Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 186 |
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Miscellen.
Miscellen.
Belleville-Dampfkessel.
Nach dem Jahresbericht der Association des Ingénieurs sortis
de l'École de Liège finden die bekannten
„unexplodirbaren“ Dampfkessel von J. Belleville und Comp. in Saint-Denis bei
Paris (vergl. 1867 184 383) wegen ihrer Vorzüge (große
Sicherheit, geringe Raumbeanspruchung, leichte Reinigung und bequemer Transport) zur
Nutzbarmachung der Abganghitze von Flammöfen eine
fortschreitend größere Verwendung.
Drahtseil-Straßenbahn.
In San Francisco (Californien) steht seit nahezu zwei Jahren eine eigenthümliche
Beförderungsmethode im Betriebe, welche sich bis jetzt (nach dem Scientific American, April 1875 S. 239) vollkommen gut
bewährt hat und in vielen Fällen, wo bei Straßenbahnen größere Steigungen vorkommen,
empfehlenswerth sein dürfte. Es befindet sich nämlich dort in der Trace einer mit
Pferden betriebenen Straßenbahn eine unvermeidliche Strecke von ca. 1000 Meter mit
einer mittleren Steigung von 1:9, und einer Maximalsteigung von 1:6, welche mit
Straßenlocomotiven überhaupt nicht zu bewältigen wäre, die Pferde aber aufs äußerste
anstrengen und abnützen müßte. Um dieses zu vermeiden, wurde nach A. S. Hallidie's Patent eine Drahtseilbeförderung angewendet,
bei welcher das Förderseil vollständig geschützt unter der Straße liegt und den
gewöhnlichen Verkehr nicht im geringsten beeinträchtigt. Sobald die von Pferden
gezogenen Waggons an die Steigung kommen, wird ein kleiner Wagen, der mit einem
starken Arm durch einen Schlitz in das Schutzrohr des Drahtseiles hinabreicht,
vorgespannt, und mittels eines besonderen Mechanismus an das Seil festgeklemmt,
worauf dann, nachdem das Förderseil (mit etwa 1,8 M. pro Secunde) fortwährend in
Bewegung gehalten wird, der Vorspannwagen sowie der angehängte Personenwagen nach
aufwärts gezogen werden, bis die Höhe erreicht ist und dann wieder die
Weiterbeförderung mit Pferden geschieht. Das Förderseil besteht aus Stahldraht, hat
25,4 Mm. Durchmesser und im Ganzen 2070 Meter Länge. Es ist in einem eisernen
Schutzrohr von ca. 700 Mm. Durchmesser eingeschlossen und in Distanzen von je 13
Meter auf Rollen von 300 Mm. Durchmesser unterstützt. Die erforderliche
Betriebskraft beträgt 30 Pferdestärken, und die gesammten Erhaltungskosten,
inclusive Verzinsung des Anlagecapitals, werden mit 123 Dollars (529 Mark) pro Tag
angegeben.
Fr.
Ueber den Wassergehalt der Wände und dessen quantitative
Bestimmung.
Gläßgen (Zeitschrift für Biologie, 1874 S. 246) hat eine
große Anzahl Versuche darüber angestellt, bei welchem Grad von Trockenheit oder
Feuchtigkeit Neubauten hinlänglich trocken genannt werden können, um ohne Gefahr für
die Gesundheit beziehbar zu sein. Als Untersuchungsmaterial wurde der Mörtelbewurf
der Innenwände der Gebäude gewählt, welcher mit der Wand selbst so innig
zusammenhängt, daß wohl angenommen werden kann, sein Feuchtigkeitsgehalt wird
identisch mit dem der Wand sein. Es wurde sowohl das vorhandene freie Wasser, als
auch das noch an Kalk gebundene Hydratwasser genau durch das Gewicht bestimmt. Zu
diesem Zwecke wurden von verschiedenen Stellen der zu untersuchenden Wand
Mörtelproben genommen und in fest verschließbare Gläser gebracht. Von jeder der
Einzelproben wurde der feinere (durch ein Sieb von 1,5 Millim. Lochweite)
durchgesiebte Theil zur Untersuchung verwendet und zu diesem Zwecke in Mengen von
meist 25 Grm. in einer Liebig'schen Trockenröhre
abgewogen, durch welche ein von Wasser und Kohlensäure zuvor befreiter Luftstrom
hindurch geleitet ward, unter gleichzeitigem Erhitzen des Trockenapparates. Nach ¾ bis 1
Stunde ist diese Operation vollendet und der Gewichtsverlust der Trockenröhre ergibt
ohne Weiteres den ursprünglichen Gehalt der eingeschlossenen Quantität an Mörtel
frei, d. h. in dessen Poren enthaltenem Wasser. Zur Bestimmung des Hydratwassers
wurde das nunmehr wasserfreien Mörtel enthaltende Liebig'sche Trockenrohr unter Durchleitung eines Stromes von Kohlensäuregas
erwärmt und so das in Freiheit gesetzte Hydratwasser entfernt. Aus der hierbei
erfolgenden Gewichtszunahme wurde die Menge des entwichenen Hydratwassers
berechnet.
