Titel: Fabrikation der Schwefelsäure; von Robert Hasenclever, Fabrikdirector in Stolberg.
Fundstelle: Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 234
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Fabrikation der Schwefelsäure; von Robert Hasenclever, Fabrikdirector in Stolberg.Mit Bewilligung aus dem Amtlichen Bericht über die Wiener Weltausstellung im J. 1873; erstattet von der Centralcommission des deutschen Reiches. III. Gruppe: Chemische Industrie; von Prof. Dr. A. W. Hofmann. (Vieweg und Sohn. Braunschweig 1875. Pr. 6,6 Mark.) Hasenclever, über Fabrikation der Schwefelsäure. Nur in wenigen Zweigen der chemischen Technologie dürften gleiche Fortschritte constatirt werden können, wie sie in der Schwefelsäure-Industrie in den letzten zehn Jahren stattgefunden haben. Einestheils hat sich die Production in quantitativer Beziehung. ungemein. entfaltet durch die gesteigerte Fabrikation von Soda, Potasche und Mineraldünger, durch die künstliche Darstellung des Alizarins und die Nitroglycerinbereitung etc., anderentheils aber hat auch die Methode der Fabrikation der Schwefelsäure wesentliche Veränderungen erfahren. Während frühere Arbeiten vorzugsweise darauf gerichtet waren, neue Verfahrungsarten und Apparate für die Darstellung der Schwefelsäure aufzufinden, ist man in den letzten Jahren hauptsächlich bemüht gewesen, neue Bezugsquellen für schwefelige Säure ausfindig zu machen, die Verbrennungsöfen zu verbessern und den nun seit einem Jahrhundert benützten Proceß in den Bleikammern theoretisch aufzuklären, um ihn in der Praxis zu vervollkommnen. Außer den hierauf bezüglichen Mittheilungen verschiedener Chemiker und Techniker in den Zeitschriften sind folgende, die Schwefelsäurefabrikation betreffende, Werke erschienen: 1. M. J. Kolb: Etude sur la fabrication de l'acide sulfurique considerée au point de vue théorique et technologique. Lille 1865. 2. Dr. C. A. Winkler: Untersuchungen über die chemischen Vorgänge in den Gay-Lussac'schen Condensationsapparaten der Schwefelsäurefabriken. Freiberg 1867 3. Handbuch der chemischen Technologie, herausgegeben von P. A. Bolley. II. Band, 1. Gruppe von Dr. P. Schwarzenberg. Braunschweig 1869. 4. F. Bode: Beiträge zur Theorie und Praxis der Schwefelsäurefabrikation. Berlin 1872. 5. Henry Arthur smith: The Chemistry of sulphuric acid manufacture. London 1873. (In deutsche Bearbeitung unter dem Titel: Die Chemie der Schwefelsäurefabrikation, von H. A. Smith. Aus dem Englischen übersetzt von Fr. Bode. Freiburg 1874.) 6. Lorenzo Parodi: Sull' extrazione dello solfo in Sicilia, e sugli usi industriali del medesimo. Firenze 1873. Die Zahl der Schwefelverbindungen, welche zur Fabrikation von Schwefelsäure Verwendung finden, ist in den letzten zehn Jahren bedeutend gewachsen. Nur in wenigen Fabriken benützt man zur Darstellung der Schwefelsäure noch den Schwefel; vorherrschend wird Schwefelkies hierzu verwendet, daneben in vereinzelten Fällen Bleistein, Kupferstein, Kupferkies, Zinkblende und Laming'sche Masse. Ueber neue Constructionen der Schwefelöfen ist Nichts veröffentlicht worden. Bemerkenswerth ist immerhin die in einigen Fabriken erfolgte Umwandlung der Kiesöfen in Schwefelbrenner durch einfaches Einführen von Gußplatten an die Stelle der Roststäbe, welche durch die hohen Kiespreise in den Jahren 1871 bis 1873 hervorgerufen wurde. Heidenreich in Hannover änderte zuerst seine Oefen in der angeführten Weise; in der genannten Fabrik wurden in 24 Stunden 120 Kg. Schwefel pro Qu.