Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 538
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Miscellen. Miscellen. Ueber das Schleifen der Antriebsriemen. Gewöhnlich wird das Schleifen der Transmissionsriemen als ein Uebelstand angesehen, welcher, obwohl er sich überall bemerklich macht, doch durch entsprechende Spannung des Riemens zu vermeiden wäre. In einer kürzlich im Engineer publicirten Notiz weist nun Professor Osborn Reynolds das Irrige dieser Ansicht nach, indem er zeigt, wie das sogen. Schleifen nothwendig in der Natur des Kraftantriebes durch Riemen begründet ist, und nur durch Anwendung eines vollkommen unelastischen Materiales vermieden werden könnte. Nachdem nämlich bei jedem Riementrieb das treibende (auf die Antriebsscheibe auflaufende) Ende eine größere Spannung haben muß wie das getriebene Ende, so ist auch klar, daß sich beide Hälften des Riemens vermöge ihrer Elasticität ungleich ausdehnen. Wird die Spannung des treibenden Endes P, die des ablaufenden Endes P′ genannt, und der Elasticitäts-Coefficient des Riemenmateriales a, so ist die erstere Riemenhälfte um die Differenz a(P - P′) länger wie die zweite, und es müssen sich somit auch die Geschwindigkeiten derselben verhalten wie 1 + a (P - P′) : 1, ebenso aber auch die Umfangsgeschwindigkeiten der beiden Scheiben. Nachdem aber die Arbeitsleistung an beiden Scheiben gleich der Differenz P - P′, multiplicirt mit der Geschwindigkeit ist, so ergibt sich auch ein Arbeitsüberschuß an der treibenden Riemenscheibe, die zu nichts anderem aufgewendet werden kann als zum Schleifen des Riemens auf den beiden Scheiben. Der gespannte Riemen läuft auf der Antriebsscheibe auf und verläßt sie ungespannt, muß sich daher auf der Scheibe zusammenziehen und in Folge dessen schleifen. Analoges findet bei der getriebenen Scheibe statt; der Betrag dieser Contraction ist (P - P′), und dieselbe Ziffer gibt somit auch das Verhältniß der hierdurch verlorenen Arbeit zur Nutzleistung an. Der Coefficient a kann für 1 engl. Zoll pro 1 Pfund Spannung bei einem einfachen Riemen von 4½mm Dicke mit 0,0002 angenommen werden (0,00112 pro 1k Spannung und 1cm Breite) und der Betrag des nothwendig bedingten Schleifens wird daher durch die Formel ausgedrückt: 0,0002 1/b (P - P′) [resp. 0,00112 1/b (P - P′)], wenn b in Zoll, P in Pfund englisch [resp. Centimeter und Kilogramm] eingesetzt werden. Bei gewöhnlichen Spannungen ausgeführte Riemen — ca. 20 bis 60 Pfund pro 1 Zoll (bezieh. 3,5 bis 10k pro 1cm) Riemenbreite — beträgt somit das Schleifen 0,004 bis 0,012, also etwa 1 Proc. Effectverlust. Bei elastischen Materialien, besonders weichen Kautschukriemen, wird dieser Werth selbstverständlich viel größer, so daß es sogar gelingt, die treibende Trommel, nur in Folge der wechselnden Contraction und Expansion des Riemens, doppelt so schnell laufen zu lassen, wie die gleichgroße angetriebene Trommel; hierdurch wird auch die Thatsache erklärt, daß sich die elastischen Kautschukriemen trotz vieler anderen Vorzüge, keinen Eingang verschaffen konnten. R. Ist es möglich, daß durch Dampfröhren, die in ihrer Anwendung als Dampfheizungsröhren mit Holz in Berührung kommen, eine Entzündung des letzteren und dadurch eine Feuersbrunst entstehen kann?Diese Frage wurde kürzlich in Folge eines Brandfalles, der sich im Kantonsspital in St. Gallen ereignet hat, im Gewerbverein daselbst aufgeworfen und von einem einflußreichen Mitgliede desselben bejaht, von anderen Mitgliedern aber entschieden verneint. Einer der letzteren, ein