Nach dieser Methode wurden Mörtelproben einer Anzahl von Neubauten zu verschiedenen
Zeiten und unter den mannigfachsten Verhältnissen auf ihren Feuchtigkeitsgehalt
untersucht. Als Hauptresultat ergab sich ein constantes Abnehmen der Feuchtigkeit im
Verhältniß mit der Zeit; ferner ein weit rascheres Austrocknen im Sommer als im
Winter, ebenso in einem frei als in einem nicht frei stehenden Gebäude. Verf. glaubt
hiernach als Grenzwerth einen Feuchtigkeitsgehalt von 1 Proc. des Mörtels aufstellen
zu dürfen.
Anwendung der elektrischen Zündstäbe zur Entzündung der
Sprengschüsse; von F. Abegg.
Bei der Anwendung der elektrischen Zündstäbe zur Entzündung der Sprüngschüsse ist es
vorgekommen, daß Dynamitschüsse nicht explodirt, sondern nur ausgebrannt sind. Der
auffallende Umstand, daß dies nur auf einzelnen Gruben vorkam, schloß die
Vermuthung, daß fehlerhafte Beschaffenheit der Zünder die Ursache sei, von
vornherein aus.
Eine genaue Untersuchung hat nun gezeigt, daß gegen alles Erwarten die Stäbchen beim
Einstampfen des Besatzes niemals tiefer ins Loch hineingezogen werden, obgleich
sicher angenommen werden kann, daß die Pulverladung dadurch noch eine weitere
Zusammenpressung erfährt. Es ist also klar, daß in allen Fällen, wo die
Dynamitpatronen nicht genau ins Bohrloch passen, oder wo man unterlassen hat, die
Ladung mit einem Holzstampfer sehr fest zu stampfen, ehe man die Dynamitzündpatrone
mit dem Zündstab ins Loch brachte, die Zündkapsel von dem Zündstab abgerissen, oder
wenigstens aus der Dynamitzündpatrone herausgezogen wird, sofern man den
nachfolgenden Besatz so fest einstampft, daß dadurch die Pulverladung noch weiter
comprimirt wird. Diese Beobachtung macht es auch erklärlich, daß bei Schüssen mit
Wasserbesatz ein Ausbrennen des Dynamites höchst selten beobachtet wurde.
Das Versagen von Sprengschüssen, welche mit Zündschnur versehen waren, dürfte auf die
gleiche Ursache in den meisten Fällen zurückzuführen sein. Bei Schwarzpulver ist
sehr fester Besatz immer wünschenswerth. Man hat geglaubt, die bessere Wirkung rühre
von dem festen Besatz her. Dem ist aber nicht so. Wird ein solches Bohrloch
sorgfältig geöffnet, so findet man die Pulverladung zu feinem Staub zerdrückt und es
ist bekannt, daß die sprengende Wirkung eines solchen Pulvers mehr als doppelt so
stark ist. Ist nun die Zündschnur aus schlechtem, mürbem Hanf hergestellt, so wird
sie leicht reißen und zwar innerhalb des Besatzes.
