Titel: | Zur Theorie leuchtender Flammen; von Dr. Karl Heumann, Privatdocent der Chimie am Polytechnicum in Darmstadt. |
Autor: | Karl Heumann |
Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 199 |
Download: | XML |
Zur Theorie leuchtender Flammen; von Dr.
Karl Heumann, Privatdocent
der Chimie am Polytechnicum in Darmstadt.
Heumann, zur Theorie leuchtender Flammen.
Noch immer besitzen wir keine umfassende Flammentheorie, welche alle jene Vorgänge
mit Sicherheit zu erklären vermag, die eine Flamme begleiten. Davy's Anschauungen über die Verbrennungserscheinungen entsprachen bis zur
neueren Zeit noch vollständig allen Erfahrungen; aber eine Reihe von Arbeiten
bereicherte unsere Kenntnisse durch Thatsachen, welche sich mit der seitherigen
Anschauung nicht in Einklang bringen ließen. Somit mußte Davy's Theorie abgeändert oder durch eine andere ersetzt werden.
Die Frage nach der Ursache des Leuchtens der Flammen strebt man vielfach durch
Untersuchungen zu lösen, welche sich mit Mitteln und Wegen befaßten, durch die jene
Leuchtkraft aufgehoben wird, und in der That bietet dieser scheinbare Umweg viele
Vortheile. Sein hauptsächlichster Nachtheil ist jedoch bis jetzt nicht genügend
beachtet worden; dieser Nachtheil, welcher die gezogenen Schlüsse unsicher macht,
ist die Complicirung der Verhältnisse, die gleichzeitige Einführung verschiedener
Agentien, welche theils im nämlichen, theils im entgegengesetzten Sinne bei der
Entleuchtung thätig sind.
Die Nichtbeachtung dieses Umstandes hat zu Arbeiten geführt, welche sich direct
widersprechende Schlußfolgerungen ergaben, und so stehen wir, seit Davy's Theorie verlassen ist, noch ohne einen umfassenden
Gesichtspunkt für die Erklärung der Leuchtflamme gegenüber.
W. Stein
Journal für praktische Chemie, 1874 Bd. 9 S. 180. gelangte zu dem Schluß, die Entleuchtung durch indifferente Gase, wie
Stickstoff, Kohlensäure, Kohlenoxyd u.s.w., sei unzweifelhaft nur die Folge der
Verdünnung, welche den Sauerstoff der äußeren Luft veranlasse, in die Flamme einzutreten und
sämmtlichen Kohlenstoff in Kohlenoxyd zu verwandeln.
R. Blochmann
Liebig's Annalen. Bd. 168 S. 355. hatte gleichfalls betont, daß bei der durch indifferente Gase entleuchteten
Flamme eine relativ geringere Menge brennbarer Bestandtheile mit dem Sauerstoff der
Luft in Berührung komme. Bei der Bunsen'schen Flamme
finde bereits in der inneren Verbrennungszone Zersetzung des Leuchtgases durch den
mitgerissenen Sauerstoff statt, in Folge deren Wasserstoff und Kohlenoxyd auftreten,
also Gase, welche auch unter gewöhnlichen Verhältnissen mit nicht leuchtender Flamme
verbrennen.
Frankland's Hypothese schreibt bekanntlich speciell der
Dichtigkeit der Flammengase eine Hauptwirkung auf die
Leuchtkraft zu (1867 185 279).
Allen diesen Annahmen entgegen zeigte F. Wibel,Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1875 S. 226. daß eine durch Luft oder indifferentes Gas entleuchtete Flamme wieder
hellleuchtend wird, wenn man die Brennerröhre zum Glühen erhitzt. In diesem Falle
muß die Verdünnung der Flammengase in Folge der Temperaturerhöhung größer sein, und
dennoch wird die Flamme leuchtend.
Vor Allem bedarf dieser Versuch, wie ihn Wibel beschrieb,
eine genaue Controle, ehe man zu weitergehenden Schlußfolgerungen berechtigt ist.