tüchtiger, praktisch erfahrener Mann, hat sich in Folge dessen mit der gleichen Frage an eine große Anzahl von ebenso tüchtigen und erfahrenen Industriellen und Technikern in der Schweiz, in Deutschland, Oesterreich, Frankreich und England gewendet und dieselben um gefällige Beantwortung ersucht. Es dürfte daher für die Leser dieses Journals nicht ohne Interesse sein, zu vernehmen, daß sämmtliche Antworten, wie zu erwarten stand, verneinend ausgefallen sind. Da indessen der Gegenstand von allgemeinem Interesse ist, so möge derselbe hier noch etwas näher zur Besprechung kommen. Bei Dampfheizungen ist es gewöhnlich der Fall und meistens unvermeidlich, daß die vom Dampfkessel ausgehenden Zuleitungsröhren, je nach der Bauanlage, mehr oder weniger durch Holzwände, Balken und Fußböden geführt werden müssen. Dabei ist die Berührung der Holztheile mit den Röhren meist nur eine sehr lose und nur selten eine knapp anliegende, oder gar eine gepreßte. Daher wird auch in der Regel an den Lager- und Durchgangsstellen wegen allfälliger Erhitzung keine besondere Vorsicht angewendet. Wohl aber werden die Zuleitungsröhren, insoweit sie Räume durchziehen, die nicht geheizt werden und in welchen auch keine unnützen Wärmeverluste stattfinden sollen, mit sogen, schlechten Wärmeleitern umhüllt. Zu dieser Umhüllung der Dampfröhren wird bekanntlich fast ausschließlich Stroh als schlechter Wärmeleiter benützt. An einzelnen Orten werden die Röhren zu gleichem Zweck auch mit Hansstricken, Garnabfällen, Kuhhaaren etc. eng umwunden und hier und da noch mit einem Holzcanal umgeben. In neuester Zeit kömmt zu diesem Behufe auch ein in England patentirtes, schlecht wärmeleitendes Filzpräparat in Anwendung, und vielleicht dürfte sich hierzu auch die in ganz jüngster Zeit bekannt gewordene Schlackenwolle (1873 209 314) als zweckmäßig erweisen. Nun ist es allerdings wahr, daß sich solche Umhüllungen und namentlich die aus Stroh, mit der Zeit bräunen und zerfallen. Allein da die Erwärmung derselben bei Dampfheizungen verhältnißmäßig nur eine sehr niedrige ist, so ist es auch nicht möglich, daß sich dadurch diese Umhüllungen wirklich entzünden können. Noch weniger ist eine Entzündung des mit den Leitröhren in Verbindung stehenden Holzes möglich. Auch die Reibung, welche durch die Bewegung der Dampfröhren in Folge Ausdehnung, resp. Zusammenziehung an den Auflage- und Durchgangsstellen entsteht, kann eine solche Entzündung nicht hervorbringen, da dieselbe stets nur eine langsame und kurz andauernde ist. Jedenfalls ist es aber vorsichtig und zweckmäßig, die Reibung an den Durchgangsöffnungen durch Einklemmungen und Pressungen möglichst zu verhüten. Selbst bei anderen Dampfleitungsröhren, in denen der Dampf eine viel höhere Spannung und demzufolge auch eine höhere Temperatur als bei Dampfheizungen besitzt, kann von einer Entzündung des Holzes in den Lager- und Durchgangsstellen keine Rede sein. Denn nach Regnault beträgt die Temperatur des Dampfes bei 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12at Spannung 100 121 134 144 152 159 165 171 176 180 184 188° während selbst weiches, aufs äußerste ausgetrocknetes Holz nur bei weit höheren als bei den eben angeführten Dampftemperaturen sich entzündet. Bei den Dampfheizungen wird hingegen der Dampf gewöhnlich nur bei einer Spannung von 1, 2 bis 3, selten bis 4 und wohl nie über 5 Atmosphären angewendet. Die Temperatur desselben beträgt daher gewöhnlich nur 100°, 121 bis 134°, selten 144° und wohl nie über 152°. Bei diesen Temperaturen kann das Holz der