Titel: Ueber die Entwickelung rother Dämpfe beim Kochen der Zuckersäfte in Fabriken; von E. J. Maumene.
Fundstelle: Band 214, Jahrgang 1874, Nr. CXVIII., S. 452
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CXVIII. Ueber die Entwickelung rother Dämpfe beim Kochen der Zuckersäfte in Fabriken; von E. J. Maumene. Aus den Comptes rendus, 1874 t. LXXIX p. 663. Maumene, über die Entwickelung rother Dämpfe beim Kochen der Zuckersäfte. Während der letzten Zucker-Campagne habe ich oft Gelegenheit gehabt, eine außerordentlich starke Entwickelung rother Dämpfe zu beobachten in dem Augenblicke, wo die Luftpumpen des Kochapparates in Thätigkeit gesetzt wurden, sowie in fast allen Perioden der Arbeit. Das Volum der bei einem einzigen Pumpenhub auftretenden Dämpfe schien mir dem Gewichte von 10 bis 12 Kilogrm. zu entsprechen. Die Rübensäfte enthalten bekanntlich durchgängig eine beträchtliche Menge Nitrate. Offenbar rührt obige Erscheinung von der Zersetzung dieser Salze her; aber wodurch wird diese Zersetzung veranlaßt? Ist es der Zucker oder sind es die fremden Stoffe (Proteïnsubstanzen u. dgl.), welche dieselbe hervorrufen? Die Beantwortung dieser Frage ist von Wichtigkeit, denn wenn der Zucker die Schuld trägt, so erleidet er selbst eine Veränderung, und der Fabrikant muß diese Ursache des Verlustes mit in Rechnung ziehen. Ist dagegen ein anderer Bestandtheil des Saftes der Urheber, so wird die Fabrikation erleichtert werden durch die gegenseitige Zersetzung zweier schädlichen Substanzen. Um die Frage zu beantworten, behandelte ich reinen Kandiszucker in mehr oder weniger verdünnter Lösung mit denjenigen salpetersauren Salzen, welche in den Runkelrüben vorkommen, nämlich salpetersaures Kali, Natron, Kalk, Magnesia (gewöhnlich in dem Verhältniß von 100 bis 200 Grm. Zucker, 100 bis 200 Grm. Wasser und 2 bis 25 Grm. Nitrat). Aber keines dieser Salze übte irgend eine Wirkung aus; bei längerem Kochen damit wurde weder Stickoxyd noch Untersalpetersäure frei, und selbst dann nicht, als man die Massen bis zum Schwarzwerden erhitzte. Dieses gilt jedoch nicht von dem salpetersauren Ammoniak, welches, wie der folgende Versuch zeigt, durch Wärme leicht in saures und basisches Salz zerfällt. Eine Lösung von 200 Grm. in 300 Grm. Wasser lieferte beim Destilliren im Vacuum wieder fast 300 Grm. Wasser, worin sich 0,255 Grm. Ammoniak aufgelöst befanden; ein wenig des letzteren war entwichen. Läßt man 50 Grm. Zucker, 100 Grm. Wasser und 2 bis 12 1/2 Grm. salpetersaures Ammoniak zusammen kochen, so bemerkt man, daß sich die Flüssigkeit bald färbt; wie unter dem Einflusse der Säuren wird sie bei 120° rasch dunkel, einige Augenblicke später bei 125° steigt sie als blasige Masse auf – unter Auftreten von fast vollständig condensirbaren Dämpfen, welche blausäureähnlich riechen, aber auch Stickoxyd enthalten. Der Zucker kann mithin sehr wohl die Ursache oder eine der Ursachen der Bildung rother Dämpfe sein; wenn die Säfte salpetersaures Ammoniak enthalten (und dies ist fast immer der Fall), wird eine derartige Zersetzung eintreten. Es wird dieses gewiß eine der Hauptursachen sein der Färbung der gekochten Massen und der Melassebildung in den letzten Perioden des Kochens. Nichts ist gefährlicher als Unterbrechungen der Arbeit, während deren die Temperatur 120° erreichen kann. Ein radicales Mittel gegen diese fast permanente Zersetzungsursache gibt es kaum. Ein sehr einfaches bestände darin, die Klärung mittels Kalk bis zur vollständigen Austreibung des Ammoniaks fortzusetzen, wenn letzteres sich rasch entwickeln würde. Man könnte auch die mit Kalk behandelten Säfte eine Zeit lang aufbewahren, wie ich schon früher (1855) empfohlen habe und wie es noch jetzt viele Fabrikanten thun; denn solche Säfte lassen sich selbst schon nach 24stündigem Stehen viel leichter verarbeiten. Damals gab ich auch an, durch den Kalk würde alles Ammoniak ausgetrieben, und jetzt bin ich überzeugt, daß gerade hierdurch die weitere Behandlung der Säfte bedeutend erleichtert wird. W.