Schon vor längerer Zeit wurde von Barentin
Poggendorff's Annalen, Bd. 107 S. 183. die Beobachtung gemacht, daß die Leuchtgasmengen, welche in gleichen
Zeiträumen einem Brenner entströmen, sehr verschiedene sind, je nachdem das Gas
angezündet wird oder nicht. Blochmann
Journal für Gasbeleuchtung, Bd. 5 S. 355. zeigte, daß der um 26, 33... Proc. geringere Gasconsum bei angezündeter
Lampe lediglich seinen Grund in der Volumvermehrung habe, welchen das Gas beim
Passiren des erhitzten Brennerknopfes erleidet.
Daß der Gasconsum und hiermit auch die Menge der eingesaugten Luft oder des
indifferenten Gases beim Passiren einer glühenden Brennerröhre gar nicht afficirt
werde, ist von vornherein für unwahrscheinlich zu halten, und ebenso wenig läßt sich
a priori behaupten, daß genau dasselbe Verhältniß
zwischen Luft und Gas bei kalter wie bei glühender Brennerröhre zur Ausströmung
gelangt.
Erhitzt man nicht die Brennerröhre, sondern diejenige Röhre, durch welche das
indifferente Gas in die eine Luftöffnung des Bunsen'schen
Brenners eintritt, zum Glühen, so wird gleichfalls die vorher blaue Flamme leuchtend –
vorzugsweise dann, wenn man das metallene Brennerrohr, welches die Wärme zu rasch
wegleitet, durch ein aufgestecktes dünnwandiges Glasrohr (etwa ein Probirröhrchen
ohne Boden) ersetzt.
Den Effect dieses Versuches könnte man vielleicht darin begründet finden, daß das
aufsteigende Gas bei glühendem Platinrohr eine volumetrisch ebenso große Luftmenge
aufnimmt wie bei kalter Röhre, daß aber das wirkliche, auf gleiche Temperatur
berechnete Luftquantum im ersteren Fall ein bei weitem geringeres ist, und daß der
eingetretene Sauerstoff somit nicht hinreichen dürfte, durch Verbrennung sämmtlichen
Kohlenstoffes die Leuchtkraft zu zerstören.
Um diese Bedenken zu beseitigen und das Leuchtendwerden der durch indifferente Gase
entleuchteten Flamme allein der zugeführten Wärme zuschreiben zu können, mußte der
Versuch in anderer Weise ausgeführt werden.
Das Leuchtgas wurde in einem Gasometer vorsichtig mit so viel Kohlensäure der Luft
gemischt, daß das Gasgemenge beim Ausströmen aus einer etwa 10cm langen Platinröhre mit völlig blauer
Flamme brannte. Wurde hierauf die Platinröhre zum Glühen erhitzt, so nahm die
Leuchtkraft der Flamme rasch zu und schließlich zeigte dieselbe fast die Helligkeit
des brennenden reinen Leuchtgases. Läßt man alsdann die Röhre erkalten, so nimmt die
Leuchtkraft ab und die Flamme wird schließlich wieder blau.
Somit ist bewiesen, daß die zugeführte Wärme allein die Flamme leuchtend gemacht
hatte, da nicht, wie bei den oben erwähnten Versuchen, verminderter Luftzutritt hier
den Effect hervorgebracht haben kann.
Ferner muß geprüft werden, ob das in Folge des Erhitzens mit leuchtender Flamme
brennende Gasgemenge nicht in solcher Weise verändert worden ist, daß es nun auch
leuchtend brennen würde, wenn man ihm die zugeführte Wärme durch Abkühlung wieder
entzieht. Mit anderen Worten: Wird das Leuchtendwerden durch das Erhitzen selbst und
nicht etwa in Folge eintretender chemischer Processe verursacht, so muß das
Gasgemenge, welches aus glühender Röhre leuchtend brennt, wiederum eine blaue Flamme
liefern, wenn man dasselbe nach dem Passiren des glühenden Rohres zunächst abkühlt
und erst dann entzündet.
Der Versuch wurde in der Weise ausgeführt, daß ein mit blauer Flamme brennendes
Gasgemisch durch eine glühende Platinröhre und hierauf durch ein mittels Wasser
abgekühltes Messingrohr geleitet wurde.
Erhitzte man das Platin auch zu noch so starkem Glühen, so trat z.B. bei Leuchtgas
und Kohlensäure dennoch niemals ein Leuchten der Flamme ein, vorausgesetzt, daß das
Messingrohr stets kalt gehalten war.
