Titel: Entwurf einer neuen Eismaschine (vorläufige Mittheilung); von Prof. M. Ballo in Pest.
Autor: M. Ballo
Fundstelle: Band 211, Jahrgang 1874, Nr. LXX., S. 344
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LXX. Entwurf einer neuen Eismaschine (vorläufige Mittheilung); von Prof. M. Ballo in Pest. Ballo, Entwurf einer neuen Eismaschine. Alle gegenwärtigen Eismaschinen können hinsichtlich der Principien auf welchen sie beruhen, in zwei große Classen eingetheilt werden: 1) in solche, welche auf der Verdampfung einer leicht flüchtigen Flüssigkeit, ohne Wärmezufuhr von Außen, beruhen; und 2) solche, welche zur Kälteerzeugung die Temperaturerniedrigung stark comprimirter Gase bei ihrer Ausdehnung benutzen. Jene Maschinen, die als Kältequelle die Temperaturerniedrigung anwenden, welche beim Lösen gewisser Salze in Wasser eintritt, haben bisher keine praktische Bedeutung erlangt. Aber auch die verschiedenen, auf den oben angedeuteten Principien beruhenden Maschinen, welche in erster Linie hinsichtlich der Qualität der angewendeten Flüssigkeit und also auch der damit verbundenen verschiedenen Einrichtung sich von einander unterscheiden, sind bisher nicht zu jener praktischen Bedeutung gelangt, zu welcher sie ihrem Zwecke nach ohne Zweifel berufen sind. Die gegenwärtigen Systeme consumiren zu viel Kraft und erfordern eine genaue und solide Ausführung, weil sie entweder unter hohem Druck, oder in luftleerem Raume arbeiten. Dieses zu vermeiden, ist für die künstliche Erzeugung eines Artikels, welcher zu den billigsten Naturproducten, und nur Fracht- und Aufbewahrungskosten beanspruchend, zu den gefährlichsten Concurrenzartikeln gehört, von größter Wichtigkeit. Schon seit längerer Zeit bin ich bemüht einem anderen, längst bekannten Principe zur Grundlage einer neuen Eismaschine zu verhelfen, nämlich als Kältequelle die im raschen Luftstrom verdampfenden leicht flüchtigen Flüssigkeiten (Aether, Schwefelkohlenstoff) zu benutzen. Die endgültige Beendigung der Versuche scheiterte jedoch an dem totalen Mißlingen hier angefertigter Modelle, und ich sehe mich gezwungen, diese, in mehreren Ländern patentirte Erfindung, im Interesse der Sache zur vorläufigen Kenntniß der Interessenten zu bringen. Zur Erzeugung des Luftstromes benutze ich die Babo'sche Mostpeitsche, welche es ermöglicht, mit geringstem Luftquantum möglichst große Mengen Flüssigkeit zu verdampfen. Mit einer dreiarmigen Peitsche, deren jeder Arm 2 1/2 Zoll lang war, vermochte ich in dem Zeitraume von 1/2 Stunde circa 1/2 Kilogrm. Schwefelkohlenstoff zu verdampfen. Die Umdrehungsgeschwindigkeit der Welle betrug ca. 300 pro Minute. Der mittelst Blasebalg oder Ventilator erzeugte Luftstrom konnte bei gleichem Luftquantum nicht denselben Effect hervorbringen, weil sich derselbe durch kein Mittel in der Flüssigkeit so vollkommen vertheilen läßt wie mit Hülfe der Peitsche. Die Luftblasen treten sozusagen mit Dämpfen gesättigt aus der Flüssigkeit empor und werden nun in einen anderen Theil des Apparates behufs Condensation der Dämpfe geleitet. Die Condensation des mit Luft gemischten Dampfes bietet aber einige Schwierigkeit, auch nur schon deßwegen, weil die condensirte Flüssigkeit in dem Luftstrome, welcher auch in dem Condensator herrscht, wieder leicht verdampft und deßhalb demselben rasch entzogen werden muß. Dieß macht die Construction eigenthümlicher Condensatoren nothwendig. Die Luft tritt aus dem Condensator wieder in das Rohr der Peitsche und macht nun denselben Weg und Dienst ununterbrochen fort, während die condensirte Flüssigkeit wieder in den Generator zurückgeleitet wird. Die Condensation des Dampfes erfolgt leichter, wenn man die Luft beim Beginn der Arbeit aus dem Apparate zum Theil durch den Dampfstrom austreibt. Die im Generator erzeugte Kälte kann unmittelbar zur Erzeugung von Eis, Abkühlung eines Luftstromes, zum Kühlen heißer Flüssigkeiten etc. benutzt werden. Der Apparat arbeitet nicht im luftleeren Raume und auch bei nur sehr geringem Druck, und kann demnach aus ganz leichtem Blech verfertigt werden. Der Betrieb beansprucht eine sehr geringe Kraft, ist einfach und gefahrlos. Es ist die Möglichkeit vorhanden, eine beliebige Anzahl beliebig großer Apparate zugleich in Betrieb zu setzen. Es ist möglich Apparate mit doppelter Peitsche, und zugleich mehreren Peitschen, sowie in Verbindung mit Ventilatoren Betrieb zu setzen, und deßhalb die Wirksamkeit eines Apparates zu vervielfältigen. Die Abnutzungskosten sind sehr gering, weil sie sich beinahe nur auf den Motor und die zwei Stopfbüchsen der Peitsche beschränken. Die Regulirung der Temperatur, bei welcher man arbeiten will, ist gänzlich in unserer Macht. Der Generator braucht bei großen Maschinen nicht ganz mit Schwefelkohlenstoff, sondern zur Hälfte mit diesem (soweit daß die Peitsche noch in denselben tauche), zur anderen Hälfte aber mit Kochsalzlösung gefüllt zu werden. Schließlich mag noch erwähnt werden, daß dieses Princip auch anderweitige Verwendung finden dürfte. So z.B. könnte es bei der Raffination des rohen Petroleums, um die leichtflüchtigsten Bestandtheile desselben mit Hülfe der Peitsche wegzujagen, mit Vortheil benutzt werden. Die Feuergefährlichkeit derartiger Fabriken würde dann zum großen Theil beseitigt seyn.