Titel: Function der Oxyde des Mangans als glasfärbende und entfärbende Agentien; von Dr. Fritz Guhrauer.
Autor: Fritz Guhrauer
Fundstelle: Band 213, Jahrgang 1874, Nr. LXXVII., S. 327
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LXXVII. Function der Oxyde des Mangans als glasfärbende und entfärbende Agentien; von Dr. Fritz Guhrauer. Guhrauer, über Function der Oxyde des Mangans. Natron-Gläser besitzen an und für sich – abgesehen von der färbenden Wirkung des Eisenoxyduls, welches in Folge der durch Eisen verunreinigten Rohmaterialien dem Glase zuertheilt wird, eine grünliche, von Natron herstammende Farbe; demzufolge zeigen Gläser mit hohem Natrongehalt diese Farbenerscheinung in auffallenderer Weise als solche mit niederem Natrongehalt. Allgemein wendet man, um diese theils durch das Eisen, theils durch Natron an und für sich bedingte grünliche Farbe solcher Gläser verschwinden zu machen, Braunstein an, welchen man nach verschiedenen Angaben entweder direct in die Mischung der Rohmaterialien, oder erst nach vollendeter Schmelze in das fertige Glas bringt. Daß der Braunstein auf diese oder jene Art angewendet, sowohl durch Oxydation des Eisenoxyduls zu dem weniger wahrnehmbar gelb färbenden Eisenoxyd, als auch durch Erzeugung der dem Grün complementären Farbe, entfärbend auf das Glas wirkt, wird von den meisten, welche hierüber ihre Ansichten ausgesprochen haben, angenommen. Ob überhaupt eine Oxydation des Eisenoxyduls zu Oxyd in Folge Reduction des Braunsteines stattfindet, läßt sich mit Sicherheit wohl schwer nachweisen. Thatsache jedoch ist, daß der Braunstein durch Erzeugung der dem Grün complementären Farbe entfärbend, und wenn das Maß dieser nothwendigen complementären Farbe überschritten wird, violettroth färbend auf das Glas wirkt. Welcher Oxydationsstufe des Mangans man diese entfärbende, resp. violettröthlich färbende Wirkung zuschreiben muß, ist noch keineswegs mit Gewißheit festgestellt; wenn man auch allgemein diese als von Manganoxyd ausgehend annimmt, so ist jedoch eine Widerlegung derjenigen Ansichten, welche diese dem Oxydul (s. Liebig's Annalen der Chemie, Bd. CX S. 112) oder Superoxyd (Bontemps: Guide du verrier; p. 90. Paris 1868) zuschreiben, nicht erfolgt.Vergl. auch Knapp: Lehrbuch der chemischen Technologie, 3. Aufl. 2 Bd. S. 12 und 33; ferner dies Journal, 1870 Bd. CXCV S. 64. D. Red. Dem Glase die verschiedenen Oxydationsstufen des Mangans der Reihe nach beizufügen, um sich aus den einzelnen Wirkungen derselben ein Bild dieser Vorgänge zu verschaffen, würde kein genügendes Resultat ergeben, da die Oxyde einer Reduction oder Oxydation im Glase selbst stets ausgesetzt sind; somit kann diese Frage nur indirect durch Combination verschiedener Beobachtungen gelöst werden. Ich will versuchen, meine Ansichten hierüber, welche ich mir in Folge längerer praktischer Thätigkeit in Glashütten gebildet habe, in wenig Worten darzulegen. Sucht man mittels Braunstein die grüne Farbe erwähnter Gläser verschwinden zu machen oder denselben, wie es beim Halbkrystall vorzugsweise beliebt ist, einen schwach röthlichen Schimmer zu ertheilen, so tritt häufig der Uebelstand ein, daß durch einen Zusatz von Braunstein im Ueberschuß oder auch, wenn der Schmelzofen die normale Temperatur nicht erreicht hat, das Glas sich bedeutend roth färbt – ein Uebelstand, der sich beseitigen läßt, indem man der fertigen Schmelze Arsenik, Glaubersalz oder Kohle beifügt (Dr. N. Gräger: Glasfabrikation, Bd. II S. 166), wodurch die rothe Farbe verschwindet, dagegen meist die ursprünglich grüne, selten aber die gewünschte zum Vorschein kommt. Was den Zusatz von Arsenik oder Glaubersalz anlangt, so können diese nur oxydirend auf das Mangan wirken, welches demnach entweder als Oxydul oder Oxyd