Titel: Ueber den Ultramarin; von B. Unger in Hannover.
Autor: B. Unger
Fundstelle: Band 212, Jahrgang 1874, Nr. LII., S. 301
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LII. Ueber den Ultramarin; von B. Unger in Hannover. (Fortsetzung von S. 236 des vorhergehenden Heftes.) Unger, über den Ultramarin. II. Die Bildungsweise. Die Beschickung aus einer Ultramarinfabrik fand ich folgendermaßen zusammengesetzt (73): Na₂CO₃Na₂SO₄NaClNa₂SiO₃ 21,533,980,601,34 27,45 Sodavon 78,4 Proc. berechnet nach der Formel3Na₂CO₃ + 2 Al₂O₃ + 5 SiO₂ + 15 S Na₂CO₃ 21,53 Al₂O₃ 13,28 (darunter 0,26 Fe₂O₃) 13,92 SiO₂ 20,29 20,99 S 34,86 32,49 Harz 4,37 ––––– 100,25 Die Beschickung ist also unter Weglassung der Kohlensäure:   2 Mol. Nephelin Na₂Al₂Si₂O₈   1 Na₂SiO₃ 15 At. S und Harz. Ist es ein Zufall, daß die Beschickung rationellen Formeln beinahe entspricht? Vielleicht nicht so sehr, als es im ersten Augenblicke wohl den Anschein hat; ist sie doch das Werk unablässigen Tastens seit einem halben Jahrhundert, und beruht doch jede Wägung, jede Atomgewichtsbestimmung gleichfalls auf Probiren. Erwägt man dann noch, wie schwer sich gerade in dieser Fabrikation jede Abweichung vom Ueberkommenen rächt; wie emsig, wenn einmal ein Rohmaterial nicht die rechte Beschaffenheit hat und das Präparat nicht schön werden will, so lange hin und her probirt wird, bis Alles wieder in Ordnung ist: so wird es nicht besonders befremden, wenn die Praxis einmal wieder der Theorie vorausgeeilt ist. Andere Fabriken haben eine etwas andere Beschickung, sie vermehren z.B. den Zusatz von Kieselsäure um ein geringes; dann aber vergrößern sie sicher auch entsprechend die Menge der Soda. Unterlassen sie letzteres, so werden Mängel eintreten, die zur Verbesserung zwingen. Auf eine damit im Widerspruche stehende und doch gar nicht unberechtigte Angabe Gmelin's, wonach den Materialien hinsichtlich ihrer Mengenverhältnisse ein sehr weiter Spielraum gegönnt ist, werde ich noch in der Folge zurückkommen. Der Zusatz von Harz (amerikanischem Fichtenharz, Kolophon) ist ohne Zweifel ebenfalls scharf bemessenStatt der gefundenen 4,37 Proc. sollen es, wie ich gern glauben will, nur 4 Proc. sein; bei seiner Trennung vom Schwefel durch Alkohol ging ein Theil von letzterem mit in die Lösung und mag bei wiederholter Trennung des Abdampfrückstandes dem Alkohol noch theilweise gefolgt sein. Demnach wären zum Schwefel 0,37 Proc. hinzuzurechnen. und richtet sich, wie wir sehen werden, nach der Art des Flammfeuers, der Porosität der Tiegel, überhaupt nach der hergebrachten Art der Arbeit. Die Einwirkung von Soda auf Kaolin ist schon früher besprochen; es erübrigt nun die von Harz und Schwefel auf Soda näher zu betrachten. (Beleg VIII S. 246 im vorhergehenden Hefte.) Während Schwefel und Soda der Formel nach fünffach-Schwefelnatrium und unterschwefligsaures Natron mit dem Verhältniß von 2 At. Natrium im ersteren auf 1 At. Natrium im letzteren zu liefern vermögen, disponirt sie die Gegenwart von Harz zu dem Verhältniß von 1 : 8 Mol., so daß dieses die Bildung einer sehr großen Menge von unterschwefligsaurem Natron veranlaßt (Na₂S₂O₃ oder NaO, S₂O₂) unter der Voraussetzung jedoch, daß die Hitze eine mäßige war und unterhalb Rothgluth blieb. Dieses Salz scheint für die Entstehung von Ultramaringebendem von größter Bedeutung zu sein; ich wende mich deshalb gleich zu den betreffenden Versuchen. Ein Gemisch von reiner Thonerde, Kieselsäure, unterschwefligsaurem und kohlensaurem Natron nach gewissen Verhältnissen gibt geglüht eine hellgrüne Masse von hepathischem Geruch, welche Wasser gelb färbt und an dasselbe etwas Thonerde abtritt. Der gewaschene Rückstand von blaß blaugrüner Farbe gibt durch Erhitzen mit Salmiak Ultramarin. Statt des kohlensauren Natrons kann man mit demselben Erfolge auch kaustisches oder basisch phosphorsaures Natron Na₂PO, nehmen. Läßt man jedoch eines davon weg, so bekommt man keinen Ultramarin. Ich probirte folgende Verhältnisse auf ihre Güte; das Glühproduct aus: Al₂O₃ SiO₂ Na₂S₂O₃ Na₂CO₃ gab mit Salmiak geglühtUltramarin (52) 4   4   8   4 Mol. blaßvergißmeinnichtblau (78) 4   4   8   8 ebenso (35) 4   4 12 12 