Durchgangsöffnungen, wie die oben zur Umhüllung der Dampfleitungsröhren angeführten Materialien, (abgesehen von der unverbrennlichen Schlackenwolle) von der Wärme der Röhren allerdings nach und nach gebräunt und morsch werden; eine Entzündung desselben ist dadurch aber rein unmöglich, so lange nicht ein ein offenes Feuer, ein Licht oder glühende Kohle damit in Berührung kommt. Der erwähnte Brandfall im Kantonsspital in St. Gallen ist darum wahrscheinlich auch nur auf diese letztere Weise entstanden. G. Delabar. Ueber die Nachtheile des Kohlenstaubes in Steinkohlengruben. Schon 1818 ist eine Feuermaschine von Niepce beschrieben, in welcher man sehr feinen Kohlenstaub verbrennt. Neuerdings ist dieser Gegenstand unter Anderen von Whelpley und Storer (vergl. 1867 185 286. 1868 190 390), sowie von Crampton (1869 193 293. 1871 200 358) wieder aufgenommen. Schon längere Zeit ist man darauf aufmerksam geworden, daß der in den Grubenräumen vertheilte feine Kohlenstaub bei schlagenden Wettern eine Rolle spielt, indem der Staub namentlich auf weitere Entfernungen hin auf trockene Zimmerung und andere mit schlagenden Wettern erfüllte Näume das Feuer fortpflanzt. In Folge des Druckes kehrt die Flamme zuweilen nach dem Orte, wo die Explosion stattfand, mit Gewalt wegen der Luftverdünnung hier zurück. Auch bei Abwesenheit schlagender Wetter können die Lampen den Staub entzünden und leichte Detonnationen hervorbringen. Es müssen deshalb in den Steinkohlengruben möglichst Vorsichtsmaßregeln gegen die Anhäufung solchen Staubes getroffen werden, z. B. durch Benetzen der Sohle, sorgfältige Reinigung der Zimmerung etc. (Annales des mines, 1875 p. 176 u. 180. Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1875 S. 194.) Behandlung der Puddelluppen. C. William Siemens hat ein Patent auf das Zängen und Pressen der Puddelluppen und auf den dazu erforderlichen Apparat genommen. Die Luppe wird auf eine sich drehende Tafel gelegt und dem Drucke von drei oder mehr hydraulischen Rammen ausgesetzt, die gleichzeitig in horizontal-radialer Richtung auf dieselbe einwirken. Nachdem dieser Druck ausgeübt worden ist und die Rammen durch Gegengewichte oder Federn zurückgezogen sind, wird die Tafel um etwas gedreht, so daß sich an der Luppe neue Stellen zur Einwirkung der wiederholt in Thätigkeit kommenden Rammen darbieten. Wenn die Luppe auf diese Weise zusammengepreßt ist, wird eine Ramme oder ein Schraubenkopf dazu benützt, die Luppe vertical aufzurichten und werden dann die Rammen wieder in Wirksamkeit gesetzt und zwar mit weit höherem Druck, wonach die verdichtete Metallmasse zum Walzen, Hämmern oder zur Umwandlung in Stahl abgegeben wird. Mit Rücksicht auf Kraftersparung sind zwei hydraulische Pressen in Thätigkeit; die eine gibt eine geringere Pressung für den ersten Theil der Manipulation, und die andere eine viel höhere Pressung behufs Vollendung derselben. Anstatt Benützung einer Anzahl separater hydraulischer Cylinder werden die verschiedenen Druckhäupter durch einen hydraulischen Cylinder entweder mittels Dampf oder einer anderen Kraft bewegt. (Nach dem Journal of the Iron and Steel Institute, 1874 p. 475 durch die berg- und hüttenmännische Zeitung, 1875 S. 194.) Einfaches Verfahren, Messing und Kupfer mit einer spiegelglänzenden Schicht Zink zu bekleiden; von Böttger. Bereits vor 33 Jahren hat Verf. zu diesem Zwecke eine concentrirte Salmiaksolution empfohlen, worin bei Siedhitze die zu verzinkenden Gegenstände im Contact mit granulirtem Zink einige Zeit zu behandeln sind; indeß zeigte sich