Titel: Fabrikation der Schwefelsäure; von Robert Hasenclever, Fabrikdirector in Stolberg.
Fundstelle: Band 217, Jahrgang 1875, S. 41
Download: XML
Fabrikation der Schwefelsäure; von Robert Hasenclever, Fabrikdirector in Stolberg. (Fortsetzung von S. 517 des vorhergehenden Bandes.) Hasenclever, über Fabrikation der Schwefelsäure. Berechnung der producirten Schwefelsäure. Ueber den Gehalt der wässerigen Schwefelsäure existiren in den chemischen Fabriken verschiedene mehr oder weniger von einander abweichende Tabellen. In den neuesten Lehrbüchern von Graham-Otto, Wagner, Volley (Schwarzenberg) u.a. haben die Angaben von Bineau als die richtigsten Eingang gefunden. In vielen Schwefelsäurefabriken rechnet man dagegen immer noch nach den älteren Angaben von Vauquelin, d'Arcet, Dalton und Ure. Bei Aufstellung der letzteren Tabellen wird angenommen, daß die Schwefelsäure des Handels von 66° B. nicht reines Hydrat sei, sondern bei einem Volumgewicht von 1,830 etwa 6 bis 7 Proc. Wasser mehr als H₂SO₄ enthalte. In neuester Zeit hat, J. Kolb (1873 209 268) ausführliche und genaue Untersuchungen über den Gehalt von Säuren verschiedener Volumgewichte an Monohydrat veröffentlicht, durch welche die Angaben von Bineau zum größten Theil ihre Bestätigung finden. Der Unterschied, welcher in dieser Beziehung bisher geherrscht hat, rührt aber nicht nur von den ungleichen Gehalten her, welche verschiedene Tabellen geben, sondern auch von der ungleichen Graduirung der Beaumé'schen Aräometer selber. Gerlach (1870 198 313) hat eine interessante Zusammenstellung der Volumgewichte gegeben, welche den einzelnen Graden der Aräometerscale entsprechen.Da sich die chemische Großindustrie noch immer fast ausschließlich des Beaumé'schen Aräometers bedient, so ist die a. a. O. gegebene Formel d = 144,3/(144,6 – n) (wo d das Volumgewicht und n den Grad Beaumé bedeutet) für die Umwandlung der Beaumé'schen Grade in Volumgewichte, zumal für den Gebrauch im Laboratorium, von ganz erheblichem Interesse, und es verlohnt sich daher, ihre Herleitung näher zu begründen.Wenn ein Aräometer in Wasser bei 0°, in einer zweiten Flüssigkeit D von dem Vol.-Gew. d nur bis n° einsinkt, so haben die beiden verdrängten ungleichen Flüssigkeitsvolume dasselbe Gewicht, nämlich das Gewicht des Aräometers. Bezeichnet man mit G das Gewicht dieses Aräometers – das Gewicht eines Wasservolums, welches dem Volum eines Scalentheils entspricht, als Einheit genommen – so ist das Gewichtdes von dem Aräometer verdrängten WasservolumsGeines gleichen Volums der Flüssigkeit D vom Vol.-Gew. d.Gddes durch n Scalentheile verdrängten Wassersneines gleichen Volums der Flüssigkeit Dnd.Nun ist es aber offenbar gerade dieses letztere Gewicht, um welches sich die Gewichte Gd und G von einander unterscheiden, und man hat daherGd – G = nd,woraus folgt:d = G/(G – n) und G = nd/(d – 1)Für den Fall von Schwefelsäuremonohydrat vom Vol.-Gew. 1,842, in welchem das Beaumé'sche Aräometer (bei 15°) bis zu 66° einsinkt, erhält man, indem diese Werthe in dem letztgenannten Ausdrucke für d und n substituirt werden, für G die Zahl 144,3 und hat daherd = 144,3/(144,3 – n)Die in diesem Ausdrucke figurirende Zahl 144,3 repräsentirt also das Gewicht des Aräometers, wenn das Gewicht eines Wasservolums, welches dem Volum eines Scalentheils entspricht, als Einheit angenommen wird.A. W. Hofmann. Es wäre sehr wünschenswerth, wenn sämmtliche Schwefelsäurefabrikanten gleiche Reductionstabellen bei ihren Berechnungen zu Grunde legten, denn bei den Angaben über das Ausbringen von Schwefelsäure von 66° B. aus Kies und Schwefel werden häufig verschiedene Tabellen benützt, so daß sich dann die Betriebsresultate verschiedener Fabriken nicht immer direct mit einander vergleichen lassen. Die folgende Zusammenstellung der Angaben verschiedener Tabellen dürfte in dieser Beziehung von Interesse sein. GradBeaumé. Vol.