Titel: Versuche über die gährungshemmende Wirkung der Salicylsäure und anderer aromatischer Säuren; von Ernst v. Meyer und H. Kolbe.
Fundstelle: Band 217, Jahrgang 1875, S. 402
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Versuche über die gährungshemmende Wirkung der Salicylsäure und anderer aromatischer Säuren; von Ernst v. Meyer und H. Kolbe.Auszug aus einem von den Verf. gütigst eingesendeten Separatabdruck aus dem Journal für praktische Chemie, Bd. 12. Meyer u. Kolbe, über die gährungshemmende Wirkung der Salicylsäure und anderer aromatischer Säuren. Im Anschluß an unsere früheren Versuche über die gährungshemmende Wirkung der Salicylsäure (1874 214 132. 1875 215 245), bei denen einige theoretisch wie praktisch interessante Fragen theils unvollständig behandelt, theils gar nicht in Betracht gezogen sind, haben wir durch eine Reihe neuer Versuche festzustellen gesucht, in welchem Maße die gährungshemmende Kraft der Salicylsäure zunimmt, wenn dieselbe in einem gegebenen constanten Volum einer mit Hefe versetzten Zubkerlösung vermehrt wird. Aus Neubauer's (1875 215 169) mit Weinmost angestellten ergebnißreichen Untersuchungen scheint hervorzugehen, daß die Menge der durch Salicylsäure getödteten Hefezellen der dem Most zugefügten Menge Salicylsäure direct proportional ist. Unsere in ähnlicher Richtung angestellten Versuche haben indessen ergeben, daß eine solche Proportionalität nur innerhalb gewisser Grenzen statt hat. Zu den nachstehend beschriebenen Gährungsversuchen diente in der Regel eine 12proc. Traubenzuckerlösung (unter „Zuckerlösung“ ist immer eine solche von 12 Proc. Zuckergehalt verstanden). Zu je 1l dieser Lösung wurden verschiedene Gewichtsmengen Salicylsäure (jedesmal zuvor in wenig heißem Wasser gelöst) und verschiedene Mengen frischer Bierhefe hinzugefügt, um so bei der normalen Gährungstemperatur die Menge Salicylsäure annähernd festzustellen, welche genügt, die Hefe gerade noch unwirksam zu machen, und so die Grenzen zu finden, mit deren Ueberschreitung in den Versuchsflüssigkeiten Gährung begann. Versuch 1. Versuchsflüssigkeit: 1l Zuckerlösung, 0g,25 Salicylsäure. 3g Hefe bewirkten in derselben eine schwache Gährung, ebenso 2g Hefe, welche der gleichen Versuchsflüssigkeit zugesetzt waren. Dagegen trat keine Gährung ein, als eine dritte Menge jener Lösung mit nur 1g Hefe vermischt war. – Der letzte Versuch wurde mit einer 6proc. Zuckerlösung wiederholt. 1l derselben, mit 0g,25 Salicylsäure und mit 1g Hefe versetzt, zeigte keine Gährungserscheinung. Demnach sind 0g,25 Salicylsäure im Stande, 1g Bierhefe in 1l sowohl 12- wie auch 6proc. Zuckerlösung zu tödten, aber nicht 2g davon unwirksam zu machen. Versuch 2. Versuchsflüssigkeit: 1l Zuckerlösung, 0g,4 Salicylsäure. Die Maximalmenge Hefe, welche jener Lösung zugesetzt werden konnte, ohne Gährung zu bewirken, welche also durch 0g,4 Salicylsäure getödtet wurde, betrug in zwei Versuchen 4g. Dagegen kam eine gleiche Zuckerlösung in schwache, aber deutlich wahrnehmbare Gährung, als ihr 5g Hefe zugefügt wurden. Versuch 