vergißmeinnichtblau (36) 4   5 12 12 ebenso (41 42 43) 4   4 16   8 tiefkornblumenblau (230) 4   8 16   4 vergißmeinnichtblau (210) 4 10 16   8 tiefkornblumenblau (34) 4 12 18 18 vergißmeinnichtblau (54) 4   4 24 12 blaßvergißmeinnichtblau (43b) 4   8   4 keinen Ultramarin (44)   4   8   4 keinen Ultramarin Es ergibt sich hieraus, daß das günstigste Verhältniß von Na₂S₂O₃ : Na₂CO₃ = 2 : 1 und von Na₂CO₃ : Al₂O₃ ebenfalls = 2 : 1 ist; während es keinen sichtbaren Unterschied ausmacht, ob Al₂O₃ : SiO₂ sich wie 1 : 1 oder wie 2 : 5 verhält. Ferner zeigt sich, daß ein großer Ueberschuß der Natronsalze bei günstigem Verhältniß der anderen Bestandtheile ungünstig wirkt, und endlich, daß Thonerde und Kieselsäure jede für sich keine Spur von Ultramarin liefern auch nicht, wenn beide Glühproducte vereinigt der Wirkung des Salmiaks ausgesetzt werden. Die günstige Mischung Al₂O₃ + SiO₂ + 4 Na₂S₄O₃ + 2 Na₂CO₃ (oder AlO₃ + SiO₂ + 4 NaO, SO₂ + 2 NaO, CO₂) vermag ihren Elementen nach Al₂SO₃ + SiSO + 2 Na₂S + 4 Na₂SO₄ + 2 CO₂ zu geben, worin etwa Aluminium-Oxysulphuret und Silicium-Oxysulphid als vorhanden angesehen werden könnten. Beim Glühen der Mischungen nach diesem Verhältnisse nahm ich Geruch nach schwefliger Säure nicht wahr, und da sie bald schmolzen, so konnte der Zutritt von Luft nur geringfügig sein. Gleichwohl liegt ein Beweis für ihren nicht völligen Ausschluß in der Färbung der gewaschenen Masse; diese müßte bei Abwesenheit von allem Ultramarin ungefärbt sein, wie aus dem Farbenmangel desselben Präparates nach anderer Darstellungsweise folgt. Man kann ihren Gehalt an ultramarinsaurem Natron auf etwa 1 Procent schätzen.0,3 Grm. Ultramarin mit einem Gehalt von 49 Proc. ultramarinsauren Natron mußten mit 2 Grm. Kaolin und 10 Grm. Schwefel gemischt werden, um eine Masse von der Färbung des seegrünen Körpers zu geben; hierin befänden sich 1,2 Proc. ultramarinsaures Natron. Dagegen entsprach der Glühverlust (0,425 statt 0,424 Grm.) der Kohlensäure der Soda. Daß sich im Filtrate Thonerde vorfand (9,5 Procent der angewendeten Thonerde nebst 2,7 Proc. Kieselsäure) erklärt sich aus der offenbar gleichzeitigen Bildung von Na₂Al₂O₃ und Na₂SiO₃. Nun zersetzt sich ersteres mit Wasser in der Art, daß. sich fast reine Thonerde ausscheidet (die erhaltene war durch 0,54 Proc. Natron verunreinigt) und die etwas kleinere Hälfte der Thonerde (42 Proc. der gesammten) mit allem Natron in Lösung geht, so daß etwa 5Na₂O Auflösung von 2Al₂O₃ bewirkt hätten. Doch befand sich bei dem Versuche zugleich viel kohlensaures Natron in Lösung, so daß bei dessen Abwesenheit, nach Analogie des Verhaltens der Kieselsäure, das Lösliche Al₂ (ONa)₂ respective AlO₃, 3NaO gewesen sein dürfte (214). Somit wären die Erscheinungen genügend erklärt, bis auf die gelbe Farbe der Lösung, bei welchem Punkte wir uns seiner besonderen Bedeutung wegen länger aufhalten müssen. Aus dem Filtrate wurden durch Säure 27,6 Procent vom Gesammtschwefel als solcher gefällt und 49,5 Proc. in Form von BaSO₄ oder BaO, SO₃ (41). Während der letztere sich im Einklang mit der Formel befindet, ist der erstere damit unvereinbar, oder doch nur unter der Annahme anderer gleichzeitig stattgefundener Reactionen, z.B. es habe Thonerde oder Kieselsäure die Salze theilweise zersetzt und dadurch Anlaß zur Bildung von mehrfach-Schwefelnatrium gegeben: 4 Na₂S₂O₃ + 2 Na₂CO₂ + 2 SiO₃ = 2 Na₂SiO₃ + 3 Na₂SO₄ + Na₂S₅ + 2 CO₂. Dieser Punkt schien mir sehr wichtig zu sein, daß ich versuchte, wie sich eine Beschickung mit der Hälfte Soda verhielte; aus der Gleichung ließe sich unmittelbar fünffach-Schwefelnatrium ableiten, wogegen freilich das schwefelsaure Salz hinter dem gefundenen zurückbleiben würde: 2 (Al₂O₃ + SiO₂ + 4 Na₂S₂O₃ + Na₂CO₃) = = 2 (Al₂SiS₂O₆Na₂) + 6 Na₂SO₄ + Na₂S + Na₂S₅ + 2 CO₂. Das Glühproduct gibt jedoch mit Wasser eine kaum gefärbte Lösung, welche sich mit Säure nur eben trübt, und der Rückstand färbt sich beim Erhitzen mit Salmiak nur eben vergißmeinnichtblau. Die Erklärung ist somit in der ersteren Formel zu suchen, und der Körper, welcher sich bildet, wird nicht Al₂SiS₂O₅ . Na₂O sondern Al₂SiS₂O₃ . Na₂S sein, obgleich die