Nahm man dann die abkühlende Röhre weg und entzündete das Gasgemenge direct am
glühenden Platinrohr, so zeigte sich wieder die hellleuchtende Flamme.
Einfacher läßt sich der Versuch in der Weise ausführen, daß man das blaubrennende
Gasgemisch aus einer etwas langen, etwa 15cm langen, Platinröhre (aus zusammengerolltem Blech) strömen läßt und
entzündet. Erhitzt man die Platinröhre nun in der Nähe ihres offenen Endes, so wird
die Flamme sofort leuchtend; erhitzt man die Röhre aber weiter zurück, von der
Flamme entfernt, so gelingt es nicht, letztere leuchtend zu machen, da sich die
erhitzten Gase weiter stromab an der kalten Platinröhre wiederum abkühlen.
Bei Luft und Leuchtgas tritt, wie auch Wibel erwähnte,
unter Umständen der Fall ein, daß das wiederum abgekühlte Gasgemenge doch noch
leuchtend brennt, weil in Folge der Gegenwart des Sauerstoffes eine partielle
chemische Zersetzung einzelner Leuchtgasbestandtheile stattgefunden hatte. Es kommt
übrigens hierbei besonders auf das Mischungsverhältniß zwischen Luft und Leuchtgas
an, und ob die Erhitzung der Platinröhre nicht zu weit getrieben wurde.
Während Wibel beim Durchleiten von Luft und Leuchtgas
durch eine glühende Platinröhre nicht unbedeutende Kohlenausscheidung wahrgenommen
hatte, zeigte mein Versuch, bei welchem die vom Bunsen'schen Brenner eingesaugte Luft allein glühende Platinröhren zu passiren
hatte, in der aufgesetzten gläsernen Brennerröhre selbst bei längerem Brennen der
hellleuchtenden Flamme keine Ruß- oder Theerablagerung.
Daß bei Wibel's Versuch eine solche eingetreten war, ist
also wohl die Folge einer localen Ueberhitzung des Gasgemenges im Platinrohr. Eine
so hohe Temperatur ist für die zu erzielende Wirkung demnach nicht nöthig.
Wibel zieht nun aus jenem Versuch, welcher das
Wiederleuchtendwerden einer durch indifferente Gase entleuchteten Flamme in Folge
zugeführter Wärme beweist, einen weitgehenden Schluß. Er verwirft die Auffassung Stein's, Frankland's und Blochmann's, geräth aber dabei zu sehr in ein
entgegengesetztes Extrem. – Seine These besagt, daß das Entleuchten bei den
Knapp'schenKnapp hatte zuerst die Beobachtung gemacht, daß
indifferente Gase ebenso entleuchtend wirken wie Luft. (Chemisches
Centralblatt, 1870 S. 386.) Versuchen, wie bei dem Bunsen'schen Brenner nicht
in einer Verdünnung der Flammengase, weder im Sinne Blochmann's (Stein's) noch Frankland's,
begründet sei, sondern vielmehr auf der Abkühlung des
Flammeninneren durch die eintretenden Gase beruhe.
Dieser Satz in seiner Allgemeinheit so ausgesprochen, kann jedoch für die
Entleuchtung mit Luft im Bunsen'schen Brenner schon allein darum keine unbedingte Giltigkeit haben, weil ja
alsdann die entleuchtete Flamme kühler sein müßte als die
leuchtende, während doch die tägliche Erfahrung zeigt, daß eine blau brennende Bunsen'sche Flamme viel höhere Temperatur besitzt wie die
leuchtende. Der Sauerstoffgehalt der einströmenden Luft kann hier nicht als Einwand
geltend gemacht werden, denn beim Erhitzen der Brennerröhre tritt in dieser
Beziehung keine wesentliche Aenderung ein, und dennoch erfolgt das Leuchten.
Vielleicht ließe sich der Einwurf erheben, daß die durch Erhitzen der Brennerröhre
zugeführte Wärme schließlich doch nur dazu diene, die von der eintretenden Luft
absorbirte Wärmemenge, welche vorher der Leuchtkraft zu Gute kam, wieder zu
ersetzen. Dem widerspricht aber gerade die Thatsache, daß die durch Luft
entleuchtete Flamme bei Weitem heißer ist als die leuchtende, und also von einer
Temperaturerniedrigung der leuchtenden Materie nicht die Rede sein kann.
