Titel: | Ueber Photogalvanographie; von Josef Leipold in Lissabon. |
Fundstelle: | Band 215, Jahrgang 1875, S. 525 |
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Ueber Photogalvanographie; von Josef Leipold in
Lissabon.
Leipold, über Photogalvanographie.
Paul Pretsch benützte zur Erzeugung einer nach seinem
Proceß zu gewinnenden Platte, bestimmt für den Kupferdruck, ein photgraphisch
positives Original auf Glas. Die Anfertigung eines solchen positiven und
transparenten Cliché nach einem Negativ, erfordert einige specielle Uebung
und Kenntniß. Jedermann aber, welcher mit der Anfertigung von photographischen
Clichés bekannt ist, wird sich diese bald aneignen. Vorzüglich hat der
Operateur darauf zu achten, daß das Bild in seinen Schatten und Halbschattenpartien
gleichmäßig entwickelt und verstärkt wird. Um dem Bilde die brillanten Eigenschaften
eines guten Cliché zu verleihen, müssen die tiefsten Schatten ihre
hinreichende Transparenz erhalten, damit das Bild ohne zu langer Exposition auf die
photogenische Schicht in allen Partien kräftig übertragen werden kann. Als Träger
des photographischen Positivs wähle man mit Vorsicht nur gutes weißes Glas, welches
außerdem noch sehr eben sein muß; die Basis für die Photogenische Substanz ist
wieder eine Glasplatte, welche dieselben Eigenschaften besitzen soll.
Der Erfinder des Processes benützte zur Composition seiner Photogenischen Schicht
Leim, doppelt-chromsaures Kali, Silbernitrat und Jodkalium. Die Verhältnisse
der einzelnen Substanzen hat Verf. durch zahlreiche Versuche in folgender Weise
festgestellt:
a.
15
Grm.
Leim (am besten Cölner Leim)
in
3
Maß-Unzen (à 30 Grm.)
Wasser,
b.
2
„
doppel-chromsaures Kali
„
1 1/2
„
„ „
c.
1
„
Silbernitrat
„
1 1/2
„
„ „
d.
1/2
„
Jodkalium
„
1
„
„ „
Den Leim läßt Verf. einige Stunden in der genannten Quantität Wasser aufquellen. Da
das Verhältniß der Gewichtstheile für die krystallisirten Substanzen im Verhältnisse
zum Leim genau festgestellt wurde, so ist auch ein besonderer Werth auf die
Bestimmung der Wassermenge für dieselben zu legen, damit dadurch jedem zeitraubenden
und ermüdenden Mißlingen der Arbeit vorgebeugt wird. Der Leim wird bei mäßiger Wärme
im Wasserbade gelöst, ebenso b, c und d, zu welchen ein Theil des gelösten noch warmen Leims
hinzugefügt wird. Dann wird c und d unter beständigem Umrühren zugegeben, wodurch die Mischung eine
dunkelrothe Färbung erlangen wird; durch den Zusatz von d erfolgt die Bildung des Jodsilbers im Leim und dadurch ändert sich die
dunkle Färbung in eine hellere. Dieser Mischung setzt Verf. acht Tropfen Eisessig
zu, worauf das Ganze durch doppeltes Linnen filtrirt wird. Diese filtrirte Lösung wird auf die
Glasplatten, welche im Trockenofen vollkommen horizontal gelegt wurden, in noch
etwas warmem Zustande aufgegossen und mit einem Glasstabe gleichmäßig ausgebreitet.
Durch den Zusatz von Eisessig wird das gleichmäßige Ausbreiten der Lösung leichter
bewerkstelligt; auch die spätere Bildung des Kornes wird dadurch etwas feiner und
zarter. Die Hitze im Trockenofen darf nicht zu stark sein; es genügt eine
gleichmäßige Wärme von 36°, um die Platten in 3 1/2 bis 4 Stunden zu
trocknen.
Die Belichtung der getrockneten Photogenischen Schicht unter dem transparenten
Positiv darf nicht sofort, wenn die Platte aus dem Trockenofen genommen wird,
geschehen. Man stellt diese für das Tageslicht sehr sensible Platte während einiger
Stunden an einen dunkeln Ort, um sie dadurch in Contact mit dem Sauerstoff der Luft
zu bringen, wodurch eine Oxydation in der Leimschichte eintreten wird, welche als
Hauptbedingung der Kornerzeugung beim späteren Entwickeln des Bildes anerkannt
werden muß. Wird jedoch das Zeitmaß dieses erwähnten und wichtigen Umstandes
überschritten, so verliert die photogenische Schicht ihre große Sensibilität und sie
wird nur schlechte und stumpfe Bilder geben. Anders verhält es sich damit, wenn
beispielsweise das Trocknen der Platten nicht im Ofen, sondern in einem erwärmten
Raum vorgenommen wird und sie in demselben etwa 24 Stunden zu verbleiben haben;
während der längeren Zeit des Trocknens und bei niedrigerer Temperatur wird die
Oxydation hinreichend erfolgen können. Letztere Art, die Platten zu trocknen, ist
nicht anzurathen, da dieselben leicht hierdurch verdorben werden können.