Entstehung des ultramarinsauren Natrons sich aus jenem Körper ohne Umstände herleitet, während dieser erst oxydirt werden muß, um seine Beziehung zum ultramarinsauren Natron erkennen zu lassen. Betrachten wir den Körper, welcher schließlich als ultramarinsaures Natron erscheint, in seinen drei verschiedenen Entwickelungszuständen. Zunächst tritt derselbe in der gelbgrünen Schmelze als Al₂SiS₂O₃ mit Schwefelnatrium verbunden auf (Körper A), dann oxydirt als (Körper B) Al₂SiS₂O₆Na₂ und endlich reducirt und mit Stickstoff verbunden als ultramarinsaures Natron = Al₂SiS₂O₄N₂Na₂(Körper C). Die Reaction von Salmiak auf B beruht, wie wir wissen, darauf, daß 3/4 seines Wasserstoffes Wasser bilden, 1/4 als Gas fortgeht, der Stickstoff aufgenommen wird und das Chlor Chlornatrium gibt. (Beleg III S. 238 im v. H.). Dies führt zu der Gleichung: Al₂SiS₂O₆Na₂ + Na₂O (des Silicates) + 2 NH₄Cl = Al₂SiS₂O₄N₂Na₂ + 2 NaCl + 3 H₂O + H₂, und wir erfahren hieraus, daß 2 Atome Sauerstoff durch Stickstoff ersetzt werden. Daß sich das Chlor nicht des Natriums im Körper B bemächtigte, welches ihm doch zunächst lag, ergibt sich aus dem Umstande, daß der blaue Körper ein Sauerstoffsalz mit durch Silber vertretbarem Natrium ist. Zugleich erkennen wir hieraus die Nothwendigkeit der Gegenwart von Silicat; wenn der Salmiak sich nicht mit dem Natron des Silicates umsetzte, so könnte auch kein ultramarinsaures Natron erhalten werden, da dieses durch Salzsäure wieder zersetzt würde. Den verhältnißmäßig guten Verlauf der Ultramarinbildung wird man dem durch Umsetzung von Salmiak mit neuem Silicat entwickelten Ammoniak zuschreiben müssen. Vergleichen wir rückwärts schreitend Körper B und A, so kann dieser nur die Zusammensetzung Al₂Sis₂O₃ + 2 Na₂S oder Al₂SiS₂O₃ + Na₂S haben, d.h. er enthält entweder 1 oder 2 Molecüle Schwefelnatrium. Die Frage ist jedoch bald zu Gunsten von 1 Molecül entschieden, denn mit 2 Mol. bekämen wir für das ultramarinsaure Natron (Körper C) die Formel Al₂SiS₂O₃N₂Na₂, während es 4 At. Sauerstoff enthält, eine Gewichtsdifferenz von fast 3 Proc. bei Fabrik-Ultramarin, welche bei der Analyse nicht unbemerkt geblieben sein würde. Der Vorgang wäre dann Al₂SiS₄O₃Na₄ + 5 O = Al₂SiS₂O₈Na₄ + 2 S und Al₂SiS₂O₈Na₄ + 2 NH₄Cl = 2 NaCl + 3 H₂O + H₂ + Al₂SiS₂O₅N₂Na₂; ist dagegen im Einklang mit der Erfahrung, daß die Schmelze mit Wasser sofort eine sehr hepathische Lösung gibt: Al₂SiS₃O₃Na₂ + 3O = Al₂SiS₂O₆Na₃ + S und Al₂SiS₂O₆Na₂ + 2 NH₄Cl + Na₂O (des Silicates) = = 2 NaCl + 3 H₂O + H₂ + Al₂SiS₂O₄N₂Na₂. Erwähnenswerth ist noch ein umstand, mit welchem ich wieder an den Ausgangspunkt anknüpfe, daß nämlich weder die Beschickung mit unterschwefligsaurem Natron, noch auch die Fabrikbeschickung, was schon C. Gmelin hervorhob, langsames Erhitzen vertragen; man kann es durch solches leicht dahin bringen, daß Ultramaringebendes überhaupt nicht erzeugt wird, wie das mit einer Beschickung der ersteren Art der Fäll war, welche 5 Stunden lang anfangs sehr mäßig, gegen Ende gehörig geglüht wurde, während die gleiche Beschickung, rasch zum lebhaften Glühen erhitzt und eine Stunde lang darin erhalten, ein gutes Resultat gab. Daß durch rasches Erhitzen etwa die Soda verhindert wurde gleich im. Anfang Silicate zu bilden, läßt sich nicht als Grund anführen; denn eine Beschickung aus den fertigen Silicaten mit Schwefel und Harz liefert ebenso gut Ultramarin, als wenn die Bestandtheile der Silicate einzeln angewendet werden. So wäre denn vielleicht auch nicht das Gemisch von unterschwefligsaurem und kohlensaurem Natron der eigentliche Bildner des Ultramaringebenden sondern ein Körper, aus beiden erst durch den Einfluß der Wärme entstanden; in dieser Beziehung wäre zu wünschen, daß die entsprechenden Kalisalze, welche für den Ultramarin gänzlich unbrauchbar sind, einer vergleichenden Untersuchung mit den Natronsalzen unterzogen würden. Während Kaolin einerseits mit Schwefel, Soda (und Harz) sowie andererseits mit unterschwefligsaurem und kohlensaurem oder kaustischem Natron Ultramarin zu liefern vermögen, konnte ich nicht finden, daß dieses mit einfach- oder mehrfach-Schwefelnatrium geschehe; denn wenn ich auch