Die Ursache, warum das Zündstäbchen oder die Zündschnur an der Wandung des Bohrloches
scheinbar anhaften und nicht mit der Ladung und dem Besätze ius Loch hineingezogen
werden, kann nur darin gesucht werden, daß die Erschütterung, welche der Schlag auf
den Stampfer hervorruft, die Adhäsion des Besatzes am Zündstäbchen momentan
aufhebt.
Es empfiehlt sich deshalb die Dynamit- oder Schwarzpulverladung vor dem
Einbringen des Zünders mit einem hölzernen Stampfer so fest als thunlich zu
stampfen, um einer nachträglichen Comprimirung vorzubeugen. Außerdem sollten nur 6
Cm. lange Dynamitpatronen als Zündpatronen an die Zündstäbe gesteckt werden, weil
die langen Zündkapseln durch die gewöhnlichen 3 Cm. langen Patronen ganz durchgehen,
was zur Folge hat, daß der Schlag der explodirenden Dynamitzündpatronen
Hauptsachlich die Wandungen des Bohrloches und nicht die darunter befindliche Ladung
trifft. (Berggeist, 1875 S. 1.)
S. Culley's Elektromotograph und W.
Crooke's Radiometer.
Bei der am 3. April abgehaltenen Versammlung der Royal
Society zu London erregte unter Anderem der von Culley vorgezeigte Elektromotograph und der von Crooke vorgezeigte und erfundene Radiometer besonderes Interesse.
Der Elektromotograph ist mit Bain's chemischem Schreibtelegraphen verwandt; Schreibstift und Lösung
sind jedoch von denen des letzteren verschieden. Der Schreibstift ist aus Zinn und
wird durch Federn gegen das mit Kalihydrat präparirte Papier angedrückt. Seine
Reibung auf dem Papier ist, wenn dasselbe in Bewegung gesetzt wird, gerade
hinreichend, um ihn mitzunehmen. Sobald aber ein elektrischer Strom hindurchgeleitet
wird, so findet an der Oberfläche eine rasche Wasserstoffgasentwickelung statt, in
deren Folge alle Reibung aufhört, worauf der Stift in seine ursprüngliche Lage
zurückkehrt. Ein an dem Schreibstift befestigter Hebel schlägt gegen eine kleine
Glocke, so daß also der beim Niederdrücken eines Schlüssels entsendete elektrische
Strom zugleich telegraphische Glockensignale erzeugt.
Crooke's Radiometer hat mit einem Anemometer en miniature Aehnlichkeit, dessen Flügel durch Scheiben
— auf der einen Seite weiß, auf der anderen schwarz — ersetzt sind.
Die Scheiben sitzen an den Enden von 4 leichten Glasarmen und sind äußerst leicht um
ihre Achse drehbar. Das Instrument ist in eine luftleer gemachte Glaskugel
eingeschlossen. Wenn nun die Scheiben den Strahlen einer Lichtquelle ausgesetzt
werden, so fangen sie sofort an, mit einer Geschwindigkeit zu rotiren, welche sich,
wie aus folgender Tabelle hervorgeht, nach der Intensität der einfallenden Strahlen
richtet.
Lichtquelle.
Zeit für eine Umdrehung.
1 Kerze in 20 Zoll (zu 25,4 Mm.) Entfernung
182
Sec.
1 Kerze in 10 Zoll Entfernung
45
Sec.
1 Kerze in 5 Zoll Entfernung
11
Sec.
2 Kerzen in 5 Zoll Entfernung
5
Sec.
4 Kerzen in 5 Zoll Entfernung
3
Sec.
8 Kerzen in 5 Zoll Entfernung
1,6
Sec.
1 Kerze in 5 Zoll Entfernung hinter grünem Glas
40
Sec.
1 Kerze in 5 Zoll Entfernung hinter blauen Glas
38
Sec.
1 Kerze in 5 Zoll Entfernung hinter purpurfarbigem Glas
28
Sec.
1 Kerze in 5 Zoll Entfernung hinter orangefarbigem Glas
26
Sec.
1 Kerze in 5 Zoll Entfernung hinter gelbem Glas
21
Sec.
1 Kerze in 5 Zoll Entfernung hinter hellrothem Glas
20
Sec.
Diffuses Tageslicht, matt
2,3
Sec.
Diffuses Tageslicht, hell
1,7
Sec.