3. Versuchsflüssigkeit: 1l Zuckerlösung, 0g,5 Salicylsäure. Zusatz von 15g Hefe erzeugte sehr schwache Gährung, welche schon nach kürzester Zeit aufhörte, wogegen 20g derselben Hefe in einer gleichen Lösung lebhafte Gährung hervorriefen. Die Grenze, bei welcher 0g,5 Salicylsäure die Wirkung der Hefe gänzlich aufzuheben vermag, liegt demnach jedenfalls nahe unterhalb des ersteren Werthes (15g Hefe). Versuch 4. Versuchsflüssigkeit: 1l Zuckerlösung, 0g,6 Salicylsäure. 25g Hefe erregten keine, 35g derselben Hefe ziemlich starke Gährung. Durch 0g,6 Salicylsäure wird demnach eine zwischen beiden Grenzen liegende Hefenmenge unwirksam gemacht. Versuch 5. Versuchsflüssigkeit: 1l Zuckerlösung, 0g,75 Salicylsäure. 50g Hefe bewirkten keine Gährung; die Flüssigkeit blieb zwar trübe, doch fand Gasentwickelung absolut nicht statt. Die gleiche Lösung wurde aber durch 60g Hefe in deutliche Gährung versetzt. – Eben so verhielt sich 0g,75 Salicylsäure derselben Hefenmenge gegenüber in einer 6procentigen Zuckerlösung. Folgende Zusammenstellung der durch obige Versuche ermittelten Werthe veranschaulicht am besten die Verhältnisse der Mengen Salicylsäure und der Maximalmengen Hefe, welche in 1l Zuckerlösung durch jene unwirksam gemacht werden. A.Salicylsäure. B.Hefe. C.Quotient B : A. g        g Versuch 1 0,25        1   4 Versuch 2 0,40        4 10 Versuch 3 0,50      15 30 Versuch 4 0,60 ca. 30 50 Versuch 5 0,75 ca. 55 75 Die unter C aufgeführten Werthe geben an, das Wievielfache der Hefe von dem Gewicht der vorhandenen Salicylsäure getödtet wird. Fände eine mit der Menge der letzteren direct proportional zunehmende Wirkung auf die Hefe statt, so würde man, ausgehend von dem Versuch 1, für die Columne B die Verhältnißzahlen 1 : 1,6 : 2 : 2,4 : 3 berechnen, die sehr weit hinter den gefundenen Werthen zurückbleiben. Versucht man die Verhältnisse zwischen den verschiedenen Mengen Salicylsäure und den durch sie getödteten Hefenmengen graphisch darzustellen, dadurch, daß man die Werthe unter A (x), welchen man der Deutlichkeit wegen nicht zu kleine Dimensionen gibt, auf der Abscissenachse, die unter B (y) auf der Ordinatenachse abträgt, so erhält man eine Curve, welche von x = 0,4 an fast genau den Lauf einer sehr steil ansteigenden geraden Linie nimmt, wogegen sie für geringere Werthe von x nach dem Nullpunkte hin sanft abfällt. Aus den Versuchen 1 bis 5 geht also hervor, daß innerhalb gewisser Grenzen (0,4 bis 0g,75 Salicylsäure pro 1l Zuckerlösung) die Wirkung der Salicylsäure mit ihrer Menge rapid wächst, wogegen bei Verminderung der Salicylsäure (unter 0g,4) ihre gährungshemmende Kraft sehr allmälig abnimmt. Würde letztere in demselben Verhältnisse sich vermindern, wie sie bei Anwendung von mehr als 0g,4 Salicylsäure zunimmt, so würde, wie aus den Versuchen 2 bis 5 leicht zu berechnen ist, bei Anwendung von etwa 0g,36 Salicylsäure ihre Wirkung auf Null herabsinken, während in Wirklichkeit noch viel kleinere Mengen in deutlich nachweisbarem Maße die Wirkung der Hefe hemmen. Neubauer hat in seiner