Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 217, Jahrgang 1875, Nr. , S. 513
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Miscellen. Miscellen. Motoren für Kleingewerbe. Auf der Maschinenausstellung für Müllerei, Brauerei, Brennereibetrieb u. dgl., welche mit dem am 23. und 24. August in Wien abgehaltenen internationalen Saatenmarkte verbunden war, wurden auch einige interessante Maschinen für Kleingewerbe gezeigt und in Betrieb gesetzt. Die bedeutendste darunter war die schon lange bekannte Gasmaschine von Otto und Langen (1867 183 106; 186 90. 1868 187 1; 188 12. 1869 194 276. 1870 195 470), ausgestellt von der Wiener Filiale (Langen und Wolf) der bekannten Firma „Gasmotorenfabrik Deutz, vorm. Langen, Otto und Roosen“ in Deutz bei Cöln. Die 2pferdige Ausstellungsmaschine zeigte einige bemerkenswerthe Neuerungen, von welchen speciell die Steuerung erwähnt zu werden verdient. Dieselbe ist nämlich direct von dem Regulator abhängig gemacht, und es war interessant zu sehen, wie die leerlaufende Ausstellungsmaschine nach jedem Hube 1 bis 2 Minuten lang pausirte, während welcher Zeit das Schwungrad ruhig weiterlief, und erst bei dessen Ermatten der Regulator zu einem neuen Hube Gas zuließ. Sobald jedoch das Schwungrad gebremst wurde, folgten sich in raschem und regelmäßigem Verlaufe die Hübe der Maschine, mit bemerkenswerther Ruhe und theilweiser Vermeidung jenes unangenehmen Geräusches, das bei den älteren Gasmaschinen dieses Systemes so störend war. Zu diesem Zwecke war auch für die aufschnellende Zahnstange eine rückwärtige Führung angebracht, die nun wohl bei allen derartigen Maschinen zur Anwendung kommen wird. Ein zweiter in der Rotunde des Weltausstellungspalastes von 1873 (dies war nämlich die imposante Stätte der erwähnten Ausstellung) im Betrieb befindlicher Motor für Kleingewerbe war die „Wassersäulenmaschine mit Expansion“ des Civilingenieurs Ph. Mayer in Wien.Diese Maschine war bereits auf der Wiener Weltausstellung 1873 erschienen. (Officieller Generalcatalog 2. Aufl. S. 534 Nr. 177.) Der Mechanismus dieser kleinen Maschine, Kolben, Steuerung und Schieber stimmt vollkommen mit denjenigen einer gewöhnlichen Dampfmaschine überein, nur daß an dem Schieberkasten und über beiden Cylinderenden Windkessel angebracht sind, welche stets mit Luft gefüllt bleiben. Dadurch wird die Unzusammendrückbarkeit des Wassers paralisirt und ermöglicht, durch die Steuerung sowohl eine kleine Expansion (circa 10 Proc.) als auch Compression und Voreintritt zu geben. Speciell letzteres ist wesentlich für einen guten und stoßfreien Gang, und so sehen wir denn auch dieses Maschinchen mit einer Geschwindigkeit von 200 und Mehr Touren anstandslos arbeiten. Zum rationellen Betrieb gehört eine Spannung des Druckwassers von einigen Atmosphären, wie dies ja bei größeren Wasserversorgungsanlagen überall zur Verfügung steht. Daten über den Nutzeffect liegen noch keine vor; derselbe mag aber immerhin günstiger sein wie bei gewöhnlichen Wassersäulenmaschinen. Mehrere dieser Maschinchen sind in Wien bereits zur Anwendung gekommen (besonders zum Betriebe von Aufzügen) und haben sich, wie zu erwarten stand, vollkommen bewährt. Die Kosten des Betriebes stellen sich bei den hohen Preisen der Wiener städtischen Wasserleitung selbstverständlich höher wie bei Dampf- oder Gasmaschinen. M. Todd's Dampf-Tramwaywaggon. Bei dem raschen Aufschwunge, welchen in fast allen größeren Städten die Tramwaybahnen genommen haben, ist