Spuren von blauer Färbung mit Salmiak erhielt, so rührte sie doch wahrscheinlich von der Luft her, welche oxydirend eingewirkt hatte. Ebensowenig bekam ich durch Glühen mit Glaubersalz und Kohle bei nachträglicher Behandlung mit Salmiak mehr als eine blaßblaue Masse angewendet waren: Al₂O₃ + 4 Na₂SO₄ + 8 C im Kohlentiegel [126]). Dagegen zerstört ein Gemisch von beiden den Ultramarin und wandelt ihn in Körper A um (50 Th. Ultramarin, 18 Th. Na₂SO₄ und 3,1 Th. Kohle im Kohlentiegel [123]), welchen ich einigemal frei von allem Blau erhielt zum Beweise, daß ihm die sonst beobachtete blaßblaugrüne Färbung nicht eigenthümlich angehört: Al₂SiS₂O₄N₂Na₂ + Na₂SO₄ + 2 C = Al₂SiS₃O₃Na₂ + Na₂CO₃ + CO₂ + N₂. In Bezug auf den Stickstoff kann ich, da die Tiegel bei Glühhitze angewendet wurden, nicht angeben, ob er gasförmig fortging. Außerdem sind mir noch zwei Wege bekannt, um den Körper A zu erhalten: die Behandlung mit Schwefelwasserstoffgas und die Behandlung mit Schwefelkohlenstoffdampf. Ueber das vorher geglühte Gemisch von Al₂O₃SiO₂ + 2Na₂CO₃ wurde im glühenden, mit Kohle gefütterten Tiegel Schwefelwasserstoff geleitet; die erhaltene gelbliche pyrophorische Masse gab, mit Alkohol gewaschen, beim Glühen mit Salmiak oder auch mit Schwefel an der Luft kornblumenblauen Ultramarin und verhält sich überhaupt wie ein Gemenge der Silicate mit vielleicht 18 Proc. von Körper A (127); der Vorgang wird also sein: (Al₂O₃, SiO₂, 2 Na₂O) + 4 H₄S = Al₂SiS₃O₃Na₂ + Na₂S + 4 H₄O. Wurde mit Schwefelkohlenstoffdampf gesättigte Kohlensäure über die glühenden Silicate geleitet, so traten die analogen Erscheinungen ein (128): (Al₂O₃, SiO₂, 2 Na₂O) + 2 CS₂ = Al₂SiS₃O₃Na₂ + Na₂S + 2CO₂. Verarbeitet man Beschickungen von gleicher oder ähnlicher Art, wie sie von Fabrikanten benutzt werden, auf Ultramarin, so gewahrt man zunächst, daß es zur Erzielung auch nur mäßig hübscher Muster der Einhaltung von mancherlei Bedingungen bedarf. Diese zu bezeichnen soll die nächste Aufgabe sein. Wird die Beschickung im geschlossenen Porzellantiegel über der Lampe erhitzt, so macht es einigen Unterschied aus, ob langsam oder rasch erhitzt wird. Bei einstündiger gelinden Erhitzung und darauf folgender einstündigen hellen Rothgluth der nach Fabrikvorschrift ganz locker aufgeschütteten Masse erhält man ein hell blaugraues Muster, welches sich durch Erhitzen mit Salmiak kaum tiefer färbt; es ist ein schwefelarmes Product, von ultramarinsaurem Natron wenig mehr als Spuren enthaltend. Wird dagegen rasch zu Heller Rothgluth erhitzt, so riecht man anfangs ebenfalls viel schweflige Säure und bekommt ein grüngelbes hepathisches Pulver, welches Wasser durch seinen Eisengehalt lauchgrün färbt, gewaschen und getrocknet schmutzig hell grünlichblau aussieht und durch Erhitzen mit Salmiak mäßig tief schmutzig blau wird; es enthält etwa 8 bis 10 Proc. ultramarinsaures Natron. Glüht man eine Beschickung im Flammofen in theils offenen, theils lose bedeckten, theils geschlossenen entweder glasirten, porösen oder kohlegefütterten Tiegeln, in vorherrschender Reductions- oder Oxydationsflamme, so ist das Resultat sehr verschieden. Folgendes Verfahren stellte sich nun aus vielen Versuchen als zweckmäßig heraus: Weder die reine Oxydationsflamme, noch die reine Reductionsflamme geben erträgliche Muster, und da es, wie mir scheint, einen Widerspruch einschließt, daß beide Flammen gemischt neben einander bestehen sollten, so wird wohl die alternirende Flamme maßgebend sein. Um gute Muster zu erhalten, mußte ich für volle Reductionsflamme sorgen, und zur Oxydation war das Oeffnen der Thür bei frischer Kohlenaufgabe völlig ausreichend. Dabei mußte ich der Beschickung etwas mehr Harz zusetzen, als durch die Analyse angezeigt war, nämlich ein solches Quantum, welches für meinen Apparat und seine Vorrichtung als zweckmäßig ausprobirt war, sonst machte sich der eine oder andere Fehler bemerklich; entweder wurde die Masse durch zu große Reduction zu hepathisch oder durch zu viel Sauerstoff zu blaß. Dann ist die Porosität der Tiegelmasse, welche die Beschickung umschließt, von Bedeutung und es muß ausprobirt werden, wie stark die Wandung von gegebener