Ueber die Zeit der Belichtung unter dem Positiv läßt sich nichts Bestimmtes
feststellen, da dies doch nur von der Beschaffenheit des Positivs und der Intensität
des Lichtes abhängt. Ein kräftiges Positiv mit starken Schattenpartien benöthigt
eine längere Exposition; jedoch darf diese nur im Schatten geschehen, am besten an
einem der Sonne abgewendeten Fenster. Das directe Sonnenlicht macht das Bild hart,
die Halbschatten verlieren sich, dasselbe wird dadurch unbrauchbar. Das Belichten
ist eine schwierige Operation, welche nur durch Praxis erlernt werden kann; doch
gibt es auch darin Regeln, welche wohl zu beobachten sind. Das Copiren (Belichten)
des Positivs geschieht in einem gewöhnlichen Copirrahmen; die Glasplatte mit der
photogenischen Schicht wird in demselben auf das positive Original gelegt, so zwar,
daß erstere auf der Collodiumseite das letztere berührt. Nach einiger Zeit der
Belichtung wird das Bild immer deutlicher zum Vorschein kommen, die tiefsten Schattenpartien werden
jedoch noch keine Details des Bildes zeigen; es ist dies ein Zeichen, daß noch nicht
hinreichend belichtet wurde. Man kann sich auch von dem richtigen Zeitmaß dadurch
einigermaßen überzeugen, indem man die eine Hälfte des Bodens von dem Copirrahmen
öffnet, wodurch das Bild leichter und sicherer geprüft werden kann. Bevor die
Schattenpartien nicht vollkommen alle ihre Details deutlich gezeichnet zeigen, kann
die Exposition nicht als beendigt betrachtet werden. Verf. exponirt seine Platten je
nach der Beschaffenheit des Positivs oder des Tageslichtes 3 bis 5 Stunden, wobei er
oftmals die im Positiv sehr transparenten Lichtstellen auf der Glasplatte des
Copirrahmens mit schwarzer Farbe, aus Lampenruß und schwacher Gummilösung bereitet,
mit einem Pinsel nach einigen Stunden der Belichtung abdeckt, so daß nur die
Schattenpartien der ferneren Einwirkung des Lichtes unterzogen werden. Man betrachte
diese Arbeit als lohnend, da durch sie die Halbtinten dem Bilde nicht entzogen
werden, welche im anderen Fall verloren gehen müssen. Die Ausführung der Arbeit ist
nicht schwierig; es ist auch nicht nothwendig, daß man dabei mit sorgenvoller
Aengstlichkeit zu Werke geht, und in wenigen Minuten wird man nach einiger Uebung
fähig sein, selbst eine große Platte auf diese Weise zur vollständigen Belichtung
vorzubereiten.
Ist die Exposition des Positivs im Zeitmaß eine richtige gewesen, so wird die
nachfolgende Operation, das Entwickeln des Bildes, eine leichte sein. Die vom Verf.
dazu verwendete Flüssigkeit besteht aus 15 Thl. Wasser und 1 Thl. Alkohol; der
letztere hat den Zweck, das Bild nicht so schnell, als Wasser allein dies thun
würde, zu entwickeln. Die Platte wird in das Bad gelegt, nach einigen Secunden
schnell wieder aus demselben genommen und mit darauf gelegtem Saugpapier rasch
getrocknet. Bei Prüfung des Bildes wird man finden, daß sich dadurch nur die
stärkeren Schattenpartien und Contouren desselben erhoben und gekörnt haben werden;
zu empfehlen ist aber, daß das vollständige Entwickeln des Bildes nicht zu rasch
aufeinander vorgenommen wird, damit die Leimschicht nicht zu viel Feuchtigkeit in
sich aufnehmen kann, wodurch das Korn unschön wird. Man lasse das feuchte Bild etwas
an der Luft trocknen und fahre mit der Entwickelung und dem abermaligen Trocknen in
mäßigen Pausen fort, bis dasselbe in allen Details entwickelt ist. Das Bild wird
dann durch einige Stunden an der Luft ausgetrocknet, wonach dasselbe in ein
Wasserbad gelegt wird, durch welches das noch vorhandene, durch die Exposition nicht
fixirte doppeltchromsaure Kali völlig aus demselben entfernt wird; dadurch wird das
Bild in allen Partien vollständig entwickelt erscheinen.
Um ein solches Relief mit allen seinen Zartheiten mittels der Galvanoplastik in eine
metallene, druckfähige Platte zu verwandeln, ist vorerst nöthig, von demselben eine
getreue Form aus einer für den galvanischen Proceß passenden Substanz zu nehmen.
