Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 209, Jahrgang 1873, Nr. , S. 461
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Miscellen. Miscellen. Die elektrischen Uhren auf der Wiener Weltausstellung. Die Verwendung der Elektricität zur Zeitmessung ist – bei der, wie man anfangs glaubte, unendlich großen und, wie wir heute wissen, jedenfalls überflüssig großen Geschwindigkeit des Stromes – ein natürlicher Gedanke, den man auf die vielfältigste Weise zu verwirklichen gesucht hat. Und in der That hat diese Anwendung der Elektricität der Wissenschaft schon die bedeutendsten Dienste geleistet und – wie wir sehen werden – hat das Problem der elektrischen Uhren auch eine für das praktische Leben nicht unwichtige, wie es scheint, befriedigende Lösung gefunden. Uebrigens zahlt die Elektricität mit den Diensten, die sie der Uhrmachern leistet, nur zum Theil die wichtigen Dienste heim, welche die letztere der Telegraphie, dieser bedeutendsten Anwendung der Elektricität, geleistet hat. Denn nicht nur sind viele der bedeutendsten Telegraphen-Constructeure ursprünglich Uhrmacher – wir erwähnen nur Bréguet und Hipp – sondern im Grunde enthält jeder Telegraphen-Apparat ein Uhrwerk als einen wesentlichen Bestandtheil. Ehe wir die auf der Ausstellung befindlichen elektrischen Uhren besprechen, sey es gestattet, einige principielle Bemerkungen über die richtige Verwendung der Elektricität auf diesem Gebiete zu machen; denn man ist, wie uns scheint, bei Lösung des Problemes der elektrischen Uhren auf mancherlei Abwege gerathen, weil das Problem nicht richtig formulirt war. Als die Entdeckung des Elektromagnetismus eine ganze Welt neuer Anschauungen erschlossen hatte, geschah es – wie so oft in der Geschichte der Technik und Wissenschaft – daß man die praktische Bedeutung dieser neuen Welt nicht sowohl übertrieb, als vielmehr in einer falschen Richtung suchte. So glaubte man unter Anderem eine neue Kraft entdeckt zu haben, welche – mit ihrem anfangs noch geheimnißvollen Ursprunge – sich zu vielfachen technischen und industriellen Zwecken mit Nutzen anwenden zu lassen schien. Man ersann allerhand Maschinen, bei denen die Elektricität als Motor diente. Bald aber zeigte die Praxis und später auch die Theorie, daß diese Kraft an zwei üblen Schwächen leidet: sie ist eine der variabelsten und – kostspieligsten. Das brach den elektro-dynamischen Maschinen bald den Hals, und man beschied sich, die Elektricität ihrem Wesen gemäß zu verwenden, d.h. überall da, wo es auf eine fast momentane Transmission einer Wirkung auf beliebige Entfernung ankommt. Doch begegnet man immer noch hin und wieder auf gewissen Gebieten der Technik dem Bestreben, die Elektricität als Kraft zu benutzen, so z.B. bei einer gewissen Art elektrischer Uhren. Bekanntlich dient als bewegende Kraft entweder, wie bei den Pendel-Uhren, die Schwere, oder, wie bei den Taschen- und Marine-Uhren, die Elasticität einer Jeder. Diese beiden Kräfte haben die unschätzbaren Vorzüge, daß sie nichts kosten – wir meinen natürlich ihre Unterhaltung – und daß sie äußerst constant sind, so daß sie mit Hülfe des Regulators – sey es des Pendels, sey es der Unruhe – eine fast absolut regelmäßige Bewegung erzeugen. Und doch versucht man immer wieder, sie ab- und durch die capriciöse Elektricität zu ersetzen. Und aus welchem Motiv? Um sich der Mühe zu entheben, die Uhr alle Tage oder jede Woche, oder jeden Monat aufzuziehen. Ist das wirklich ein ernstgemeinter Vortheil? Muß man doch die Batterie in Stand hatten, was jedenfalls ein unangenehmeres Geschäft ist. Auf der