Bei Entleuchtung durch sauerstofffreies, indifferentes Gas erniedrigt sich
natürlicherweise die Flammentemperatur bedeutend, weil die gegebene Wärmemenge sich
dann auf mehr Gas zu vertheilen hat.
W. Stein entleuchtete eine Gasflamme durch Beimengung von
Kohlenoxyd, also einem selbst brennbaren Gas, dessen
Verbrennungstemperatur der des Leuchtgases nahe steht. Auch mit Wasserstoffgas läßt sich eine Flamme entleuchten, wie Blochmann und Wibel fanden.
Dies sind Beweise genug dafür, daß die Abkühlung wenigstens nicht ausschließlich die
Ursache der Entleuchtung ist, da jene selbst brennbaren Gase die Flammentemperatur
nicht oder nur unbedeutend erniedrigen.
In diesen Fällen ist die Entleuchtung somit Folge der Verdünnung, und es bleibt nur
übrig anzuerkennen, daß die Verdünnung der brennenden Gase in der That ein wichtiger
Factor ist und für sich allein – ganz abgesehen
von der oft eintretenden Wärmebindung – die Flamme entleuchten kann.
Wibel's Versuch beweist also durchaus nicht, daß die
Abkühlung des Flammeninneren ausschließlich die Ursache
des Entleuchtens ist, weil ja gleichzeitig die Flamme durch die eintretenden,
indifferenten Gase in ihrer Zusammensetzung sehr wesentlich geändert, d.h. bedeutend
verdünnt wird. Wenn
daher ein Theil der früher genannten Beobachter die Entleuchtung durch indifferente
Gase allein als Folge der Verdünnung, Wibel dagegen
ausschließlich als durch Abkühlung verursacht betrachteten, so ergibt sich nunmehr,
daß die Wahrheit zwischen diesen so schroff entgegengesetzten Ansichten in der Mitte
liegt.
Das Entleuchten kohlenstoffhaltiger Flammen durch Zuführung von indifferentem Gas
beruht somit außer auf der abkühlenden Wirkung allerdings auch auf einer Verdünnung
der Flammengase, wobei ein Gasgemisch entsteht, welches, um leuchtend zu brennen,
erst erhitzt werden muß und also eine höhere Temperatur nöthig
hat, als die leuchtende, unverdünnte Flamme selbst vorher besaß.
Die Stütze, welche Wibel in dem Verhalten der Flamme aus
Leuchtgas und Sauerstoff für seine Theorie fand, erklärt meine Anschauung in
überzeugender Weise. – Jene Flamme ist, wie Wibel
beobachtete, äußerst schwer zu entleuchten – und zwar aus dem Grunde, weil
die Flammentemperatur bei Gegenwart reinen Sauerstoffes eine sehr hohe ist. Die
Abkühlung, welche durch das eintretende, kalte Sauerstoffgas verursacht wird, sowie
die absolute Temperaturerhöhung, welche das Gasgemisch mehr bedarf, um leuchtend zu brennen, werden ganz oder fast ganz durch die
intensive Hitze ausgeglichen, welche die energische, concentrirtere Verbrennung bei
Gegenwart des reinen Sauerstoffes hervorbringt. Darum ist die Entleuchtung eine so
schwierige; daß sie bei sehr starkem Sauerstoffstrom und bei Anwendung eines
abkühlenden Drahtnetzes endlich doch eintritt, ist selbstverständlich.
Die Einführung von Sauerstoffgas in geeigneter Weise macht bekanntlich eine Gasflamme
äußerst hellleuchtend; dies beruht gleichfalls auf der Hervorrufung der höchst
möglichen Temperatur, ohne daß, wie bei Eintritt von Luft, eine das Leuchten
beeinträchtigende Verdünnung durch indifferentes Gas stattfindet.
Die hiermit scheinbar im Widerspruch stehende Thatsache, daß aus enger Oeffnung
strömendes Leuchtgas in einer Atmosphäre von reinem Sauerstoff mit nichtleuchtender Flamme brennt,
beruht jedenfalls auf der energisch oxydirenden Wirkung des Sauerstoffes, welcher in
so großer Menge in die schmale Flamme hinein diffundirt, daß der äußere, sonst fast
unsichtbare Schleier derselben auf Kosten des leuchtenden Theiles der Flamme bei
Weitem überwiegt. Auch durch Mangel an Sauerstoff, durch ungenügenden Luftzutritt,
kann eine Flamme entleuchtet werden.