Abhandlung über die gährungshemmende Wirkung der Salicylsäure gezeigt, daß selbst 0g,0055 Salicylsäure in 1l Most, also in außerordentlich starker Verdünnung, noch die Gährung zu hemmen vermag. Es schien uns von Interesse, zu wissen und durch besondere Versuche die Frage zu entscheiden, ob und welchen Einfluß auf die gährungshemmende Wirkung der Salicylsäure der Grad der Verdünnung ausübt, ob dieselbe Menge Salicylsäure, welche in einem Liter Zuckerlösung eine bestimmte Menge Hefe eben unwirksam zu machen fähig ist, die gleiche Wirkung auf die gleiche Hefenmenge zu äußern vermag, wenn beide in zwei oder mehr Liter Zuckerlösung einander begegnen. Nach Versuch 3 werden 15g Hefe durch 0g,5 Salicylsäure getödtet, wenn die Gesammtflüssigkeit 1l beträgt, gleichviel ob sie 12 oder 6 Proc. Zucker enthält. Versuch 6. Versuchsflüssigkeit: 2l 6proc. Zuckerlösung, 0g,5 Salicylsäure, 15g Hefe. Nach kurzer Zeit erfolgte deutliche Gährung. Die 0g,5 Salicylsäure verhalten sich hier in 2l Zuckerlösung gegen die 15g Heft ähnlich, wie dieselbe Gewichtsmenge Salicylsäure, d. i. 0g,25 in 1l Zuckerlösung gegen die halbe Menge (7g,5) Hefe, worin nach Versuch 1 0g,25 Salicylsäure schon 3g Hefe nicht zu tödten vermag. Versuch 7. Versuchsflüssigkeit: 4l 6proc. Zuckerlösung, 0g,5 Salicylsäure, 5g Hefe. Diese Verhältnisse sind dieselben, wie wenn in 1l Zuckerlösung 0g,125 Salicylsäure auf 1g,25 Hefe wirken. Da nun nach Versuch 1 0g,25 Salicylsäure kaum mehr als 1g Hefe zu tödten vermag, so ist zu erwarten, daß die halbe Gewichtsmenge Salicylsäure (0g, 125) die Wirkung von 1g,25 Hefe nicht vernichten kann. In der That trat in jener Mischung nach kurzer Zeit lebhafte Gährung ein. Dieselbe Gewichtsmenge Salicylsäure (0g,5), welche in 1l 6proc. Zuckerlösung 15g Hefe unwirksam macht, vermag in 4l Zuckerlösung, also bei vierfacher Verdünnung, nicht den dritten Theil derselben Hefenmenge zu tödten. Wir haben in dieser Richtung noch weitere Versuche angestellt. Wenn die Wirksamkeit der Salicylsäure in dem Maße, wie Versuch 2 bis 5 ergeben, mit der Menge derselben steigt, so darf man annehmen, daß 1g Salicylsäure in 1l 6- oder 12proc. Zuckerlösung gegen 100g Hefe unwirksam macht. Wir haben nun statt 100g Hefe nur 30g, zuletzt 10g Hefe mit je 1g Salicylsäure in verschiedener Verdünnung auf Zuckerlösungen reagiren lassen, mit folgenden Ergebnissen. Versuch 8. Versuchsflüssigkeit: 1l 12proc. Zuckerlösung, 1g Salicylsäure, 30g Hefe. Selbstverständlich trat absolut keine Gährung ein. Versuch 9. Versuchsflüssigkeit: 4l 12proc. Zuckerlösung, 1g Salicylsäure, 30g Hefe. Versuch 10. Versuchsflüssigkeit: 4l 3proc. Zuckerlösung, 1g Salicylsäure, 30g Heft. In beiden Fällen gerieth die Flüssigkeit in starke Gährung. Versuch 11. Versuchsflüssigkeit: 4g 3proc. Zuckerlösung, 1g Salicylsäure, 10g Hefe. Auch hier trat deutliche Gährung ein. Die Wirkung der 10g Hefe in den 4l Zuckerlösung wurde durch 1g Salicylsäure eben so wenig vernichtet, wie der vierte Theil jener Hefenmenge (2g,5) in einem Liter Gährungsflüssigkeit durch 0g,25 Salicylsäure