-M. verbrannt. Auch in Stettin, Hamburg und an anderen Orten hat man in den letzten Jahren Schwefelsäure aus Schwefel dargestellt, während man früher Kies verwendete. Nachdem die Preise der Kiese gefallen, hat man in vielen Fabriken die Darstellung der Schwefelsäure aus Schwefel wieder aufgegeben. Die Ausfuhr an Schwefel aus Sicilien hat in den letzten Jahren die in der Tabelle angeführten Zahlen erreicht. 1862 143 323 Tonnen. 1863 147 035 Tonnen. 1864 139 841 Tonnen. 1865 138 232 Tonnen. 1866 179 110 Tonnen. 1867 192 320 Tonnen. 1868 172 387 Tonnen. 1869 170 141 Tonnen. 1870 172 751 Tonnen. 1871 171 236 Tonnen. Seit vielen Jahren wird der Schwefel in den Weinbergen Frankreichs, Italiens und Spaniens gegen die Traubenkrankheit in großen Quantitäten angewendet. Die vermehrte Production an Schießpulver und Ultramarin erfordert ebenfalls große Mengen Schwefel, so daß die durch die Einführung von Schwefelkies zur Säurefabrikation bedingte Verminderung des Consums von Schwefel den Export aus Sicilien kaum herabgedrückt hat. Schwefelkiesröstung. Die Verwendung des Schwefelkieses zur Darstellung von Schwefelsäure ist jetzt beinahe allgemein geworden und die Förderung dieses Minerales ist daher in den letzten zehn Jahren ganz bedeutend gestiegen. Die größten Quantitäten, welche in England verbraucht werden, kommen aus Spanien, Portugal und Norwegen. Die Einfuhr von Schwefelkies und Schwefel nach Großbritannien betrug in Tonnen: Textabbildung Bd. 216, S. 236 Schwefelkies aus:; Schwefel aus; Jahr; Norwegen; Deutschland; Belgien; Portugal; Spanien; Italien; Verschiedenen Bezugsquellen; Summe; Sicilien. Frankreich bezieht den Schwefelkies der Hauptsache nach aus Chessy und Saint Bel bei Lyon; im Norden wird belgischer Kies in untergeordneten Quantitäten verarbeitet. Der in Deutschland verbrauchte Schwefelkies stammt vorzugsweise von den Gruben der Gewerkschaften Sicilia und Siegena bei Siegen; geringe Quantitäten liefern einige rheinische Gruben, das Feinkieslager bei Schwelm, der Rammelsberg im Harz etc. Die Schwefelkiesproduction (in Tonnen) betrug in den Gruben von: Jahr. Belgien. Chessy und Saint Bel bei Lyon. Goslar. Siegen. Insämmtlichen preußischen Gruben, außer Siegen und Goslar. 1862 45 973 14 850 7461 1863 36 244 59 699 28 765 5934 1864 28 956 61 103 29 115 3437 1865 31 818 63 538 34 060 4187 1866 55 004 65 222 50 875 4302 1867 41 298 75 653 1599 71 835 4756 1868 37 933 75 656 2635 90 100 3953 1869 31 670 91 020 2689 64 789 6394 1870 28 665 63 464 3228 92 048 3191 1871 42 272 68 797 3324 110 432 4574 1872 40 932 99 000 3640 144 745 964 1873 127 000 1217 123 172 3748 Die Oefen, welche man zur Röstung von Schwefelkies anwendet, sind verschieden, je nachdem Stücke, Graupen oder Feinkies in denselben verbrannt werden sollen. Die Stückkiesbrenner stimmen meist darin überein, daß die Erze auf eisernen Roststäben abgeröstet werden. Die in England gebräuchlichen Kilns sind mehrfach, zumal neuerdings von H. A. Smith beschrieben und durch Zeichnungen