Titel: Ueber die Ursachen des Verderbens des Bieres und über ein neues Brauverfahren, welches ein haltbares Bier liefert; von L. Pasteur.
Fundstelle: Band 211, Jahrgang 1874, Nr. XLII., S. 230
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XLII. Ueber die Ursachen des Verderbens des Bieres und über ein neues Brauverfahren, welches ein haltbares Bier liefert; von L. Pasteur.Hr. Pasteur hat vor einiger Zeit ein neues Brauverfahren vorgeschlagen (polytechn. Journal, 1873, Bd. CCVII S. 175), welches im Wesentlichen darin besteht, daß das Kühlen und die Gährung der Würze bei Ausschluß der gewöhnlichen Luft vorgenommen werden. In der vorliegenden Abhandlung, welche er in der Pariser Akademie vorgetragen hat, erläutert und begründet er nun dieses Verfahren. Aus den Comptes rendus, t. LXXVII p. 1140; November 1873. Pasteur, über die Ursachen des Verderbens des Bieres und ein neues Brauverfahren. Das Bier verdirbt bekanntlich außerordentlich leicht; bei der Sommerwärme widersteht es den Ursachen seiner Verderbniß nicht länger als vier bis sechs Wochen. Die Würze, welche zur Bereitung des Bieres dient, ist noch schwieriger im unverdorbenen Zustande zu erhalten; bei etwas warmem Wetter und besonders bei Gewitterluft kann sie im Laufe einiger Stunden verschiedenen nachtheiligen Veränderungen unterliegen. Die Eigenschaft der Bierwürze und des Bieres, leicht zu verderben, hat auf die Praxis der Brauerei einen so großen Einfluß, daß man, ohne sich einem Irrthum auszusetzen, behaupten könnte, daß alle Verfahrungsarten derselben mit dem Vorhandenseyn dieser Eigenschaft in Zusammenhang stehen und von der Nothwendigkeit, gegen die nachtheiligen Folgen derselben anzukämpfen, beherrscht werden. Eine der kostspieligsten dieser Verfahrungsarten, welche die Erhaltung der Würze und des Bieres im guten Zustande bis zu einem gewissen Grade sicher zu stellen geeignet sind, besteht in der Anwendung von Eis oder überhaupt von niedrigen Temperaturen. Worin hat nun die Eigenschaft des Bieres, leicht zu verderben, welche in diesem Maaße die Fabrication desselben beherrscht, ihren Grund, und könnte man, wenn die Ursachen derselben bekannt wären, sie nicht durch wohlfeilere und einfachere Mittel als die bisher angewendeten zu bekämpfen hoffen? Ich habe ein neues Verfahren des Kühlens und der Gährung erfunden, welches diesen Fortschritt verwirklicht. Die Hauptresultate meiner Arbeit über das Bier sind folgende: 1) Alle nachtheiligen Veränderungen des fertigen oder noch nicht fertigen Bieres oder der Bierwürze stehen in Wechselbeziehung zu der Entwickelung und Vermehrung mikroskopischer Organismen, welche ich deßhalb Krankheitsfermente nenne. 2) Die Keime dieser Fermente werden durch die Luft, die Rohmaterialien und die benutzten Geräthe herbeigeführt. 3) Allemal, wenn ein Bier keine lebenden Keime, welche die unmittelbare Ursache seiner Krankheiten sind, enthält, ist dasselbe unveränderlich, d.h. verdirbt nicht, bei welcher Temperatur es auch bereitet und aufbewahrt werden mag. 4) In Folge der jetzt in der Brauerei angewendeten Verfahrungsarten enthält jede Bierwürze, jede Hefe und jedes Bier die Keime der Krankheiten, welche diesen Substanzen eigenthümlich sind. Wenn man ein beliebiges, im Handel vorkommendes Bier, welches nach den in den Brauereien Frankreichs, Englands oder Deutschlands üblichen Verfahrungsarten bereitet ist, in verschlossenen Flaschen einer Temperatur von 15 bis 25° C. aussetzt, so verdirbt es im Laufe einiger Wochen stets in dem Maaße, daß es zum Genuß untauglich wird. Wenn ein Bier sich ausnahmsweise aufbewahren läßt, ohne zu verderben, so ist dieß nur dadurch ermöglicht, daß