es wohl erklärlich, daß zahlreiche Versuche gemacht werden, den so kostspieligen Betrieb mit Pferden durch unbelebte Motoren zu ersetzen. Denn außer der theuren Unterhaltung, welche bei einem Tramwaywaggon wenigstens 10 bis 12 M. täglich zur Ernährung der zum Ziehen verwendeten Pferde beträgt, hat auch die rasche Abnützung des Pferdemateriales und das Risico bei epidemischen Krankheiten einen ganz bedeutenden Einfluß auf die Durchschnittsrentabilität dieses Verkehrssystemes. Wenn man dem entgegen setzt, daß beim Ersatz der Pferde durch Dampfkraft eine Maschine von 4 bis 6e pro Wagen im Tag höchstens für 5 M. Kohlen verbrauchen würde, so ist begreiflich, daß man die Dampfkraft als Motor für Tramwaybetrieb anzuwenden suchte. Die zahlreichen Versuche aber, bei welchen man nach dem Vorgange der Eisenbahnen, die Waggons durch kleine Locomotiven ziehen wollte, mußten schon deshalb verunglücken, als die Gefahr und die Unannehmlichkeiten eines in den Straßen verkehrenden und geheizten Dampfkessels als unzulässig erschienen. Außerdem waren aber auch die ökonomischen Resultate durchaus nicht der Art, zum Fortschreiten auf der betretenen Bahn zu ermuthigen, und dies erklärt sich leicht durch die kostspielige Bedienung und den geringen Nutzeffect dieser kleinen Locomotivkessel. Nichts destoweniger sind wir der festen Ueberzeugung, daß man auch beim Betriebe der sogen. Tramways schließlich auf die Verwendung der Locomotiven kommen wird, – wollen aber in der Zwischenzeit nicht unterlassen, vorkommende Novitäten auf diesem Gebiete den Lesern dieses Journals vorzuführen. Als solche verdient besonders die Todd'sche Construction eines Tramwaywaggons mit Dampfbetrieb Erwähnung, wie sie zuerst im Engineer, April 1875 S. 240, veröffentlicht wurde, und dann mehrfache Besprechung in englischen und amerikanischen Journalen fand. Falls dieselbe, wie zu erwarten steht, ausgeführt werden sollte, werden wir nicht verfehlen, darauf zurückzukommen und eine nähere Darstellung derselben zu geben. Vorläufig möge nur erwähnt werden, daß die Grundidee, welche ursprünglich von Dr. Lamb in New-Orleans aufgestellt und praktisch erprobt wurde, darin besteht, den Waggon mittels einer Dampfmaschine zu betreiben, die ihren Dampf aus einem Accumulatorkessel nimmt, welcher nur an den festen Haltestationen mit hocherwärmtem Wasser gefüllt wird. Wenn sonach die ursprüngliche Idee schon älteren Datums ist, so verdient doch speciell die Anordnung und Durchführung der ganzen Einrichtung alles Interesse. Der Todd'sche Waggon wird in seinem Aeußeren nur durch den auspuffenden Dampf die Existenz einer Maschine verrathen, denn alle Bewegungstheile sind vollkommen verdeckt, und außer dem geschlossenen Wagenkasten und den auf dem Verdeck befindlichen Sitzen sind nur die an beiden Enden angebrachten Hebel für den Führer bemerkbar. Unter dem Boden des Wagens, und oberhalb der Achsen liegen der Länge nach zwei mit einander verbundene Dampfkessel, welche durch mehrfache Umhüllung so gut als irgend möglich gegen Abkühlung geschützt sind. Außerhalb der Räder sind diese Kessel auf einen elliptischen Querschnitt erweitert und erhalten so einen Fassungsraum von zusammen ca. 2cbm. Am einen Ende des Wagens sind an diese elliptischen Kesseltrommeln die Dampfcylinder (von 230mm Durchmesser und 203mm Hub) außen angeschraubt, und erhalten durch Verbindung mit den Kesseln eine Umhüllung durch das Kesselwasser. Von den Cylindern werden dann, ganz analog den Locomotivmaschinen, das