Jedermann, der mit dem Formen von Gravuren oder irgend welchen Gegenständen behufs
galvanischer Copirung vertraut ist, wird die mannigfachen Schwierigkeiten dieser
Arbeit gewiß schon kennen gelernt haben; hier aber besonders werden diese noch
vermehrt, wo es zur Aufgabe wird, von einem höchst zarten und delicaten Relief eine
Form zu nehmen, welche vollkommen mit dem Original übereinstimmt. Pretsch bezeichnete diese Operation als die schwierigste
in seinem Proceß und durch sein unsicheres Verfahren beim Formen verlor er oftmals
viel mühevolle Arbeit. Derselbe verwendete einige ölige und harzige Substanzen,
gemischt mit Gutta-percha, wodurch er sich eine Masse verschaffte, welche
durch Hitze flüssig gemacht und in diesem Zustande auf das Relief gegossen wurde.
Verf. hat schon vor sechs Jahren eine ähnliche Masse, componirt mit
Gutta-percha, durch lange Zeit versucht, aber niemals gelang es ihm, damit
eine vollkommen gute Form zu erreichen; durch viele Versuche in neuester Zeit hat er
gefunden, daß die Gutta-percha viel mehr Uebelstände herbeiführt, als sie in
der Masse Nutzen bringt; er suchte daher dieselbe gänzlich zu vermeiden durch
Anwendung nachstehender Composition:
a.
Wallrath
425 Grm.
b.
Stearinsäure
200 „
c.
Wachs (weißes)
170 „
d.
Asphalt
70 „
e.
Graphit
70 „
Man schmilzt zuerst den Asphalt vollkommen, setzt dann a,
b und c zu; wenn alles unter beständigem
Umrühren flüssig geworden, was schon bei einer Wärme von 88° erfolgt, mischt
man die angegebene Quantität Graphit in das Ganze.
Die Vorzüge dieser Composition sind für obigen Zweck vielfach: 1) das Flüssigwerden
bei geringer Hitze und daher leichtes Erstarren auf dem zarten Relief; 2) die Masse
erhärtet nach gänzlichem Erkalten bedeutend und es ist daher nicht zu fürchten, daß
die Form später beim Leitendmachen mittels Graphit durch die Bürste irgendwie
verletzt wird; endlich 3) ein leichtes, besser freiwilliges Trennen von dem
Leimrelief. Verf. hat diese Composition für diesen Zweck vielfach in allen Größen
von Formen erprobt und stets auf leichte Weise brillante, vollkommen gute Matrizen
erzielt.
Nach der vollständigen Entwicklung des Bildes durch das Wasserbad wird dasselbe
zuerst gut mit Saugpapier ausgetrocknet. Das Korn wird jedoch zu kräftig, das Bild
zu hoch erscheinen. Das Leimbild hat sich durch die aufgehäufte Feuchtigkeit
ausgedehnt und dies ist die Ursache des kräftigen groben Kornes; es wird daher
nöthig, die Feuchtigkeit auf ein gewisses Maß zu reduciren, um dem Relief die
nothwendige schöne Granulation und andere Eigenschaften für den späteren Druck der
Platte zu verleihen. Es geschieht dies, indem man mit einer feinen Bürste in allen
Richtungen über das Bild, hauptsächlich auf die tiefsten Schattenpartien, schlägt,
wodurch das Relief einigermaßen wieder ausgetrocknet und angespannt wird; zugleich
aber wird aus erwähnter Ursache das Korn bedeutend feiner und zarter werden.
Dadurch ist das Bild zum Formen fertig gebracht; es wird über dasselbe ein Rahmen aus
vier metallenen Stegen gelegt und von einer Ecke das Aufgießen der bis zum
Schmelzpunkt erhitzten Masse unternommen. Das Trennen der Form von dem Reliefbild
ist leicht dadurch zu bewerkstelligen, daß man, nachdem die Masse erstarrt und
einigermaßen abgekühlt ist, die Glasplatte nach aufwärts wendet, wobei man bemerken
wird, daß die Form schon freiwillig die Trennung vom Bilde begonnen hat. Es ist
daher nur nöthig, an einer Stelle die Glasplatte etwas zu heben, wodurch die
vollständige Trennung erfolgen wird. Durch die Leichtigkeit und Sicherheit, mit
welcher der Formproceß ausgeführt wird, sowie durch die glänzenden, vollkommenen
Eigenschaften der Form selbst, wird der Praktiker seine mit Aufmerksamkeit
ausgeführte Arbeit gewiß befriedigend beendigen können.
Wenn die Form keine Wärme mehr aushaucht, so kann die Leitendmachung derselben
mittels feinstem Graphit vollzogen werden; das Bild wird durch die zarte, mit
Vorsicht darüber geführte Bürste nicht leiden; dieses wird dadurch noch brillanter,
und die Copirung kann sofort auf die gewöhnliche und bekannte Weise durch den
galvanischen Apparat erfolgen. (Photographisches Archiv, 1874 S.
216.)