man bei der Bereitung desselben eine größere Menge von Hopfen angewendet hat, als gewöhnlich üblich ist.Man thut dieß bei den zur Ausfuhr bestimmten englischen Bieren, welche außerdem einen größeren Alkoholgehalt haben, als die Biere des Continents. Gleichzeitig mit der eintretenden Verderbniß des Bieres und im Verhältniß zum Fortschreiten derselben sieht man verschiedene mikroskopische Organismen erscheinen und sich vermehren. Wie sind diese Organismen entstanden? Ich habe durch meine früheren Arbeiten festgestellt, daß selbst die am meisten zur Veränderung oder Verderbniß geneigten organischen Flüssigkeiten, wie Blut, Urin, Traubensaft etc., sich, ohne irgend eine Gährung oder Fäulniß zu erleiden, auf unbestimmte Zeit aufbewahren lassen, wenn man sie der gewöhnlichen Luft aussetzt, aber einer Luft, die von dem Staube, welchen sie unaufhörlich mit sich führt, oder welcher auf der Oberfläche aller Gegenstände der Natur abgelagert ist, befreit ist. Die Widersprüche der Heterogenisten gegen diesen Satz, sowohl derjenigen, welche meinen, daß die rohe Materie sich von selbst organisiren könne, als derjenigen, welche behaupten, daß die mikroskopischen Organismen durch die eiweißartigen Stoffe der lebenden Oekonomie erzeugt werden können, sind zu Schanden geworden vor dem einfachen Versuche, welchen ich oft vor der Akademie angestellt habe, daß man nämlich die organischen Flüssigkeiten, um welche es sich handelt, in offene Gefäße einschließt, deren Oeffnung aber, an dem Ende einer gewundenen Röhre befindlich, weit genug von der in dem Gefäß enthaltenen Flüssigkeit entfernt ist, daß der in der Luft suspendirte Staub nicht bis zu derselben gelangen kann. Man denke sich nun eine Reihe solcher Gefäße oder Ballons, in denen sich Bierwürze befindet, die sich darin seit Wochen, Monaten oder Jahren vollkommen gut erhalten hat. Man denke sich ferner in jeden dieser Ballons durch eine zweite Oeffnung, welche derselbe besitzt, und welche sonst verschlossen gehalten wird, einen Tropfen von dem Absatz eines im Handel vorkommenden Bieres eingebracht, und zwar so, daß die Tropfen, welche den verschiedenen Ballons zugetheilt werden, von allen möglichen verschiedenen Biersorten herstammen. Da selbst das klarste Bier immer einige Hefekügelchen suspendirt enthält, so wird an den folgenden Tagen in allen Ballons die Alkoholgährung sich einstellen, und die in denselben enthaltene Würze wird sich in Bier verwandeln. Wenn man nun in einem geheizten Raume, wo eine Sommertemperatur unterhalten wird, operirt, und die Ballons einige Wochen lang in diesem Raume stehen, so wird man nachher finden, daß alle diese Biere verdorben sind, und daß sie außer den Kügelchen von gewöhnlicher Hefe auch die oben erwähnten Krankheitsfermente in größerer oder geringerer Anzahl enthalten. Die Keime dieser Fermente waren mithin in allen Biersorten, von denen Tropfen in die Ballons gebracht wurden, zugegen. Diese Erklärung der Thatsachen wird durch die folgenden Resultate bestätigt. Wenn man ein Bier bereitet, welches von jedem lebenden Krankheitskeime frei ist, und die Tropfen, mit denen man Würzeportionen, welche in so eben angegebener Weise im unverdorbenen Zustande aufbewahrt sind, versetzt, statt von Bieren gewöhnlicher Bereitung, von diesem Biere nimmt, so erhält man in allen Fällen Biere, die ganz unverdorben sind und außer den Hefekügelchen durchaus keine lebenden Wesen enthalten. Dieser Versuch weist vollends die Wechselbeziehung nach, welche zwischen dem Verderben des Bieres und der Gegenwart gewisser mikroskopischer Organismen besteht. Aus meinen Studien über den Wein habe ich den Schluß gezogen, daß derselbe