nicht unwirksam gemacht sein würde (vergl. Versuch 1). Obige Versuche beweisen, daß die gährungshemmende Wirkung, welche eine bestimmte Menge Salicylsäure in einer Zuckerlösung auf eine bestimmte Menge Hefe ausübt, nicht in allen Fällen dieselbe ist, sondern daß sie wesentlich von dem Grade der Verdünnung der Gährungsflüssigkeit abhängt, während der Zuckergehalt der letzteren, wenigstens innerhalb gewisser Grenzen, keinen entscheidenden Einfluß übt. NeubauerJournal für praktische Chemie, 1875 Bd. 11 S. 359. hat gefunden, daß zur Unterdrückung einer bereits begonnenen lebhaften Gährung relativ große, und jedenfalls größere Mengen Salicylsäure erforderlich sind, als genügen, um das Eintreten der Gährung von vornherein zu verhindern. Hierbei ist zu beachten, daß Neubauer mit Most gearbeitet hat, also mit einer Gährungsflüssigkeit, in welcher während der Gährung die Hefenmenge zunimmt, so daß, wenn die Gährung einige Zeit angedauert hat, die kleine Menge Salicylsäure, welche genügte, den anfänglichen Bestand von Hefe unwirksam zu machen, bald nicht mehr hinreicht, um auch noch das Plus der neu gewachsenen Hefe zu tödten. Anders gestalten sich deshalb die Erscheinungen, wenn man mit reiner Zuckerlösung, in welcher die Bedingungen zur Vermehrung der Hefe fehlen, und überhaupt in concentrirteren Lösungen operirt, wie aus folgenden Versuchen hervorgeht. Versuch 12. Zu 1l Zuckerlösung wurde 1g Hefe gesetzt, und nach begonnener Gährung eine lauwarme Lösung von 0g,25 Salicylsäure hinzugefügt. Diese Menge Salicylsäure bewirkte nach kurzer Zeit völligen Stillstand der Gährung (vergl. Versuch 1). Versuch 13. In 1l Zuckerlösung wurden 15g Hefe eingerührt und der Mischung, nachdem sie in lebhafte Gährung gerathen war, 0g,5 Salicylsäure zugesetzt (vergl. Versuch 3). Nach etwa einer Stunde war keine Gasentwickelung mehr bemerkbar. Versuch 14. Als 1l Zuckerlösung nach Zusatz von 50g Hefe in Gährung gerathen war, und diese gährende Flüssigkeit dann mit 0g,75 Salicylsäure versetzt wurde (vergl. Versuch 5), hörte die Gährung nach 1/2 Stunde ganz und gar auf. Hieraus erhellt, daß unter obigen Bedingungen, wo die Menge der Hefe während des Gährprocesses sich nicht erheblich vermehrt, dieselbe Menge Salicylsäure, welche von vornherein die Gährung hindert, dieselbe auch zu unterdrücken vermag, nachdem sie eingeleitet ist und eine Zeit lang angedauert hat. Die wunderbare Eigenschaft der Salicylsäure, die Gährung erregende Wirkung der Hefe in Zuckerlösungen zu sistiren, regt die weitere Frage an, ob die durch die Berührung mit Salicylsäure inactiv gewordene Hefe nach sorgfältigem Auswaschen und nach so bewirkter vollständiger Entfernung noch adhärirender Salicylsäure dauernd ihre gährungserregende Kraft eingebüßt hat. Nachstehende Versuche gaben auf diese Frage entscheidende Antwort. Versuch 15. 1l Zuckerlösung wurde mit 1g warm gelöster Salicylsäure und dann mit 30g Hefe versetzt. Versuch 16. 