Ein etwa 4cm hohes Gasflämmchen, welches aus
einer Löthrohrspitze brennt führt man in das Innere eines etwa 1l haltenden, mit Luft gefüllten Kolbens, dessen
Hals abwärts gerichtet ist. Anfangs brennt die Flamme hellleuchtend weiter, wird
aber sehr bald blau und schließlich fast ganz unsichtbar; dann dauert es noch einige
Augenblicke, bis sie erlöscht.
Offenbar ist hier die zunehmende Verminderung des Sauerstoffgehaltes der im Kolben
vorhandenen Luft die Ursache, daß viel indifferentes Gas (Stickstoff und die
Verbrennungsproducte) in die Flamme eindringt, die Flammentemperatur sehr
herabgestimmt wird, und aus diesen Gründen die Entleuchtung eintritt. Rußabscheidung
ist bei diesem Versuch nicht zu beobachten.
Das Entleuchten durch allzuviel Sauerstoff einerseits und durch zu wenig Sauerstoff
andererseits, läßt sich in folgender Weise sehr deutlich demonstriren.
1) Ein etwa 1l fassender Kolben wird mit
Sauerstoffgas gefüllt und durch seinen nach abwärts gerichteten Hals ein 4 bis 5cm hohes leuchtendes Gasflämmchen
eingeführt, welches aus einer Löthrohrspitze brennt. Sofort ändert die Flamme ihre
Gestalt, der äußere Saum vergrößert sich enorm nach Innen zu und verzehrt hierbei
den leuchtenden Theil fast vollständig. Nur ein ganz kleines, Helles Pünktchen
repräsentirt noch den leuchtenden Flammenmantel.
2) Nach einiger Zeit, sobald der Sauerstoff durch die Verbrennungsproducte genügend
verdünnt wird, beginnt sich der leuchtende Punkt zu vergrößern, er wird zum
Flammenmantel, und die hellleuchtende Flamme zeigt ganz das Aussehen, als befände
sie sich in atmosphärischer Luft.
3) Allmälig wird der Sauerstoff noch mehr durch die Verbrennungsgase verdünnt, und
die Temperatur der Flamme sinkt immer tiefer. In Folge dessen vermindert sich die
Leuchtkraft, die Flamme wird blau, dann fast unsichtbar und erlöscht schließlich
vollständig. – Es ist schwierig, Entleuchtungsversuche aufzufinden, bei
welchen nicht mehrere Umstände gleichzeitig die Wirkung hervorbringen können, und
doch kommt Alles darauf an, die seither nicht scharf unterschiedenen
Entleuchtungsursachen möglichst aus einander zu halten. Nur dadurch wird es möglich,
von den Vorgängen in der Flamme ein klares Bild zu geben, daß man die Wirkung
sämmtlicher Einzelursachen, welche im Spiele sind, von einander getrennt studirt und
so die sehr complicirten Verhältnisse in einfache, aber gleichzeitig neben einander
herlaufende Processe zerlegt. – In Folgendem wird gezeigt, daß die Abkühlung allein eine Flamme entleuchten kann, und daß
dann durch einfache Wärmezufuhr die Leuchtkraft wiederherzustellen ist, ohne daß
Verdünnung oder Oxydation die Sicherheit der Schlußfolgerung zweifelhaft erscheinen
läßt.
4) Aus der Spitze eines Löthrohres läßt man eine 1 bis 2cm lange, leuchtende Gasflamme brennen und
richtet sie schief gegen eine vertical aufgehängte Platinschale oder einen
Tiegeldeckel desselben Metalles so nahe, daß die Flamme sich ausbreitet und eben
völlig blau geworden ist.Rußabscheidung findet bei der blauen Flamme durchaus nicht statt. – Hierbei wäre man nicht berechtigt, diese längst bekannte
Entleuchtung einfach der Abkühlung zuzuschreiben, weil ja die Flamme sich
ausgebreitet hat und somit den Bestandtheilen der Luft eine zur Oxydation und
Verdünnung der Flammengase viel günstigere Gestalt darbietet.
