Titel: | Mittheilungen aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Polytechnicums in Carlsruhe; von K. Birnbaum. |
Autor: | K. Birnbaum |
Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. XII., S. 56 |
Download: | XML |
XII.
Mittheilungen aus dem chemisch-technischen
Laboratorium des Polytechnicums in Carlsruhe; von K. Birnbaum.
Birnbaum, über den Gehalt der bei verschiedenen
Fettzersetzungsmethoden erhaltenen Fettsäuregemische an Neutralfett.
2) Ueber den Gehalt der bei verschiedenen
Fettzersetzungsmethoden erhaltenen Fettsäuregemische an Neutralfett.
Eine in unserer Nähe betriebene Stearinkerzenfabrik veranlaßte mich wiederholt, die
Producte ihrer Fettzersetzung zu untersuchen, namentlich den Gehalt der
Fettsäuregemische an unzersetztem Neutralfett festzustellen. Da diese Untersuchungen
durchgeführt wurden, während die Fabrik ein älteres Verfahren der Fettzersetzung
durch das von J. C. A. Bock
Dasselbe wurde von L. Carpenter beschrieben in Dingler's polytechn. Journal, 1872 Bd. CCV S.
560. angegebene ersetzte, sind die unten mitgetheilten Zahlen geeignet, einen
Beitrag zu liefern zur vergleichenden Beurtheilung verschiedener
Fettzersetzungsmethoden.
Das ältere Verfahren der Fabrik bestand darin, daß das ausgelassene Fett mit Wasser
in ein dickwandiges Kupfergefäß eingeschlossen und das Gemisch durch directe Heizung
so stark erhitzt wurde, daß im Inneren des Apparates ein Druck von etwa 14
Atmosphären herrschte. Das Fett wurde bei Gegenwart von Wasser diesem hohen Drucke
zuerst 7 bis 10 Stunden ausgesetzt, dann gewaschen zur Entfernung des frei
gewordenen Glycerins und darauf, wenn nöthig, nochmals derselben Behandlung im
Zersetzungsapparate unterworfen. Als meine Untersuchungen ergeben hatten, daß in
dieser Weise eine vollständige Spaltung der Fette in Fettsäuren und Glycerin nicht
zu erreichen sei, wurden die Besitzer der Fabrik zu dem Entschlusse gebracht, diese,
auch nicht ohne Gefahr durchzuführende, alte Methode durch die Bock'sche zu ersetzen, bei welcher die Zersetzung der Fette durch
Schwefelsäure ohne Anwendung von Druck vorgenommen wird. Die unten angeführten
Zahlen zeigen, daß dieses neue Verfahren mit Recht dem älteren vorgezogen wird.
Ich bekam die Fettsäuregemische zur Untersuchung, nachdem ihnen durch systematisches
Auswaschen mit Wasser alles Glycerin entzogen war. Die Fettsäuren waren in Tafeln
erstarrt zum Pressen bereit, enthielten also wesentlich Stearinsäure, Oelsäure und
etwa vorhandenes Neutralfett. Directe Versuche zeigten mir, daß durch Kochen mit
Wasser den Gemischen kein Glycerin mehr entzogen werden konnte.
Die Prüfung auf Neutralfette wurde in folgender Weise ausgeführt. Eine abgewogene
Menge der Substanz wurde zunächst bei 100° getrocknet, sodann in einem
tarirten Glase mit reinem Aetzkali und Wasser in der Wärme verseift. Die immer
erhaltene klare Seifenlösung wurde darauf mit verdünnter Schwefelsäure schwach
angesäuert und die abgeschiedenen Fettsäuren durch Zusatz einer abgewogenen Menge
vorher mit Schwefelsäure und Wasser gewaschenen, darauf getrockneten Wachses in
einen nach dem Erkalten festen Kuchen geformt. Dieser Kuchen wurde nach
vollständigem Erkalten von der wässerigen Lösung abgehoben, die Lösung entfernt, der
Kuchen und das Glas bis zum Aufhören der sauren Reaction mit kaltem Wasser
gewaschen, endlich das Gemisch von Fettsäuren und Wachs in dem Glase bei 100°
getrocknet, gewogen. Die Lösung wurde mit reinem Kaliumcarbonat genau neutralisirt,
dann im Wasserbade zur Trockne verdampft. Dem Kaliumsulfat entzog ich darauf durch
absoluten Alkohol etwa vorhandenes Glycerin, verdampfte die alkoholische Lösung zur
Trockne und behandelte den Trockenrückstand nochmals mit absolutem Alkohol. Der beim
Verdampfen der hierbei erhaltenen Lösung bleibende Rückstand wurde, bei 100°
getrocknet, ebenfalls gewogen. Er erwies sich immer als reines Glycerin, hinterließ
beim Verbrennen keine Asche, löste sich in Wasser vollständig, besaß den Geschmack
des Glycerins, verhinderte die Fällung von Kupfer durch Aetznatron und gab beim
Erhitzen mit saurem Kaliumsulfat die charakteristischen Dämpfe von Acrolein.
a) Inländer Talg, 10 Stunden im Zersetzungsapparate bei
einem Druck von 14 Atmosphären.
