Titel: Die ellipsoidischen Schraubenbahnen der Atome und die Auferstehung der Alchymie; von Ernst Sasse.
Autor: Ernst Sasse
Fundstelle: Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 181
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Die ellipsoidischen Schraubenbahnen der Atome und die Auferstehung der Alchymie; von Ernst Sasse. Mit Abbildungen auf Taf. II [d/1]. Sasse, über die ellipsoidischen Schraubenbahnen der Atome etc. Die kleinsten Körpertheile, welche der sinnlichen Wahrnehmung nicht mehr erreichbar sind, und deren Beschaffenheit somit vollkommen unbekannt ist, können offenbar den Raum nur zusammenhängend oder unzusammenhängend (als sogen. Atome), ferner nur ruhend oder bewegt erfüllen. Andere Fälle sind unmöglich. Die Krystalle und die chemischen Verbindungen der Grundstoffe nach festen Verhältnissen sprechen für getrennte Körpertheilchen oder sogen. Atome; die Erregung von Wärme und Licht durch Bewegung spricht für bewegte Atome; die Spectrallinien endlich deuten auf äußerst regelmäßig bewegte Atome. Gesucht wird die Form dieser regelmäßigen Atombewegung. Wenn die Körper wirklich aus bewegten Atomen bestehen, so muß jedes Atom namentlich im luftförmigen Zustand durch seine Bewegung einen Raum decken, welcher vielmal größer ist als es selbst. Diese Bedingung erfüllt nur eine einzige Bewegungsform: 1) Wenn ein Atom (gleichsam ein materieller Punkt) einen unendlich kleinen Kreis mit unendlich großer Geschwindigkeit durchläuft, so ist es auf dieser Bahn fast allgegenwärtig und bildet gleichsam einen materiellen Ring. 2) Wenn diese Kreisbahn oder dieser Ring sich mit unendlich großer Geschwindigkeit um eine Achse dreht, so beschreibt das Atom sphäroidische Schraubenlinien und ist fast allgegenwärtig auf einem Hohlsphäroid, einem Molekel. Zu demselben Ergebniß führt die Betrachtung von Wärme und Licht. Wenn Wärme und Licht, wie es wahrhrscheinlich ist, Wellenbewegungen sind, so müssen die Atome offenbar in der Strahlrichtung kreisen. Da nun die Wärme- und Lichtschwingungen nicht nur in einer Ebene, sondern allseitig stattfinden, so muß die Kreisbahn um die Strahlrichtung rotiren, d. h. das Atom muß sphäroidische Schraubenlinien beschreiben, deren Gewindezahl von dem Verhältniß der Längen- und Breitengeschwindigkeit abhängt. Da hochglühende luftförmige Stoffe eine ganz bestimmte Zahl von Spectrallinien erster Ordnung zeigen, so gestattet die Analogie den Schluß, daß jeder Grundstoff so viel verschiedene Bahngewinde als Spectrallinien erster Ordnung hat, wenn natürlich die in dem unsichtbaren, jedoch noch wärmend und chemisch wirkenden Theil des Spectrums liegenden Linien mit berücksichtigt werden. Die Urschwingungen erzeugen wieder höhere und tiefere Combinationsschwingungen, deren Schwingungszahlen beziehungsweise gleich den Summen und Differenzen der Urschwingungszahlen sind. Wird daher ein Gas zusammengedrückt und endlich flüssig und fest, so werden die Schwingungen concentrirt, und Combinationsschwingungen erster, zweiter, dritter und immer höherer Ordnung werden sichtbar und füllen endlich das ganze Spectrum. Wenn die Atome wirklich sphäroidische Schraubenlinien beschreiben, so müssen dieselben auch aus jeder anderen Eigenschaft der Körper, z. B. aus der Schwerkraft, ebenso gut ableitbar sein wie aus der Raumerfüllung, der Wärme und dem Licht. Die Wirkung der Schwerkraftstrahlen muß lehren, wie die sie aussendenden Körper innerlich beschaffen sind. Wenn die Körper wirklich aus kreisenden Atomen bestehen, so müssen die von den Atomen ausgehenden Kraftstrahlen ebenfalls kreisen und schraubenförmig sein. Schrauben sind entweder Rechtsgewinde oder Linksgewinde. So lange nun die Körper in jeder Richtung ebenso viel rechts herum wie links herum kreisende Atome oder mit anderen Worten ebenso viel rechts wie links drehende Wärme haben, so lange also in