Titel: | Ueber Sodafabrikation; von Karl Lieber in Charlottenburg. |
Autor: | Carl Lieber |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 63 |
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Ueber Sodafabrikation; von Karl Lieber in
Charlottenburg.
Lieber, über Sodafabrikation.
Von Siebel wurde der Vorschlag gemacht, durch
Zusammenschmelzen von phosphorsaurem und salpetersaurem Natron Soda herzustellen
unter gleichzeitiger Gewinnung von Salpetersäure. (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1874 S. 1786.) Ganz abgesehen aber von der mit Recht erwähnten
Schwierigkeit der leichten Zerstörbarkeit der Gefäße, in denen die Schmelzung
vorgenommen wird, dürfte dies Verfahren für die Praxis durchaus keinen Werth haben,
weil erstens eine Menge von Operationen erforderlich sind, und zweitens die
Scheidung des phosphorsauren Natrons vom kohlensauren Natron entweder nicht
vollständig, oder doch nur auf so kostspielige Weise im Großen geschehen kann, daß
sowohl Salpetersäure, als Soda bei weitem theuerer zu stehen kommen würden, als sie
auf andere Weise herzustellen sind. Die angeführte Mittheilung veranlaßte indeß den
Verf., sein Verfahren, aus dem Chilisalpeter in einer Operation einerseits
Salpetersäure, andererseits Aetznatron oder kohlensaures Natron zu gewinnen, welches
ihm für Preußen im J. 1867 patentirt wurde, (in den Berichten der deutschen
chemischen Gesellschaft, 1875 S. 49) zu veröffentlichen, vielleicht daß durch
weitere Versuche oder durch Anwendung geeigneter Gefäße dieses Verfahren, aus
billigem Chilisalpeter werthvolle Salpetersäure und zugleich Aetznatron zu erhalten,
für die chemische Industrie gewinnbringend gemacht würde.
Aus Chilisalpeter Salpetersäure und Aetznatron oder kohlensaures Natron zugleich
darzustellen, läßt sich nach den vielfachen Versuchen, die Verf. in den Jahren 1865
und 1866 in seiner Fabrik anstellte, durch Glühen desselben mit verschiedenen
Substanzen, wie z. B. mit Kieselsäure, Thonerde, Zinkoxyd und kohlensaurer Magnesia
erreichen; alle diese erfordern aber zur Zersetzung des salpetersauren Natrons eine
so hohe Temperatur, daß der größte Theil der frei werdenden Salpetersäure vollkommen
zersetzt und nur ein geringer Theil derselben gewonnen wird. Am wenigsten hoch ist die
Temperatur bei Anwendung von kohlensaurem Kalk. Verf. mischte denselben in Form von
Schlemmkreide mit Chilisalpeter im Verhältniß der Aequivalente von kohlensaurem Kalk
und salpetersaurem Natron mit einem geringen Ueberschuß des ersteren, erhitzte das
Gemisch anfänglich in eisernen Retorten, später in großen 25 bis 40 Mm. starken
eisernen Schalen, welche mit einem Gewölbe von Chamottsteinen versehen wurden, und
zwar so lange, bis sich keine Gase mehr entwickelten und die Masse breiig und
dickflüssig wurde; die Gase leitete Verf. durch ein System von Steinballons, in
denen Wasser vorgeschlagen war, und erhielt so anfänglich bis ¾, später aber
bis 11/12 und darüber von der im Chilisalpeter enthaltenen Salpetersäure, welche, da
das im Chilisalpeter enthaltene Kochsalz nicht durch kohlensauren Kalk zersetzt
wird, wenigstens nicht bei der angewendeten Temperatur, ganz frei von Chlor gewonnen
wurde. Die dickflüssige Masse, aus Aetzkalk und kohlensaurem Natron bestehend, wurde
noch heiß aus der Schale gezogen, diese dann von Neuem beschickt, und die erkaltete
Masse durch Auskochen mit Wasser auf kaustische Soda verarbeitet, wobei kohlensaurer
Kalk als Abfall gewonnen wird.
Da das im salpetersauren Natron des Chilisalpeters enthaltene Natron ganz als
Aetznatron gewonnen wird, und dies in der Regel die Kosten des verwendeten
Chilisalpeters sammt der Schlemmkreide deckt, so liegt bei der gleichzeitigen
Gewinnung der Salpetersäure der Vortheil dieser Methode auf der Hand, wenn derselbe
nicht durch die schnelle Abnützung kostspieliger Gefäße wieder aufgehoben würde, wie
eine achtmonatliche fortgesetzte Arbeit, welche durch das Erneuern der Schale öfters
unterbrochen wurde, gezeigt hat. Leider war Verf. später, da seine Thätigkeit
anderweitig in Anspruch genommen wurde, verhindert gewesen, mit anderen, vielleicht
besser geeigneten Gefäßen zu operiren.