bei Wiederaufnahme dieses Gegenstandes, daß man seinen Zweck weit schneller und vollkommener erreicht, wenn man sich statt der Salmiaksolution einer stark alkalisch reagirenden Flüssigkeit bedient. Es eignet sich nämlich eine Auflösung von Zinkoxydkali oder Zinkoxydnatron weit besser hierzu als eine Salmiaksolution. Eine solche Lösung erhält man sehr leicht, wenn man sogen. Zinkgrau oder Zinkstaub in großem Ueberschuß mit einer concentrirten Lösung von Aetzkali oder Aetznatron einige Zeit lang in der Siedhitze behandelt und dann die zu verzinkenden Gegenstände in die siedende Flüssigkeit einträgt. Durch den Contact der zu dem Zinkpulver sich elektronegativ verhaltenden Kupfer- oder Messing-Gegenstände wird die alkalische Zinksolution zerlegt, und schon in wenigen Minuten sieht man, bei fortgesetztem Erhitzen die Gegenstände sich mit einer spiegelglänzenden Schicht Zink bekleiden. Aus dieser Beobachtung, obwohl in technischer Beziehung nicht minder wichtig, dürfte doch auch der Physiker einigen Nutzen ziehen. Handelt es sich z. B. darum, eine sogen. Zamboni'sche (trockene) Säule zu construiren, so dürste die Benützung ganz dünner, mit Zink überzogener Kupferbleche, welche auf der einen Seite mittels verdünnter Salzsäure ihres Zinküberzuges beraubt, sich wegen ihrer stärkeren elektromotorischen Eigenschaft weit wirksamer erweisen, als auf einander geschichtete Lagen unechter Gold- und Silberpapiere. Bemerkenswerth ist ferner, daß die Bildung von sogen. Tombak oder Lyoner Gold schon bei einer Temperatur von circa 120 bis 140° zu Wege gebracht werden kann. Erhitzt man nämlich einen mit einer dünnen Zinkschicht überzogenen kupfernen Gegenstand vorsichtig (am zweckmäßigsten unter Olivenöl) bis zu der angegebenen Temperatur, so vereinigt sich die dünne Zinkschicht mit der Kupferunterlage zu goldfarbigem Tombak. Man hat dann schließlich nur nöthig, sobald die gewünschte Farbe sichtbar wird, den Gegenstand schnell in Wasser oder einer anderen geeigneten Flüssigkeit abzukühlen. (Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt 1873/4.) Feuerfeste Geldschränke. Absolut feuerfeste Schränke sind natürlich nicht herzustellen, da jeder Körper die Wärme mehr oder weniger leitet; es kommt auch bei einem Brande nicht nur die Intensität der Hitze, sondern wesentlich auch die Zeit in Betracht, während welcher eine Temperatur von selbst nur 300° auf den Behälter einwirkt. So sind bei den großen Feuersbrünsten in Chicago und Meiningen viele Werthsachen zu Grunde gegangen, weil die Schränke tagelang in dem heißen Schutt gelegen haben. Als ein wirksames Mittel empfiehlt daher Dr. Heeren (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1875 S. 338), daß man in dem betreffenden Hause Vom Keller bis in das Stockwerk, wo der Schrank aufgestellt wird, einen massiven Schacht aufführt, der oben durch ein Gewölbe geschlossen ist. An diesem Gewölbe wird der Schrank an mehreren Haken, die mittels eines leichtflüssigen (Rose'schen) Metalles im Gewölbe befestigt sind, aufgehängt. Steigt dann die Temperatur des letzteren nur bis 100°, so schmilzt die Legirung, und der Geldschrank stürzt in den Keller hinab. Wird außerdem noch über dem Schranke ein mit Asche gefüllter Behälter mit Fallthür angebracht, welcher durch das Niederstürzen des Schrankes seinen Inhalt über denselben ausschüttet, so ist er vor weiterer Einwirkung der Hitze für längere Zeit geschützt. Seismometer von Malvosia in Bologna. Ueber einer schwach geneigten Ebene befindet sich eine Kugelkappe mit 8, den 8 Hauptrichtungen