Titel: Eine Zukunftsbetrachtung für Schwefelsäurefabrikanten; von Friedrich Bode (Haspe).
Autor: Friedrich Bode
Fundstelle: Band 214, Jahrgang 1874, Nr. CXIX., S. 453
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CXIX. Eine Zukunftsbetrachtung für Schwefelsäurefabrikanten; von Friedrich Bode (Haspe). Bode, Zukunftsbetrachtung für Schwefelsäurefabrikanten. Wenn man in den Lehr- und Handbüchern der chemischen Technologie das Capitel über die Fabrikation der englischen Schwefelsäure durchgeblättert hat, so findet man in der Regel noch einen Anhang, in welchem „andere“ oder „sonstige“ Methoden der Schwefelsäurefabrikation angeführt werden. Es sind dieselben ungemein zahlreich, und es muß bemerkt werden, daß aus der großen Zahl derselben kaum eine sich bis heute zu irgend einer Bedeutung für die Praxis emporzuschwingen vermocht hat. Unter diesen Methoden befinden sich auch mehrere, nach denen die schweflige Säure wie bisher durch Salpetersäure in Schwefelsäure verwandelt, bei denen dies aber ohne Anwendung von Bleikammern erfolgen soll. Ich beabsichtige nicht, zu untersuchen, wie weit diesen Methoden richtige und falsche Voraussetzungen zu Grunde liegen und ebensowenig möchte ich die Anzahl derselben noch um eine neue vermehren. Ohne sogleich an die gänzliche Beseitigung der Bleikammern zu denken, würde es doch schon ein großer Vortheil sein, wenn man im Stande wäre, die Leistungen unserer jetzigen Bleikammern zu erhöhen, nicht um Bruchtheile der jetzigen normalen Production – was man bereits versteht – sondern um Vielfache derselben, sage z.B. um das Sechsfache. Es würde dies vielleicht gelingen, wenn man im Stande wäre, das Gasquantum, welches man, auf 100 Schwefel oder Schwefelsäure bezogen, durch die Kammern führen muß, wesentlich zu vermindern. Eine solche Verminderung würde aber – Schwefel- oder Schwefelkiesverbrennung beibehalten – nur möglich sein, wenn man die Bleikammergase nicht mittels atmosphärischer Luft, sondern mit Sauerstoffgas erzeugt. Ohne Zweifel wird schon mancher den Gedanken gehabt haben, daß sich die Leistungsfähigkeit einer gegebenen Menge von Bleikammerraum wesentlich erhöhen, oder daß sich für eine gegebene Leistung umgekehrt mit einem geringen Kammerraum auskommen lassen würde, wenn man die schweflige Säure mit Sauerstoff anstatt mittels atmosphärischer Luft erzeugt, bei deren Anwendung man auf einen verbrauchten oder nothwendigen Raumtheil Sauerstoff jedesmal nahezu 4 Raumtheile Stickstoff unnütz durch die Kammern schleppen muß. Mir selbst trat dieser Gedanke, von dessen Verfolgung mich früher stets die Unkenntniß des Preises eines Kilogrammes oder Kubikmeters Sauerstoff abgehalten hatte, wieder näher, als ich im vorigen Jahre in der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure (Bd. XVII S. 275) einen aus dem Journal für Gasbeleuchtung abgedruckten Artikel las: „Die Gasbeleuchtung unter Mitanwendung von Sauerstoff in Deutschland, von Simon Schiele.“ Am Schlusse dieses Artikels heißt es: „Wird der Sauerstoff nur einmal leicht und billig geliefert, so werden sich mehr Quellen seiner technischen Verwendbarkeit finden, als man heute kennt und annimmt.