vordere Räderpaar (durch in den Rädern sitzende Kurbelzapfen) und von diesen das hintere Räderpaar durch Kuppelstangen angetrieben; dieser ganze Mechanismus jedoch ist durch eine aufzuklappende Wand verdeckt. Die Steuerung mittels Coulisse, sowie die Einrichtung der an beiden Enden symmetrisch angebrachten Führerstände mit Regulatorhebel und Reversirhebel bedarf keiner näheren Beschreibung. Das Gewicht des leeren Waggons soll 64 Ctr. betragen, dazu für 20 Passagiere 30 Ctr. und für den ganzen Kesselinhalt voll Wasser circa 36 Ctr., wird das Gesammtgewicht auf den 4 Rädern von 609mm Durchmesser etwa 130 Ctr. Wird der Kessel an der Endstation mit Wasser von 200° Temperatur – entsprechend circa 15 Atmosphären Dampfspannung – gefüllt, so kann der aus dem Kessel in die Cylinder expandirende Dampf gewiß, wie der Erfinder beansprucht, auf ebener Bahn 15 bis 20km weit zur Bewegung des Wagens ausreichen; bei nur mäßigen Steigungen ändert sich das aber gewaltig, und es ist selbst sehr fraglich, ob das ganze, wegen der großen stabilen Kesselanlagen noch besonders vertheuerte System ökonomisch günstige Resultate ergeben kann, wenn man die große todte Last, welche fortwährend mitgeschleppt werden muß, berücksichtigt. Jedenfalls aber kann man, wenn das System ausgeführt und praktisch erprobt wird, ganz interessante und nützliche Resultate erwarten. Fr. Elektrisches Licht für Locomotiven. Auf der Moskau-Kursk-Eisenbahn werden Experimente über die Anwendbarkeit von elektrischem Licht für Locomotiven gemacht, welche bisher ein sehr günstiges Resultat ergeben haben sollen. Der Apparat besteht aus 48 Elementen und beleuchtet die Strecke auf eine Distanz von 500 bis 600m. Vielleicht ließen sich bei Anwendung einer Gramme'schen (1873 208 166) Maschine oder einer Maschine der kleineren Art von Hefner-Alteneck (1875 217 264), welche mit irgend einem Bewegungstheile der Locomotive in Verbindung zu bringen und in Gang zu setzen wäre, noch vortheilhaftere Resultate erreichen; jedenfalls verdient diese Einrichtung, welche wesentlich zur Erhöhung der Sicherheit im Nachtdienste beitragen würde, und früher oder später gewiß eingeführt werden wird, einige Aufmerksamkeit. M-M. Elektrischer Apparat zum Aufzeichnen von Geschwindigkeiten. W. Groves in London hat einen Apparat construirt, welcher mittels Elektricität die Geschwindigkeit verzeichnet und neulich bei den Versuchen mit continuirlichen Bremsen auf der Midland Eisenbahn (vergl. S. 252) benützt wurde. Der Apparat enthält ein von einem Gewicht getriebenes Räderwerk zur Bewegung des Papierstreifens, auf welchem die Geschwindigkeit verzeichnet werden soll. An dem Gestell sind in passender Stellung zwei Elektromagnete angebracht, deren Anker aus weichem Eisen an einem gebogenen und in eine Spitze auslaufenden Hebel sitzen. Die Spitzen der Hebel treten von oben in ein Tintengefäß ein; wenn nun die Elektromagnete ihre Anker anziehen, so treten die Spitzen durch Löcher im Boden des Gefäßes hindurch und nehmen dabei so viel Tinte mit, als nöthig ist, um einen Punkt auf den Papierstreifen zu machen. Die erwähnten Löcher sind aber so fein, daß bei nicht angezogenem Anker die Tinte in Folge der Capillaranziehung nicht austreten kann. Das Gefäß ist durch eine Scheidewand in zwei Abtheilungen getheilt, von denen die eine mit rother, die andere mit schwarzer Tinte gefüllt ist. Der eine Elektromagnet ist mit einer halbe Secunden schlagenden Uhr verbunden, und so oft das Pendel über