Chamotte sein darf. Die ungebrauchte Tiegelscherbe aus einer Ultramarinfabrik, welche lufttrocken 89,1 Grm. wog, hatte nach viertelstündigem Eintauchen in Wasser und hierauffolgendem Abwischen ein Gewicht von 101,4 Grm., nach 1 Mündigem Eintauchen etc. 101,6 Grm.; das Gewicht hatte also um 13,8 Proc. zugenommen, was bei einer Dichtigkeit der Masse gleich der vom Quarz (spec. Gew. – 2,65), welcher den Hauptbestandtheil bildet, für den lufterfüllten Raum mehr als 1/4 vom Ganzen ausmachen würde.Die Scherbe war verloren gegangen und es konnte daher das specifische Gewicht nicht besonders bestimmt werden. Eine hohle Kugel aus solchem Material, die mit Wasserstoffgas gefällt wäre, müßte dieses demnach, wenn sie in einem glühenden Ofen läge, ganz behende gegen Kohlensäure austauschen. – Rohre aus Almeroder Tiegelmasse von 23 Centimeter Länge, 4 Centim. äußerem und 3 Centim. innerem Durchmesser, etwa 75 Grm. Beschickung fassend, fand ich meinem Apparat entsprechend. Solche Rohre mit gutem, feuerfestem Verschluß und mit diesem der Flamme zugekehrt, setzte ich 7stündigem Flammfeuer aus und ließ bei möglichstem Luftabschluß erkalten. Unter vielen Versuchen wähle ich einige aus, welche mir besonders instructiv zu sein scheinen; an Harz war jedesmal 1/4 vom Gewichte der Soda genommen. Al₂O₃ SiO₂ Na₂CO₃ S und Harz gab Ultramarin (172) 6   6   8 Mol. 40 At. hellblaugrau (172) 6 12 12 60 lasurblau, unrein (173) 6 12 10 50 ebenso (173) 6 15   9 45 lasurblau, am reinsten (173) 6 15 11 55 ebenso (172) 6 18 12 60 lasurblau, schwärzlich. Gleiche Molecüle Al₂O₃ und SiO₂ geben also auf diesem Wege kaum Ultramarin – ein Resultat, welches nach dem Vorhergehenden Wohl nicht vermuthet wäre. Der Grund mag darin liegen, daß, sobald sich durch oxydirende Flamme der Körper B bildete, diesem der zur Reduction, welche der Stickstoffaufnahme vorhergeht, nöthige Schwefeldampf ein Quantum schwefliger Säure zuführte, welche ihn wieder zerstörte, da sich nicht genug kieselsaures Natron vorfand, um dieselbe unschädlich zu machen. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß der Schwefel überhaupt zu früh aus der Masse fortgeht, denn das Präparat macht den Eindruck der Schwefelarmuth; es würde dies auch zu dem später bei der schwefelkohlenstoffreichen Kieselsäure Gesagten stimmen. Die übrigen Muster mit Al₂O₃ auf 2SiO₂ und mehr, sämmtlich lasurblau, sind einander so ähnlich, daß man den Unterschied erst bei sorgfältiger Vergleichung gewahrt. Als ich die Verhältnisse von 1 : 2 und von 1 : 3, welche ich zuerst prüfte, von so gleichartiger Wirkung fand, glaubte ich das günstigste als in der Mitte liegend annehmen zu müssen; doch zeigte sich dabei, daß der Unterschied wohl nicht die Intensität der Farbe sondern vielmehr ihren Ton anginge; denn die mittlere Beschickung gab nur ein etwas reineres Blau als die übrigen, und die hinsichtlich des Alkalizusatzes etwas abweichenden, hierauf bezüglichen Versuche wiesen nur aus, daß bei dem einen gewiß nur zu seinem Vortheil etwas Alkali hätte gespart werden können, während das andere die Zusammensetzung der eingangs erwähnten Fabrikbeschickung hatte. Die Erklärung dieses bereits von C. Gmelin bemerkten weiten Spielraumes der Mischungsverhältnisse dürfte sich aus einer Betrachtung der Rolle, welche die Silicate im Processe spielen, ergeben. Die Silicate, aus welchen die Ultramarine zu einem beträchtlichen Theile bestehen, haben, wie wir wissen, die Eigenschaft, ihr Natron nicht sehr fest gebunden zu halten, sondern es z.B. beim Glühen mit Salmiak oder bei Behandlung mit Wasser zu entlassen; denn auch Ultramarin, aufs beste gewaschen, gibt mit neuem Wasser eine lackmusbläuende Lösung, welche beim Abdampfen Natron mit wenig Kieselsäure und noch weniger Thonerde zurückläßt. Doch geht diese Zersetzung nur sehr allmälig von statten und verräth sich deshalb wohl erst dann, wenn alles Glaubersalz fort ist. Wir betrachteten auch die Art und Weise, wie der Salmiak einwirkt und sahen, daß er mittels seines Wasserstoffes reducirte, aber sein Chlor nicht an das Natrium des reducirten Körpers abgab sondern an das Natrium im Silicate. Hier muß ich nun beifügen, daß