1l Zuckerlösung bekam 0g,5 Salicylsäure und 10g Hefe zugesetzt. In beiden Versuchsflüssigkeiten trat absolut keine Gährung ein; sie wurden sehr bald vollständig klar. Die Hefe wurde alsdann abfiltrirt und auf dem Filter so lange mit Wasser sorgsam ausgewaschen, bis das Filtrat von Eisenchlorid nicht mehr gefärbt wurde, also alle Salicylsäure daraus entfernt war. Diese Hefe vermochte in neuer Zuckerlösung nicht die mindeste Gährung mehr hervorzubringen, ein Beweis, daß sie durch die Berührung mit der Salicylsäure definitiv getödtet war. Eine andere hiermit im Zusammenhange stehende Frage ist die, ob die Salicylsäure, wenn sie verhältnißmäßig große Mengen Hefe tödtet, hierbei chemisch wirkt, d.h. selbst eine Veränderung, resp. Zersetzung erleidet, oder ob sie unzersetzt bleibt. Um hierüber Aufschluß zu erhalten, haben wir Zuckerlösungen, welchen eine genau abgewogene Menge Salicylsäure zugefügt war, durch überschüssige Hefe in lebhafte Gährung versetzt, und nach Beendigung derselben darin die Menge der vorhandenen Salicylsäure quantitativ bestimmt. Versuch 17. Gährungsgemisch: 4l 3proc. Zuckerlösung, 1g Salicylsäure, 30g Hefe. Die Menge der aus dieser Mischung nach beendeter Gährung wiedergewonnenen Salicylsäure betrug 0g,8913 = 39,1 Proc. Versuch 18. Gährungsgemisch: 4l 6proc. Zuckerlösung, 1g Salicylsäure, 40g Hefe. Die Menge der wiedergewonnenen Salicylsäure betrug bei diesem Versuch 0g,870 = 87,0 Proc. Versuch 19. Gährungsgemisch: 4l 3proc. Zuckerlösung, 1g,5 Salicylsäure, 60g Hefe. Menge der wiedergewonnenen Salicylsäure: 1g,35 = 90,0 Proc. Wir glauben aus den Ergebnissen dieser Versuche folgern zu dürfen, daß die Salicylsäure bei dem Gährungsproceß und bei Abtödtung einer Quantität Hefe selbst keine chemische Veränderung erleidet. Die verhältnißmäßig geringen, höchstens 13 Proc. betragenden Verluste sind natürliche Folge des umständlichen Verfahrens zur Gewinnung der Säure aus den gegohrenen Flüssigkeiten und zur Reinigung derselben. Die verschiedenen Niederschläge, sowie die mit Aether ausgeschüttelten Flüssigkeiten hielten nachweislich immer noch etwas Salicylsäure zurück. Daß die Salicylsäure bei Abtödtung der Hefe selbst unverändert bleibt, dafür haben wir noch durch ein paar andere Versuche einen Beweis erhalten, welche durch folgende Argumentation veranlaßt wurden. Gesetzt, die Salicylsäure erleidet keine chemische Veränderung, während sie in einer Zuckerlösung die zugefügte Hefe tödtet, so muß sie, nachdem sie die Wirkung einer entsprechenden Menge Hefe vernichtet hat, im Stande sein, nachher eine neue gleiche Quantität Hefe abzutödten, und so nach und nach große Mengen von Hefe, von welcher successive jedesmal eine bestimmte Menge der Lösung zugefügt wird, unwirksam zu machen. Versuch 20. Zu 1l Zuckerlösung, welche 0g,5 Salicylsäure enthielt, wurden in Pausen von 4 bis 5 Stunden dreimal 5g und zweimal 10g, im Ganzen also 35g Hefe, also 20g mehr zugesetzt, als jene 0g,5 Hefe auf einmal zu tödten vermag. Die Flüssigkeit trübte sich von der eingetragenen Hefe, aber Gährung trat nicht ein. Versuch 21. Zu 1l Zuckerlösung mit 1g,0 Salicylsäure wurden in gleichen Intervallen einmal 20, und viermal je 30g Hefe, zusammen 140g zugesetzt, ohne daß Gährung erfolgte. Die gewonnenen Resultate werden in folgenden Sätzen kurz zusammengefaßt. 