“ Die Schwefelsäurefabrikation würde für billigen Sauerstoff einen sehr großen Bedarf in Aussicht stellen. Freilich müßte der Gewinn durch größere Productionsfähigkeit der Bleikammern oder durch geringere Capitalanlage für die letzteren höher sein, als die Ausgabe für das besonders erzeugte Sauerstoffgas, welches zur Zeit mit atmosphärischer Luft gemengt Nichts kostet, im Zustande dieser Mengung aber größere Anlagecapitalien erfordert oder geringere Leistungsfähigkeit der Bleikammern bedingt. Auf besondere Anfrage über den Preis des Sauerstoffgases ward mir von Hrn. Simon Schiele in Frankfurt a. M. die Auskunft, daß nach einer in Gemeinschaft mit Hrn. B. Andrea in Wien (welcher lange und unermüdlich an der Sauerstoffbereitung mit Erfolg gearbeitet und die Beleuchtung unter Mitanwendung von Sauerstoff auf dem Westbahnhofe in Wien eingerichtet hat) angestellten Berechnung, welcher die in Wien gemachten Erfahrungen zu Grunde gelegt wurden, ein Kubikmeter Sauerstoff, bei einer Verzinsung und Amortisation des Anlagecapitals von 10 Procent kosten wird bei einer Jahreserzeugung von   300000 Kubikmeter             0,8 Mark   600000         „ 0,5 3000000         „ 0,4 Der Sauerstoff enthält noch 10 Volumprocente Stickstoff.Leider hat der vorjährige Börsenkrach in Wien die auf der Westbahn bestehende Gasbeleuchtung unter Anwendung von Sauerstoffgas wieder beseitigt und die schon bestehende Sauerstofffabrik ist dem Krache zum Opfer gefallen. Untersuchen wir nunmehr, mit obigen Daten an der Hand, ob sich bei den angeführten Sauerstoffpreisen rentabel Schwefelsäure mit Hilfe von Sauerstoffgas an Stelle von atmosphärischer Luft erzeugen läßt, und wenn nicht, versuchen wir zu ermitteln, bis zu welchem Preise der Sauerstoff herabgehen muß, wenn man sich seiner mit Vortheil für atmosphärische Luft in der Schwefelsäurefabrikation bedienen soll. Ich ermangele nicht, hier schon zu bemerken, daß ich durch die Resultate der Untersuchung, die für unsere heutigen Zustände durchaus negativ ausfallen, etwas enttäuscht worden bin. Gleichwohl wage ich zu hoffen, daß die Verfolgung des Gegenstandes einiges Interesse bieten wird. Zur Vereinfachung der Betrachtungen sehe ich im Folgenden ganz von dem Betriebe mit Schwefelkies ab, und nehme stets nur Schwefelverbrennung an. Zunächst mögen kurz die folgenden bekannten Berechnungen für die Verbrennung von Schwefel in atmosphärischer Luft recapitulirt sein. Aus 16 Gew. Th. Schwefel resultiren 32 Gew. Th. schweflige Säure = 11,1866 Vol. (a). Hierbei werden 16 Gew. Th. Sauerstoff verbraucht; ferner gehören zur Ueberführung von 32 Gew. Th. schwefliger Säure in Schwefelsäure noch 8 Gew. Th. Sauerstoff. Diese 16 + 8 = 24 Gew. Th. Sauerstoff hinterlassen, aus atmosphärischer Luft entnommen, 63,2770 Vol. Stickstoff (b). Endlich entsprechen die eben angeführten 8 Gew. Th. Sauerstoff 5,5933 Raumtheilen (c). Außer diesen Luftmengen, welche streng genommen für die Schwefelsäurebildung vollkommen ausreichen würden, läßt man noch einen Ueberschuß von atmosphärischer Luft zutreten, welcher meist so bemessen wird, daß der Gehalt an Sauerstoff der aus den Kammern abgehenden Gase noch 6 Vol. Proc. ausmacht. Von den unter a, b und c genannten Mengen würden also zunächst die unter b angeführten 63,2770 Vol. Stickstoff aus den Kammern zu schaffen sein. Der Ueberschuß an atmosphärischer Luft, von welchem soeben die Rede war, würde sich somit, den Stickstoffgehalt = x, den Sauerstoff = y gesetzt, durch die ProportionenIch ergreife diese Gelegenheit, um in meiner Schrift: „Beiträge zur Theorie