Ausstellung befinden sich mehrere solcher elektrischer Uhren, bei denen der Strom direct oder indirect als motorische Kraft wirkt. So finden wir in der österreichischen Abtheilung eine elektrische Uhr ausgestellt, bei welcher der gelehrte Erfinder einen der wesentlichsten Uebelstände dieser Uhren, die allmähliche Oxydirung der Contact-Flächen durch den Funken, auf sinnreiche Weise vermieden hat, indem er durch einen Neben-Contact den Extrastrom ableitet. Doch ist auch für diese Uhr leider das Wesentliche nicht nachgewiesen, daß sie nämlich an Regelmäßigkeit des Ganges es den anderen astronomischen Uhren gleichthue. Und offen gesagt, auf langjährige Erfahrungen gestützt, bezweifeln wir diese; denn wo immer dem Pendel selbst die Function des Contactschlusses auferlegt wird, zeigt die Erfahrung eine mindere Genauigkeit des Ganges, und es sollte nachgerade als Axiom gelten, diese Arbeit nie dem Pendel, sondern stets einem besonderen Räderwerk aufzubürden. In der schweizerischen Ausstellung finden wir eine andere Art selbstgehender elektrischer Uhren, welche die Eigenthümlichkeit haben, daß zur Unterhaltung ihres Ganges nur ein absolutes Minimum von Elektricität verwendet wird; durch eine geistvoll ersonnene Auslösung nämlich wird der Strom nur dann geschlossen, wenn die Schwingungsweite des Pendels unter eine gewisse Grenze sinkt, wo alsdann das Pendel, das an seinem unteren Ende den Anker trägt, von dem darunter befindlichen Elektromagnet den Impuls erhält. Aber auch hier gilt dasselbe Bedenken; Professor Wolf in Zürich wenigstens, der eine solche Uhr aus seiner Sternwarte besitzt, kommt zu dem Resultate, daß die Variation ihres Ganges mehrere Zehntel-Secunden beträgt, während wir sahen, daß bei den besten astronomischen Gewichits-Uhren diese Variation nur einige Hundertstel-Secunden ausmacht. Ganz neu ist auf der Ausstellung der Versuch, den elektrischen Strom als motorische Kraft für einen Marine-Chronometer zu verwenden. Der begabte und vielversprechende junge Künstler, welcher dieses Instrument in der russischen Abtheilung ausgestellt, hat es, nach einer Untersuchung des Hrn. Schweizer, Directors der Moskauer Sternwarte, zu schließen, durch sinnreiche Construction und vortreffliche Ausführung dahin gebracht, daß der Gang seines elektrischen Chronometers dem eines guten gewöhnlichen Box-Chronometers gleichkommt. Nur schade, daß soviel tüchtige Arbeit auf ein durchaus unpraktisches Problem verwendet ist, denn Box-Chronometer sind ja für See- und Landreisen bestimmte Präcisions-Uhren, und uns ist keine genügend constante Batterie bekannt, welche das Reisen zur See oder zu Lande vertrüge. Die neben dem Chronometer ausgestellte Batterie macht wohl auch nicht ernsthaft diesen Anspruch; ging doch der Chronometer sogar in der Ausstellung mit einer anderen, im Schrank verborgenen Batterie. Viel höher schätzen wir das aus derselben Abhandlung des Hrn. Directors Schweizer zu entnehmende Verdienst des jungen polnischen Künstlers, an gewöhnliche Chronometer und Pendel-Uhren elektrische Vorrichtungen, sogenannte „Unterbrecher“ anzubringen, welche es gestatten, die Secunden derselben, sey es auf sogenannten Chronographen zu verzeichnen, sey es, mehreren räumlich getrennten Zifferblättern mitzutheilen. Und damit kommen wir zu der zweiten, unserer Meinung nach allein berechtigten Art elektrischer Uhren, deren Zweck es ist, den Gang einer sogenannten Normal-Uhr auf beliebig viele Zeigerwerke oder Registrir-Apparate zu übertragen. Raum und Zeit gestatten uns nicht, hier die vielfachen und großen Dienste zu entwickeln, welche