird durch den Hatschek'schen GasapparatDieser Apparat ist im Jahrg. 1868 des polytechn. Journals Bd. CLXXXVIII S.
246 beschrieben. gelassen. Aus der Natronlösung, welche das schwefligsaure Gas aufnimmt,
entweicht die Kohlensäure. In diesem schwefligsauren Natronwasser werden das
Maismehl und die anderen Getreidemehlarten eingequellt, ganz so wie früher in
geschwefeltem Wasser.
Da das Natron mit dem schwefligsauren Gas eine chemische Verbindung eingegangen ist,
so trennt sich die schweflige Säure durch die verschiedenen Manipulationen beim
Brennereibetriebe nicht von dem Natron, und deßhalb nimmt der Spiritus auch keinen
fremden Geschmack an. Die Schlempe wird durch dieses Salz nicht verdorben, da es
höchstens etwas abführend wirkt. (Illustrirte landwirthschafliche Zeitung.)
Milchtafeln.
In New-York hat Blachtfort eine Fabrik zur
Verdichtung von Milch angelegt, in welcher folgendes Verfahren befolgt wird: 112
Pfunden Milch werden 28 Pfd. weißer Zucker und etwa 1 Theelöffel voll
doppelt-kohlensaures Natron beigemischt. Man gießt die gesüßte Milch in
emaillirte Pfannen und dampft im Wasserbade ein. In ungefähr drei Stunden geht die
Milch in einen breiartigen Zustand über, und durch beständiges Rühren und Wärmen
wird sie darauf in ein Pulver von Rahmfarbe verwandelt. Dann setzt man sie zur
Abkühlung der Luft aus, wiegt sie in Pfunde ab und bringt sie vermittelst einer
Presse in die Form von Tafeln, die so groß wie ein kleiner Ziegel sind. Diese Tafeln
werden, mit Stanniol überzogen, in den Handel gebracht.
(Industrie-Blätter.)
Neue Darstellungsweise von Anilinroth.
Bei der Darstellung von Anilinroth will E. C. Nicholson
(nach einem englischen Patente) die Arsensäure durch ein Gemisch von Salpetersäure
und Salzsäure unter Anwendung von Anilin im Ueberschuß und einer andauernden Wärme
von circa 180 bis 200° Cels. ersetzen. Auf 3
Theile käufliches Anilin wird 1 Theil Salpetersäure von circa 1,42 spec. Gewicht und 1 Theil Salzsäure von circa 1,16 spec. Gewicht genommen. (Deutsche Industriezeitung, 1873 S.
199.)