Voller Sonnenschein 10 Uhr Vormittags
0,3
Sec.
Voller Sonnenschein 2 Uhr Nachmittags
0,25
Sec.
P.
Versuche zur Erprobung der Intensität farbiger Lichter.
Zur Erzielung von Resultaten, welche bei der immer mehr zunehmenden Küstenund
Seebeleuchtung in Anwendung gebracht werden könnten, wurden über Veranlassung der k.
k. Seebehörde in Triest unter Leitung des nautischen Inspectors sowie des
Seeleuchten-Administrators Experimente angestellt, um die Intensität der
farbigen Lichter und des weißen Lichtes bei verschiedenem Brennmaterial zu erproben.
Obwohl es nach der Erfahrung und nach speciellen anderweitigen Versuchen keinem
Zweifel unterlag, daß eine zweckentsprechende Beleuchtung auf größere Entfernungen
vorzugsweise durch weißes, dann durch rothes Licht und durch die Combinationen
dieser beiden erzielt werden kann, so galt es doch, die Brauchbarkeit der anders
gefärbten Farbenlichter für Hafenleuchten niederen Belanges festzustellen. Zu diesen
Versuchen wurden durchgehends gleiche Handlaternen mit den kleinsten Dochten
verwendet. Die Glascylinder waren bei 3 Laternen weiß und bei je einer roth (aus der
Fabrik für Seeleuchten-Apparate von Sautter und
Lemonier in Paris), grün (böhmisches Fabriktat), grün
(Sautter und Lemonier),
tiefblau (Barbier und Fenestre
in Paris) und
dunkelblau (Sautter und Lemonier); bei den weißen wurde amerikanisches Petroleum, Paraffin und
Olivenöl, bei den übrigen Olivenöl verwendet. Schon auf die Distanz von einer halben
Seemeile war das dunkelblaue Licht gar nicht und das tiefblaue kaum sichtbar, so daß
deren Unbrauchbarkeit für die Seebeleuchtung außer Zweifel steht. Die Versuche,
welche bis auf die Distanz von zwei Seemeilen vorgenommen wurden, ergaben: 1) daß
das weiße Licht mit Petroleum als Brennmaterial intensiver ist, als das mit Parafin
genäherte, welch letzteres auch mehrmals erlosch, so daß die nothwendige Continuität
mangelt; 2) daß unter den Lichtern mit Olivenöl als Brennmaterial nach dem weißen
das rothe und nach diesem das grüne (böhmische Cylinder) am sichtbarsten ist.
Hiernach wären von den verschiedenen Lichtern nur das grüne zu verwenden und zwar
möglichst in der Nähe von weißen und rothen Lichtern, da das grüne Licht schon auf
kleine Distanzen mit dem weißen verwechselt werden kann. (Mittheilungen aus dem
Gebiete des Seewesens (Pola 1875) S. 153).
Glasvergoldung mit Blattgold zur Herstellung von
Glasschildern.
Die Glasplatte wird nach einer Angabe von L. W. Möser
(Gewerbeblatt für Hessen, 1875 S. 98) zunächst gehörig gereinigt, am zweckmäßigsten
mit Anwendung von Lappen und Kreidepulver. Hierauf folgt die Vergoldung der einen
Glasseite mit Blattgold. Das Bindemittel für das Haften des Goldes auf dem Glase ist
Gelatinelösung. Man läßt 5 Grm. Gelatine in 1 Liter aufweichen, kocht diese Lösung
und trägt davon mit einem Pinsel gleichmäßig und möglichst warm auf die Glasplatte
auf. Jetzt wird Blattgold, wie bei der Glanzvergoldung gleichmäßig und glatt
aufgelegt, was natürlich Uebung erfordert. Ist der Ueberzug abgetrocknet, so wird
abermals mit Anwendung des Gelatinewassers Gold aufgelegt. Selbst unechtes Blattgold
(Metallgold) kann man zur Vergoldung benützen. Je weniger gleichmäßig und dicht aber
das angewendete Blattgold ist, desto mehr Goldschichten muß man übereinander legen.