die elektrische Registrirung der, Zeit den Wissenschaften, der Astronomie und Geodäsie sowohl, als der Physik und Physiologie, geleistet hat. Wir beschränken uns darauf, zum Schluß unseres Artikels die eminent praktische Bedeutung dieser Art elektrischer Uhren zum Verständniß zu bringen. Wenn es vor einem Menschenalter noch genügte, die Zeit auf eine Viertelstunde zu kennen, ist es in unserer Epoche der Eisenbahnen und Telegraphen nöthig, die Zeit wenigstens auf eine Minute genau zu haben. Das können aber bekanntlich selbst die besten Thurmuhren und sogenannten Regulatoren auf die Dauer nicht leisten. In Wien so gut wie in allen anderen großen Städten weiß man ein Liedchen zu fingen von der kläglichen Uebereinstimmung der Stadt-, Post- und Eisenbahn-Uhren. Wie Mancher, der aus diesem Grunde den Zug verfehlt, hat schon über diesen Uebelstand geflucht. Nun wohl, mit Hülfe der Elektricität ist es möglich, einem ganzen System von Uhren nicht nur in Bahnhöfen, Postanstalten, Börsen, großen Verwaltungs-Gebäuden etc., sondern auch in den Straßen und auf den Plätzen der großen Städte die Genauigkeit einer unter wissenschaftlicher Controlle stehenden astronomischen Pendel-Uhr zu verleihen und somit für die complicirte Thätigkeit großer Bevölkerungs-Centren und Administrationen eine sichere und genaue Zeitregulirung zu schaffen. Die Ausführung solcher Systeme elektrischer Zeigerwerke ist schon seit lange vielfach versucht und hatte anfangs mit mancher Schwierigkeit zu kämpfen; für Uhren-Systeme innerhalb eines und desselben Gebäudes sind dieselben schon seit mehr als einem Jahrzehnt überwunden; für öffentliche Uhren aber in den Straßen und Plätzen der Städte, welche durch Luftleitungen mit der Normal-Uhr verbunden sind, waren die Störungen durch atmosphärische Elektricität ein ernstes Hinderniß, bis Hipp durch Anwendung polarisirter Magnete und besondere Construction der Anker auch diese Schwierigkeit, wie es scheint, mit vollem Erfolg überwand.Man sehe: Oelschläger über elektrische Uhren, im polytechn. Journal, 1872, Bd. CCIII S. 458. Denn nicht nur sehen wir auf der Ausstellung eine Anzahl solcher elektrischer Uhren seit der Eröffnung in ununterbrochenem Gange, sondern es wurden der Jury auch amtliche Zeugnisse von Stadt- und Staatsbehörden mitgetheilt, wodurch die Thatsache beglaubigt wird, daß ganze Systeme solcher Uhren in vielen Städten, wie in Basel, Cöln, Stuttgart, Dresden, Königsberg, Zürich, Neuchâtel, seit Jahren ununterbrochen und regelmäßig gehen. Es scheint also, als wäre das Problem gelöst und als wäre es nicht nöthig, aus Furcht vor den früher häufigen Unterbrechungen zu dem complicirteren Mittel seine Zuflucht zu nehmen, welches man in Berlin angewendet hat und das auf der Ausstellung durch einen Hamburger Uhrmacher repräsentirt ist, nämlich überall selbstgehende Pendel-Uhren aufzustellen, deren Gang durch zeitweilige Emission eines Stromes durch die Normal-Uhr in Uebereinstimmung mit dieser letzteren erhalten wird. Wer in einer Stadt lebt, wo man auf jedem Platze, an jedem Thurme und fast an jeder Straßenecke solche Uhren findet, welche die Zeit bis auf eine Secunde genau angeben, weiß diese Wohlthat zu schätzen. (Internationale Ausstellungs-Zeitung.) Große Bandsäge. In dem Etablissement von J. J. van Pelt zu New-York befindet sich eine mächtige Bandsäge, welche nach den Planen der Ingenieure Richards zu London und Kelley zu Philadelphia gebaut ist. Dieselbe dient vorzüglich zum Zerschneiden großer Blöcke – bis 5 Fuß Dicke – in Planken und Breter. Die Blätter derselben sind 55 Fuß (16,8 