ein genau unter seinem Aufhängepunkte aufgestelltes Quecksilbernäpfchen hinweggeht, wird der Kreis einer elektrischen Batterie geschlossen, und die halben Secunden werden auf dem Papierstreifen durch rothe Punkte markirt. Der andere Elektromagnet wird mit den in geeigneten Abständen von einander entlang der Bahn angebrachten Contacten in Verbindung gesetzt, mittels deren die zur Ermittelung der Geschwindigkeit dienenden schwarzen Punkte auf dem Streifen gemacht werden. Wenn man daher die Anzahl der rothen Marken halber Secunden zwischen zwei schwarzen Punkten zählt, so kann man die Geschwindigkeit angeben, welche zwischen den beiden zugehörigen Contacten stattgefunden hat. Ebenso leicht läßt sich aber auch die Zu- und Abnahme der Geschwindigkeit aus den aufgezeichneten Punkten entnehmen. (Nach Engineering, August 1875 S. 115.) E–e. Die Telegraphie als Unterrichtsgegenstand an polytechnischen Schulen. Die unter dieser Ueberschrift in diesem Journal (1875 217 156) enthaltene kurze Notiz hat Anlaß gegeben, daß wir darauf hingewiesen worden sind, Aachen sei nicht die erste polytechnische Schule gewesen, welche die Telegraphie als „besonderen ordentlichen Unterrichtsgegenstand“ eingeführt habe. Und in der That ist dieser Hinweis durch den Wortlaut jener Notiz formell gerechtfertigt. Indessen beabsichtigten wir gar nicht der Einführung der Telegraphie als „ordentlichen“ oder „außerordentlichen“ Unterrichtsgegenstand das Wort zu reden, sondern einer planmäßigen und gründlichen theoretischen Vorbildung der Telegraphen-Ingenieure. Den äußeren Anstoß dazu bot jene günstige Aeußerung des telegraphischen Fachblattes The Electrical News über die Einrichtung in Aachen. Allein weder das, was Aachen bietet, noch das was u.a. in Hannover seit dem Herbst 1869 geboten wird, ist nach unserer Ansicht ausreichend, sondern die Einrichtung eines vollständigen Telegraphen-Curses erforderlich, ganz gleichgeordnet den übrigen Zweigen des Ingenieurwesens. In dieser Meinung aber werden wir durch den Umstand nur noch bestärkt, daß auf der jüngsten Telegraphen-Conferenz in St. Petersburg auch die Gründung einer internationalen Telegraphenschule zur Sprache gebracht worden ist. J. Z-n. Eine neue Quelle des Magnetismus. Eine neue Quelle des Magnetismus hat Donato Tommasi in einer kürzlich (am 29. April 1875) der Akademie der Wissenschaften in Frankreich vorgelegten Abhandlung beschrieben. Wenn ein Dampfstrahl von 5 bis 6at durch ein schraubenförmig um einen Eisencylinder gewundenes Kupferrohr von 2 bis 3mm Durchmesser strömt, so wird der Eisenstab stark magnetisch und eine einige Centimeter von dem „Dampfmagnete“ befindliche eiserne Nadel wird lebhaft angezogen und magnetisirt. Mit dem Absperren des Dampfstromes hört selbstverständlich die magnetisirende Eigenschaft des Rohres auf. In der Sitzung vom 3. Mai der Akademie sprach sich Maumené dahin aus, daß diese wichtige Erscheinung wohl anders erklärt werden müsse, als es Tommasi thue. Die Wärme wirke hier nicht in der Weise, daß man von einer „neuen Magnetismusquelle“ reden könne; sie erzeuge nur Elektricität, einen thermo-elektrischen Strom, welcher den beobachteten Magnetismus hervorrufe. Der Strom werde erzeugt durch den Temperaturunterschied zwischen der inneren Oberfläche der vom Dampf durchströmten kupfernen Spirale und deren der Luft ausgesetzten äußeren Oberfläche. Tommasi müsse den Strom und folglich die Magnetpole umkehren, wenn er die äußere Oberfläche des Rohres erhitze und