die Wirkung des Schwefelns im Großen der Wirkung des Salmiaks ganz analog zu sein scheint; das Schwefeln besteht bekanntlich darin, daß der grüne unfertige Ultramarin in dunkler Rothgluth mit Schwefel bestreut wird, welcher mit blauer Flamme wegbrennt und den Ultramarin lasurblau zurückläßt. Mengt man das Präparat, welches den Körper B = Al₂SiS₂O₆Na₂ enthält, mit Schwefel und glüht bei Ausschluß der Luft, so scheint er durch diesen Vorgang für das Auge nicht verändert zu sein; aber es zeigt sich, sobald man ihn jetzt an der Luft glüht, daß der Schwefel reducirend eingewirkt haben müsse, indem er sich jetzt in blauen Ultramarin und zwar auf Kosten des Stickstoffes der Luft verwandelt; denn wenn es auf Kosten des Sauerstoffes der Luft geschähe, so versteht man nichts weshalb der Körper durch Erhitzen mit chlorsaurem Kali nicht blau wird, obwohl er durch solche Behandlung seine Eigenschaft, sich mit Salmiak zu bläuen, keineswegs einbüßt (131). Hierzu die interessante Bemerkung, daß nicht der freie Wasserstoff den Körper B reducirt, sondern nur der nascirende; denn das gewaschene Präparat wurde vor weiteren Versuchen damit in Wasserstoffgas geglüht, welches mithin Al₂SiS₂O₆Na₂ nicht etwa zu Al₂SiS₂O₄ reducirte. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß der Körper B aus A, dem schwefelbasischen Körper, durch Oxydation beim Waschen und Trocknen entstand. Wirkt der Schwefel auf den Körper B reducirend, so verwandelt er sich in schweflige Säure, welche im freien Zustande zerstörend einwirken würde. Dies sieht man an allen von schwefliger Säure stark getroffenen Stellen; sie bläuen sich nachträglich nicht. Ist aber genug Silicat in der Nähe, welches durch Natronabgabe die Säure bindet und unschädlich macht, so ist das Hinderniß der Bildung von ultramarinsaurem Natron beseitigt. Dies wird es erklären, weshalb eine Beschickung reich an Silicat sein muß, wenn sie ein gutes Präparat liefern soll; wäre sie arm daran, so würde der Fall eintreten können, daß sogar bereits gebildeter Ultramarin durch schweflige Säure wieder zerstört würde. Daß die Beschickungen von so abweichendem Aluminium- und Siliciumgehalte doch so gleichartige Muster lieferten, wird weniger befremden, wenn man erwägt, daß, da es sich wesentlich um Addition der Kieselsäure, um mehr oder minder saures Salz derselben handelt, der Gehalt der Muster (von 2 zu 3 SiO₂ auf 1 Al₂O₃) an ultramarinsaurem Natron doch nur um vielleicht 8 Procent differiren würde, und daß das Verhältniß von 2 Al₂O₃ auf 5 SiO₂ in Rücksicht auf Quantität der nothwendigen Silicate eines der günstigsten sein wird. Die Fabrikbeschickungen schwanken nach meinen Erfahrungen zwischen 1 : 2,5 und 1 : 2,7. Wissenswerth ist auch, wie sich eine Beschickung mit noch mehr Kieselsäure verhält; eine solche (178) im Verhältniß von Al₂O₃ + 4 SiO₂ + 2 Na₂CO₃ + 5 S₂ + Harz (1/4 vom Gewichte der Soda) gab eine sehr harte, gefrittele, hepathische Masse, im Bruch glänzend und rothbraun, deren gewaschener Rückstand nach dem Trocknen chocoladebraun war, mit Salmiak behandelt und gewaschen schwärzlich blaugrau, und mit 1/3 Natronsalpeter, dann mit Salmiak geglüht etwas reiner blaugrau erschien. Da es hiernach interessant war zu wissen, wie sich solche Beschickung ohne Thonerde verhielte, so wurden (184) 6 SiO₂ + 2 Na₂CO₃ + 5 S₂ + Harz (1/6 vom Gewichte der Soda) dem Versuche unterworfen. Die erhaltene blasige, spröde, schwarzglänzende Masse ließ, zerrieben und mit Wasser gewaschen, ein wie Kohle aussehendes Pulver zurück, bestehend aus 45,7 Si 2,9 S 2,8 C 48,6 O ––––– 100,0 also etwa SiO₂ durch C₅S₂ verunreinigt, eher wohl noch Kieselsäure, mit einer tiefgefärbten, schwer verbrennbaren Siliciumverbindung und schwefelhaltiger Kohle gemengt. Der scheinbar überschüssige Schwefelgehalt der Beschickung wird wohl durch die Anforderungen der Praxis bedingt sein. Offenbar kommt es darauf an, daß in der Beschickung Körper entstehen, welche erst bei Rothgluth Schwefel frei werden lassen, damit dieser die Reduction, von der wir öfter sprachen und welche die Feuergase nicht zu vollziehen vermögen, verrichte. Von welcher Art diese Verbindungen in unserem Processe