von selbst nicht verdirbt. Dieser Schluß gilt auch für das Bier. Man muß die Ursachen der Verderbniß des Bieres außerhalb der eigenen Natur, der Zusammensetzung desselben suchen. Die einzigen Veränderungen, welche es von selbst erleiden kann, sind solche von chemischer Ordnung, wie das Schalwerden (évent), wenn man es der Einwirkung des Sauerstoffes aussetzt, oder Folgen des Altwerdens, hervorgerufen durch Reactionen zwischen seinen Bestandtheilen, besonders unter einem langsamen und beschränkten oxydirenden Einfluß. Diese letzteren Veränderungen in der Natur der Flüssigkeit entsprechen nicht eigentlichen Krankheitszuständen; oft tragen sie sogar zur Verbesserung derselben bei. Damit das Bier verderbe, damit es sauer (aigre), faulig, schleimig, umgeschlagen (tournée), milchsauer (lactique)... werde, müssen sich in seinem Inneren fremdartige Organismen entwickeln, und diese Organismen erscheinen und vermehren sich nur dann, wenn die Keime derselben ursprünglich in der flüssigen Masse vorhanden waren. Dieß ist wahr für die höchsten Temperaturen der Atmosphäre, welchen das Bier ausgesetzt seyn kann, in dem Maaße, daß ein Bier die Reise um die Erde machen und in den wärmsten Ländern verweilen könnte, wenn es nicht die Krankheitsfermente, welche uns beschäftigen, in sich trüge. Die Natur der Bierwürze gibt zu ganz gleichen Schlüssen Anlaß. Nichts kann besser beweisen, daß das Verderben derselben wirklich von mikroskopischen Organismen herrührt, als die oben erwähnte Thatsache, daß sie in Berührung mit der Luft absolut unveränderlich ist, wenn man vorher durch Kochen derselben die Lebenskraft der Keime, welche sie enthalten konnte, zerstört hat, und sie dann durch irgend einen Kunstgriff vor dem Staube, welchen die Luft mit sich führt, schützt. Die Bierhefe, dieses unumgänglich nothwendige Product jeder guten Fabrication, bietet uns Thatsachen derselben Ordnung dar; die Dinge stellen sich hier jedoch nicht mit derselben Einfachheit dar, wie beim Bier und bei der Bierwürze. Diese sind leblose Substanzen und deßhalb, so lange sie nicht äußeren Ursachen der Verderbniß ausgesetzt sind, unzerstörbar. Die Hefe dagegen ist ein lebendes Wesen, und die Sache ist hier um so complicirter, als sehr tüchtige Botaniker, wie früher Turpin und jetzt Hoffmann in Deutschland und Trécul in Frankreich, aus ihren Beobachtungen schließen zu müssen geglaubt haben, daß die Bierhefe verschiedene Schimmelarten, u.a. Penicillium glaucum, hervorbringen kann. Daß die Hefe ausnehmend leicht verdirbt, weiß Jeder, welcher mit dieser Substanz gearbeitet hat. Bei der Sommerwärme und selbst bei niedrigeren Temperaturen nimmt sie im Laufe einiger Tage eine andere Consistenz an, verbreitet einen fauligen Geruch und verliert ihre Wirksamkeit als Ferment. Diese Veränderungen sind, wie bekannt, von der Entwickelung mikroskopischer Organismen, Batterien, Vibrionen, Milchsäure-Ferment, verschiedener Schimmelarten, begleitet. Woher kommen diese organisirten Producte? Bringt die Hefe dieselben aus sich selbst durch eine Modification ihrer Zellen unter Bedingungen neuen Lebens hervor, oder haben diese Organismen ihren Ursprung vielmehr in dem Staube der Gegenstände, mit denen die Hefe in Berührung gewesen ist? Es ist mir gelungen, die Hefe von jedem fremdartigen Keime zu befreien, und seitdem habe ich mir von den Veränderungen, welche sie in Berührung mit reiner Luft erleidet, Rechenschaft geben können. Solche Hefe erscheint, was gewiß merkwürdig ist, inert, wie eine Mineralsubstanz, geht durchaus nicht in Fäulniß über, und man sieht an ihrer Oberfläche oder in ihrem Inneren weder Schimmel, noch Vibrionen, noch