Erscheint die Vergoldung, wenn man das Glas gegen das Licht hält, überall
vollständig undurchsichtig, und ist dieselbe trocken geworden, so kann die Schrift
aufgezeichnet werden. Dieselbe wird auf das Gold mit Asphaltlack, und zwar verkehrt,
aufgemalt. War die Goldschicht nicht überall dicht genug, so schlägt der Asphaltlack
durch und wird auf der Vorderseite unangenehm sichtbar. Das Vorzeichnen der Schrift
kann mit einer Nadel geschehen, indem man die Buchstaben in Papier ausschneidet oder
Schablonen von dünnem Blech anwende etc. Ist die mit Asphaltlack aufgetragene
Schrift vollständig getrocknet, so wird jetzt die überschüssige Vergoldung mit
Wasser geweicht und weggewaschen; die durch den Lack geschützte Schrift bleibt
stehen und zeigt bei sorgfältiger Ausführung den bekannten feinen Glanz. Gewöhnlich
wird dann noch das ganze Schild auf der Schriftseite mit einem dunklen Grunde
versehen, welchen man durch einen Oelfarbe-Anstrich herstellt. Die Schrift
wird durch den dunkeln Hintergrund besser sichtbar, noch mehr geschützt und die
Reflexion ist weniger störend.
Baritgrün.
Nach Böttger erhält man diesen Farbstoff (vergl. 1874 211 320) auf folgende Weise. Man trage in ein
geschmolzenes Gemisch von 2 Th. Aetzkali und 1 Th. chlorsaurem Kali nach und nach 2
Th. fein gesiebten Braunstein ein, bringe die Masse schließlich zum schwachen
Glühen, lasse erkalten, überschütte sie im gepulverten Zustande mit kaltem Wasser, filtrire und versetze das prachtvoll grün
gefärbte Filtrat in der Kälte mit einer Anflösung von salpetersaurem Barit. Den
hierbei sich abscheidenden neutralen mangansauren Barit von schön violetter Farbe
süße man gehörig aus, versetze ihn im getrockneten Zustande mit ½ bis 1 Th.
Barithydrat und bringe das Gemisch unter fortwährendem Umrühren in einer mehr
flachen als hohen Messing- oder Kupferschale zur schwachen Rothglut, bis der
Inhalt der Schale nach erfolgtem Erkalten eine rein grüne Farbe zeigt. Schließlich
wird dieselbe vollkommen zerrieben und zu wiederholten Malen mit kaltem Wasser behandelt, um das etwa noch vorhandene Barithydrat zu
entfernen. (Jahresbericht des physikalischen Vereines zu Frankfurt 1873/4.)
Apparatine.
Apparatine nennt H. Gerard (Industrieblätter) eine
farblose, durchsichtige Substanz, welche durch Erhitzen von Stärke, Mehl oder
anderen stärkemehlreichen Substanzen mit kaustischem Alkali hergestellt wird. Die
Masse soll zum Appretiren aller Arten von Waaren, sowie zu anderen industriellen
Zwecken zu verwenden sein. Am besten wird sie aus Kartoffelstärke, mit einer
kaustischen Lauge von Potasche oder Soda hergestellt. Das günstigste Verhältniß ist:
76 Th. Wasser zu 16 Th. Kartoffelstärke und 8 Th. Potasche- oder Sodalauge
von25°. Unter tüchtigem Rühren gießt man die Stärke ins Wasser und fügt dann
unter fortgesetztem Rühren die Lauge hinzu. Nach wenig Augenblicken klärt sich die
Flüssigkeit plötzlich und gibt ein dickes Gelée, welches gehörig geschlagen werden
muß. Je mehr man es schlägt, um so besser die Qualität der Apparatine; letztere in
der oben angeführten Weise bereitet, ist eine farblose transparente Substanz, ohne
jeden Geruch, mit einem leicht alkalischen Geschmack, von faseriger, leimartiger
Textur. Der Luft selbst für lange Zeit ausgesetzt, trocknet sie nur, ohne sich zu
zersetzen, zu verderben oder Geruch anzunehmen. Kocht man sie bis zum Trockenwerden,
so verdickt sie sich und quillt, außerdem aber behält sie die ursprünglichen
Eigenschaften bei. Trocknet man sie in dünnen Blättchen, so hat sie eine hornartige
Consistenz, ist aber weniger spröde als Horn und läßt sich zusammenfalten, ohne zu
brechen. Die Masse eignet sich ganz vorzüglich zum Appretiren aller Arten Gewebe,
als Baumwollen-, Seiden-, Wollenstoffe etc., denen sie eine bisher
unerreichte sammetartige Glätte gibt. Durchsichtigen Fabrikaten verleiht sie die
Steifigkeit von Metallblech. Schon nach einmaliger Anwendung ist die Apparatine auf
dem Gewebe so unlöslich geworden, daß zwei- bis dreimaliges längeres Waschen
in warmem Wasser ohne Einfluß bleibt. In allen Fällen, wo Gummi, Kleister Gelatine
u. dgl. zur Anwendung kommen, kann man statt dieser die Apparatine gebrauchen. Auch
als Verdickungsmittel in der Kattundruckerei ist sie zu verwenden.