und Praxis der Schwefelsäurefabrikation 1872“ einen von mir seit längerer Zeit bemerkten Irrthum zu constatiren, welcher sich bei Gelegenheit ähnlicher Ansätze, wie der obigen, auf Seite 17 eingeschlichen hat und bei Revision der Rechnungen unbemerkt geblieben ist. bestimmen: 94 : 6 = (63,277 + x) : y und x : y = 79,04 : 20,96. Hieraus ergibt sich das Säurestoffvolumen der überschüssigen Luftportion y = 5,3193 Vol. (d) das Stickstoffvolumen x = 20,0588 Vol. (e). Man hat daher auf 16 Gew. Th. Schwefel an Verbrennungsgasen: a. Schweflige Säure           11,1866 Vol. c + d. Sauerstoff 10,9124 b + e. Stickstoff 83,3348 –––––––––––––– Zusammen 105,4338 Vol. Somit ist die procentale Zusammensetzung des Gasgemisches: I. Schweflige Säure        SauerstoffStickstoff 10,6110,3579,04 20,96. –––––– 100,00. Diese Zusammensetzung wird von Schwarzenberg (in Bolley's Handbuch der chemischen Technologie, S. 356) angegeben, wie folgt: 11,23 Proc. schweflige Säure; 9,77 Proc. Sauerstoff; 79,00 Proc. Stickstoff. Da aber die atmosphärische Luft aus 20,96 Vol. Proc. Sauerstoff und 79,04 Vol. Proc. Stickstoff besteht und schweflige Säure das Volumen des Sauerstoffes beibehält, welcher zu ihrer Bildung nöthig war, so leuchtet ein, daß procental in unserem Gasgemisch Stickstoff ebenso wie in atmosphärischer Luft enthalten sein muß, während sich die Procentzahlen für schweflige Säure und Sauerstoff zu 20,96 ergänzen müssen. Schwarzenberg's Abweichungen von meinen Zahlen rühren von anderen specifischen Gewichten her, die von ihm für die betheiligten Gase in die Rechnung eingeführt worden sind; die meinigen sind Bunsen's gasometrischen Methoden entnommen. – Hat man es nun anstatt mit atmosphärischer Luft mit einem 90proc. Sauerstoffgase zu thun, das also noch 10 Proc. Stickstoff enthält, so hat man zunächst die procentale Zusammensetzung dieses Gemisches: Sauerstoff. Stickstoff. Dem Volumen nach         90   10   Dem Gewichte nach 91,11 8,89. Es ergeben sich hier aus 16 Gew. Th. Schwefel wie vorher 11,1866 Vol. schweflige Säure (a); dagegen bleiben von den hier ebenfalls unbedingt erforderlichen 24 Gew. Th. Sauerstoff nur (24 . 8,89)/91,11 = 2,3418 Gew. Th. Stickstoff übrig, welche 1,8636 entsprechende Volumen (b) ausfüllen. 8 Gew. Th. Sauerstoff liefern auch hier 5,5933 Vol. (c). Läßt man im vorliegenden Falle in gleicher Weise 6 Vol. Proc. freien Sauerstoff in den verbrauchten abziehenden Gasen gelten, so hat man hier nur 1,8636 Vol. Stickstoff abzuführen und alsdann ermittelt sich aus ähnlichen Gleichungen, wie die früher aufgestellten, der Gehalt des überschüssigen Gasquantums: an Sauerstoff zu 0,1198 Vol. (d). an Stickstoff zu  0,0133 Vol. (e). Somit liefern 16 Gewichtstheile Schwefel an Verbrennungsgasen: a. Schweflige Säure           11,1866 Vol. c + d. Sauerstoff 5,7131 b + e. Stickstoff 1,8769 ––––––– Zusammen 18,7766 Vol. Mithin ist die Mischung dieser Gase procental: II. Schweflige Säure        SauerstoffStickstoff 59,57530,42510,000 90,000. ––––––– 100,000. Für 100 Kilogrm. Schwefel würde man bei Schwefelverbrennung in atmosphärischer Luft nach I an Gasen erhalten: 69,916 Kubikmeter schweflige Säure, 68,203 Sauerstoff, 520,846 Stickstoff. ––––––– 658,965 Kubikmeter in Summa (A). Nach den früheren Angaben würden davon abzuführen sein: 100(63,277 + 20,059 + 5,319)/16 = 429,094 K. M. Gase (B). Diese