8,355 Grm. verloren bei 100° 0,021 Grm. Wasser und lieferten 8,2785 Grm.
Fettsäuren und 0,094 Grm. Glycerin.
Um zu berechnen, wie viel Neutralfett diesem Gehalte an Glycerin entspricht, wurde
angenommen, daß letzteres an Stearinsäure gebunden sei. Nach der einfachen
Gleichung
C₃H₈O₃ + 3
C₁₈H₃₆O₂ = C₃H₅
(C₁₈H₃₅O)₃O₃ + 3 H₂O
binden 92 G. Th. Glycerin 852 G. Th. Stearinsäure und liefern
890 G. Th. Tristearin. Demnach beschäftigen die 0,094 Grm. Glycerin 0,879 Grm.
Stearinsäure und liefern 0,9093 Grm. Tristearin. Mithin war die Zusammensetzung des
Fettsäuregemisches folgende:
Wasser
0,0210
=
0,26
Proc.
Neutralfett
0,9093
=
10,90
„
Freie
Fettsäuren
7,3995
=
88,57
„
––––––––––––––––
99,73
Proc.
b) New-Yorker Stadtfett, 7 Stunden im
Zersetzungsapparate bei einen: Druck von 14 Atmosphären.
8,222 Grm. verloren bei 100° 0,032 Grm. Wasser und lieferten 8,1245 Grm.
Fettsäuren und 0,122 Grm. Glycerin. Daraus berechnet sich folgende Zusammensetzung
des Gemisches:
Wasser
0,0320
=
0,38
Proc.
Neutralfett
1,1800
=
14,37
„
Freie
Fettsäuren
6,9945
=
85,17
„
––––––––––––––––
99,92
Proc.
c) Dasselbe Fett, wie unter b, zweimal zersetzt.
7,773 Grm. verloren bei 100° 0,0319 Grm. Wasser und lieferten 7,690 Grm.
Fettsäuren und 0,105 Grm. Glycerin. Die Zusammensetzung des Fettsäuregemisches war
demnach:
Wasser
0,0319
=
0,41
Proc.
Neutralfett
1,0160
=
13,08
„
Freie
Fettsäuren
6,7180
=
86,44
„
––––––––––––––––
99,93
Proc.
Aus diesen Zahlen ergibt sich zunächst, daß unter den in der Technik gegebenen
Verhältnissen eine vollständige Zersetzung der Fette nach der oben angedeuteten
älteren Methode nicht zu erreichen ist. Sodann aber folgt auch, daß die Zersetzung
der Fette eine ungleichmäßige ist. In der ersten Periode der Zersetzung schreitet
die Spaltung der Neutralfette viel schneller vorwärts als in den späteren. In den
ersten 7 Stunden waren von dem New-Yorker Stadtfett etwa 86 Proc. zersetzt,
in den zweiten 7 Stunden nur noch wenig über 1 Proc. Leider muß ich mich darauf
beschränken, diese Thatsache hier anzudeuten, die Fabrik war durch die rasche
Aenderung des Betriebes zu meinem Bedauern nicht in der Lage, mir in bestimmten
Zeitintervallen auch während der ersten Periode dem Apparate entnommene Proben zu
liefern, deren Untersuchung ein genaueres Bild von dem Gange der Zersetzung gegeben
haben würde.
d) Nach Bock's Methode
dargestellte Fettsäuren.
5,914 Grm. verloren bei 100° 0,025 Grm. Wasser und lieferten 5,886 Grm.
Fettsäuren; 3,102 Grm. hinterließen bei der Verbrennung 0,001 Grm. Asche. Das
Fettsäuregemisch besaß demnach die Zusammensetzung:
Wasser
0,42
Proc.
Freie
Fettsäuren
99,53
„
Asche
0,03
„
–––––––––––
99,98
Proc.
Es war mir nicht möglich, aus diesem Fettsäuregemische eine Spur Glycerin zu
isoliren; es erwies sich also vollständig frei von Neutralfett.
3) Ueber Plessy's Chromgrün; von G.
Köthe.