Batterien, noch Essigsäure- oder Milchsäure-Ferment entstehen; sie gibt nicht einmal Anlaß zur Entstehung von Mycoderma vini, welches der Hefe durch seine Structur, seine Form und seine Entwickelungsweise so nahe steht;Ich habe angegeben, daß das Mycoderma vini sich, wenn man es in ein zuckerhaltiges gährendes Medium versenkt, in Unterhefe verwandele, später aber Zweifel an dieser Ansicht ausgesprochen und die Ursache des Irrthums, welchen ich fürchtete, angegeben. Ich glaube jetzt, daß die Erklärung der beobachteten Thatsachen, welche ich gegeben habe, ungenau ist. Die Glieder des Mycoderma vini schwellen in der That durch das Untertauchen an und verwandeln sich in Zellen, welche nach Art der Hefezellen wirken, so daß Alkohol und Kohlensäure entstehen; aber diese Zellen haben in diesem neuen Zustande nicht die Fähigkeit sich fortzupflanzen. Die anscheinend von selbst entstandene Hefe, welche man erscheinen und sich vermehren sieht, muß von Hefekeimen herrühren, welche, durch die Luft herbeigeführt, auf das Mycoderma vini fallen, während es mit großer Oberfläche der Luft exponirt ist, und sich nach dem Untertauchen desselben entwickeln. sie behält endlich ihre Eigenschaft, als Ferment zu wirken, obgleich ihr Protoplasma, genöthigt, eine Zeit lang von seiner eigenen Substanz zu leben, sich gründlich verändert, wie es immer bei den Zellen geschieht, wo die gewöhnlichen Assimilationserscheinungen gehemmt sind. Wenn man die im Vorstehenden dargelegten Principien und die aus denselben sich ergebenden praktischen Folgerungen erwägt, so ist es leicht zu begreifen, daß man dahin gelangen kann, ein Bier zu bereiten, das nicht mehr dem Verderben ausgesetzt ist, welches auch die äußere Temperatur seyn mag. Ziehen wir zunächst in Betracht, daß das Bier nothwendigerweise zum Kochen gebracht wird, wenn es noch die Form von gehopftem Malzextract hat; in diesem Zeitpunkt werden alle Krankheitskeime der Würze zerstört. Verhindern wir also, sobald diese Operation der Extraction des Hopfens beendigt ist, das Eindringen neuer lebender Keime in die Würze. Folgendes ist die Einrichtung, bei welcher ich stehen geblieben bin. (Pasteur beschrieb hier an einer schwarzen Tafel den Apparat, dessen er sich bedient. Dieser Apparat besteht im Wesentlichen in einer Kufe von Weißblech, welche mit einem Deckel mit hydraulischem Verschluß versehen ist und nur durch zwei verticale Röhren A und B mit der äußeren Luft communiciren kann. Diese Röhren, welche für die Handhabung des Deckels gebrochen sind, deren Theile sich dann aber leicht wieder zusammenfügen lassen, leisten denselben Dienst, wie die gewundenen Hälse der Glasballons, welche Pasteur bei seinen Versuchen über die sogenannten Selbsterzeugungen benutzt.) Die im sehr heißen Zustande in die Kufe eingeschlossene Würze wird gekühlt, sey es bloß durch die Berührung der Kufe mit der Luft oder durch Wasser. Man kann die Dauer des Kühlens abkürzen, indem man eine Kufe anwendet, welche im Inneren mit einem Schlangenrohr versehen ist, und durch das Schlangenrohr Wasser fließen läßt. Nichts ist einfacher, als das Wiedereindringen der äußeren Keime während des Kühlens zu verhindern; man braucht nur durch eine der verticalen Röhren A oder B Kohlensäuregas in die Kufe zu leiten, während die andere Röhre den Ueberschuß dieses Gases wieder austreten läßt. Diese Röhren können noch auf andere Weise als Mittel dazu dienen, daß die Würze während des Kühlens vor den Krankheitskeimen geschützt sey; unser Apparat mit seinen Röhren oder besser mit einer derselben, welche offen bleibt, während die andere verschlossen wird, bietet nämlich dieselbe Einrichtung dar, wie die