1) Die Menge Bierhefe, welche durch Salicylsäure unwirksam gemacht wird, nimmt bei gleichen Flüssigkeitsmengen mit der Menge zugefügter Salicylsäure unverhältnißmäßig stark und in einem viel größeren Verhältniß zu, als den wachsenden Salicylsäuremengen direct entspricht, was daraus hervorgeht, daß in 1l Zuckerlösung 0g,25 Salicylsäure 1g Hefe, 0g,5 Salicylsäure 15g Hefe, 0g,75 Salicylsäure 55g Hefe zu tödten vermag. Während also die Salicylsäure im Verhältniß von 1 : 2 : 3 wächst, stehen die davon getödteten Hefenmengen im Verhältniß von 1 : 15 : 55 (Versuch 1 bis 5). 2) Unterhalb gewisser Grenzen, z.B. bei Anwendung von weniger als 0g,40 Salicylsäure auf 1l Zuckerlösung, nimmt die gährungshemmende Kraft in viel geringerem Grade ab, als sie oberhalb jener Grenzen wächst, wodurch es zu erklären ist, daß nach Neubauer's Versuchen sehr geringe Mengen von Salicylsäure noch sehr kleine Hefenmengen im Most unwirksam zu machen vermögen. 3) Die gährungshemmende Wirkung, welche eine bestimmte Menge Salicylsäure in einer Zuckerlösung auf eine bestimmte Menge Hefe ausübt, ist nicht unter allen Umständen dieselbe; sie hängt wesentlich von dem Grade der Verdünnung der Gährungsflüssigkeit ab, und steht im umgekehrten Verhältnisse zu der Menge der letzteren, während der Zuckergehalt derselben, wenigstens innerhalb gewisser Grenzen, keinen merklichen Einfluß ausübt (Versuch 6 bis 11). 4) Zur Sistirung der eingeleiteten Gährung in reiner Zuckerlösung genügen dieselben minimalen Mengen Salicylsäure, welche, wenn sie gleich zu Anfang zugesetzt wären, die Gährung sogleich unterdrückt haben würden (Versuch 12 bis 14). 5) Die Hefe, welche durch Berührung mit Salicylsäure ihre Eigenschaft, Zuckerlösung in Gährung zu versetzen, eingebüßt hat, ist dieser Kraft dauernd verlustig geworden. Sie vermag nachher, auch wenn durch Auswaschen alle Salicylsäure entfernt ist, in neuer Zuckerlösung keine Gährung mehr hervorzurufen (Versuch 15 und 16). 6) Die Salicylsäure erleidet in einer mit Hefe versetzten Zuckerlösung selbst keine chemische Veränderung, auch wenn die Hefenmenge so beträchtlich ist, daß sie durch die Salicylsäure nicht ganz abgetödtet wird (Versuch 17 bis 19). 7) In Salicylsäure haltenden Zuckerlösungen können sehr große Mengen Hefe durch die Salicylsäure unwirksam gemacht und getödtet werden, wenn die Hefe nach und nach in kleineren Portionen eingetragen wird (Versuch 20 und 21). 8) Die Salicylsäure übt auch auf Amygdalin zersetzendes Emulsin gährungshemmende Kraft aus, wenn schon in geringerem Grade, als es die Wirkung der Hefe vernichtet, und vermag in einprocentiger Lösung das in dem fünf- bis siebenfachen Gewicht entölter süßer Mandeln enthaltene Emulsin, jedenfalls in Folge der Coagulirung des letzteren, unwirksam zu machen. Mit Vermehrung des Mandelmehles gelangt nur die jene Grenzmenge überschreitende Quantität Emulsin zur Wirkung (Versuch 22 bis 28 a. a. O. S. 