Im Jahre 1873 hatte der polytechnische Verein in Carlsruhe aus dem Gebiete der
chemischen Technologie folgende Preisaufgabe gestellt: „Die Vorschrift,
welche Mathieu Plessy
Dingler's polytechn. Journal, 1863 Bd. CLXVII
S. 397. zur Erzeugung einer grünen Chromfarbe gibt, ist unklar. Seine Angaben
sind zu präcisiren und es ist festzustellen, ob aus den von ihm benützten
Rohmaterialien eine grüne Farbe von einfacher, vielleicht durch eine chemische
Formel ausdrückbarer Zusammensetzung zu erhalten ist.“ Die folgenden
Versuche wurden angestellt, um diese Aufgabe zu lösen.
Plessy's Vorschrift lautet: Man löse in 10 Kilogrm.
siedenden Wassers 1 Kg. saures chromsaures Kali auf, füge 3 Liter
Calciumphosphat und darauf 1,25 Kg. Zucker zu. Es entsteht eine lebhafte
Gasentwickelung nach einiger Zeit, welche man durch Uebergießen des Schaumes mit
Wasser mäßigt. Nach Verlauf von 24 Stunden hat sich der grüne Farbstoff
abgesetzt, der durch Decantiren und Auswaschen gereinigt wird etc.“
Diese Angabe ist deshalb unklar, weil Plessy nicht sagt,
was er als Calciumphosphat bezeichnet. Man kann darunter eine gesättigte Lösung von
dem in Wasser allein löslichen saurem Calciumphosphat verstehen. Ein unter dieser
Voraussetzung ausgeführter Versuch, bei dem eine aus gutem Superphosphat mit kaltem
Wasser hergestellte gesättigte Lösung benützt wurde, führte zu keinem günstigen
Resultate. Es entstand dabei ein schmutzig olivengrüner Schlamm, der außer
Chromphosphat auch Calciumphosphat und die braune Verbindung von Chromoxyd und
Chromsäure enthielt. Durch Digeriren dieses Niederschlages mit Phosphorsäure wurde
derselbe schöner grün gefärbt, während Chromsäure frei wurde.
Aus dieser Beobachtung folgt, daß die nach der obigen Annahme angewandte
Phosphorsäuremenge nicht genügte, daß man vielmehr die Verhältnisse der
Rohmaterialien so wählen muß, daß möglichst alles Chromoxyd im Entstehungsmomente an
Phosphorsäure treten kann. 1 Molecül Kaliumparachromat (K₂Cr₂O₇
oder KO, 2CrO₃) liefert, wenn es durch Zucker zu
Chromoxyd und Kali reducirt wird, 1 Mol. Chromoxyd und 1 Mol. Kali Diese brauchen zu
ihrer Neutralisation 3 Mol. Phosphorsäurehydrat. Da nun in einer wässerigen Lösung
von saurem Calciumphosphat beim Erhitzen das Salz nach der Gleichung
CaH₄P₂O₈ = CaHPO₄ + H₃PO₄ (2 [CaO, 2 HO, PO₅]
= 2 CaO, HO, PO₅ + 3
HO, PO₅) zerfällt, so müssen auf 1 Mol. Kaliumparachromat wenigstens 3 Mol. des sauren
Calciumphosphates vorhanden sein.
Weißgebrannte Knochen wurden mit Salzsäure so behandelt, daß ein kleiner Rest der
Asche ungelöst blieb. Die Lösung enthielt nachher in 100 Kubikcentim. 6,5 Grm.
P₂O₅ (PO₅). Bei der Darstellung der
grünen Farbe wurden 10 Grm. Kaliumparachromat benützt; diese sind nach den obigen
Verhältnissen im Stande 7,1 Grm. P₂O₅ zu neutralisiren. Eine solche
Menge Phosphorsäure ist in 109,2 oder rund 110 K. C. der obigen Lösung enthalten. 10
Grm. Kaliumparachromat, 110 K. C. der Phosphatlösung und 2 Grm. Zucker wurden in 100
K. C. Wasser gelöst und das Ganze zum Sieden erhitzt. Unter lebhafter
Kohlensäureentwickelung bildete sich hier schnell ein schön hellgrün gefärbter
körniger Niederschlag. Dieser wurde mit Wasser gewaschen, über Schwefelsäure
getrocknet und dann analysirt. Bei 120 bis 130° verlor er alles nicht
chemisch gebundene Wasser. Sodann wurde die Substanz in Salzsäure (in welcher sie
nach dem Trocknen sehr schwer löslich war) aufgelöst, die Lösung mit Natronlauge
übersättigt und nach Zusatz von Natriumhypochlorit (unterchlorigsaures Natron)
gekocht. Nur Calciumphosphat blieb hier ungelöst. In gewöhnlicher Weise wurden in
der Lösung Chrom und Phosphorsäure bestimmt. Danach enthielt die Farbe:
17,82
Proc.