Ueber die Darstellung weißer Salicylsäure.
Rautert (Gewerbeblatt für Hessen, 1875 S. 117) hat
gefunden, daß durch Sublimation mittels überhitzten Wasserdampfes aus der nach dem
Kolbe'schen Verfahren dargestellten, mehr oder
weniger gelb gefärbten Salicylsäure, eine solche von rein weißer Farbe erhalten
werden kann. Ein hierzu verwendetes doppelwandiges, kupfernes Kesselchen war dadurch
hergestellt, daß zwei kupferne Röhren von verschiedenem Durchmesser in einander
gesteckt und die Enden durch kupferne Scheiben mit Hartloth verlöthet wurden. Der
Raum zwischen den beiden Röhren wurde mit Paraffin gefüllt, der innere Raum ist zur
Aufnahme der rohen Salicylsäure bestimmt; an demselben sind möglichst weit oben zwei
Röhren angebracht. Das eine Rohr dient zum Zuführen des überhitzten Wasserdampfes,
durch das andere wird das Kesselchen mit roher Salicylsäure beschickt; späterhin
dient dasselbe als Austrittsöffnung der mit Salicylsäure beladenen Wasserdämpfe Man
gibt diesem Rohre einen Durchmesser von mindestens 3 Centim., weil es sich sonst
durch die übergehende Salicylsäure zu leicht verstopft. An dieses letztere Rohr fügt
man bei der Operation ein ebenso weites, gerades Zinnrohr, welches seinerseits in
einer Liebig'schen Kühlvorrichtung steckt und stets kalt
erhalten wird. In das obere Ende dieses Zinnrohres löthet man ein kleines
Bleiröhrchen mit Trichter an, durch welches bei der Destillation beständig kaltes
destillirtes Wasser eintropft.
Ist der Apparat so vorgerichtet, so erhitzt man das kupferne doppelwandige
Kesselchen, bis das im Paraffin steckende Thermometer 170° zeigt. Alsdann
läßt man durch das engere Rohr des inneren Raumes auf 170° überhitzten
Wasserdampf eintreten. Man entwickelt diesen Dampf in einem etwa 2 Liter haltenden
Glaskolben und leitet denselben zum Zwecke seiner Ueberhitzung durch ein langes
dünnes Bleirohr,
welches in vielfachen Windungen in einem eisernen Topfe in auf 170° erhitztem
Paraffin liegt. Sobald die rohe Salicylsäure die Temperatur des umgebenden
Paraffinbades angenommen hat, beginnt die Destillation derselben in Begleitung des
über sie hinwegströmenden Wasserdampfes mit solcher Schnelligkeit, daß sich die
Zinnröhre trotz dem beständig eintropfenden Wasser in wenigen Augenblicken
verstopfen würde, wenn man nicht in dieselbe eine Glasröhre oder besser noch ein
gerissenes Stäbchen von gut ausgekochtem Tannenholz steckt, mit welchem man während
der ganzen Operation durch die ganze Zinnröhre hindurch und bis in das Kesselchen
hinein hin und her fährt. Die Salicylsäure erscheint nun an dem unteren Ende des
zinnernen Kühlrohres als ein dicker Brei von schneeweißer Farbe und wird in einem
untergestellten Becherglase aufgefangen.