des Compasses entsprechenden Rinnen; auf dem Scheitel der Kappe balancirt eine kleine Kupferkugel, welche an der Berührungsstelle ein wenig abgeflacht ist; auf der Kugel ruht, an einer Kette von einem Arme herabhängend, ein conisches Gewicht mittels einer kleinen, aus seiner Grundfläche vorstehenden Schraube. Bei einem Erdstoße rollt die Kugel in einer der Rinnen der Kappe auf die schiefe Ebene, läuft am unteren Ende derselben in ein Loch und veranlaßt das Abfeuern eines Gewehres. Beim Abrollen der Kugel springt ferner eine federnde Nadel aus der Schraube des Gewichtes vor und fängt sich, da sie den Durchmesser der Kugel an Länge übertrifft, in jener Rinne, in welcher die Kugel herabrollte; der Stoß war also nach der entgegengesetzten Seite gerichtet von jener, auf welcher die Nadel herabhängt. (Journal of the Franklin Institute, April 1875 S. 242.) E—e. Unterirdische Telegraphenleitung nach A. Holtzman. Nach einem Vorschlage von A. Holtzman in Amsterdam wurde in der Nähe von Amsterdam mit gutem Erfolge, obgleich in schwammigem Boden, in folgender, angeblich billigen Weise eine 40 engl. Meilen lange unterirdische Leitung hergestellt. Auf den Grund des in den Erdboden eingeschnittenen Grabens kommt ein gußeiserner Trog, welcher mit einer eigenthümlichen isolirenden Mischung ( brai liquide, flüssiges Pech) gefüllt wird, während diese noch warm und halbflüssig ist. Die mit Guttapercha überkleideten Leitungsdrähte werden dann einzeln in die Mischung gelegt, der Trog mit einem Deckel geschlossen und der Graben zugeschüttet. Ueber Papierformate. Die im zweiten Maihefte dieses Journals (1875 216 371) mitgetheilten Beschlüsse der Commission zur Feststellung neuer Papier-Normalformate etc. sind in der Generalversammlung der betreffenden Vereine (nach dem Centralblatt für die deutsche Papier-fabrikation, Mai 1875 S. 147) in nachfolgender Weise modificirt angenommen worden. A Formate. Nr. 1 34 × 42cm Nr. 2 36 × 45 Nr. 3 37 × 48 Nr. 4 40 × 50 Nr. 5 42 × 52 Nr. 6 46 × 59 Nr. 7 48 × 62 Nr. 8 50 × 70 Nr. 9 54 × 76 Nr. 10 57 × 78 B. Zählung und Eintheilung des Rießes. Das Ries wird genannt Neuries, das Buch wird genannt Neubuch. Das Neuries wird gezählt zu 1000 Bogen und eingetheilt in: 10 Neubuch 100 Hefte 200 resp. 500 Lagen à 100 Bogen. à 10 Bogen. à 5 resp. 2 Bogen (je nach Dicke des Papiers). Briefpapier wird in Zehntel-Riese und nicht mehr in Achtel-Riese gepackt. (Die Bezeichnungen Doppelries, Pack, Back, Bund, Ballen, Stoß, Collo, Mill, fanden keine Zustimmung.) Als Termin der Einführung der neuen Bestimmungen wurde der Beginn des Jahres 1876 angenommen. Normalmaße und Normalgewichte aus Bergkrystall. S. Stein berichtet, daß Prof. Kekulé schon früher darauf hinwies, daß alle amorphen Körper, seien sie dargestellt durch Gießen, Walzen, Pressen, Hämmern oder Prägen, in sich das Bestreben besitzen, in einen krystallinischen resp. krystallisirten Zustand überzugehen. Alle Molecüle eines derart dargestellten Körpers befinden sich in einer mehr oder weniger gezwungenen Lage und sind bestrebt in die Gleichgewichtslage zu gelangen. Treten Umstände ein, welche dieses Bestreben begünstigen, so bewegen sich die Molecüle in diesen Richtungen, und die Folge dieser Bewegungen ist eine unregelmäßige Veränderung der äußeren Form des gegebenen amorphen Körpers. In einem regelrecht krystallisirten Körper dagegen befinden sich alle Molecüle in der ihnen eigenthümlichen Gleichgewichtslage gruppirt. Eine Spannung der Molecüle findet nicht statt, folglich liegt auch kein Bestreben vor, die Lage