Met.) lang, und 4 1/2 bis 6 Zoll (114 bis 152 Millimet.) breit, und von der bekannten Firma Perin und Comp. zu Paris geliefert. Der Preis derselben betrug 1000 Dollars. Die Rollen sind ganz von Schmiedeeisen construirt, und haben 75 Zoll (1905 Millimet.) Durchmesser. Dieselben sind mit einer Belegung von Fichtenholz, und darüber mit einem Lederbande versehen. Die Zapfen der Rollenachsen sind 4 Zoll (101 Millimet.) stark und 12 Zoll (305 Millimet.) lang; die Lagerschalen bestehen aus einer Legirung (Rothguß) von 6 Theilen Kupfer und 1 Theil Zinn. Die Spannung der Säge beträgt 1 bis 4 Tonnen, was natürlich ein enorm starkes Gerüste verlangt, um jede Veränderung in der Lagerung der Rollen auszuschließen. Das Holz liegt auf dem Blockwagen völlig ruhig, und braucht kaum festgeklammert zu werden. Beim ersten Schnitte wird der Block mit dem Fortschreiten der Säge genau adjustirt, worauf die weiteren Schnitte mit Hülfe feststehender Lehren geführt werden. Hierbei werden verschiedene sinnreiche Einrichtungen zur Führung und Unterstützung des Blockes benutzt, welche der Besitzer van Pelt selbst angegeben hat. Die Schnittbreite der Säge beträgt 1/8 Zoll (3,2 Millimet.) oder weniger als die Hälfte der einer Kreissäge. Die Geschwindigkeit des Blattes ist 4500 Fuß per Minute (75 Fuß oder 22,8 Met. per Secunde). Fichtenholz wird mit 60 Fuß, Eichenholz und Yellow pine mit 30 Fuß Fortrücken per Minute geschnitten. Die Vortheile der Bandsäge gegenüber der Gatter- und Kreissäge sind bekannt; sie leistet mehr als die erste, und arbeitet schöner und mit geringerer Betriebskraft in dicken Blöcken als letztere. Der größte Vortheil besteht aber darin, daß es möglich ist, mit der Bandsäge nach der Faser des Holzes zu schneiden, also auch gekrümmte Hölzer zu bearbeiten, wie dieß für Schiffsbauzwecke oft erforderlich ist. Hierdurch wird nicht nur viel Material erspart, sondern auch der Werth des Productes erhöht; so sind z.B. Deckplanken, in der erwähnten Weise geschnitten, volle 10 Proc. mehr werth, als wenn mit der Kreissäge gefertigt. Die Leistungsfähigkeit der Säge nach einer anderen Richtung ist durch die Thatsache illustrirt, daß mit derselben von einem 50 Fuß (15,2 Met.) langen und 20 Zoll (500 Millimet.) hohen Blocke über dessen ganze Länge ein Bret von nur 1/8 Zoll (3,2 Millimet) Stärke – also ein starkes Furnür – ohne jeden Fehler geschnitten werden konnte. In dem Etablissement von van Pelt werden jährlich etwa acht bis zehn Sägeblätter verbraucht, und die Betriebskosten sind etwa dieselben, wie bei den gewöhnlich angewendeten Sägen. (Scientific American, März 1873, S. 175; polytechnisches Centralblatt, 1873 S. 849.) Dialysirtes Eisen für Zwecke der Färberei. Bor einem Jahrzehnt machte der englische Chemiker Graham bekanntlich die Entdeckung, daß aus der Lösung eines krystallisirbaren Körpers, gemischt mit einem unkrystallisirbaren, der erstere durch eine thierische Haut (poröse Membran) oder ähnliche Scheidewand zu wandern fähig ist, während der unkrystallisirbare auf der Membran zurückbleibt. Zur Ausführung des Versuches wird ein Reifen aus gehärtetem Kautschuck mit Pergamentpapier, der geeignetsten Membran, überspannt und dieser wie ein Sieb gestaltete Apparat auf Wasser schwimmen gelassen. Die gemischte Lösung gießt man in den Reifen und beobachtet nach einigen Tagen, daß der krystallisirbare Körper sich zum größten Theil im Wasser befindet, während der unkrystallisirbare auf der Membran zurückbleibt. Den Vorgang der Trennung nannte Graham Dialyse und den beschriebenen einfachen Apparat Dialysator. Die Dialyse