Titel: Tilp's Kuppelung zwischen Locomotive und Tender.
Fundstelle: Band 217, Jahrgang 1875, S. 372
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Tilp's Kuppelung zwischen Locomotive und Tender. Mit Abbildungen auf Taf. VII [d/1]. Tilp's Kuppelung zwischen Locomotive und Tender. Einem englischen FachblatteDie Tilp'sche Kuppelung ist inzwischen auch in Heusinger's Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens“ (Heft 5 S. 196 ff.) beschrieben und mit ausführlicher Theorie erläutert worden.D. Red. (Engineering, Juli 1875 S. 94) verdanken wir die Mittheilung über eine wesentliche Verbesserung, welche die bedeutendste ist, die seit langer Zeit im deutschen Locomotivbau eingeführt wurde. Es ist dies die neuartige Verbindung von Maschine und Tender, wie sie von Emil Tilp, Oberinspector der Franz-Josephsbahn in Wien, im vorigen Jahr patentirt wurde und seit dieser Zeit mit außerordentlichem Erfolg bei verschiedenen Probemaschinen ausgeführt worden ist, so daß über die weitere Ausbreitung derselben, sobald nur einmal ihre Vorzüge richtig erkannt sind, kein Zweifel bestehen kann. Während nämlich alle bis jetzt bekannt gewordenen Kuppelungen zwischen Locomotive und Tender entweder äußerst complicirt und nur schwierig aus- oder einzulösen waren, oder endlich das freie Einstellen von Maschine und Tender in der Curve hinderten, gelang es Tilp zuerst eine Kuppelung herzustellen, welche sowohl an allen gegenwärtig in Gebrauch befindlichen Locomotiven mit äußerst geringen Kosten anzubringen ist, als auch in Bezug auf Solidität, Einfachheit und Bequemlichkeit der Manipulation nichts zu wünschen übrig läßt, gleichzeitig aber alle Bedingungen eines ruhigen Ganges der Maschine in vollendeter Weise erfüllt. Wie aus den Figuren 22 und 23 zunächst hervorgeht, wird die Tilp'sche Kuppelung unterhalb der normalen Kuppelungsschuhe für Maschine und Tender (im Grundrisse Fig. 23 punktirt draufgezeichnet) angebracht, indem der ganze Mechanismus unter den beiderseitigen Zugkästen angeordnet ist. An der Maschine wird durch Winkeleisen und Blechträger ein Gußstück befestigt, das eine Eisenplatte aufgeschraubt trägt, die in der Mitte zwischen zwei hervorspringenden Nasen eine Einkerbung besitzt, in welche der Kuppelungsbarren des Tenders hineinragt. Derselbe hat beiderseits abgeschrägte Enden, wird durch eine starke, mit Schraube justirbare Evolventenfeder an die Brustplatte der Maschine angedrückt und verhindert beim Gange in der Geraden alle seitlichen Schwankungen der Maschine, soweit dies überhaupt der Masse des Tenders möglich ist. Um aber dennoch beim Einfahren in die Curve der Locomotive sowie dem Tender das freie Einstellen nach der Sehne zu gestatten, muß in diesem Falle der Kuppelungsbarren etwas zurückgezogen werden, und zu diesem Zwecke sind außer dem mittleren Kuppelungsstücke noch zwei seitliche, horizontal verschiebbare Bolzen angebracht. Dieselben liegen in der geraden Strecke an der Brustplatte der Locomotive an, hinter denselben beiderseits ein Hebel, welcher an einem Ende an den mittleren Kuppelungsbarren angebolzt wird, am anderen Endpunkte um einen mit dem Tenderframe verbundenen Bolzen drehbar ist. Sobald demnach die Mittelachse der Locomotive mit derjenigen des Tenders einen Winkel bildet, wird mittels der erwähnten seitlichen Bolzen einer dieser Hebel zurückgepreßt, und mit ihm der mittlere Kuppelungsbarren, so daß nun, in Folge des abgeschrägten Kopfes des Kuppelungsbarrens, der Maschine auch eine seitliche Verschiebung in der Curve gestattet ist. Auf diese Weise geht die Maschine ebenso sicher und ruhig in der Geraden, als sie sich ohne Schwierigkeit in die Curve einstellt, und die angestellten Versuche haben gezeigt, daß die Seitenschwankungen, welche ohne Anwendung der Tilp'schen Kuppelung 60 bis 70mm betrugen, mit Anwendung derselben fast gänzlich vermieden wurden. G.

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