Titel: R. T. Allen's Dampfmaschinen-Steuerung.
Fundstelle: Band 211, Jahrgang 1874, Nr. LXXX., S. 409
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LXXX. R. T. Allen's Dampfmaschinen-Steuerung. Aus dem Scientific American, November 1873, S. 335. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Allen's Dampfmaschinen-Steuerung. Eine schon öfters angeregte und fast ebenso oft verlassene Dampfmaschinen-Steuerung ist neuerdings in Amerika wieder aufgetaucht. Die in Figur 9 bis 12 abgebildete Kreisschieber-Steuerung ähnelt im Allgemeinen dem auf der Londoner Weltausstellung 1862 ausgestellt gewesenen Henschel'schen Kreisschieber (vergl. österr. Bericht über die internationale Ausstellung in London 1862, S. 274), welche jedoch unseres Wissens wenig in Anwendung gekommen ist. Alle diese Steuerungen haben den Nachtheil, daß in Folge der verschiedenen Peripheriegeschwindigkeit eine ungleiche Abnutzung entsteht und dadurch die Dichthaltung des Schiebers unmöglich wirk, ein Mangel, welchen auch die nachstehend näher beschriebene Steuerung kaum vermeiden dürfte. Die schon erwähnten Abbildungen stellen die Schiebersteuerung für eine Zweicylinder-Dampfmaschine mit unter 90 Grad verstellten Kurbeln dar, bei welcher die Canäle I und III die Steuerung des einen und die Canäle II und IV die des anderen Cylinders besorgen, wie aus der in Figur 12 dargestellten Draufsicht des Schieberspiegels ersichtlich ist. Bei einer eincylindrigen Maschine würde das eine Paar der Canäle zu entfallen haben. Auf dem Schiebergesicht D (Figur 9) ruht eine Platte C, welche zur Regulirung der Expansion bestimmt und deßhalb, wie in Figur 11 ersichtlich, an einem Theil des Umkreises mit Zähnen versehen ist, wodurch eine Verdrehung der Expansionsscheibe C vom Regulator aus ermöglicht wird. Während die Oeffnungen des Schiebergesichtes in symmetrischer Anordnung je einen Achtel-Kreis umfassen, sind die Schlitze der Expansionsscheibe C um die Dicke der Anschläge J (Figur 11) breiter, welche aus dem Schiebergesicht hervorragen und damit die Drehung der Expansionsscheibe begrenzen. Auf der Expansionsscheibe C endlich bewegt sich der eigentliche Steuerungsschieber B, welcher mittelst Kegelgetriebe und Zwischenwelle von der Maschinenwelle aus in continuirliche Rotation versetzt wird derart, daß einer Tour der Dampfmaschine, somit zwei Kolbenhüben derselben, eine volle Umdrehung des Kreisschiebers B entspricht. Der Kreisschieber ist in Figur 10 von unten angesehen gezeichnet. Man findet hier, daß die Dampfeintrittsöffnung H mit 1/8 und die Dampfaustrittsöffnung I mit 3/8 Kreis angeordnet sind, so daß im selben Momente, wo die vordere Kante der Oeffnung H den Dampf zuströmen läßt, die vordere Kante der Oeffnung I den Dampfaustritt gestattet. Der Dampf tritt nun, wie man übrigens aus der Richtung der Pfeile entnehmen kann, durch die centrale Oeffnung G des Kreisschiebers, welche mit der Dampfzuströmung communicirt, durch das Innere des Schiebers hindurch in den Cylinder, während der benutzte Dampf oberhalb des Schiebers B durch das Rohr F entweicht. Es wird somit der Schieber durch den Druck des Dampfes von seinem Sitze abgehoben, welcher Wirkung durch die Druckschraube S Widerstand geleistet wird, so daß der Kreisschieber soweit entlastet werden kann, als dieß das Erforderniß des dampfdichten Abschlusses gestattet. Wenn nun die Expansionsscheibe C in der Stellung sich befindet, daß ihre Ausschnitte mit den Dampfwegen im Schieberspiegel zusammenfallen, so braucht die Dampföffnung H des Schiebers B, um einen der Dampfcanäle im Schieberspiegel vollkommen zu passiren, 1/4 seiner Umdrehung, d.h. 1/2 Kolbenhub; man erhält somit halbe Füllung, wenn wie bei der vorliegenden Maschine kein Voreilen stattfindet. Wird aber die Expansionsplatte der Schieberdrehung entgegengesetzt bewegt – Pfeil in Figur 11 –, so findet selbstverständlich früherer Dampfabschluß statt und es kann somit, indem der Regulator durch entsprechende Uebersetzung die Drehung der Scheibe C bewirkt, eine einfache Regulirung der Expansion erzielt werden. Damit aber einem früheren Dampfabschlusse nicht gleichzeitig ein vorzeitiges Eintreten resp. Austreten des Dampfes entspreche, ragen die Anschläge J genau bis zur Oberkante der Expansionsplatte C hervor, so daß, wenn auch die vordere Kante des Kreisschiebers bereits die Kante der Expansionsplatte überschritten hat, dennoch nicht eher Dampf in den Cylinder gelangen respective aus demselben austreten kann, als bis der Kreisschieber im weiteren Lauf die unveränderte Kante des Anschlages J überschritten hat. Somit bleiben bei wechselndem Füllungsgrade sowohl Voreintritt als Voraustritt ungeändert, eine Eigenschaft der Allen'schen Kreisschieber-Steuerung, welche unserer Ansicht nach wohl den Hauptvorzug derselben ausmacht. Die citirte Quelle führt noch an, daß die Steuerung auch für Reversions-Maschinen anwendbar ist durch einfache Aenderung des Drehungssinnes des Kreisschiebers mittelst eines conischen Räderpaares. Es muß jedoch hierzu bemerkt werden, daß dieß nur angeht, wenn die Steuerung fix auf volle Füllung und ohne Voreilen adjustirt ist.

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Tab. VI