erläutert worden. Die einzelnen Oefen sind durch kleine Gewölbe von einander getrennt und in solcher Zahl verbunden, daß die Gase, welche aus denselben in die Bleikammer gelangen, einen ziemlich constanten Gehalt an schwefliger Säure haben. Jede Abtheilung ist durch eine besondere Thür von unten abgesperrt, durch welche die ausgebrannten Stückerze entfernt werden. Diese Thüren sind geschlossen, wenn von oben eine frische Ladung Kies in den Ofen gelangt, wodurch ein Entweichen großer Quantitäten von schwefliger Säure während des Oeffnens der oberen Thür bei einer frischen Beschickung verhindert wird. Ist der Niveauunterschied zwischen dem Ofen und dem Eintrittsrohr der Gase in die Kammer ein beträchtlicher, so wird Luft eingesogen und es kann daher keine schweflige Säure beim Oeffnen einer Arbeitsthür entweichen. Die belgischen Kiesöfen haben meist feste Roste und befindet sich ein großer Canal unter denselben, der mit einem Schornstein in Verbindung steht. Bevor von oben eine frische Charge Schwefelkies eingebracht wird, gehen die Arbeiter in den Canal und entfernen die ausgebrannten Kiese, welche auf den Rosten liegen, durch Auskratzen mit langen eisernen Haken. Damit die Leute bei dieser Arbeit nicht vom Staub zu sehr belästigt werden, öffnen sie den Schieber, welcher den Canal mit dem Schornstein verbindet, so daß ihnen reichlich frische Luft zuströmt. Diese Einrichtung gewährt gleichzeitig einen anderen Vortheil. Könnte man den Luftzutritt zum Ofen hermetisch absperren, so würde man im Stande sein zu verhindern, daß schweflige Säure aus dem Ofen entweicht, wenn die Arbeitsthüren des Kiesofens zum Einwerfen einer neuen Beschickung geöffnet werden. Da indessen hermetische Verschlüsse bei Röstöfen nicht anzubringen sind, so kann man diese Verluste mit Hilfe des langen Canales zweckmäßig vermeiden. Man schließt die von außen zum Canal führende Thür möglichst dicht und öffnet den zum Schornstein führenden Schieber gerade so weit, daß die durch die Undichtigkeiten der Thür eindringende Luft unter den Roststäben nach dem Schornstein hinzieht und nicht zwischen den Roststäben in den Ofen aufsteigt. Durch zu starken Zug würde durch die Arbeitsthüren Luft in den Ofen aspirirt und schweflige Säure aus dem Schornstein entweichen. Die Röstung stagnirt also so lange, bis die neue Beschickung im Ofen ausgebreitet ist; man schließt dann den Schieber wieder und öffnet die Thür, welche zum Canal führt, so weit, als es die gute Abröstung im Kiesofen verlangt. In Frankreich hat man seit Jahren drehbare Roststäbe in den Kiesöfen. Bereits im J. 1848 waren solche bekannt. Sie sind einestheils für den Arbeiter bequem und bieten andererseits für die Röstung den Vortheil, daß bei dem Hin- und Herbewegen der Roststäbe nur die unterste Lage der Beschickung ausfällt (vergl. 