Calciumphosphat (CaHPO₄ oder 2 CaO, HO,
PO₅)
67,29
„
Chromphosphat (CrPO₄ oder Cr₂O₃, PO₅)
14,15
„
Wasser
–––––––––––
99,26
Proc.
Bei längerem Erhitzen der Flüssigkeit, welche diesen Farbstoff geliefert hatte,
bildeten sich noch weitere Niederschläge, die aber immer heller, immer reicher an
Calciumphosphat und immer weniger schön wurden.
Durch die obige Analyse wird indessen nicht die Zusammensetzung der einzigen
brauchbaren grünen Farbe angegeben, welche aus den genannten Rohmaterialien erhalten
werden kann. Schwanert
Muspratt's Chemie (deutsche Bearbeitung, 2.
Aufl.) Bd. 2 S. 761. theilt mit, daß Plessy's Grün aus einem Gemisch
von Chromphosphat, Calciumphosphat und Chromoxydhydrat bestehe. Eine solche
Zusammensetzung kann der Niederschlag nur haben, wenn die vorhandene Phosphorsäure
nicht ausreicht zur Neutralisation des Chromoxydes. Dann liegen wesentlich die
Verhältnisse vor, wie bei dem zuerst oben erwähnten Versuche, nur müßte dahin
gewirkt werden, daß alle Chromsäure zersetzt würde. Bei einem neuen Versuche wurde
deshalb die Menge des Zuckers größer genommen – und zwar auf 24 Grm.
Kaliumparachromat 8 Grm. Zucker und 200 Kub. Centim. der oben erwähnten
Phosphatlösung benützt. Jetzt entstand, auch bei nicht zur Neutralisation genügender
Phosphorsäure, ein körniger grüner Niederschlag, der indeß in trockenem Zustande bei
weitem nicht das Feuer besaß, als der oben analysirte. Mit Wasser vollständig
ausgewaschen, dann über Schwefelsäure getrocknet, zeigte diese graugrüne Farbe die
Zusammensetzung:
40,76
Proc.
Chromphosphat,
2,50
„
Chromoxydhydrat
21,64
„
Calciumphosphat
12,50
„
Kaliumphosphat (K₂HPO₄ oder 2 KO, HO,
PO₅)
21,72
Wasser
––––––––––––
99,12
Proc.
Es sei besonders darauf hingewiesen, daß es nicht möglich war, das Kaliumphosphat
durch Wasser auszuwaschen; es muß dieser Körper in Form eines Doppelphosphates in
der Farbe enthalten sein.
Aus diesen Untersuchungen folgt, daß in Plessy's
Vorschrift unter Calciumphosphat eine Auflösung von Calciumphosphat in Salzsäure zu
verstehen ist, und daß man von dieser Lösung eine genügende Menge anwenden muß, um
alles Chromoxyd an Phosphorsäure binden zu können. Aus der Untersuchung ergibt sich
auch, daß die unter diesen Verhältnissen erhaltene grüne Farbe nicht von constanter
Zusammensetzung ist, daß dieselbe vielmehr aus einem veränderlichen Gemische von
Chromphosphat und Calciumphosphat, unter Umständen auch Kaliumphosphat und
Chromoxydhydrat besteht. Einfache Molecularverhältnisse finden zwischen den die
Farben bildenden Salzen nicht statt.
Wie oben erwähnt, bekommt man die feurigste hellgrüne Farbe nach Plessy's Vorschrift, wenn man möglichst dahin wirkt, das
Chrom an Phosphorsäure zu binden. Wenn die Phosphorsäure von dem Calciumsalze
genommen wird, geht immer eine bedeutende Menge von Calciumphosphat in die Farbe
ein. Es wurde versucht, ob es nicht gelinge, ein intensiver gefärbtes Product zu
erhalten, wenn unter sonst gleichen Verhältnissen statt der Lösung von
Calciumphosphat eine solche von Phosphorsäure benützt würde. Die Mischung von
Kaliumparachromat, Zucker und Phosphorsäure gestand beim Erwärmen nach der Reduction
der Chromsäure zu einer Gallerte, die zu einer schwarzgrünen Masse eintrocknete.
Löste man aber diese Gallerte in wenig Salzsäure und versetzte die Lösung mit
Kalium- oder Calciumcarbonat, so entstanden, während die Flüssigkeit noch
sauer reagirte, hellgrüne körnige Niederschläge, welche als in Wasser unlösliche
Verbindungen von Chromphosphat mit Kalium- resp. Calciumphosphat erkannt
wurden. Diese Combinationen werden im hiesigen Laboratorium näher untersucht.
Carlsruhe, September 1874.