Gegen Ende der Operation steigert man die Temperatur der beiden Paraffinbäder bis auf
185°. In etwa 2 Stunden ist der Proceß beendigt. In dem Kesselchen bleibt nur
ein geringer schwarzer, harziger Rückstand. Die übergegangene Salicylsäure riecht
nur schwach nach Carbolsäure. Durch Abpressen des übergegangen Breies und
Umkrystallisiren aus destillirtem Wasser wird sie von der Carbolsäure mit
Leichtigkeit befreit und in den schönsten ganz weißen Krystallen erhalten. Bei der
Darstellung im Großen würde man die Paraffinbäder wohl zweckmäßig durch
hochgespannten Dampf ersetzen. In hochgespanntem Dampfe selbst, direct angewendet,
verdunstet die Salicylsäure fast gar nicht.
Stickstoffgehalt wurmstichiger Hülsenfrüchte.
P. Stefanelli (Bollet.
entomolog., VI. Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft, 1875 S. 439) hat den mittleren Stickstoffgehalt
gereinigter, wurmstichiger Hülsenfrüchte mit demjenigen nicht angefressener Früchte
verglichen und er findet
Stickstoff:
Entsprechend Eiweiß:
Unbeschädigt.
Wurmstichig.
Unbeschädigt.
Wurmstichig.
Erbsen
3,73 Proc.
4,27 Proc.
23,86 Proc.
27,25 Proc.
Linsen
3,73 Proc.
5,20 Proc.
23,86 Proc.
33,21 Proc.
Bohnen
4,47 Proc.
4,93 Proc.
28,52 Proc.
31,50 Proc.
Hiernach wären also wurmstichige Früchte nahrhafter als nicht angefressene. Der Verf.
findet die Erklärung darin, daß die Bruchuslarven aus den Früchten nur die
Stärkmehlkörper aufnehmen; er bestätigt, daß die angestochenen Früchte noch
keimfähig sind.
Sumpfgasfäulniß.
Popoff hat die Zersetzungserscheinungen einer Schlammasse
untersucht, welche aus der Mündung eines Stroßenablaufcanales in den Fluß entnommen
war, und alle möglichen Küchenabfälle, sowie sonstige in der Zersetzung weit
vorgeschrittene organische Substanzen enthielt. Diese Masse hatte Breiconsistenz,
besaß ein schmutzig graues Aussehen, reagirte neutral oder kaum merklich alkalisch
und verbreitete einen eigenthümlichen Geruch. Mit dieser etwas verdünnten
Schlammasse wurden Kolben gefüllt und die entwickelten Gase in Zwischenräumen von 2
bis 4 Tagen untersucht. Ein Schlamm gab innerhalb 3½ Wochen folgende
Gasmischungen:
CO
2
CH
4
Sauerstoff
Stickstoff
A
11,79
2,48
4,71
81,06
B
34,99
29,03
0
35,98
C
55,81
42,54
0
1,65
D
56,00
42,70
0
1,30
E
45,90
54,10
0
0
F
43,30
56,60
0
0,10
Die eingeschlossene Luft verliert also zunächst ihren Sauerstoff, es bleibt nur ein
Gemisch von Kohlensäure und Sumpfgas (CH4) und zwar überwiegt anfangs die Kohlensäure
später das Sumpfgas.
Der Schlamm bestand außer einigen amorphen anorganischen Stoffen und zahlreichen
Krystallen von Carbonaten namentlich aus Cellulose und einer großen Menge Pigmentbakterien, und
zwar herrschten die rothen, gelben, dann die grünen und anderen Zooglöaformen vor.
Die Organismen waren schon in der faulenden Masse in großer Menge vorhanden und
vermehrten sich bei länger dauernder Zersetzung so ungeheuer daß es selbst für das
unbewaffnete Auge ein Leichtes war, sie an den rothen und grünen Färbungen
wahrzunehmen. Diese sehr bedeutende Vermehrung der Bakterien, welche ganz mit der
Kohlensäure- und Sumpfgasbildung Schritt hielt, ließ einen wechselseitigen
Zusammenhang erkennen.