hat seit ihrer Entdeckung viel Verwendung gefunden. Vor Allem bedient sich die analytische Chemie ihrer mit Vortheil, um aus Gemischen krystallisirbarer und unkrystallisirbarer (besonders organischer) Körper die krystallisirbaren auszuscheiden. Einen besonderen Werth hat die Dialyse bei der Untersuchung gifthaltiger Magenausleerungen, wie sie bei Vergiftungsfällen zur Feststellung des Thatbestandes nothwendig sind. Die Gegenwart des Giftes in dem schleimigen Mageninhalte läßt sich auf andere Art nur höchst schwierig ermitteln. Es zieht indessen auch die Technik in neuerer Zeit von dieser wichtigen Entdeckung Nutzen. Ueber eine solche Benutzung der Dialyse, und zwar speciell für die Zwecke der Färberei, berichtet Dr. M. Reimann in seiner Färberzeitung. Nach dem Obigen lassen sich aus gemischten Lösungen von Salzen und Gummi erstere ausscheiden, während Gummi zurückbleibt Bringt man in den Dialysator aber nur ein Salz, so strebt der krystallisirbare Theil des Salzes, gewöhnlich die Säure, in das umgebende Wasser zu wandern, während die Base auf dem Dialysator zurückbleibt. Es gibt nun eine Reihe von Basen, welche eine verhältnißmäßig große Menge von Säure erfordern, um gelöst zu bleiben. Dieß sind vor Allem die Sesquioxyde, und unter diesen besonders das Eisenoxyd. Die höchst sauren Salze des Eisenoxydes finden nun bekanntlich in der Seidenfärberei, speciell zur Darstellung von Schwerschwarz, als Eisenbeize die größte Verwendung. Eisenbeize, welche stark sauer ist und gewöhnlich einen Ueberschuß an Salpetersäure, auch wohl salpetriger Säure enthält, wirkt dabei so zerstörend auf die Faser ein, daß hochbeschwerte schwarze Seide einen großen Theil ihrer Haltbarkeit verliert, ja sich oft wie Zunder auseinanderziehen läßt. Um diesen Uebelstand zu vermeiden, kann man das Eisen in Gestalt von dialysirtem Eisenoxyd in Anwendung bringen. Zur Darstellung einer solchen Lösung bringt man in den Dialysator eine Auflösung von Eisenoxyd in Salzsäure (Eisenchlorid.) Nach einiger Zeit ist die Salzsäure ganz oder zum größten Theil in das umgebende Wasser gegangen, während auf dem Dialysator eine Lösung von Eisenoxyd zurückbleibt. Eine solche Lösung von Eisenoxyd gibt nun an die eingetauchte Faser mit größter Leichtigkeit ihr Eisenoxyd ab. Es erfolgt eine vollständige Beizung, während ein Angriff nicht erfolgen kann, da ja keine Säure, am wenigsten eine überschüssige, vorhanden ist. Eine solche Lösung ist weit wirksamer als eine gewöhnliche Eisenoxydauflösung (Eisenbeize), da das in ihr enthaltene Eisen eine hohe Tendenz hat, sich auf der Faser abzulagern, während das Eisenoxyd in der sauren Eisenbeize, durch die Säure gebunden, dieses Bestreben weit weniger zeigt. Es scheint auch nach allen bisher angestellten Ermittelungen, als sey die Beizung der Faserstoffe in der Lösung von Salzen überhaupt eine dialytische Erscheinung. Auch die Faser ist als ein Conglomerat von Membranen zu betrachten. Es ist daher sehr natürlich, daß die Seide z.B. aus einer Eisenoxydauflösung (Eisenbeize) das Eisen in sich behält, während die Säure in die umgebende Flotte geht. Man kommt also durch vorherige Dialyse dem Bestreben der Faser, das Oxyd zurückzuhalten, zu Hülfe. Für technische Zwecke, besonders zum Beschweren der Seide, ist es nothwendig, der Oxydlösung ihren ganzen Säuregehalt zu nehmen. Es genügt hier schon eine Auflösung, welche nur noch einen Theil Säure, dagegen einen Ueberschuß von Eisenoxyd enthält. Hr. Fr. Oltmanns, Apotheker in Oberndorf a. Oste (Provinz Hannover) stellt seit Jahren dialysirtes Eisenoxyd für medicinische