die innere abkühle. Dazu sei blos nöthig, die Spirale in eine metallene, von Dampf durchströmte Büchse einzuschließen, durch die Spirale selbst aber einen Wasserstrom gehen zu lassen. Die Wärme mache den Magnetismus bekanntlich verschwinden; es erscheine daher unmöglich, Magnetismus mittels derselben hervorzurufen; auf die eben angegebene Weise aber lasse sich die Erscheinung leicht erklären. Die Reinigung der Rauchröhren bei Dampfkesseln. Die Reinigung der Rauchröhren von der innen angesetzten Flugasche kann (nach dem Engineering and Mining Journal) in vortheilhafter Weise mit Dampf geschehen, statt der jetzt zu diesem Zwecke gewöhnlich verwendeten Haken oder Bürsten u. dgl. Ein mit der Dampfleitung verbundenes biegsames Rohr wird vorne mit einem Mundstück geschlossen, das aus drei dünnen, um einen halben Schraubengang verdrehten Röhrchen besteht. Dadurch erhält der austretende Dampf einen gewissen Draht und putzt die Wände vollkommen rein. Ein ähnliches Verfahren wird seit einiger Zeit von Piedboeuf und bei den Meyn'schen Kesseln mit Erfolg angewendet (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1875 S. 64). Bewegliche Böden bei Bessemerretorten. Bisher wurde die Erfindung der beweglichen Böden bei Bessemerapparaten als eine amerikanische (vergl. Holley, 1873 207 397. 1875 215 105) oder englische betrachtet, während dieselbe nach Tunner (Zeitschrift des berg- und hüttenmännischen Vereins für Kärnten, 1875 S. 233) in Wirklichkeit von Schmidthammer in Neuburg herrührt, welcher bereits 1865 mit auswechselbaren Böden zu arbeiten begonnen. Von dort dürfte der Gebrauch der beweglichen Böden nach Amerika übertragen worden sein (wo sich die Entwickelung der Bessemerhütten nachweislich erst aus dem Jahre 1867 datirt) – in der Weise verbessert, daß zwischen der Seitenwand des Converters und dem eingesetzten Boden ein nach außen sich erweiternder schmaler Zwischenraum gelassen wird, welcher mit Ausnahme der einzelnen Verbindungsschrauben, durch welche der bewegliche Boden mit dem Converter verbunden ist, von außen frei und somit zugänglich bleibt. Der außerhalb stehende Arbeiter kann bei dieser Einrichtung den offenen ringförmigen, nach Innen keilförmig zulaufenden Zwischenraum mit plastischen Ballen und trockenem Ganister entsprechend dicht ausstampfen, ohne den Boden feucht zu machen, und während das Innere des Converters noch rothglühend ist. Die ganze Operation ist in weniger als 1 Stunde vollendet. Die Production der amerikanischen Bessemerhütten ist denn auch eine außerordentlich große (1874 213 257), wodurch der Zinsenbetrag vom Anlagecapital, auf den Centner der Erzeugung bezogen, auf ein Minimum gebracht wird. Indeß sind viele europäische Hütten, namentlich diejenigen, welche das flüssige Roheisen dem Hohofen entnehmen, an eine beschränkte Chargenzahl gebunden. Neues Verfahren, jede Spur Gold und Silber aus der bei der galvanischen Vergoldung und Versilberung der Metalle unbrauchbar gewordenen Flüssigkeit wieder zu gewinnen; von Prof. Böttger. Man bringt die goldarmen Flüssigkeiten in Porzellangefäßen zum Sieden, versetzt sie dann mit einer Lösung von Zinnoxydulnatron, und erhält sie so lange im Sieden, bis alles Gold, in Verbindung mit Zinn, als ein feiner, intensiv schwarz gefärbter Niederschlag sich ausgeschieden hat. Dieser Niederschlag wird nun etwas ausgesüßt und dann in Königswasser gelöst. Die hierbei resultirende Flüssigkeit besteht aus einem Gemisch von Goldchlorid und Zinnchlorid; dampft