1874 212 54Die im Text eingefügten Literaturangaben aus Dingler's polytechn. Journal sind theilweise von der Redaction dieses Journals hinzugesetzt.). Die einzelnen Abtheilungen sind meist durch Bogen von einander getrennt; die Oefen gleichen den englischen, nur ist die Kiesschicht niedriger, da meist reichere, leicht entzündliche Erze geröstet werden. In Deutschland sind Stückkiesöfen nach französischen, belgischen und englischen Mustern in Gebrauch. Eine Combination des französischen und belgischen Ofens wurde im J. 1866 in der chemischen Fabrik Rhenania bei Stolberg eingeführt, und hat diese Construction seither weitere Verbreitung gefunden. Die ausgebrannten Kiese werden durch drehbare Roststäbe entfernt, weil nach dem belgischen Verfahren die Arbeiter mit ihren langen Haken leicht in noch schwefelreiche Lagen eindringen und die Abbrände alsdann einen zu hohen Schwefelgehalt behalten. Unter den Rosten ist auf der Rhenania der lange Canal der belgischen Oefen beibehalten, welcher eine neue Beschickung ohne Verlust an schwefliger Säure gestattet. Außerdem erlaubt er unter den Rost bequem einen Wagen zu schieben, in welchen die Kiesabbrände direct einfallen und ohne Umladung abgeführt werden. Gestatten es die Terrainverhältnisse nicht anders, so kann der Wagen eine niedrige Form erhalten und das Schienengleise mit dem Niveau der Hüttensohle in gleicher Höhe liegen. Die Beschickung der Oefen mit Stückkiesen geschieht auf der Rhenania bei Stolberg und an anderen Orten, wo die Anfuhr auf den Kiesofen keine Schwierigkeiten macht, durch eine im Gewölbe befindliche Oeffnung und dauert dann das Einfüllen nicht länger als 20 Seeunden. Ist es zu umständlich, die Erze auf den Ofen zu schaffen, so wirft man dieselben mit Schaufeln durch die Arbeitsthüren ein. 400 Kg. sind auf diese Weise in fünf Minuten in den Ofen zu bringen. Da das Chargiren immer eine Störung für den Ofengang ist, so erscheint es zweckmäßig, diese Störung auf die kleinste Dauer zu beschränken. Arme Stückkiese werden in Freiberg und Oker in sogen. Kilns geröstet. Es sind dies kleine Schachtöfen mit seitlichem Gasabzug und niedrigem Gewölbe, in welchem hohe Erzschichten gehalten werden. (Vergl. Graham-Otto's Lehrbuch der Chemie, II. Band, I. Abth. 549.) Was die Röstung von Feinkies und Graupen betrifft, so geschieht dieselbe zuweilen in der Weise, daß diese Erze ebenfalls mit den Stücken geröstet werden. Dieses Verfahren ist indessen nicht günstig, insofern die Röstung des ganzen Kiesquantums mangelhaft wird. Besser ist die Verarbeitung des Feinkieses zu „Klütten“ (Stöckeln, boulets, balls). Das feine Erz wird zu dem Ende mit mehr oder weniger Thon und Wasser gemengt, in Kugeln geformt oder in Stückchen geschnitten. Die getrockneten Klütten werden dann für sich oder mit Stückerzen gemischt in den für Stückkies beschriebenen Oefen geröstet. Englische Fabriken, welche spanische kupferhaltige Kiese rösten, mischen die fein gemahlenen Erze mit Wasser (ohne Thon) und formen den Brei, der durch seinen Gehalt an Vitriol zusammenhängt, zu Klütten (vergl. 1874 214 471). Für die Röstung der Feinkiese und Graupen sind in den letzten Jahren Verschiedene Oefen construirt worden. Im J. 1862 führte man in Feiberg die sogen. Schüttöfen ein, deren originelle und sinnreiche Construction von Moritz Gerstenhöfer herrührt. Dieselben sind in den meisten technischen Journalen beschrieben. In Schwarzenberg's Arbeit über Schwefelsäurefabrikation (S. 415) sind besonders deutliche, nach genauem Maß ausgeführte Zeichnungen gegeben. F. Bode beschreibt in seiner oben genannten Broschüre die Construction sehr ausführlich. Er beschäftigt sich zumal eingehend mit allen gegen die