-Gew.nach Kolb. Gehalt der Schwefelsäure an Monohydrat nach: Vauquelin. d'Arcet. Tabellenverschiedener Fabriken. Bineau. Kolb. 10 1,075   11,73   11,5   11,40 10,98   11,0   10,8 20 1,162   24,01   23,3   23,46 21,97   22,4   22,2 30 1,263   36,52   36,9   36,60 35,93   34,9   34,7 40 1,383   50,41   51,6   51,49 49,94   48,4   48,3 50 1,530   66,54   66,45   66,9   66,17 63,8 63,92   62,7   62,5 60 1,711   84,22   82,34   83,3   82,80 79,4 79,90   78,0   78,1 66 1,842 100,00 100,00 100,0 100,00 94,0 97,87 100,0 100,0 Reinigung der Schwefelsäure. Die Schwefelsäure des Handels enthält meist geringe Mengen von Blei, Eisen und Arsen, abgesehen von Spuren von Selen oder Thallium, die darin gelöst sein können. Nur bei vereinzelten Fabrikationen kommt es darauf an, daß eine reine Säure im großen Betriebe angewendet wird, wie z.B. zur Darstellung von eisenfreiem Glaubersalz für Spiegelglasschmelzen. In den meisten Fällen ist der Eisen- und Bleigehalt der Schwefelsäure ihrer Verwendung nicht nachtheilig. Will man die Metallsalze aus der Säure entfernen, so läßt sich dieses einfach durch Destillation bewirken. Die Beseitigung des Arsengehaltes der Schwefelsäure ist von größerer Wichtigkeit und sind zur Erreichung dieses Zieles verschiedene Vorschläge gemacht worden. H. A. Smith (S. 5 des citirten Werkes) hat ausführliche Untersuchungen über den Arsengehalt von Schwefelkiesen mitgetheilt. Er fand im Schwefelkies von: Spanien Tharsis und Comp.Mason 1,651 Proc.1,745    „ Arsen Belgien 0,943    „ Westphalen 1,878    „ Norwegen 1,649    „         „ (schwefelreich) 1,708    „ Beim Rösten bleibt ein Theil des Arsens in den Abbränden zurück, ein Theil setzt sich in den zur Bleikammer führenden Canälen ab, ein weiterer Theil gelangt in die Schwefelsäure, geht mit dieser in die verschiedenen mit ihrer Hilfe dargestellten Producte über und findet sich schließlich in dem aus den Sodarückständen regenerirten Schwefel wieder. Nach Smith's Untersuchungen enthält: Norwegischer Kies (harte Sorte)   1,649 Proc. Arsen Nach dem Brennen   0,469   „ Schwefelsäure   1,051   „ Flugstaub im Canal vor der Bleikammer 46,360   „ Kammerschlamm   1,857   „ Salzsäure   0,691   „ Natriumsulfat   0,029   „ Sodarückstand der Auslaugerei   0,442   „ Soda      0      „ Regenerirter Schwefel   0,700   „ Was die Abscheidung des Arsens aus der Schwefelsäure anlangt, so sind in den letzten Jahren über diesen Gegenstand mehrere wichtige Beobachtungen gemacht worden. Bussy und Buignet haben die gebräuchlichen Methoden der Entfernung dieser Verunreinigung in der Schwefelsäure untersucht und als unzureichend erkannt (vergl. 1864 172 454). BücknerBückner, Bayerisches Kunst- und Gewerbeblatt, 1864 S. 480. hat sein früheres Verfahren zur Beseitigung des Arsens, welches darin bestand, Schwefelsäure mit Chlorwasserstoffsäure zu erhitzen, modificirt. Er hat anerkannt, daß mittels Chlorwasserstoffsäure das Arsen sich nicht entfernen läßt, wenn es in Form von Arsensäure in der rohen Schwefelsäure sich befindet. Um die Arsensäure in arsenige Säure überzuführen, wird entweder die zu reinigende rohe Säure zuerst mit etwas Kohle erhitzt und sodann mit Chlorwasserstoffsäure behandelt, oder es wird das Erhitzen mit Kohle und das Behandeln mit Chlorwasserstoffsäure gleichzeitig vorgenommen. Da erfahrungsmäßig die Säure in den meisten Fällen Arsensäure enthält, so ist die Erhitzung mit Kohle in jedem Falle anzurathen. Blondlot empfiehlt die Umwandlung der arsenigen Säure in Arsensäure bei einer durch Destillation zu reinigenden Schwefelsäure nicht durch Salpetersäure, sondern durch Braunstein oder Kaliumanganat zu bewirken (1864 172 457). LyteLyte, Chemical News v. X p. 173. schlägt vor, die rohe Säure zuerst mit 1/4 bis 1/2 Proc. Oxalsäure in einer Schale auf 110° zu erhitzen, dann mit chromsaurem Kali zu versetzen, schließlich zu destilliren. Die Oxalsäure beseitigt die salpetrige Säure, die Chromsäure verwandelt die arsenige Säure in Arsensäure. In Freiberg und Oker wird die Schwefelsäure durch Schwefelwasserstoff gereinigt, und ist dies Verfahren besonders empfehlenswerth, seitdem das Gas nicht mehr in die Flüssigkeit eingeleitet wird. Man läßt die Schwefelsäure in einem Fällthurm abwärts fließen, in welchem Prismen wie im Gerstenhöfer'schen Ofen, aber von Blei angebracht sind – jedoch mit dem Unterschied, daß eine Kante nach oben und eine Fläche nach unten gekehrt ist. In diesen Fällthurm tritt unten ein Schwefelwasserstrom, welcher aus Rohstein und Schwefelsäure entwickelt wird. Durch das Abfließen der Säure in dünnen Schichten ist die Ausfällung des Schwefelarsens eine recht befriedigende. (Vergl. 1874 213 25). (Schluß folgt.)