Genaue Temperaturmessungen innerhalb eines Kolbens im Vergleich mit der Temperatur
der umgebenden Luft lehrten, daß innerhalb des Kolbens stets ein Plus von Wärme
vorhanden war. Anfangs war der Unterschied gering, 0,2° bis 0,4° am
Ende des zweiten Monates erreichte die Differenz den Werth von 0,9° bis
1° Diese Wärmeentwickelung in der faulenden Substanz, welche sich nachweisen
ließ, trotzdem daß stets durch die Entwickelung von Gas eine Abgabe von Wärme
vorhanden sein mußte, stellte diesen Proceß in Analogie mit der Alkoholgährung, und
es ist gewiß bemerkenswerth in der Sumpfgasbildung, bei welchem jede Oxydation
ausgeschlossen war und nur moleculare Umwandlungen geschehen konnten, eine Quelle
der Wärmeentwickelung zu finden und ebenso wie bei der Alkoholgährung lebende
Organismen bei diesen Zersetzungen betheiligt zu sehen.
Wie bei der Gährung übt auch auf die Sumpfgasbildung die Temperatur eine bedeutende
Einwirkung aus. Es wurde die Sumpfgasentwickelung aus dem Schlamme bei
verschiedenen, während dieses bestimmten Zeitraumes constant gehaltenen Temperaturen
zwischen 6° und 55° beobachtet, und gefunden, daß die Sumpfgasfäulniß
mit der Temperatursteigerung sehr auffällig zunimmt. Der höchste Grad der
Gasentwickelung wurde bei etwa 40° beobachtet; von 45° ab ließ sich
eine Abschwächung derselben constatiren, und bei 50° bis 55° hörte sie
ganz auf. Schlammmassen, welche 1 bis 2 Stunden lang auf Temperaturen von
135°, 110°, 100°, 75°und 53° erhitzt (die
Bakterien also getödtet) worden, entwickelten gar kein Gas. Hingegen erwies sich
eine vorher gefrorene Masse nach dem Aufthauen ebenso gut gährungsfähig wie eine
nicht gefrorene Masse. Die Zusammensetzung der entwickelten Gase bei den
verschiedenen Temperaturen wich nur in sofern ab, als sie bei höherer Temperatur
dieselbe Aenderung, nämlich das Ueberwiegen des Sumpfgases über die Kohlensäure,
sehr schnell erfuhr, welche bei geringerer Wärme erst nach längerer Dauer beobachtet
wird.
Eine weitere Analogie zwischen der Sumpfgasentwickelung und den anderen
Gährungserscheinungen bietet die Einwirkung gewisser Substanzen auf diesen Proceß.
Es wurden nach dieser Richtung untersucht: Cyankalium, Strychnin, Curare, Chinin,
Atropin, Chloroform, Carbolsäure und chlorsaures Kalium. Von jeder Substanz wurde
etwas einer bestimmten Menge Schlamm zugesetzt und die Gasentwickelung bei
22° bis 27° neben einem jedesmaligen Controlversuch ohne diesen Zusatz
beobachtet. Das Resultat war, daß fast alle genannten Substanzen eine hemmende
Wirkung auf die Sumpffäulniß ausübten, nur das Strychnin ließ den Proceß noch
schneller vor sich gehen; am intensivsten wirkte das Cyankalium, dann folgte Chinin,
chlorsaures Kalium, Chloroform, Atropin und Curare.
Weitere Versuche bestätigten, daß vorzugsweise die Cellulose bei ihrer Zersetzung
Sumpfgas liefert; es ist daher erklärlich, daß auch in der Natur das Sumpfgas an
solchen Orten auftritt, wo eine große Menge pflanzlicher Reste, die ja der
Hauptsache nach aus Cellulose bestehen, angehäuft werden, wie in Sümpfen, Mooren,
Flußufern, Kohlenlagern u. s. w., wo die Zersetzung der Cellulose in großartigem
Maßstabe vor sich geht. Hierdurch wird auch noch der Umstand erklärlich, daß im
Ernährungsschlauche der höheren Thiere und beim Menschen so häufig die Entwickelung
von Sumpfgas zu Stande kommt. (Nach dem Archiv für die gesammte Physiologie der Menschen und
der Thiere, Band 10 S. 113.)