man diese vorsichtig etwas ab, verdünnt sie mit destillirtem Wasser und versetzt sie mit einer hinreichenden Quantität von weinsaurem Kali-Natron und erwärmt das Ganze, dann scheidet sich jede Spur Gold in Gestalt eines sehr zarten bräunlichgelben Pulvers ab, während das Zinn gelöst bleibt. Bei silberhaltigen Cyanverbindungen reicht schon das bloße anhaltende Sieden unter Zusatz von Zinnoxydulnatron hin, um jede Spur Silber daraus abzuscheiden. (Polytechnisches Notizblatt, 1875 S. 260.) Ueber die Trennung des Zinns von Antimon und Arsen; von Cl. Winkler. Die bisher bekannten Methoden zur quantitativen Trennung des Zinns von Antimon und Arsen sind theils ungenau, theils umständlich und daher für technische Untersuchungen, bei denen es nicht nur auf Genauigkeit sondern auch auf rasche Erlangung des Resultates ankommt, unzulänglich. Nachdem sich Verf. durch eine große Anzahl von Versuchen überzeugt hatte, daß die Trennung mit Schwefelsäure, Phosphorsäure, Ammoniak, Natriumcarbonat und Kaliumcarbonat keine befriedigenden Resultate liefert, empfiehlt er (Zeitschrift für analytische Chemie, 1875 S. 156) folgendes Verfahren. Ist eine Legirung zu untersuchen, so löst man diese nach hinlänglicher Zerkleinerung in 4 Th. Salzsäure, 1 Th. Salpetersäure und 5 Th. Wasser unter Zusatz von so viel Weinsäure auf, daß eine klare Lösung entsteht, die, ohne sich zu trüben, verdünnt werden kann. Liegt dagegen ein Schwefelwasserstoffniederschlag vor, so sammelt man diesen auf einem Filter, löst ihn nach dem Auswaschen in verdünnter Kalilauge auf, versetzt die Lösung mit Weinsäure und oxydirt dann mit so viel Brom oder Chlorgas, daß dieses schließlich schwach vorwaltet. Hierauf wird die Lösung mit Salzsäure neutralisirt. In beiden Lösungen befindet sich nun Zinn, Arsen und Antimon im Zustande der höchsten Oxydation. Zur Abscheidung des Zinns bringt man die betreffende Lösung in ein Becherglas, verdünnt auf 300 bis 400cc, setzt so viel einer Chlorcalciumlösung von bekanntem Gehalte zu, daß der hinterher daraus gefällte kohlensaure Kalk das vorhandene Zinn um ungefähr das 15fache an Gewicht übersteigt, neutralisirt mit Kaliumcarbonat, fügt Cyankalium zu und versetzt hierauf die Flüssigkeit mit einem kleinen Ueberschuß an kohlensaurem Kalium, so daß der vorhandene Kalk zur vollkommenen Ausfällung gelangt. Nun erhitzt man zum beginnenden Kochen, wobei der Niederschlag eine außerordentliche Volumverminderung erleidet und sich in dichtes, körniges Calciumcarbonat verwandelt. Nach dem Abklären, welches in wenigen Minuten erfolgt ist, gießt man, ohne den Niederschlag aufzurühren, die Flüssigkeit durch ein Filter, behandelt den Niederschlag mit frischem Wasser, womit man ihn einmal aufkocht, läßt abermals absitzen und gießt nun auch diese erste Waschflüssigkeit durch das Filter ab. Auf diese Weise hat man sich der Hauptmenge des Antimons entledigt. Den im Becherglase verbliebenen Niederschlag löst man jetzt in wenig concentrirter Salzsäure, setzt noch etwas Weinsäure zu, neutralisirt wiederum mit Kaliumcarbonat und fällt zum zweitenmale mit Cyankalium. Nach abermaligem Kochen setzt man die Filtration durch das erste Filter fort, gibt dann nach einander drei frische Wasseraufgüsse, wobei nach jedem das Ganze aufs Neue zum Kochen erhitzt werden muß, und bringt schließlich den Niederschlag aufs Filter, wo man das Auswaschen vervollständigt. Man hat jetzt alles vorhanden gewesene Arsen und Antimon im Filtrat, alles Zinn neben einem