Zwecke dar und fertigt in neuerer Zeit solche Lösungen auch für Zwecke der Färberei an. Das von ihm gelieferte dialysirte Eisenoxyd enthält 6 bis 7 Procent reines Eisenoxyd in Lösung. Es sind mithin in 100 Liter einer solchen Lösung 7 Kilogramme reines Eisenoxyd enthalten, eine Menge, welche bei der Leichtigkeit, mit der dieses Eisenoxyd sich auf die Faser wirft, für die meisten Zwecke mehr als ausreichend ist. Untersuchung eines Methylanilingrüns. Hr. H. Appenzeller hat im Laboratorium des Hrn. Prof. E. Kopp in Zürich ein wasserlösliches Methylanilingrün untersucht, das von der Farbenfabrik der Herren Bindschedler und Busch in Basel in durch prachtvolle Nüance, Reinheit und vollendete Krystallisation ausgezeichneter Form in den Handel gebracht wird. Die Ergebnisse der Analyse führen zu der Formel: C²⁵ H³³ N³ O Cl⁴ Zn = C²º H¹⁶ (CH³) 5 Cl² N³ H²O + ZnCl², indem sich der Farbstoff betrachten läßt als das Doppelsalz von Chlorzink mit einem Grün, welches von dem Jodgrün der HHrn. Hofmann und Girard, C²º H¹⁶ (CH³)³ N³, 2 CH³ JH²O, nur durch die Ersetzung von Jod durch Chlor sich unterscheidet. Das Chlor kann ohne Aenderung der grünen Nüance gegen den Salpetersäurerest NO³ ausgetauscht werden durch Digeriren mit Ag NO³; durch Säuren wird die grüne Lösung gelbbraun; sie wird aber bei der Temperatur des Wasserbades selbst von Salpetersäure nicht tiefer verändert; durch großen Wasserzusatz wird die ursprüngliche Färbung jedes Mal wieder regenerirt. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1873 S. 965.) Neues Verfahren bei der Darstellung des Anthracens. Wenn Steinkohlentheer behufs der Gewinnung von Anthracen destillirt wird, so muß man die Operation bis zur äußersten Grenze fortsetzen, d.h. möglichst viel schwere Oele, die allein Anthracen enthalten, aus dem Theer abscheiden. Dieß geschieht bei dem bisherigen Verfahren nicht; man hört nämlich, wenn ungefähr ein Viertel vom Gewichte des in die Blase gebrachten Theeres an schweren Oelen übergangen ist, mit der Destillation auf, weil der Rückstand dann zähe wird und, da er ein schlechter Wärmeleiter ist, sich leicht zersetzt und verkohlt, zum großen Schaden des Apparates, welcher rasch zerstört werden würde, wenn man die Operation noch länger fortsetzte. Der Rückstand enthält dann noch eine große Menge Anthracen, welches man bisher nicht gewonnen hat. Das neue Verfahren besteht nun in der Anwendung von Rührern, wodurch die Ausbeute an schweren Oelen auf 40 Proc. vom Gewicht des Theeres erhöht wird, so daß man 10 bis 15 Proc. mehr gewinnt als bisher. Die letzten Portionen der schweren Oele sind überdieß reicher an Anthracen, als die früheren. (Revue de Chimie, August 1872.) Tampon für mehrfarbigen Oeldruck. Zur Vereinfachung des mehrfarbigen Oeldruckes für ganze Stücke und aufgefärbte Kleidertheile wird statt des Chassis eine Platte empfohlen, welche auf beiden Seiten mit Molleton überzogen und mit Wachsleinwand äußerlich bedeckt ist. Dieses „Tampon“ ruht mit seinen Kanten auf einem passenden Holzgestell, so daß es in horizontaler Lage mit der unteren Fläche frei schwebt. Man trägt auf jede Seite des Tampons eine andere Farbe auf, druckt das Stück mit der ersten Farbe auf der einen Fläche des Tampons fertig, dreht letzteres um und druckt die zweite Farbe. Bei dem nächsten Stück wird das Tampon wieder mit der ersten Seite nach oben gerichtet, und so von Neuem gedruckt. (Reimann's Färberzeitung, 1873 Nr. 27.) Rothbrauner Holzanstrich. Kuhr (Böttger's polytechn. Notizblatt) löst 1 Pfund Kupfervitriol in 4 Liter Wasser und bestreicht damit die Holzfläche