5) Erhitzt man hierauf die Platinfläche von der entgegengesetzten Seite mit einem
horizontal gehaltenen, kräftigen Bunsen'schen Brenner zum
Glühen, so wird das Gasflämmchen mit steigender Temperatur immer leuchtender und
erhält schließlich seine frühere Lichtstärke wieder. – Selbstverständlich muß
die Platinfläche ganz rein sein und darf nicht vor dem Versuch mit den Fingern
berührt werden, da sonst die Flamme Natronfärbung zeigt. – Hierdurch ist
bewiesen, daß allein die Temperaturerhöhung das
Leuchtendwerden der durch die eingebrachte Platte (auf deren Metall es
natürlich nicht ankommt) entleuchteten Flamme
bedingte.
6) Wird nunmehr die Bunsen'sche Lampe entfernt, so bleibt
das Gasflämmchen noch kurze Zeit leuchtend und wird dann in dem Maße blau, in
welchem sich die Flamme abkühlt. Bei diesem
Entleuchtungsversuch durch Abkühlung ist nicht mehr der obige Einwurf zu erheben,
daß die Ausbreitung der Flamme irgend welchen Einfluß haben könnte, weil die geringe
Volumverminderung, welche durch das Abkühlen verursacht wird, höchstens eine
entgegengesetzte Wirkung hervorbringen könnte.
Somit steht fest, daß auch die Abkühlung allein entleuchtend
wirkt.
Die Frage, durch welche chemische und physikalische Vorgänge Entleuchtung in Folge
von Verdünnung oder Abkühlung der Flammengase eintreten kann, sowie der Streitpunkt,
ob die Materie, welche durch ihr Glühen das Leuchten selbst bedingt, aus Kohlenstoff
oder vorzugsweise aus dichten Dämpfen besteht, wird durch Vorstehendes nicht
berührt, aber der Gegensatz, ob Abkühlung oder Verdünnung
die Ursache des Entleuchtens sei, scheint mir dahin entschieden, daß wenigstens drei verschiedene Ursachen, jede für sich, die
Entleuchtung bewirken können.
In den meisten Fällen werden zwei derselben oder alle drei gleichzeitig thätig sein.
So wirken offenbar beim Bunsen'schen Brenner Abkühlung, Verdünnung und
Oxydation gleichzeitig, theils im nämlichen, theils im entgegengesetzten Sinne und
machen seine Flammen zum complicirtesten und im Allgemeinen ungeeignetsten
Entleuchtungsbeispiel.
Die Resultate der eben vorläufig mitgetheilten Beobachtungen stelle ich hier kurz
zusammen:
Entleuchtung
kann eintreten
a)durch Abkühlung (Versuch 6, resp. 4);
b)durch Verdünnung mit indifferentem Gas. Das Gemisch
brennt nur dann leuchtend, wenn seiner Flamme eine höhere Temperatur ertheilt wird, als die unverdünnte, leuchtende
Gasflamme vorher besaß. Darum und weil auch das selbst bedeutende
Verbrennungswärme entwickelnde Kohlenoxydgas die Leuchtkraft aufhebt, und ferner
die durch Luft entleuchtete Flamme des Bunsen'schen
Brenners heißer ist als die leuchtende, so kann die Entleuchtung durch
beigemischte Gase nicht allein Folge der in vielen Fällen eintretenden
Wärmebindung sein, sondern die Verdünnung für sich muß entleuchtend
wirken.
c)durch energische Zerstörung (Oxydation) der leuchtenden
Materie (Versuch 1).
Wiederherstellung der Leuchtkraft
bei a) durch Wärmezufuhr (Versuch
5).
bei b) durch Erhöhung der
Flammentemperatur, ausgeführt durch Erhitzen des Gasgemisches oder des indifferenten
Gases in einer glühenden Platinröhre vor der Verbrennung.
bei c) durch Verdünnung des
Sauerstoffes mit indifferenten Gasen (Versuch 2).
Durch weitere Versuche beabsichtige ich, die Richtigkeit der entwickelten Ansichten
noch ferner zu prüfen und andere dem besprochenen Thema nahe liegende Fragen zu
erörtern.
Darmstadt, Laboratorium des Polytechnicums.