Gerstenhöfer'schen Oefen erhobenen Bedenken und sucht dieselben zu beseitigen. Zur Röstung im Gerstenhöfer'schen Schüttofen müssen die Erze im feingepulverten Zustande angewendet werden. Die Entschwefelung erfolgt beim Herabfallen der Erze in einem Schachtraume von ca. 5 M. Höhe, 1,25 M. Breite und 0,80 M. Tiefe. Dieser Schachtraum ist mit dreiseitigen Prismen aus feuerfestem Thon, welche mit einer Kante nach unten und einer Fläche nach oben gekehrt sind, so ausgesetzt, daß zwischen denselben Zwischenräume bleiben und die einzelnen Erzkörnchen von einem Prisma aufs andere fallen. Die Erze gelangen durch einen Aufgebeapparat continuirlich in den Ofen, die Abbrände werden unten von Zeit zu Zeit entfernt. Der Ofen wird vor der Beschickung mit Erzen durch Holz oder Kohlen warm gefeuert; sobald die geschwefelten Erze in den Ofen gelangen, entfernt man das Feuer, da nunmehr die Verbrennung des Schwefels in den Erzen die zur Röstung erforderliche Temperatur liefert. Von reichen Erzen läßt man kleine, von armen Erzen große Mengen durch den Ofen Passiren. Statt unten im Ofen Roststäbe einzulegen und diese nach dem Anwärmen wieder auszuziehen, brachte der Verfasser bei den Gerstenhöfer'schen Oefen, welche in Stolberg gebaut wurden, eine bleibende seitliche Feuerung an. Dieselbe wurde bei regelmäßigem Gang mit Steinen zugesetzt, beim Wechsel von Erzen oder Störungen im Betrieb vorübergehend in Gebrauch genommen. In Stolberg zog man auch das Erz direct aus dem Ofen in einen Wagen, welcher unterhalb des Schiebers angebracht ist. Beide Vorrichtungen bezeichnet Bode als Verbesserungen am Gerstenhöfer'schen Schüttofen. Der Gerstenhöfer'sche Schüttofen gewährt den großen Vortheil, daß arme Schwefelerze ohne Brennmaterial geröstet werden können und dabei reiche, für den Bleikammerproceß taugliche Gase von constanter Zusammensetzung resultiren. Kommt es hierbei auf vollständige Abröstung nicht an, so steht der Gerstenhöfer'sche Ofen unerreicht da. In Vendrin (Belgien), wo der gute Schwefelkies verkauft und nur der schlechte zur Darstellung von Säure benützt wird, werden mit dem Gerstenhöfer'schen Ofen zufriedenstellende Betriebsresultate erzielt; ebenso in Freiberg, wo nur eine Vorröstung von gemischten Erzen verlangt wird. Zur Röstung von schwefelreichem Feinkies hat sich der Ofen keinen allgemeinen Eingang verschafft; er functionirt weder in Frankreich noch in England (außer in Swansea für Kupferstein) und wurde in der chemischen Fabrik zu Chauny (Dep. Aisne), in Widnes (Lancashire), in Nienburg a. d. Weser und in Stolberg wegen ungenügender Abröstung und zu großer Flugstaubbildung wieder außer Betrieb gesetzt (vergl. 1874 214 118 476). Ein Ofen für Feinkies von Perret war 1867 auf der Pariser Ausstellung im Modell ausgestellt; Schwarzenberg hat denselben (im Handbuch der chemischen Technologie, II 421) genau beschrieben. Dieser Ofen besteht aus mehreren Etagen horizontaler Platten, welche über einen Stückkiesofen angebracht sind. Die Platten, welche in einem Abstand von 30 Cm. auf einander folgen, sind 5 bis 8 Cm. hoch mit Feinkies bedeckt und werden von den Röstgasen bestrichen, welche auf ihrem Wege von unten nach oben die Erze entschwefeln. Der Perret'sche Ofen ist in der chemischen Fabrik Wohlgelegen