Volumen sind, wie alle bisher angeführten, für 0° C. und 760 Millim. Barometerstand ermittelt. Nimmt man die Temperatur der Bleikammer am Anfange beim Eintritte der Gase zu 55°, die Temperatur am Ende derselben zu 25° an, so erhöhen sich diese Volumen bei 760 Millim. Spannung und unter Berücksichtigung, daß die Sättigung mit Wasserdampf erfolgt, in der Weise, daß Textabbildung Bd. 214, S. 457 (In diesen Formeln geben die Zahlen 117,4 und 23,6 die Spannkräfte des Wasserdampfes nach Magnus bei 55 resp. 25° C. in Millim. Quecksilber an.) Die durchschnittliche Gasmenge beträgt daher auf 100 Kilogramm Schwefel: (936,36 + 483,40)/2 = 709,88 Kubikmeter (III). Geht man dagegen anstatt von atmosphärischer Luft von 90procentigem Sauerstoffgase aus, so würde man auf 100 Kilogrm. Schwefel nach II an Verbrennungsgasen erhalten: 69,916 Kubikmeter schweflige Säure, 35,707 Sauerstoff, 11,731 Stickstoff. ––––––– 117,354 Kubikmeter in Summa (A). Hiervon würden abzuführen sein: 100(1,8636 + 0,0133 + 0,1198)/16 = 12,479 Kubikmeter Gase (B). Durch Sättigung mit Wasserdampf und Temperaturausdehnung bei 60 bezw. 30° C. berechnenberrechnen sich diese Volumen, und zwar Textabbildung Bd. 214, S. 457 Das mittlere Gasquantum würde somit auf 100 Kilogrm. Schwefel bei Anwendung von 90procentigem Sauerstoff betragen: (177,93 + 14,45)/2 = 96,19 K. M. (IV). Ueber den Bedarf an Kammerraum und Salpeter für eine gewisse in 24 Stunden zu verbrennende Menge Schwefel findet man in der Praxis und in der Literatur die verschiedensten Angaben. Für die vorliegende Betrachtung möge in dieser Beziehung die Annahme untergelegt werden, daß für 100 Kilogrm. in 24 Stunden zu verbrennendem Schwefel 150 K. M. Kammervolumen bei einem Aufwande von 7 Kilogrm. reinem Natronsalpeter erforderlich sind. Die mittlere Gasmenge für 100 Kilogrm. Schwefel war zu 709,88 K. M. gefunden, wenn man zur Schwefelverbrennung sich der atmosphärischen Luft bedient. Somit bedarf die schweflige Säure zu ihrer Umwandlung in Schwefelsäure (24 . 150)/709,88 = 5,07 Stunden Zeit. Die obigen 7 Kilogrm. salpetersaures Natron entsprechen (46 . 7)/85 = 3,79 Kilogrm. Untersalpetersäure, und wenn man annimmt, daß sich der Proceß der Schwefelsäurebildung durch abwechselnde Reduction der Untersalpetersäure zu Stickstoffoxyd und Regeneration desselben zu Untersalpetersäure fortsetzt, so geben diese 3,79 Kilogrm. Untersalpetersäure, zu Stickstoffoxyd reducirt, jedesmal (16 . 3,79)/46 = 1,318 Kilogrm. Sauerstoff ab – eine Menge, welche im Stande ist, (32 . 1,318)/8 = 5,272 Kilogrm. schweflige Säure in Schwefelsäure überzuführen. Nun geben 100 Kilogrm. Schwefel 200 Kilogrm. schweflige Säure; mithin sind zur Ueberführung derselben in Schwefelsäure nöthig: 200/5,272 = 37,9 Reductionen resp. Regenerationen. Hiernach beträgt die Zeitdauer für einen solchen Turnus: (5,07 . 60)/37,9 = 8,027 Minuten. Daß diese Zeitdauer bei Anwendung von Verbrennungsgasen, die mit Benützung von 90procentigem Sauerstoff erhalten sind, kürzer ausfallen wird, darf man ohne Zweifel voraussetzen. Hat doch in diesem Falle, wie gezeigt wurde, das Gasgemenge 30,425 Vol. Proc. Sauerstoff, welchen bei Verbrennung in atmosphärischer Luft nur 10,35 Vol. Proc. gegenüberstehen! Welche Zeitdauer aber nöthig wäre, dies würde sich erst angeben lassen, nachdem man aus der Erfahrung eine ähnliche Relation über verbrannten