jeder Richtung die Rechtsgewinde und die Linksgewinde gleich stark sind, müssen die schraubenförmigen Wirkungen der Schwerstrahlen sich aufheben oder gebunden und unmerkbar bleiben. Sobald jedoch das Drehungsgleichgewicht eines Körpers gestört wird, sobald eine Gewindeart, entweder die Rechtsgewinde oder die Linksgewinde, in irgend einer Richtung überwiegen, werden die schraubenförmigen Wirkungen der Schwerstrahlen frei und merkbar werden. Aus dem Gegensatz von Rechts und Links folgt einfach, und ein Blick auf die Fig. 38 lehrt, wie die Schwerstrahlen eines Körpers mit einseitigem Gewindeüberschuß die Atome neutraler Nachbarkörper so drehen, daß sie den ungleichnamigen Gewindeüberschuß zurücksenden und den gleichnamigen Gewindeüberschuß vorwärts weiter senden, wie ferner ungleichnamige, auf einander wirkende Schwerstrahlgewinde die sie aussendenden Atome an einander schrauben, und wie endlich gleichnamige, auf einander wirkende Schwerstrahlen die sie aussendenden Atome von einander schrauben. Wenn Wärme wirklich Atombewegung ist, so kann sowohl das Gleichgewicht der gebundenen als auch der freien Wärme gestört werden. In der That verhält sich Magnetismus, welcher nicht fortgeleitet werden kann, wie gebundene Wärme — und Elektricität wie freie Wärme. Wie gebundene und freie Wärme können Magnetismus und Elektricität wechselseitig in einander umgesetzt werden. Kurz, die Erregung, Anziehung und Abstoßung magnetischer und elektrischer Körper beweisen mit einer der Wahrheit nahe kommenden Wahrscheinlichkeit, daß die Körper wirklich aus Atomen bestehen, daß diese Atome in allen Raumrichtungen kreisen, also einen kreisenden Kreislauf oder sphäroidische Schraubenlinien beschreiben. Der Diamagnetismus belehrt uns über die Verhältnisse der Längen- und Breitengeschwindigkeiten der verschiedenen Atomarten, die Krystalle gestatten uns Schlüsse auf die Achsenverhältnisse der Bahnen in den drei Raumrichtungen, und aus den Verhältnissen der Atomgewichte und der specifischen Gewichte der Grundstoffe lernen wir die relativen Größen der Bahnen oder der Molekeln kennen. Wenn die Körper aus unendlich schnell kreisenden Atomen bestehen, so muß die außerordentlich große Atomschwungkraft durch eine gleich große Zugkraft oder Schwerkraft im Gleichgewicht gehalten werden. Die Schwerkraft ist nun entweder unbedingt zeitlos, oder sie braucht Zeit zur Fortpflanzung. Ein drittes ist unmöglich. Wäre die Schwere unbedingt zeitlos und jeder Schwerstrahl todt und starr, so würden Atombewegungen unmöglich sein, und alle Stoffe waren innerlich todt und starr wie die Kraft. Die Annahme unbedingter Zeitlosigkeit der Schwere widerspricht der Erfahrung über die Beschaffenheit der Körper und ist auch an sich ein Widersinn. Denn wenn irgend eine Thätigkeit von einem Punkt zu einem anderen entfernten Punkt gelangt, so muß dazu Zeit nöthig sein. Wenn die Schwere Zeit zur Fortpflanzung braucht, und wenn der aus der Geschwindigkeit des Atoms und der Schwere resultirende Anziehungsstrahl immer in derselben Zeit den Bahndurchmesser durchläuft, in welcher das Atom den halben Umlauf vollendet, so kann sich ein Atom durch Selbstanziehung nach den für die Himmelskörper geltenden Gesetzen in ewigem Kreislauf erhalten Alle übrigen Eigenschaften der Körper kann Jeder spielend aus den ellipsoidischen Spiralbahnen der Atome ableiten, und umgekehrt führt die Verfolgung aller Eigenschaften der Körper immer wieder auf diese einzig mögliche raumdeckende Bewegungsform, je nachdem man synthetisch oder analytisch verfährt. Hier sei nur noch die kurze Anführung einiger Hauptsätze gestattet. Die Atombahn hängt nur von der Schwere der Atommasse und von bestimmten uranfänglichen Wurfbewegungen in der Längen- und Breitenrichtung ab und hat deshalb im ganzen Weltall dieselben Eigenschaften, was die Spectralanalyse bestätigt. Wird eine Atombahn (ein Molekel) zusammengedrückt und der Bahndurchmesser oder der Schwerstrahl verkürzt, so wächst die Anziehung und folglich auch die Atomgeschwindigkeit, und das Atom erweitert seine Bahn wieder mit derselben Kraft, mit welcher dieselbe eingeengt wurde. Die Selbstanziehung der absolut starren Atome macht somit die Atombahnen oder die Molekeln absolut elastisch. Ohne absolute Elasticität der kleinsten Körpertheile wäre die Erhaltung der Kraft im Weltall unmöglich. Die durch die Schwere gebundene und zur Molekelbildung verbrauchte Atomschwingung ist gebundene Wärme; die Schwingung der ganzen Molekeln ist freie Wärme; die Schwingung der Molekelformen oder der einzelnen Bahngewinde ist Licht. Einzelne Molekelarten haben schon bei relativ schwachen Schwingungen im Ganzen starke Formschwingungen, d. h. sie leuchten schon bei niederer Temperatur. Andere Arten haben selbst bei den stärksten Totalschwingungen nur schwache Formschwingungen. Der von den Molekeln erfüllte Raum wächst durch verstärkte Totalschwingungen (freie Wärme), dagegen nicht durch verstärkte Molekelformschwingungen allein; d. h. Licht von der Wärme getrennt, wirkt nicht auf das Thermometer. Ein Molekel ist luftförmig, wenn auf allen Zonen die Schwungkraft größer ist als die Zugkraft. Ein Molekel ist fest, wenn auf allen Zonen die Schwungkraft kleiner ist als die Zugkraft. Ein Molekel ist flüssig, wenn die Schwungkraft entweder nur auf den Polen oder umgekehrt nur auf der Aequatorialzone überwiegt. Der flüssige Zustand hängt nicht nur von der Summe, sondern auch von der Vertheilung der Schwungkraft auf die Molekelzonen ab. Ein flüssiges Molekel kann unter Umständen trotz zu geringer Schwungkraftsumme flüssig bleiben (überkalten), trotz wachsender Schwungkraftsumme sogar wieder fest werden (wie Schwefel) und trotz zu großer Schwungkraftsumme nicht verdunsten (wie Tropfen auf hochglühendem Metall). Wenn Fluida langsam fest werden, so lagern sich die Molekeln regelmäßig mit den Zonen gleicher Zieh- und Fliehkraft an einander, Pol an Pol, Aequator an Aequator, und zwar in rechteckigen Grundformen bei stark einliegendem Aequator, in sechseckigen Grundformen bei schwach einbiegendem Aequator. Molekeln mit gleichmäßig vertheilter Anziehung und Schwungkraft haben nur geringes Krystallisationsstreben, da sie in allen Lagen im Gleichgewicht sind; haften ferner, wenn sie krystallisiren, nicht an scharfen Kanten und Ecken und bilden Combinationen mit vermehrter Flächenzahl. Zug und Rückstoß gedrängter Molekeln wird meistentheils schief sein und Rotation der Molekeln bewirken, immer je das eine rechts, das andere links herum, oder das eine rechtläufig zur Richtung der Atombewegung (positiv elektrisch), das andere rückläufig (negativ elektrisch). Darum hat jeder Körper in ungestörtem Zustande in jeder Richtung ebenso viel rechts wie links kreisende Atome und Molekeln. Darum haften auch getrennte Theile fester Körper nicht mehr aneinander, weil ihre selbstständigen Wellensysteme, Drehungen u. s. w. nicht mehr an einander passen. Während somit im normalen Zustand die Bewegung der Atome und Molekeln immer paarweis antiparallel ist, so ist Magnetismus eine annähernd parallele Atombewegung, welche leicht und dauernd nur für möglichst kugelförmige Molekeln erreichbar, und Elektricität eine annähernd parallele Molekelbewegung, welche sich um so leichter fortpflanzt, je leichter die Molekeln selbst rotiren und je loser sie sitzen, wie an Oberflächen, Kanten und Ecken. Der positiv elektrische Pol, wo die Molekelrotation die Atombewegung beschleunigt, ist wärmer wie der negative Pol, wo die Molekelrotation die Atombewegung verzögert. Darum springen von feinen Spitzen positiv elektrische Molekeln in großer Zahl als glänzende Lichtbüschel ab, dagegen negativ elektrische Molekeln nur spärlich als feine Lichtpünktchen. Die von den