sind, müssen künftige Beobachter feststellen; hier mögen folgende Andeutungen genügen. Daß in einer Periode des Processes mehrfach-Schwefelnatrium vorkomme, ist möglich, sogar wahrscheinlich, da die Bedingungen vorliegen, sei es durch die Wirkung von vielem Schwefel auf Soda, sei es durch die Zersetzung von unterschwefligsaurem Natron in Glühhitze (4 Na₂S₂O₃ = 3 Na₂SO₄ + Na₂S₅). In beiden Fällen bildet sich mehrfach-Schwefelnatrium, welches die Eigenschaft hat, sich in Glühhitze allmälig auf einfach-Schwefelnatrium zu stellen. Eine andere Quelle von Schwefel in Glühhitze bildet die schwefelhaltige Kohle, wie sie durch Einwirkung von Harz z.B. auf unterschwefligsaures Natron beobachtet wurde; in diesem Falle würde es wohl Schwefelkohlenstoff sein, welcher unter Ausscheidung von Kohle oder Bildung von Kohlensäure die Reduction des Körpers B bewirkte. Daß viel Schwefel anfangs aus der Beschickung ohne Wirkung verdampft, ist Thatsache; sicher bringt dies aber den Vortheil, daß die Beschickung, da sie nur schwach sintert, ein großes Volumen einnimmt und den Feuergasen eine große Oberfläche darbietet. Man könnte es vorziehen, zu diesem Zwecke billiges Wasser dem theuren Schwefel zu substituiren und den Kaolin unentwässert anzuwenden, aber dies bringt wieder andere Nachtheile mit sich; denn obwohl unentwässerter Kaolin auch Ultramarin gibt, findet sich doch, daß er schöner von Farbe ausfällt, wenn wasserfreies Material angewendet wurde. Wie in allen Dingen so fordert auch hier die Erreichung besonderer Zwecke besondere Opfer. Ueber den Antheil des Schwefels, welcher zu Glaubersalz wird, vergleiche Beleg IX S. 246 im vorhergehenden Hefte dieses Journals. III. Die Färbung. Wer sich je an die Arbeit mit dem Ultramarin machte, wird sich die Frage gestellt haben: ist es am Ende nicht etwa doch Eisen, auf dessen Gegenwart die Farbe beruht? Man würde diese Frage weit rascher verneinen, wenn nicht die Beschaffung eisenfreier Materialien große Schwierigkeit hätte. Ich kam damit nicht früher zum Ziele, als bis ich Thonerde aus Ammoniakalaun und eisenfreien Quarz benutzte. Kieselsäure aus Wasserglas fand ich stets eisenhaltig. Der mehrfach umkrystallisirte, entwässerte Ammoniakalaun wurde im Flammofen in Tiegeln geglüht, mit Harz gemengt, erhitzt und dies so oft wiederholt, bis die Masse nur schwierig weiß brannte und ihr Gewicht constant blieb (183). Beschickt man nun mit solchem Material, bei welchem man die Abwesenheit des Eisens am leichtesten daran erkennt, daß das gewonnene Präparat (Körper A) dem Wasser keine grünliche Färbung ertheilt, so erhält man Ultramarin gleichwie aus eisenhaltigem Materiale. Thut nun auch eine Spur Eisen unter Umständen der Schönheit des Präparats keinen Eintrag, so muß ein Mehr davon doch sehr schädlich sein. So gab eine Beschickung (176) aus 6 Fe₂O₃ + 15 SiO₂ + 11 Na₂CO₃ + 55 S + Harz (1/4 vom Gew. der Soda) theils ein glänzendes, schwarzes Glas, welches dem Magnete folgte und an der Luft zerfiel, theils ein schwarzes Pulver, unter der Loupe gesehen von braunem Kupferglanz. Das zerfallene Glas hatte an vielen Stellen das Ansehen von metallischem Kupfer, im Sonnenschein von mikroskopischen Krystallen flimmernd. Wasser gab eine schwarze Lösung, in dünnen Schichten grün, und an der Glaswand bildete sich ein kupferrother Ring. Gewaschen und mit Salmiak erhitzt wurde es grünlich grau und magnetisch. Ist das schwarze Glas nach 24 Stunden an der Luft zerfallen, so färbt sich Wasser nicht mehr damit und der gewaschene Rückstand besteht fast ganz aus der kupferrothbraunen Substanz. Es leuchtet demnach ein, daß ein erheblicher Eisengehalt sehr nachtheilig sein muß; demungeachtet enthält auch der schönste käufliche Ultramarin etwas Eisen. Man sieht hieraus, daß vielleicht in Folge des langen Verweilens in sauerstoffarmer Luft bei hoher Temperatur, welche durch Verbrennen des Schwefelnatriums aus dem braunen Körper hellen Schwefelkies hinterließe, das Eisen bis zu einem gewissen Grade unschädlich gemacht werden kann.Diesen unbewiesenen Schwefelkies in einer Analyse aufzuführen, wäre natürlich unstatthaft. Was die Dauer der Glühhitze anlangt, so wird es