Schwefel, Kammerraum und Salpeter entnommen haben wird, wie die vorher mitgetheilte, für die Anwendung der atmosphärischen Luft giltige. Indessen ganz abgesehen hiervon, und den Preis des Sauerstoffgases vorläufig beiseite gelassen, so würden sich auch ohnedies schon wesentliche Vortheile (wenigstens auf den ersten oberflächlichen Blick) ergeben. Bleibt man nämlich bei den gefundenen 5,07 Stunden Zeit als erforderlich für die Condensation der schwefligen Säure stehen, so würde man für das durchschnittliche, unter IV erhaltene Gasquantum von 96,19 K. M. auf 100 Kilogrm. Schwefel auskommen mit: (5,07 . 96,19)/24 = 20,32 K. M. Kammerraum per 100 Kilogrm. in 24 Stunden zu verbrennendem Schwefel. Behält man dagegen die angegebenen 150 K. M. Kammerraum bei, so würde man an Stelle von 100 Kilogrm. Schwefel darauf verbrennen können: (150 . 100)/20,32 = 738 Kilogrm. Schwefel in 24 Stunden. In beiden soeben erwähnten Fällen würde stets der gleiche Salpeterverbrauch von 7 Kilogrm. auf 100 Schwefel stattzufinden haben. Wollte man aber von der eben berechneten Mehrproduction an Schwefelsäure absehen und dagegen lediglich auf Salpeterersparniß ausgehen, so würde die auf 100 Kilogrm. Schwefel durchschnittlich fallende Gasmenge von 96,19 Kubikmeter den 96,19/150 = 0,641sten Theil des Kammervolumens betragen. Mithin würde zur Ausfällung der schwefligen Säure 24/0,641 = 37,44 Stunden Zeit disponibel sein. Wird nun die Zeitdauer für eine Reduction bez. Regeneration der Salpetergase ebenfalls zu 8,027 Minuten angesetzt, so dürfen hier (60 . 37,44)/8,027 = 280 dergleichen Vorgänge stattfinden, und wenn 200 Kilogrm. schweflige Säure in Schwefelsäure zu verwandeln sind, so hat man auf eine von diesen Reactionen 200/280 = 0,7143 Kilogrm. schweflige Säure in Schwefelsäure überzuführen. Hierzu werden aber erfordert: (8 . 0,7143)/32 = 0,1786 Kilogrm. Sauerstoff, welche Menge in einer Portion durch Reduction zu Stickoxyd abgegeben wird von: (46 . 0,1786)/16 = 0,5135 Kilogrm. Untersalpetersäure. Zur Erzeugung dieses Quantums wären aber (85 . 0,5135)/46 = 0,949 Kilogrm. reiner Natronsalpeter aufzuwenden und hiermit würde man gleichzeitig auch dem Processe auf 100 Kilogrm. des verbrannten Schwefels genügen. Wie also bei der Schwefelverbrennung in atmosphärischer Luft folgende Daten in Relation stehen: 150 K. M. Kammervolumen, 100 Kilogrm. Schwefel täglich, 7       „      Salpeter, 5,07 Stunden Zeit zur Condensation der schwefligen Säure; – so würde man bei Schwefelverbrennung in 90procentigem Sauerstoffgas vorläufig folgende Beziehungen erhalten. Entweder: 150 K. M. Kammervolumen, 738 Kilogrm. Schwefel täglich, 7       „      Salpeter, 5,07 Stunden Zeit zur Condensation der schwefligen Säure; – oder 150 K. M. Kammervolumen 100 Kilogrm. Schwefel täglich, 0,949       „      Salpeter, 37,44 Stunden Zeit für die Condensation der schwefligen Säure; – oder 20,32 K. M. Kammervolumen, 100 Kilogrm. Schwefel täglich, 7       „      Salpeter, 5,07 Stunden Zeit für die Condensation der schwefligen Säure. Bei näherer Betrachtung dieser drei Fälle erkennt man zunächst auf den ersten Blick, daß im ersten Falle der Kammerraum ebenso gut ausgenützt wird, wie im dritten Falle; beide Male kommen nämlich auf 100 K. M. Kammerraum: (100 . 738)/150 = (100 . 