13 bis 17). Im Anschluß an obige Versuche haben wir vergleichsweise noch die gährungshemmende Wirkung anderer der Salicylsäure nahe stehender aromatischer Säuren studirt, worüber wir nachstehendes kurze Referat geben. Die der Salicylsäure homologe Kresotinsäure besitzt nach vorläufigen Versuchen ebenso starke gährungshemmende Kraft wie die Salicylsäure. Wir haben diese Versuche mit der Kresotinsäure wiederholt, welche aus dem constant bei 203° siedenden Kresol gewonnen war, und gleiches Resultat damit erhalten. Die Benzoësäure wirkt auch hemmend auf die Alkoholgährung ein, aber in viel geringerem Grade als die Salicylsäure. Versuch 29. Versuchsflüssigkeit: 1l Zuckerlösung, 0g,5 Benzoësäure. Zusatz von 5g Hefe bewirkte lebhafte Gährung, welche nach Hinzufügen von weiteren 0g,5 Benzoësäure zwar verlangsamt, aber nicht aufgehoben wurde. Versuch 30. Versuchsflüssigkeit: 1l Zuckerlösung, 0g,5 Benzoësäure. 3g Hefe erzeugten in jener Mischung noch eine, wenn auch schwache, doch deutliche Gährung. Versuch 31. Versuchsflüssigkeit: 1l Zuckerlösung, 0g,75 Benzoësäure. Auf Zusatz von 20g Hefe erfolgte sehr starke Gährung. Die Zusammenstellung der Versuche 3 und 5 einerseits, und 29 bis 31 andererseits läßt deutlich erkennen, daß die gährungshemmende Kraft der Salicylsäure unter diesen Bedingungen gegen fünfmal stärker ist, als die der Benzoësäure. Chlorsalylsäure, aus der Salicylsäure durch Behandlung mit fünffach Chlorphosphor gewonnen. Versuch 32. In 1l Zuckerlösung, welche 0g,5 Chlorsalylsäure enthielt, bewirkten 5g Hefe Gährung, doch wurde dieselbe durch Zusatz von weiteren 0g,5 Chlorsalylsäure vollständig aufgehoben. Dieselbe wirkt also viel weniger energisch als Salicylsäure, aber kräftiger als die Benzoësäure. Die aus der Paraoxybenzoësäure (welche selbst die Gährung nicht hemmt) mittels fünffach Chlorphosphor gewonnene, mit der Chlorsalylsäure isomere Chlordracylsäure hat nach einigen Versuchen, welche wegen ihrer großen Schwerlöslichkeit kein genaues Resultat zulassen, jedenfalls eine deutliche gährungshemmende Wirkung. Die mit der Kresotinsäure isomere Mandelsäure vermag die Alkoholgährung nicht aufzuheben. Die Gallussäure und Pyrogallussäure, von denen je 3g zu je 1l Zuckerlösung zugefügt wurden, welche je 5g Hefe enthielten, vermochten die Gährung nicht im mindesten zu stören und aufzuhalten. Auch die Phtalsäure und Isophtalsäure in gleichen Mengen, wie bei Versuch 32 die Chlorsalylsäure, angewendet, verhielten sich unwirksam. Leipzig. im Juni 1875. Auch die weiter von dem Verfasser mitgetheilten Versuche (Journal für praktische Chemie, Bd. 12 S. 178) bestätigen, daß Salicylsäure stärker gährungshemmend wirkt als Benzoësäure. Ferner verzögerte ein Zusatz von 0,05 Proc. Salicylsäure die Zersetzung des Harnes um mehrere Tage; 0,2 Proc. genügte Harn 4 Wochen völlig unverändert zu erhalten. G. Kolbe zeigt ferner (a. a. O. S. 161) in einer längeren Kritik der Broschüre von Fleck (vergl. 217 154), daß die von demselben gemachten Angaben über die Salicylsäure nicht richtig sind. D. Red.