Glasgefäße mit umgebogenem Halse und von der Flüssigkeit entfernter Mündung, von denen oben die Rede war. Bei der kochendheiß in die Kufe gebrachten Würze werden die Dinge denselben Verlauf nehmen, wie bei den Würzeproben in diesen Glasballons; sie wird sich in Berührung mit der Luft abkühlen können, ohne dem Verderben ausgesetzt zu seyn. Der Versuch zeigt in der That, daß man, wie groß auch die Gefäße seyn mögen, die Würze so lange, als man will, mit allen ihren ursprünglichen Eigenschaften aufbewahren kann. Man muß die Würze dann mit Hefe stellen, indem man möglichst unter Ausschluß der gewöhnlichen Luft operirt, was leicht ist, und indem man sich einer völlig reinen Hefe bedient. Letzteres ist eine unerläßliche Bedingung, welche eine der hauptsächlichsten Schwierigkeiten meiner Arbeit gewesen ist. Wo findet man diese reine Hefe? Ich habe erkannt, daß jede Hefe der Brauereien, selbst die am besten gehaltene, immer unrein ist, weil die Verfahrungsarten selbst, welche jetzt in Gebrauch sind, dieß bedingen. Die Anwendung solcher Hefe macht aber nicht nur die Fabrication haltbarer Biere in verschlossenen Gefäßen unmöglich, sondern es werden sogar, wenn man sie bei dieser Fabricationsweise anwendet, die Mängel des jetzt gebräuchlichen Verfahrens noch vergrößert. Es besteht nämlich zwischen der Hefe und den Krankheitsfermenten des Bieres eine bemerkenswerthe physiologische Verschiedenheit, welche bedingt, daß die gewöhnliche unreine Hefe, wenn man sie bei der Gährung in verschlossenen Gefäßen anwendet, immer schlechter wird. Während die Bierhefe in Berührung mit der Luft rascher und leichter lebt und sich vermehrt, als in Gegenwart von Kohlensäuregas, werden die Krankheitsfermente im Gegentheil durch die Gegenwart von Sauerstoffgas in ihrem Leben und in ihrer Fortpflanzung gehemmt; sie sind in dieser Hinsicht jenem sonderbaren Vibrio ähnlich, von welchem ich früher gezeigt habe, daß er das Buttersäure-Ferment ist, und welchen der Sauerstoff der Luft der Bewegung und der Wirksamkeit als Ferment beraubt. Daraus folgt, daß, wenn man unter Ausschluß der Luft operirt, die Nebengährungen sich mit Leichtigkeit entwickeln, während die Alkoholgährung gehemmt wird, weil die Bierhefe nicht in der Berührung mit dem Sauerstoff der Luft immer wieder eine Quelle neuer Wirksamkeit gewinnen kann. Es sind auch bisher alle Versuche, Bier in verschlossenen Gefäßen, bei Ausschluß der Luft zu bereiten, gescheitert. Aber alle diese Wirkungen sind die Folge der Unreinheit der gewöhnlichen Hefe der Brauereien;Dieses Urtheil wird bestätigt durch die Thatsache, daß die nach meinem Verfahren mit Anwendung von Kohlensäure erhaltenen Biere von merkwürdiger Güte sind. Die größere Langsamkeit der Gährung, welche dieser Anordnung der Fabrication eigen ist, trägt ohne Zweifel zu diesem Ergebniß bei. denn wenn diese nicht fremdartige Fermente in sich trüge, so könnten letztere weder von selbst, noch in Folge einer Umwandlung der Hefe erscheinen. Bei meinem Verfahren muß also reine Hefe und immer nur diese benutzt werden. Zur Production und zum Gebrauch einer reinen Hefe können verschiedene Mittel angewendet werden; ich kann mich hier bei den Mitteln, welche ich angenommen habe, nicht aufhalten; es sey nur bemerkt, daß man dahin gelangt, reine Hefe zu bekommen, indem man besonders die Verschiedenheit der Wirkung des Sauerstoffes der Luft auf die Hefe und auf die Krankheitsfermente benutzt, und daß, wenn man eine kleine Menge reiner Hefe erlangt hat, man dieselbe mit Hülfe der so eben beschriebenen Apparate rein erhalten und vermehren kann. Man brauchte eigentlich nur in einen dieser mit reiner Würze gefüllten