100)/20,32 = 492 Kilogrm. Schwefel. Da auch der Salpeteraufwand derselbe bleibt, so braucht man somit nur noch den ersten und den zweiten Fall zusammenzuhalten und kann, was für den ersten Fall gilt, sofort auch für den dritten gelten lassen. Ein Betrieb, welcher nach dem I Schema: – 150 K. M. Kammervolumen auf 738 Kilogrm. Schwefel bei 7 Kilogrm. Salpeteraufwand – geführt würde, könnte intensiv genannt werden, während im Gegensatz hierzu nach dem Schema II – bei 150 Kubikmeter Kammerraum auf 100 Kilogrm. Schwefel und 0,949 Kilogrm. Salpeter – ein extensiver Betrieb stattfände. Ob man in diesem Sinne, bei Schwefelverbrennung in atmosphärischer Luft, vormals die Bleikammern jemals extensiv betrieben hat, weiß ich nicht; heut zu Tage würde extensiver Betrieb keinem Fabrikanten mehr einfallen. Sicher ist aber dies, daß man früher fast durchwegs die Bleikammern nicht so intensiv betrieben hat wie gegenwärtig, und ebenfalls ist es eine Thatsache, daß man in Amerika und England im Durchschnitt die Bleikammern intensiver betreibt, als dies in Deutschland und Oesterreich geschieht. Man wendet dort in der Regel mehr Salpeter, auf den verbrannten Schwefel oder die erzeugte Säure bezogen, an, producirt, also in einem gegebenen Kammerraume mehr Säure als in Deutschland, wo man relativ weniger Salpeter anwendet. In England und Amerika verlangt man eben das angelegte Capital schneller ausgenützt und verzinst als bei uns; auch sind dort die Salpeterpreise niedriger als bei uns. Nach einem Berichte von Lawrence Smith im Scientific American, v. XXI Nr. 21 wendet man in Amerika auf 100 Schwefel an: bei Schwefelbetrieb 10 Salpeter; bei Schwefelkiesbetrieb     8,5 bis 12,8 Salpeter. Es sind dies Sätze, hinter denen man in Deutschland zuweilen noch um mehr als im Verhältniß von 5 : 4 zurückbleibt. Daß auch für einen etwaigen Bleikammerbetrieb mit solchen Verbrennungsgasen, die mittels 90procentigen Sauerstoffgases erzielt sind, ein extensiver Betrieb unstatthaft sein würde, zeigt folgende Erwägung. Wenn man bei einem extensiv betriebenen System den Geldaufwand für die jährlich verbrannte Schwefelmenge a, für den jährlich verbrauchten Salpeter b und für die Kohlen c setzt, so würden sich für ein System von gleicher Größe, aber mit intensivem Betriebe, die entsprechenden Kosten stellen zu: 7,38 (a + b + c). Setzt man ferner die jährliche Lohnausgabe in jenem Falle = d, so wird man im anderen Falle reichlich mit 2 d auskommen. Beträgt endlich die Auslage für Instandhaltung des extensiv betriebenen Systemes e, so wird man, da im anderen Falle größere Dampfkessel und Schwefelöfen nöthig sind, diesen Betrag erhöhen müssen, jedoch mit 4/3 e reichlich auskommen. Wenn man endlich noch annimmt, daß die Dauer des Systemes im letzten Falle nur 1/3 von der im ersten Falle beträgt, so wird sich der genannte Aufwand von 4/3 e noch erhöhen auf jährlich 3 × 4/3 e = 4 e. Alsdann hat man die Selbstkosten für extensiven Betrieb jährlich: E = a + b + c + d + e und in gleicher Weise für intensiven Betrieb: J = 7,38 (a + b + c) + 2 d + 4 e. Beträgt der Nettogewinn 1/5 der Selbstkosten, so erhält man dementsprechend: Textabbildung Bd. 214, S. 461 Nimmt man die Dauer der Anlagen zu 10 resp. 30 Jahren, so hat man in diesen Zeiträumen den Nettogewinn: En₁ = 6 (a + b + c + d + e) und Jn₁ = 14,76 (a + b + c) + 4 d + 8 e. Bezieht man in diesen Gleichungen die Ausgabe für Kohlen und Löhne auf eine der übrigen