zu ändern. Die äußere Form eines krystallisirten Körpers ändert sich daher bei äußeren Einflüssen nie ungleichmäßig, gleichviel ob die Ursache der Bewegung durch Temperaturschwankungen oder durch Stöße hervorgerufen wird. Kekulé hob noch hervor, daß Normalgewichte und Normalmaße, aus Metall angefertigt, aus diesen Gründen nicht richtig bleiben könnten, wohl aber solche Normale richtig blieben, die aus einem Krystall, z. B. Bergkrystall hergestellt würden. In Folge dieser Anregung läßt Verf. jetzt solche Maße und Gewichte in Oberstein (vergl. 1875 215 381) herstellen; er läßt die Stücke zu den Maßstäben genau nach den optischen Achsen der Bergkrystalle schneiden, so daß die Hauptachse des Krystalles parallel der Mittellinie des Stabes zu liegen kommt. Dasselbe Verfahren wird bei den Gewichtsstücken beobachtet, so daß eine ungleiche Ausdehnung vermieden wird. Für Maßstäbe von größerer Länge setzt Stern die einzelnen Stücke in einer Weise zusammen, daß eine Veränderung der aufgetragenen Theilmaße nicht möglich ist und die Richtigkeit der Theilung wie der Gesammtlänge jederzeit controlirt werden kann. Als Vorzüge dieser Maße (vergl. auch Poggendorff's Annalen, Jubelband S. 61) und Gewichte werden hervorgehoben: 1) Bergkrystall hat die Härte 7. Gewichte daraus sind also beim Gebrauch einer Abnützung fast nicht unterworfen, was bei Metallgewichten wohl der Fall ist. Platin hat höchstens die Härte 5. Vergoldete Messingewichte leiden sehr leicht (wie an einem Stück eines Gewichtssatzes ersichtlich gemacht wurde). 2) Bergkrystall wird von Säuren oder ätzenden Substanzen weniger angegriffen wie Platin, vermehrt und vermindert sein Gewicht nicht durch Oxydation, wie dies Metallgewichte thun. 3) Feuchtigkeit übt keinen Einfluß darauf aus, da Bergkrystall nicht hygroskopisch ist. 4) Bergkrystall hat gegenüber den Metallen einen sehr kleinen Ausdehnungscoefficient, wodurch bei Temperatur- und Barometerschwankungen Fehlerquellen vermieden werden. 5) Hat man einmal das wirkliche Gewicht einer unveränderlichen Normale aus Bergkrystall festgestellt, so ist die Correction in Bezug auf Temperatur und Luftdruck wohl nicht schwieriger zu berechnen als bei einer Normalen aus Metall, die sich stetig ändert. 6) Der Einwand, daß Gewichte aus Bergkrystall sehr kostspielig seien, ist durch Stern beseitigt, da der Preis sehr billig gestellt ist und sie schon viele Abnehmer gefunden haben. (Nach einem vom Verf. eingesendeten Separatabdruck aus den Sitzungsberichten der niederrheinischen Gesellschaft für Naturkunde in Bonn.) Ueber eine einfache Methode zur Bestimmung von Chlor, Brom und Jod in organischen Verbindungen; von E. Kopp. Gegenüber der Bestimmungsmethode der Halogene mittels reinem, gebranntem Kalk, welche bedeutende Flüssigkeitsvolumen und langwierige Filtrationen nach sich zieht, war die Methode von Carius, die Verbrennung der organischen Substanz mittels Salpetersäure und Silbernitrat im geschlossenen Glasrohr unter Druck zu bewerkstelligen, eine sehr anzuerkennende Vereinfachung und ein reeler Fortschritt. Indessen bietet dieselbe in manchen Fällen bedeutende Schwierigkeiten, besonders wenn es sich um hochnitrirte Substanzen handelt, welche neben NO2 auch Chlor, Brom oder Jod enthalten. Solche Substanzen leisten der nassen completen Verbrennung einen hartnäckigen Widerstand; man muß concentrirte Salpetersäure und eine sehr hohe Temperatur anwenden, wobei in Folge des sehr bedeutenden Druckes im Inneren der Röhren dieselben häufig platzen. In solchen, sowie auch in den gewöhnlichen