Apparate einige Hefezellen, ohne Beimischung fremdartiger Organismen, zu bringen, so würden dieselben große Mengen immer reiner Hefe liefern. Die reine Hefe wird, da sie nicht durch Krankheitsfermente behindert wird, sich mit beschränkten Luftmengen begnügen, ja die Luft selbst ganz entbehren können, obschon zum Nachtheil der Schnelligkeit ihrer Wirkung, während bei dem gewöhnlichen Verfahren die Gegenwart von viel Luft nothwendig ist. Ich stelle also die Würze mit Hefe, aber mit reiner Hefe; die Gährung findet statt, und sie gibt, obschon sie bei Ausschluß der Luft oder bei Gegenwart beschränkter Mengen von reiner Luft verläuft, keine fremdartigen Fermente, weil bloß die Species „Bierhefe“ gesäet worden ist, und das, was man hinsichtlich der Möglichkeit einer Umwandlung der Hefe in Bakterien, Vibrionen, Mycoderma aceti, gemeine Schimmelarten oder umgekehrt behauptet hat, irrig ist. Wenn das Bier endlich fertig ist, so kann man es in gewöhnlicher Manier behandeln, ohne daß jetzt der Zutritt der Luft ernstliche Nachtheile bedingt, weil das fertige oder fast fertige Bier nicht mehr ein für die Fortpflanzung der in der Luft enthaltenen Keime seiner eigenen Krankheitsfermente günstiges nährendes Medium bildet, wenigstens nicht für diejenigen, welche ohne Luft lebende (anaérobies) sind, d.h. den Sauerstoff der Luft nicht nöthig haben, um zu leben und sich zu vermehren. Was die übrigen, nämlich Mycoderma aceti und Mycoderma vini, anbetrifft, so kann man sie durch einfache Vorsichtsmaßregeln, welche die Praxis übrigens immer befolgt hat, leicht vermeiden. Das in der angegebenen Weise bereitete und dem Gebrauche gemäß in frisch gepichte Fässer gebrachte oder in Flaschen gefüllte Bier hält sich unbestimmte Zeit lang gut, selbst in einem Raume, dessen Temperatur auf 20 bis 25° C. erhalten wird. Weit entfernt, mit der Zeit irgend eine Verderbniß zu erleiden, scheint es sich vielmehr durch eine Wirkung von natürlichem Altwerden, analog derjenigen, welche die Weine, die sich ohne Verderbniß aufbewahren lassen, darbieten, zu verbessern.Die Principien, welche ich bezüglich der Ursachen der Krankheiten des Bieres aufgestellt habe, sind so streng richtig, daß die Bierbereitung schon dadurch, daß man nur einen Theil der Verfahrungsarten, welche sie anrathen, in Anwendung bringt, verbessert werden kann. Hr. Velten in Marseille und Hr. Kuhn in Clermont-Ferrand haben ihren Betrieb merklich vervollkommnet, indem sie so verfuhren, d.h. indem sie nur einen Theil meines Verfahrens adoptirten, zu einer Zeit, wo dasselbe noch nicht definitiv festgestellt war. Velten kühlt die Würze in reiner Luft; Kuhn kühlt sie in solcher Weise, daß die Keime der Verderbniß, welche aus den Kühlschiffen und dem Gährungsbottich herstammen, sowie diejenigen, welche die Hefe zwischen dem Zeitpunkt, wo man sie sammelt, und demjenigen, wo man sie benutzt, allenthalben in der Brauerei zusammenrafft, vermieden werden. Man begreift nunmehr die Möglichkeit, die Anwendung von Eis oder überhaupt von niedrigen Temperaturen während und nach der Gährung aufzugeben, weil das neue Verfahren bei den sogenannten deutschen Bieren bei jeder Temperatur anwendbar ist, und weil die Biere, welche man erhält, nicht dem Verderben unterliegen. Die Temperatur der Lagerkeller braucht nicht niedriger als 10 bis 12° C. zu seyn, und diese Temperatur kann man in den gemäßigten Klimaten selbst im Sommer durch Keller von durchaus nicht allzu großer Tiefe ohne Anwendung von Eis erlangen. Dieß ist, kurz dargelegt, das Verfahren der Bierbereitung, welches ich erfunden habe, und dessen Studium mich während der letzten drei Jahre beschäftigt hat.