Ausgaben, z.B. auf die Schwefelausgabe, und setzt demgemäß c = 1/7 a und d = 1/6 a, so erhält man En₁ = 6 (a + b + 1/7 a + 1/6 a + e) und Jn₁ = 14,76 (a + b + 1/7 a) + 2/3 a + 8 e oder vereinfacht: En₁ = 7,86 a + 6 b + 6 e Jn₁ = 17,50 a + 14,76 b + 8 e. Der Gewinn En₁ ist erzielt mit einem Anlagecapital A; der Gewinn Jn₁ mit einem solchen = 4/3 A, der gemachten Annahme gemäß. Wenn man daher En₁ mit 4/3 multiplicirt und das Product von Jn₁ abzieht, so gibt die Differenz diejenige Geldsumme an, welche man bei intensivem Betriebe im Verhältniß mehr erwirthschaftet hat als bei extensivem. Jn = 17,50 a + 14,76 b + 8 c minus 4/3 En = 10,48 a +   8,00 b + 8 e –––––––––––––––––––––––––––––––––– Differenz:      7,02 a +   6,76 b. Die bessere und längere Erhaltung des Apparates, sowie der geringere Salpeterverbrauch würden somit bei extensivem Betriebe bei weitem nicht im Stande sein, die durch intensiven Betrieb erzielte Mehreinnahme zu balanciren. Bevor wir weiter gehen, mögen die bisher erlangten Zahlen der besseren Vergleichung wegen nochmals zusammengestellt werden. Bei atm. Luft. Bei 90 Proc.Sauerstoff. 1. 16 Kilogrm. Schwefel gebenan Verbrennungsgasen bei0° und 760 Mm. Bar.: Schwefl. SäureSauerstoffStickstoff   11,1866 K. M.  10,9124    „  83,3348    „ 11,1866 K. M.  5,7131    „  1,8769    „ ––––––––––––– –––––––––––– 105,4338 K. M. 18,7766 K. M. 2. Die procentale Zusammensetzungder Verbrennungsgase ist demVol. nach: Schwefl. SäureSauerstoffStickstoff       10,61 K. M.      10,35    „      79,04    „   59,575 K. M.  30,425    „  10,000    „ –––––––––––––– –––––––––––––     100,00 K. M. 100,000 K. M. 3. a) Menge der Anfangsgase auf Kilogrm. Schwefel für0° und 760 Mm. Bar.: 658,965 K. M. 117,354 K. M. b) Menge der Endgase auf Kilogrm. Schwefel für 0°und 760 Mm. Bar.: 429,094 K. M.   12,479 K. M. 4. a) Dieselbe, mit Wasserdampf gesättigt und mitTemperaturcorrection: 936,36 K. M.Für 55° 177,93   K. M.Für 60° b) desgl. ebenso: 483,40 K. M.Für 25°   14,45   K. M.Für 30°. c) Mittlere Gasmengen per 100 Kilogrm. Schwefel: 709,88 K. M.   96,19   K. M. a. 5. Beziehungen zwischen Kammerraum,Schwefelverbrauch in 24 Stunden,Salpeterverbrauch und Zeit für dieCondensation der schwefligen Säure: SchwefelKammerraumSalpeterZeit  100 Kil. 150 K. M.     7 Kil.5,07 Stdn.    738 Kil.   150 K. M.       7 Kil.  5,07 Stdn. b. desgl. SchwefelKammerraumSalpeterZeit    100 Kil.   150 K. M.0,949 Kil.37,44 Stdn. c. desgl. SchwefelKammerraumSalpeterZeit    100 Kil.20,32 K. M.       7 Kil.  5,07 Stdn. Es wird nun zu untersuchen sein, ob es etwa bereits an der Zeit ist, die Schwefelverbrennung für die Fabrikation der Schwefelsäure mittels 90procentigem Sauerstoffgas zu versuchen, oder zu bestimmen, um wie viel der Preis von solchem Sauerstoffgas noch sinken müßte, wenn er mit Vortheil für atmosphärische Luft angewendet werden soll. Ein Kammersystem, welches täglich 100 Ctr. oder 5000 Kilogrm. concentrirte Säure (HO,SO₃ = H₂SO₄) liefern soll, müßte, wenn man auf 1 Schwefel ein Ausbringen von 3 concentrirter Säure setzt, täglich an Schwefel 1666 2/3 Kilogrm. verarbeiten, welche Menge, in atmosphärischer Luft verbrannt, nach den angeführten Daten 16 2/3 × 150 = 2500 Kubikmeter Kammerraum erfordern würde. Ein Kammersystem von gleicher Leistung, welches mittels 90proc. Sauerstoffes erzeugte Verbrennungsgase condensirt, würde nach der