bei Mannheim seit Jahren in Betrieb, im Uebrigen wohl nur auf Frankreich beschränkt geblieben. Die ursprünglich ausgeführten Constructionen erhoben sich mehr als 6 M. über die Hüttensohle; sie erforderten viele Arbeit, da das Erz von einer Etage zur anderen gekrückt wurde, wobei überdies etwas schweflige Säure verloren ging. Die neuesten Perretschen Oefen sind wesentlich modificirt und functioniren ganz vorzüglich. Sie sind etwas über 2 M. hoch und haben nur vier Reihen Platten übereinander, welche alle von der Hüttensohle beschickt werden. Der Kies brennt auf jeder Platte vollständig aus und es ist daher nicht nöthig, den Kies von oben nach unten zu schieben. Auf diese Weise werden gleiche Gewichtsmengen Stückkies und Feinkies abgeröstet. Maletras in Rouen hat zuerst einen Plattenofen nach der Perret'schen Construction angelegt, in welchem schwefelreiche Feinkiese für sich ohne Stückkies und ohne Kohlenfeuerung gut abgeröstet werden. In Dieuze und bei Berlin sind ähnliche Oefen in Betrieb. Die Röstung von armen Kiesen hat in Dieuze keine befriedigende Resultate gegeben, obwohl die Erze getrocknet waren, ehe sie in den Ofen gelangten. Der Feinkies von 46 bis 48 Proc. Schwefel wird dagegen auf 3 bis 4 Proc. abgeröstet. Peter Spence ließ sich 1861 (Nr. 3002) in England einen Ofen patentiren, um Feinkies zu rösten, wie er in ähnlicher Form vor 20 Jahren in Belgien und Stolberg bei Aachen eingeführt war. Der Ofen wurde mit Feuerung betrieben, die eine aus Gewölben gebildete Muffel zur Aufnahme der Schwefelerze erhitzt. Da durch die Arbeitsthüren viel Luft eintritt, so enthalten die Gase nur wenig schweflige Säure. In der Fabrik von Imeary bei Newcastle-on-Tyne ist noch ein Spence'scher Ofen im Betrieb; bei Spence selbst soll der Ofen nicht mehr functioniren und hat derselbe überhaupt nur eine beschränkte Anwendung gefunden (vergl. 1874 214 472). Allhusen in Gateshead bei Newcastle röstet Feinkiese auf eisernen Platten, welche sich oberhalb der Stückkiese befinden. Ueber die Betriebsresultate ist nichts bekannt geworden (vergl. 1874 214 474). Die chemische Fabrik Rhenania in Aachen stellte 1873 in Wien Modelle von Röstöfen aus, welche zuerst in Stolberg nach dem Principe Wilhelm Helbig's und des Verfassers (1871 199 284. 1872 206 274) gebaut sind. Die Oefen dienen zur Röstung von feinkörnigen schwefelhaltigen Mineralien und sind hauptsächlich für Schwefelkies und Zinkblende in Anwendung. Das Neue und Eigenthümliche in der Construction besteht darin, daß die Erze auf stark geneigten Ebenen geröstet werden, welche ein Rutschen der darauf lagernden feinkörnigen Masse zulassen, wenn an der tiefsten Stelle Erz fortgenommen wird (vergl. 1874 212 66). Der im J. 1870 beschriebene Plattenofen ist zur Röstung von Klopfabfällen der Stückkiese vielfach in Gebrauch und in verschiedenen Fabriken gegenwärtig in der Ausführung begriffen. Es wird ein Gemenge von dicken Graupen, feinen Graupen, Sand und Schlich aufgegeben. Die Stückkiese werden dicht bei dem Plattenthurm in gewöhnlicher Weise geröstet; die von denselben entweichenden heißen Röstgase, welche über die Platten streichen, wirken entschwefelnd auf den Feinkies. Das Erz passirt die Platten in Form eines zusammenhängenden Bandes, dessen Dicke