bekannt sein, daß sich die Beschickung während mehrerer Tage in Heller Gluth befindet und darauf bei dicht verklebtem Ofen langsam erkaltet, so daß bis zur Beendigung dieses Theiles der Arbeit wohl eine Woche vergeht. Käuflicher Ultramarin hat einen Stich entweder ins Rothe oder ins Grüne; sollte er, was dem Fabrikanten vielleicht das Erwünschteste wäre, rein blau sein, so weiß ich kein Mittel dies sicher zu erkennen; denn würde man diesen auf ein röthliches Muster bringen, so würde er nach dem Gesetz complementärer Farben grünlich zu sein scheinen und umgekehrt röthlich, wenn man ihn mit einem grünlichen Muster vergleicht. Bei den häufigen Versuchen im Flammofen zeigte es sich, daß der grüne Stich dem rothen erst dann weicht, wenn die Behandlung mit Oxydationsflamme bis nahe an die Grenze getrieben wird, wo der Ultramarin seine Farbe wieder verliert, wohl in Folge der schwefligen Säure, welche sich rascher entwickelt, als daß sie vom Silicat bei seiner langsamen Zersetzungsfähigkeit neutralisirt werden könnte, und welche dann die Säure des ultramarinsauren Natrons abscheidet, was deren weiteres Zerfallen zur Folge hat. Daß nun bei mangelhafter Oxydation der Ultramarin grün wird, stimmt mit der allgemeinen Annahme überein, der grüne Ultramarin enthalte Schwefelnatrium. Es wäre möglich, daß derselbe aus dem Körper C mit einem Rückhalt von dem Körper A bestände, was durch neue Untersuchungen zu bestätigen wäre. Dem gegenüber scheint es mir indessen doch wahrscheinlich, daß die grüne Farbe bisweilen auch einer Modification des ultramarinsauren Natrons angehören dürfte. Es kam öfter vor, daß ein grünlicher Ultramarin durch keinerlei Behandlung blau werden wollte, z.B. nicht durch Schmelzen mit dem vierten Theil an Natronsalpeter oder mit chlorsaurem Kali; hätte aber das Grün vom Schwefelnatrium abgehangen, so würde es bei dieser Behandlung doch sicher dem Blau gewichen sein. Am ultramarinsauren Silberoxyd hat man ein Beispiel, daß derselbe Körper grün oder auch ungefärbt sein kann; das mit seiner Hilfe erzeugte ultramarinsaure Kali ist grün. Sollte nicht auch beim ultramarinsauren Natron ein Farbenwechsel unbeschadet der Zusammensetzung stattfinden können? Die hartnäckig grünen Ultramarine verdankten, wenn ich mich dessen richtig entsinne, ihre Bildung einer zu alkalireichen Beschickung. Was den Stich ins Rothe, welchen das Auge liebt, anlangt, so glaubt man, daß er mit der Art des Erkaltens im Zusammenhange stehe; über die Beseitigung dieses Stiches durch Glühen wurde gleich eingangs gesprochen. Recht trüglich sind Intensitätsvergleichungen von Proben bei ungleichem Tone; dieselben gewinnen auch wenig an Klarheit dadurch, daß man sie mit weißen Körpern vermischt. Ich erinnere an drei Muster, deren Unterschied das Auge überhaupt nur schwer wahrnahm und deren Siliciumgehalt demungeachtet wie 2 : 2,5 : 3 war. Alle waren lasurblau, scheinbar von gleicher Intensität, aber das erste schien etwas unrein (etwa mit braun gemischt) und das letzte etwas schwärzlich. Es ist aber Grund zu vermuthen, daß ihre Intensitäten bei gleichen: Stich oder Ton eine gleichmäßige Abnahme gezeigt haben würden. –––––––––– Es ist möglich, daß die hier aufgestellten Formeln noch nicht die richtigen sind. Habe ich doch selbst im Laufe der Untersuchungen meine Ansicht gewechselt, indem ich früher das Natrium fortließ aber später einsah, daß es in dem blauen Körper eine wesentliche Rolle spiele, daß dieser geradezu ein Natriumsalz sei. – Man wird voraussichtlich zu den richtigen Formeln auf dem Wege gelangen, auf welchen mich der Zufall geleitet hat: die procentische Zusammensetzung nach Elementen und nicht nach Sauerstoff-Verbindungen aufzustellen. Meiner Meinung nach dürfte aber bis zum völligen Austrag dieser Frage noch manches Jahr vergehen; erst muß die Constitution anderer analogen Verbindungen, wonach ich mich vergebens umgesehen habe, festgestellt sein, weil der Schlüssel zum Gesetze eben Analogie heißt. Vielleicht ist es mir gelungen mit dieser Arbeit jenen, welche sich mit der zweifellos wichtigen und hochinteressanten Materie weiter befassen wollen, den Weg ein wenig geebnet zu haben.