Relation 5.c an Kammerraum bieten müssen: 16 2/3 × 20,32 = 338,67 K. M. Wenn man das Anlagecapital eines Systemes von 2500 Kubikmeter Inhalt nebst allem Zubehör auf 126000 Mark veranschlagt, so wird man dasjenige eines Systemes von 338 2/3 Kubikmeter Inhalt mit 21000 Mark billig ansetzen. Es wäre dies der sechste Theil jener Summe, wobei zu bedenken ist, daß der Kammerraum selbst nur 7,38mal kleiner ist als im ersten Falle, während die Dampfkessel in beiden Fällen unbedingt gleich groß zu nehmen sind, der Schwefelofen im letzten Falle aber mindestens ebenso groß, vielleicht noch größer anzulegen sein wird, als im ersten Falle. Die Instandhaltung mag in beiden Fällen zu 10 Proc. der Anlagesumme gerechnet werden, wennschon zu erwarten ist, daß im letzten Falle ein schnellerer Verschleiß an den Bleikammern stattfindet. Wir wollen ferner auch den Preis des 90proc. Sauerstoffes zum niedrigsten Satze von 0,4 Mark pro Kubikmeter in Anrechnung bringen. Alsdann ermitteln sich die jährlichen Selbstkosten der concentrirten Schwefelsäure in Form von Kammersäure bei 300 Arbeitstagen, wie folgt. A. Bei Schwefelverbrennung in atmosph. Luft. 1) Schwefel. – 500000 Kilo à 0,15 Mark   75000 Mark. 2) Salpeter.  –   20000 Kilo à 0,3 Mark     6000    „ 3) Kohlen.   – 315000 Kilo à 100 zu 2 Mark     6300    „ 4) Löhne.     8100    „ 5) Instandhaltung. – 10 Proc. von 126000 Mark   12600    „ –––––––––––– Zusammen: 108000 Mark. Es sind hier 4 Salpeter auf 100 Schwefel bei Wiedergewinnung der Salpetergase gerechnet; im Folgenden wird das gleiche Verhältniß Reduction von 7 zu 4, beibehalten werden; wegen Kleinheit der Anlage wird man an Kosten für Kohlen und Löhne etwas, aber nur wenig, nachlassen können. B. Bei Schwefelverbrennung in 90proc. Sauerstoffgas. 1) Schwefel. – 510000 Kilo à 0,15 Mark   75000 Mark. 2) Sauerstoff. – Von reinem Sauerstoff würden 500000 Kilogrm.    = 349582 Kubikmeter, daher von 90procentigem Gase erforderlich    sein: 388424 K. M. à 0,4 Mark 155370     „ 3) Salpeter. – 2710 Kilo à 0,3 Mark       813     „ 4) Kohlen. – 300000 Kilo à 100 zu 2 Mark     6000     „ 5) Löhne.     7500     „ 6) Instandhaltung. – 10 Proc. von 21000     2100     „ –––––––––––– Zusammen: 246783 Mark. Es ist daher der Preis von 0,4 Mark für einen Kubikmeter 90proc. Sauerstoffgas bei weitem noch nicht ein solcher, daß der Schwefelsäurefabrikant daran denken könnte, dasselbe anzuwenden. Erst wenn man den obigen sub 2 notirten Posten von 155370 Mark für Sauerstoffgas im Stande sein wird auf 108000 – (246783 – 155370) = 16587 Mark – d. i. auf fast 1/9 – herabzumindern, erst dann würde man, bei Aufrechterhaltung aller im Vorstehenden gemachten Annahmen und Voraussetzungen, mit Verbrennungsgasen, die mittels Sauerstoffgas erhalten wurden, nur eben zu demselben Preise produciren können, wie man produciren kann bei Anwendung von atmosphärischer Luft. Unter diesen Umständen müßte aber der Kubikmeter des 90proc. Sauerstoffes zu 4,27 Markpfennigen zu haben sein – und es scheint nicht, als ob dieser Fall so bald eintreten würde. Man wird daher voraussichtlich noch eine gute Weile der Schwefelsäurefabrikation in bisheriger Weise obliegen müssen und inzwischen vollauf Muße haben, zu überlegen, wie man die wichtigen Veränderungen vornehmen soll, welche die Anwendung von Sauerstoffgas an dem bisherigen Apparat etwa nöthig macht.