durch den Abstand zweier Platten von einander bestimmt wird. Das Aufgeben von frischem Erz und das Entfernen der Abbrände geschieht ohne Störung des Betriebes. Man hält den oberen Spalt gehäuft mit Kies bedeckt, so daß beim Nachrutschen keine schweflige Säure durch den Trichter entweichen kann. Im unteren Theile des Ofens wird die ausgebrannte Kiesschicht mittels einer Walze entfernt, welche automatisch durch ein Wasserrädchen alle fünf Minuten umgedreht wird. Paul Seybel in Liesing bei Wien benützt den Ofen im intermittirenden Betriebe, indem er alle 6 Stunden durch Drehen der Walze ca. 200 Kg. Kies entfernen läßt. Da die Feinkiese bei starkem Mehlgehalt schlecht nachrutschen, so empfiehlt sich das Verfahren von Seybel für Erze in Schlichform. Die Abröstung erfolgt in Liesing im Plattenofen bei Erzen von Bösing in Ungarn bis zu 4 Proc., bei Erzen aus Steiermark bis 7 und 8 Proc. Schwefel. Die Stückkiesabbrände der letzten Sorte enthalten noch 5 bis 6 Proc. Schwefel, während die Bösinger Stückkiese im abgerösteten Zustande nur 2 Proc. enthalten. Die ausgebrannten Feinkiese der Grube Sicilia bei Siegen zeigen einen Schwefelgehalt von 4 bis 5 Proc., je nach der Größe des Ofens und der Erzquantität, welche den Ofen passirt. Die ausgebrannten Stückkiese, welche mit den Klopfabfällen gemischt abgeröstet werden, enthalten noch 5 Proc. Schwefel, während die reinen Stücke bis zu 2 Proc. entschwefelt sind. In der gesonderten Röstung liegt ein wesentlicher Fortschritt. Die genannten Plattenöfen geben in den meisten Fällen recht befriedigende Resultate. In Oker im Harz wurde der Plattenofen für kupferarme schwefelkiesreiche Klopfabfälle gebaut, wie solche der Rammelsberg massenhaft liefert. Der dortige Betrieb änderte sich inzwischen und convenirte es nach Vollendung des Baues nicht, die früher dafür bestimmten Erze im Plattenofen zu rösten. Man beschickte denselben mit kupferreichen Kiesen, war mit deren Entschwefelung unzufrieden und hat den Ofen wieder abgebrochen. Man hat bis jetzt immer nur einen Plattenofen hinter einem Stückkiesbrenner gebaut, nicht aber wie beim Perret'schen Ofen oberhalb jeder Abtheilung des Stückkiesofens ein System von Platten angebracht. Für die Verwerthung der Klopfabfälle von Stückkiesen genügt ein Thurm, wie solcher in den publicirten Zeichnungen näher angegeben ist, in welchem innerhalb 24 Stunden 600 bis 1000 Kg. Erz von 0,1 bis 12,0 Mm. Korngröße geröstet werden können. Andere Combinationen würden eine reichlichere Beschickung ermöglichen; solche Combinationen werden ohne Zweifel auch gebaut werden. Die Construction, welche (a. a. O. 1872) beschrieben ist, wird bei der Blenderöstung näher besprochen werden. Der Betrieb dieses Ofens erfordert zur Heizung die Unterhaltung einer besonderen Feuerung, und ist eine solche Anlage nur dann statthaft, wenn Kohle und Feinkies billig zu haben sind. Erfahrene Techniker haben Vorschläge zur Construction von Oefen mit geneigten Platten gemacht, in welchen Feinkiese ohne Nachwirkung von Stückkies und ohne besondere Feuerung wie beim Ofen von Maletras geröstet werden könnten. Stehen reiche Kiese zur Disposition, so dürften sich solche Constructionen bewähren; Erfahrungen über dieselben fehlen bis jetzt. (Fortsetzung folgt.)