vorhanden war, und dem entsprechend in Oxyd oder Superoxyd verwandelt wird. Würde man die ursprünglich rothe Farbe dem Superoxyd zuschreiben, so müßte dieses in Folge der Oxydation in eine noch höhere Oxydstufe des Mangans übergehen, was jedoch nicht anzunehmen ist. Der Zusatz von Kohle zu einem derartig roth gefärbten Glase bringt eine entgegengesetzte, nämlich reducirende Wirkung hervor, welche sich demnach nur auf das Oxyd beschränken kann und dieses in das nicht färbende Oxydul überführt. Wäre das Oxydul das roth färbende Agens, so müßte sich durch Zusatz von Kohle metallisches Mangan ausscheiden, welches sodann im Glase wahrnehmbar wäre, was jedoch nicht beobachtet wird. Hieraus folgt, daß die färbende bezieh. die Neutralisations-Farbe hervorbringende Wirkung des Braunstein des dem Manganoxyde zugeschrieben werden muß. Tritt im Gegensatz zu dem vorhin erwähnten der Fall ein, daß der Zusatz von Braunstein ein zu geringer oder die Temperatur des Ofens eine zu hohe war, so resultirte ein grün gefärbtes Glas. Es hat sich demnach hierbei kein – oder nur in geringem Maße – Manganoxyd gebildet, und es bleibt die Frage zu beantworten übrig, ob der Braunstein in Manganoxydul oder Superoxyd übergegangen ist. Die Erfahrung lehrt, daß ein derartiges grün gefärbtes Glas, in welchem der Braunstein zu keiner activen Thätigkeit gelangt ist, längere Zeit den Sonnenstrahlen ausgesetzt, allmälig farblos wird, und zwar in Folge der Bildung der dem Grün complementären Farbe. Diese Erscheinung kann nur auf einer Oxydation des Mangans beruhen, welches demnach ursprünglich in Form von Manganoxydul vorhanden war und in das färbende resp. die Neutralisations-Farbe hervorbringende Manganoxyd übergeführt wird. Ein derartiges Glas noch längere Zeit dem Sonnenlichte exponirt, hört auf farblos zu sein und geht in den violettrothviotettroth gefärbten Zustand über; die Oxydation des Manganoxyduls zu dem färbenden Oxyd nimmt zu – und zwar mehr, als nothwendig ist, um die dem Grün complementäre Farbe zu bilden. Ein solches roth gefärbtes Glas würde schließlich sehr wahrscheinlich wieder grün werden, indem alles färbende Oxyd in das nicht färbende Superoxyd übergeht. Für die Paris ergibt sich aus diesen Mittheilungen folgendes: 1) Wird ein Glas durch zu hohen Braunsteinzusatz oder bei zu geringer Ofentemperatur roth, so kann man dies beseitigen durch theilweise Reduction des im Ueberschuß roth färbenden Manganoxydes zu Oxydul oder Oxydation desselben zu Superoxyd. Ein Theil des Manganoxydes muß natürlicherweise verbleiben, um die dem Grün complementäre Farbe zu liefern; geschieht demnach die Oxydation oder Reduction in zu hohem Maße, so resultirt ein grünes Glas. 2) Tritt der umgekehrte Fall ein, war der Zusatz von Braunstein zum Glase ein zu geringer oder die Temperatur des Ofens eine zu hohe, wobei sämmtlicher Braunstein zu dem nicht färbenden Oxydul reducirt wurde, so kann man durch Oxydation desselben eine färbende bezieh. entfärbende Wirkung erzielen. Wie oben bei 1 darf die Oxydation ebenfalls nur eine theilweise sein; wird diese überschritten, so färbt sich das Glas roth und schließlich grün. 3) Wünschenswerth und für die Glasfabrikation von bedeutender Wichtigkeit bleibt es auf jeden Fall für den Braunstein ein Surrogat zu finden, welches gleichfalls eine violettroth färbende Wirkung ausübt, dabei einer derartigen Reduction und Oxydation jedoch nicht unterworfen ist. Sämmtliche hierfür bereits in Vorschlag gebrachten Körper ersetzen vor der Hand den Braunstein noch nicht vollkommen, geben in der Praxis keineswegs den gewünschten Erfolg. – Versuche, welche ich momentan mit Glas färbenden Metalloxyden anstelle, werden, hoffe ich, mich binnen Kurzem zu einem günstigen Resultate führen. Breslau im Juli 1874.