Fällen wird folgende sehr einfache Methode angewendet werden können. Man bedient sich einer ungefähr 60cm langen und 5 bis 6mm inneren Durchmesser haltenden Glasröhre, welche an einem Ende zugeschmolzen ist. Es kann jede ordinäre, etwas starke Gasentbindungsröhre benützt werden. Die organische Substanz wird zur leichteren Regulirung der Zersetzung mit reinem Eisenoxyd (durch Glühen von umkrystallisirtem Eisenvitriol dargestellt) innig gemischt, zuerst in die Röhre auf eine Höhe von 12 bis 18cm locker eingebracht und mit etwas Eisenoxyd nachgespült. Auf diese Schicht werden auf eine Länge von 20 bis 25cm mehrere enggewundene Spiralen von ziemlich feinem Eisendrahte niedergeschoben, und den Rest der Röhre füllt man mit porösen Krusten von entwässerten, reinen Sodakrystallen. Man erhält dieselben mit der größten Leichtigkeit, indem man einige Krystalle von reinem Natriumcarbonat in einer Platinschale bei einer nicht bis zum Schmelzen des Salzes steigenden Temperatur vollständig entwässert. Man bringt nun den Theil der Röhre, wo die Eisenspiralen sich befinden, zum Glühen und rückt mit der Hitze nach und nach bis zum geschlossenen Ende der Röhre. Bei dieser Temperatur wird die in Contact mit Fe2O3 sich befindende organische Substanz vollständig zersetzt. Sollte selbst eine partielle Verflüchtigung stattfinden, so findet sicher die Zersetzung auf den Eisenspiralen statt. In welcher Form auch die Halogene sich entwickeln mögen, sie werden vom glühenden Eisen, welches im Ueberschuß da ist, als wenig flüchtiges FeCl2, FeBr2 u. s. w. zurückgehalten. Spuren von Fe2Cl6, Fe2Br6, welche verdampfen könnten, werden vom Natriumcarbonat zersetzt und das Halogen festgebunden. Die Operation kann in relativ kurzer Zeit vollzogen werden. Die Röhre wird nach dem Erkalten äußerlich gereinigt, auf einem Papier in Stücke zerschnitten und nun Alles in einen Kolben mit etwas destillirtem Wasser gebracht und einige Zeit gekocht. Die Chlor-, Brom- und Iodeisenverbindungen werden vom kohlensauren Natron zersetzt. Man filtrirt, wäscht aus, übersättigt mit Salpetersäure und präcipitirt mit Silbernitrat. In den meisten Fällen übersteigt das Gesammtvolumen der Flüssigkeiten nicht 40cc. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1875 S. 769.) Darstellung von Soda. Das im Ammoniak-Sodaproceß (1873 209 282. 1874 211 245; 212 507. 1875 215 65) gewonnene Chlorammonium wird nach W. Weldon in Lösung mit kohlensaurer Magnesia destillirt; es geht kohlensaures Ammoniak über, und Chlormagnesium (gemengt mit Chlornatrium, welches dem Chlorammonium beigemischt war) bleibt zurück. Das kohlensaure Ammoniak wird zusammen mit einem zweiten Aequivalente zur Gewinnung von Soda benützt. Die Chlormagnesiumlösung wird eingedickt, wobei das sich ausscheidende Chlornatrium von Zeit zu Zeit herausgeschöpft wird und nachher im Ofen calcinirt. Man gewinnt so Salzsäure und Magnesia; die letztere führt man mittels der Verbrennungsgase in Carbonat über. Das Entfernen des Kochsalzes, bevor man zum Calciniren schreitet, ist von Wichtigkeit; bewerkstelligt man dies nicht, so kann das Chlormagnesium durch Hitze allein nicht zerlegt werden. Auch soll, Weldon zufolge, eine theilweise Zersetzung des Chlormagnesiums vortheilhafter für die nachherige Umwandlung in Carbonat sein, als eine vollständige. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1875 S. 782.) Verwerthung von Chlorcalcium. Nach Young (engl. Patent vom 10. November 1873) wird zur Gewinnung von Salzsäure Chlorcalcium, wie man solches bei der Darstellung von Soda mittels des Ammoniakprocesses erhält, mit feinem Kiessande in Retorten, unter gleichzeitigem Durchleiten von Wasserdampf, erhitzt. Auf 1 G.