mittelst eines Borstenpinsels. Dann benetzt er dieselbe mit einer Lösung von 4/2 Pfund Blutlaugensalz in 4 Liter Wasser. Das auf diese Weise sich bildende Ferrocyankupfer haftet fest am Holze, widersteht Wind und Wetter und hält Pilze und Insecten fern. Durch einen Anstrich mit Leinölfirnß wird die Farbe noch dauerhafter und erhält Glanz. Ueber Bestimmung des Chlorals; von V. Meyer und H. Häffter in Zürich. Die schädlichen Verunreinigungen, welche nicht selten in dem aus chemischen Fabriken oder Apotheken bezogenen Chloralhydrat vorkommen, legten den Wunsch nahe, eine bequeme Methode zur quantitativen Ermittelung des Gehaltes eines vorliegenden Präparates an reinem Chloral festzustellen. Die im Folgenden beschriebene Methode liefert sehr gute Resultate und ist so einfach, daß jeder Apotheker sie ohne andere Hülfsmittel, als die zur Alkalimetrie erforderlichen, in wenigen Minuten ausführen kann. Da das Chloralhydrat sich mit wässerigen Alkalien glatt zu Chloroform und ameisensaurem Salz umsetzt, gemäß der Gleichung C₂Cl₃H₃O₂C = 12, O = 16 + Na OH = CH Cl₃ + H CO₂ Na + H²O so neutralisirt offenbar 1 Molecül Chlorhydrat genau 1 Mol. Natron, oder 165,5 Grm. Chloralhydrat neutralisiren 1000 Kubikcentimeter Normal-Natronlauge. Trägt man also eine gewogene Menge des zu untersuchenden Präparates in ein abgemessenes Volumen überschüssiger Normal-Natronlauge und bestimmt das überschüssige Natron durch Zurücktitriren mit Normal-Salzsäure, so ergibt sich das verbrauchte Natron, und aus ihm findet man die vorhandene Menge Chloralhydrat nach der Gleichung Textabbildung Bd. 209, S. 467 worin a die angewendete Anzahl Kubikcentimeter Normal-Natron, b die zum Zurücktitriren erforderlichen Kubikcentimeter Normal-Salzsäure bedeutet. Die Verf. haben gefunden, daß die Zersetzung des Chloralhydrates durch Normal-Natron augenblicklich mit quantitativer Schärfe erfolgt. Bei Anwendung von 1/10 Normal-Natron erfolgt sie erst beim Erhitzen und auch so kaum vollständig; dieses Reagens ist daher nicht geeignet. Will man Resultate erzielen, deren Fehler kleiner als 1/2 Proc. ist, so nimmt man für die Bestimmung wenigstens 4 Grm., da, falls man die Ablesung bis auf 1/10 Kubikcentimeter genau auszuführen im Stande ist, alsdann die Fehlergrenze die genannte wird. Um die Genauigkeit dieser Bestimmungsmethode zu constatiren, untersuchten die Verf. nach derselben reines, schön krystallisirtes Chloralhydrat, welches von Merck in Darmstadt bezogen war. Dasselbe ergab, zur Entfernung einer Spur von Feuchtigkeit vorher eine Stunde lang im Exsiccator getrocknet, bei zwei Bestimmungen einen Gehalt von 100,09 und 99,94 Proc. Chloralhydrat. Wenn das Chloralhydrat als Verunreinigung freie Salzsäure enthält, so ist darum die Methode nicht minder brauchbar; nur muß man alsdann die freie Salzsäure durch Schütteln der wässerigen Lösung mit reinem kohlensaurem Kalk entfernen. Was die freie Kohlensäure betrifft, so genügt es, dieselbe durch Schütteln mit dem Luftvolumen im Maaßcylinder zu entfernen. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1873 S. 600.) Darstellung kohlensaurer Magnesia aus Dolomit. KohlensäureKohlensaureMagnesia wird jetzt, wie G. Lemoine mittheilt, in der Washington-Fabrik bei Newcastle in großem Maaßstabe nach dem Verfahren von Pattinson dargestellt, welches darin besteht, daß Dolomit mit Kohlensäure unter einem Druck von 5 bis 6 Atmosphären behandelt wird, wobei die kohlensaure Magnesia sich leichter löst, als der neben ihr im Dolomit enthaltene kohlensaure Kalk. Der getrocknete Dolomit wird fein gemahlen, dann mit Wasser