Atomen ausgehenden Schwerstrahlen folgen allen Bewegungen derselben und streben die Eigenbewegungen auf die ergriffenen fremden Atome zu übertragen. Dies Ausgleichungs- und Anpassungsstreben verschiedener mit einander in Berührung kommender Molekelarten verursacht die Diffusion der Gase, die Aenderung des Flüssigkeitsgrades, die Capillarerscheinungen, die Aenderung des Aggregatszustandes (Auflösung und Absorption), den Einfluß der Lösungsmittel auf die Krystallformen, gewisse Fälle der Isomorphie und zahlreiche ähnliche Erscheinungen. Eine chemische Verbindung ist endlich das Eindringen einer Molekelhohlkugel in eine andere, oder der Kreislauf zweier oder mehrerer Atome um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt, gleichsam ein Planetensystem der kleinen Welt. Dies Ineinanderdringen ist offenbar nicht möglich für zwei gleiche oder congruente Molekeln, sondern nur möglich für verschieden große Molekeln, und zwar im Allgemeinen um so leichter, je bedeutender ihre Größenunterschiede. Die Aenderungen der Bahngewindehöhen und somit die Abstände der Spectrallinien erster Ordnung verhalten sich für das vergrößerte Kernmolekel direct, für das verkleinerte Hüllmolekel wie die Summen der einander anziehenden Atommassen. Das äußere Hüllmolekel, auf welches die inneren Molekeln durch ihre Schwerstrahlen wirken, und welches deren Eigenschaften äußerlich vereint darstellt, verhält sich im Uebrigen wie ein einfaches Molekel und kann in seiner verkleinerten Form selbst in anderen Molekelindividuen seiner eigenen Art eindringen. Die Anziehungssumme um einander kreisender Atome ist größer wie die Anziehungssumme neben einander schwingender; folglich macht jede chemische Verbindung einen Bewegungs- oder Schwungkraftüberschuß frei. Umgekehrt können die verschiedenen Bewegungsarten, mechanische Arbeit (Stoß), Wärme, Elektricität, Assimilation durch Contact u. s. w. chemische Verbindungen fördern, hemmen oder auslösen. Chemische Verbindungen, welche bei den gewöhnlichen beliebigen Stellungen der Nachbarspiralen zu einander und der Atome auf den Spiralen unmöglich sind, werden in immer höheren Ordnungen gebildet, sobald die Spiralen und die Atome auf den Spiralen in stehende Schwingung versetzt werden. Es gibt außer der krystallinischen Anordnung der Molekeln gleichsam noch eine solche der Spiralen und der Atome. Diese eigenthümlichen Bewegungsarten sind die Grundbedingungen der Entstehung und des Lebens der Organismen, und ihre Kenntniß und Anwendung dürfte der Technik ganz neue Bahnen eröffnen. Sobald man die Atombahnen kennen lernt, drängt sich die Frage auf, ob die Atome, welche man bisher für absolut unveränderlich gehalten hat, nicht durch entsprechende Hilfsmittel umgewandelt werden können. Je mehr sich die Ueberzeugung Bahn brach, daß die verschiedenen Eigenschaften der Körper nur auf verschiedenen Bewegungen ihrer kleinsten Theile beruhen, um so weniger konnten sich die Forscher verhehlen, daß die alten Alchymisten wohl zu schnell verurtheilt wären.Man vergleiche z. B. Heft Nr. 113 der Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, herausgegeben von Rud. Virchow und Fr. v. Holtzendorff, die Alchymie und die Alchymisten von Dr. Gustav Lewinstein; ferner Lockyer's Dissociation der Himmelskörper. Die Aufgabe der Alchymie tritt jetzt nicht mehr in geheimnißvoller Weise, sondern klar und bestimmt als einfaches mechanisches Problem an die Wissenschaft und Industrie heran. Es fragt sich: 1) Ist es möglich, die Atommassen nach Belieben zu vermehren oder zu vermindern, also gleichsam Atomverbindungen zu bilden und zu lösen, während die Chemie bis jetzt nur Molekelverbindungen zu bilden und zu lösen vermag? 2) Ist es möglich, die Längen- und Breitengeschwindigkeiten der Atome nach Belieben zu vermehren oder zu vermindern?

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