-Th. Chlorcalcium nimmt man etwa 1½ G.-Th. Sand. Auch Arrot (engl. Patent vom 18. December 1873) will daraus Salzsäure darstellen. Chlorcalcium wird, unter gleichzeitigem Behandeln mit überhitztem Wasserdampf, auf Rothglut erhitzt. Die Reaction liefert Salzsäure und Aetzkalk. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1875 S. 781 u. 784.) Ueber Gegengifte; von Jeannel. Jeannel schlägt folgende zwei Mischungen als wirksame Mittel gegen Gifte vor: 1) Eine Lösung von schwefelsaurem Eisenoxyd vom sp. G. 1,45 100 Th. Destillirtes Wasser 800 Th. Gebrannte Magnesia 80 Th. Gewaschene Thierkohle 40 Th. Die Eisenlösung wird besonders aufbewahrt, die übrigen Stoffe mit einander. Im Bedarfsfalle gießt man die Eisenlösung in die anderen Ingredienzien. Man nimmt rasch nacheinander 50 bis 100g davon. Die Wirkung des Präparates ist folgende: Es macht unlöslich: Arsen- sowie Zinkoerbindungen und Digitalin. Es fällt theilweise: Kupfersalze. Es fällt nur wenig: Quecksilberoxyd, Morphin und Strychnin. Es ist wirkungslos gegen: Cyanquecksilber, Brechweinstein, Phosphor und die alkalischen Hypochlorite. 2) Frisch bereitetes Einfach-Schwefeleisen gemengt mit Magnesia und schwefelsaurem Natron ist vortrefflich gegen: Kupfersalze, Sublimat und Cyanquecksilber. Es ist frisch gefälltem Eisenoxydhydrat vorzuziehen. Gegen Strychnin, Arsen, Brechweinstein und Alkaloide überhaupt hilft es nicht. (Les Mondes, t. XXXVII. Nr. 3.) V. G. Arsenhaltige rothe Tapeten-Farbe; von Dr. E. Reichardt. Kaum hat man es dahin gebracht, daß die grünen Arsenikfarben weniger gebraucht werden, so taucht auch schon wieder anderes arsenhaltiges Farbmaterial auf. Es sind dies sogen, rothe Lackfarben — rothe Pflanzenfarbstoffe auf Kreide, Thonerde u. s. w. fixirt, wie sie namentlich zu Tapeten verwendet werden und früher allgemein mit der Bezeichnung „Wiener Lack“ in den Handel kamen. Diese Lackfarben erhalten durch Zusatz von Arsenik einen lebhafteren, feurigeren Ton und dies der Grund der Verwendung. Eine solche, sogar als arsenfrei bezeichnete Waare gelangte zur Untersuchung und ergab bei 2 Prüfungen einen Gehalt von 1,96 Proc. und 2,49 Proc. arseniger Säure. Es ist wohl genügend oft erwiesen worden, wie gesundheitsschädlich arsenhaltige Tapeten gewirkt haben, so daß auch über diese Fabrikate unbedingt das Verdammungsurtheil gesprochen werden muß. (Archiv für Pharmacie, Bd. 206 S. 533.) Ueber die Dauer der Keimfähigkeit der Samen. Hierüber hat Prof. G. Wilhelm eine Reihe von Versuchen anstellen lassen. Die hierzu benützten Sämereien waren 5 Jahre alt. Die Ergebnisse der Versuche sind in fünf Gruppen gebracht. Von den Samen der Gruppe I (Mais, Weizen, Lucerne, Lein) hatten über 80 Proc. ihre Keimkraft bewahrt. Von Gruppe II (Sonnenblumen, Gerste, Senf, Hirse, Mohn, Buchweizen, Hanf) 60 bis 80 Proc., von Gruppe III (Gurken, Kürbisse, Paradiesäpfel) 40 bis 60 Proc., von Gruppe IV (Mohär) 20 bis 40 Proc., endlich von Gruppe V (Runkelrüben, Melonen, Fisolen, Zwiebeln) weniger als 20 Proc. (Biedermann's Centralblatt für Agriculturchemie, 1875 S. 434.) Berichtigungen. In diesem Bande von Dingler's polytechn. Journal ist zu lesen: In Ramdohr's Aufsatz (Misch- und Filterapparat etc.) S. 245 Z. 2 v. u. glatt statt „platt“; ferner S. 246 Z. 9. v. o. dichtenden statt „drehenden“. Der S. 142 ff. beschriebene Gasregulator stammt von Herm. Liebau (nicht Liebda) in Magdeburg.