in einen Cylinder mit horizontaler Achse gebracht und hier durch eine Rührvorrichtung fortwährend suspendirt erhalten. In diesen Cylinder wird nun unter einem Druck von 5 bis 6 Atmosphären Kohlensäure eingepreßt, welche durch Einwirkung von Salzsäure auf kohlensauren Kalk dargestellt ist. Die erhaltene Lösung von doppelt-kohlensaurer Magnesia wird in einen verticalen Cylinder gebracht, in welchen Wasserdampf eingeleitet wird. Die hierbei sich als Niederschlag abscheidende kohlensaure Magnesia läßt man in Canälen absitzen und schneidet sie dann in rechteckige Stücke, die getrocknet in den Handel kommen. Durch Erhitzen der kohlensauren Magnesia in rothglühenden Muffeln wird caustische Magnesia dargestellt. (Bulletin de la Société d'Encouragement, Juni 1873, S. 362.) Ueber die Durchlässigkeit des Porzellans. Salvetat erstattete vor Kurzem in der Société d'Encouragement zu Paris Bericht über verschiedene Experimente, die gezeigt haben, daß das Porzellan, selbst im glasirten Zustande, bei weitem nicht so undurchlässig ist, als man gemeinhin annimmt. Brogniart hat schon vor 25 Jahren gezeigt, daß das Porzellan nicht als Luftbehälter für ein Luftthermometer, um Ofentemperaturen zu messen, dienen kann. Im Jahre 1872 hat H. Sainte-Claire Deville wieder auf diese Durchlässigkeit des Porzellans aufmerksam gemacht. Die Industrie hat sich auch öfters in der Nothwendigkeit befunden, derselben Rechnung zu tragen. Die Porzellanmaler wissen nämlich, daß gewisse Stücke die böse Eigenthümlichkeit haben, einen schwarzen Stich zu bekommen, wenn ihnen die Farben aufgebrannt werden, weil Stoffe, die sie an ihren freien Stellen absorbirt haben, sich allmählich in ihnen vertheilen und Grund werden zu einem Absatz von Kohlenstoff im Inneren der Theile, die gegen den Zutritt der Luft geschützt sind. Außerdem hat man die Beobachtung gemacht, daß ältere Stücke, die an feuchten Orten standen oder vergraben waren, splittern, wenn man sie schnell erhitzt. Salvetat zeigte einen Gegenstand vor, der mehrere Tage lang mit einer verdünnten Fuchsinlösung in Berührung gewesen war. Der Fuß desselben ruhte auf einer nicht glasirten Unterlage von ringförmiger Gestalt. Die Flüssigkeit konnte von dieser letzteren aus allmählich vorschreitend in das Innere der Masse vordringen und dort eine beträchtliche Menge Farbstoff ablagern. Der Gegenstand erscheint nun außen weiß, zeigt aber in der Durchsicht, z.B. beim Schein einer Lampe, ein lebhaftes, feuriges Roth. Hieraus läßt sich Vortheil ziehen für die Decoration gewisser Gegenstände. Die Porosität des Porzellans läßt sich vergrößern durch Zusatz von kieselreichen Substanzen, so daß die Sinterung nicht vollständig wird. Gewisse Theile, die man später durch Garnirung irgend welcher Art verdecken könnte, würde man ohne Glasur lassen, und von ihnen aus dem Farbelack Zutritt geben können. So könnte man sehr effectvolle Gegenstände darstellen, in denen die verborgene Farbe nur unter gewissen Umständen zur Erscheinung käme, z.B. Lichtschirme, die äußerlich weiß, beim durchfallenden Lichte aber in verschiedenen lebhaften Farben erschienen. Salvetat hat diese Einzelheiten veröffentlicht, um zu verhindern, daß sie später etwa Gegenstand eines Patentes würden. (Moniteur de la céramique, 1873 Nr. 11; deutsche Töpfer- und Ziegler-Zeitung, 1873 Nr. 14.) Volkmann's Patent-Schieß- und Sprengpulver. In dem Aufsatz über die genannten Patentpulver, mitgetheilt in diesem Bande des polytechn. Journals S. 295 (zweites Augustheft 1873), lese man Seite 300, Zeile 21 von oben, „mit 16 Gran Ladung“ (statt „mit 27 Gran“).