beträchtlichen Ueberschuß von Calciumcarbonat im Niederschlage. Diesen trocknet man, verbrennt das Filter, bringt Alles in einen Porzellantiegel und erhitzt zum heftigen Glühen. Man erhält dabei ein Gemenge von Aetzkalk, Calciumcarbonat und Zinnoxyd, welches letztere nun nicht allein eine Verdichtung erlitten hat, sondern auch in den unlöslichen Zustand übergegangen ist. Um ihm den beigemengten Kalk zu entziehen, bringt man den geglühten Niederschlag in ein kleines Becherglas, befeuchtet ihn mit Wasser und übergießt ihn hierauf mit verdünnter Salpetersäure. In wenigen Minuten ist aller Kalk in Lösung gegangen, während das Zinnoxyd sich am Boden des Glases als gelblichweißes Pulver ablagert. Man sammelt es auf einem kleinen Filter und unterwirft es nach erfolgtem Auswaschen einer nochmaligen Glühung, worauf es gewogen wird. Aus dem Filtrat fällt man Arsen und Antimon zweckmäßig durch Schwefelwasserstoff und trennt diese Sulfide in bekannter Weise. Australische Goldprobe für Kiese; von G. Ullrich. Man röstet eine Probe von etwa 1k Gewicht todt, bringt sie in einen Eisenmörser, rührt mit Wasser zu einem steifen Brei an, fügt einen Eßlöffel voll Quecksilber hinzu, reibt mit dem Pistill, fügt nach einiger Zeit dieselbe Menge Quecksilber hinzu, reibt, gibt dann einen Zusatz von heißem Wasser, Soda und 5 bis 6 Löffel voll Quecksilber, worauf man einige Zeit die Masse zusammenreibt, dieselbe in einer emaillirten Schale schlämmt, das Amalgam sammelt und destillirt. Man erhält so 80 bis 90 Proc. von der Goldmenge, welche durch die Feuerprobe erfolgt. (Berg- und hüttenmännische Zeitschrift, 1875 S. 311.) Stärkemehlgehalt verschieden großer Kartoffelknollen. Die Untersuchungen von E. Pott (Wiener landwirthschaftliche Zeitung, 1875 S. 168) gaben das bemerkenswerthe Resultat, daß der Gehalt an Stärkemehl mit der Größe der Knollen steigt und fällt. So zeigten z.B. 20 verschieden große Knollen einer rothen Kartoffelsorte folgenden Stärkemehlgehalt. Nr. Gewichtg StärkemehlgehaltProc. Nr. Gewichtg StärkemehlgehaltProc.   1 102,38 19,41 11 45,52 18,70   2   90,55 18,70 12 43,46 18,46   3   76,13 21,57 13 35,58 16,35   4   70,87 19,89 14 35,47 17,28   5   63,81 19,41 15 31,34 16,58   6   65,52 17,05 16 29,11 16,81   7   53,81 19,41 17 25,19 16,35   8   50,31 17,75 18 24,59 18,94   9   48,74 17,75 19 17,36 16,35 10   45,83 18,94 20 17,17 16,12 Die zehn größten Knollen haben einen durchschnittlichen Gehalt von 19 Proc., die zehn kleinsten einen solchen von 17,2 Proc. Stärkemehl. Diese Erscheinung ist von dem größten praktischen Interesse und verdient um so mehr berücksichtigt zu werden, als man vielfach fälschlich annimmt, daß die mittelgroßen Knollen jeder Kartoffelvarietät am stärkereichsten seien. Aus vorliegenden Untersuchungen ergibt sich, daß zum Pflanzen und in Brennereien stets nur möglichst große Kartoffelknollen verwendet werden sollten; als Futter- und Speisekartoffeln würden jedoch die kleinen Knollen vorzuziehen sein, da diese relativ stickstoffreicher sind. Modification der Stickstoffbestimmung nach Will und Varrentrapp; von Thibault. Der Apparat hierzu besteht aus einer eisernen Röhre von 20mm innerem Durchmesser und 90cm Länge, welche man in einen gewöhnlichen Gasverbrennungsofen legt, so daß jedes Ende noch um 15cm herausragt. Das Rohr ist an beiden Enden mit durchbohrten Korken verschlossen, in welchen kurze Glasröhren stecken. Das hintere Ende kann mit einem Wasserstoffentwickelungsapparate verbunden werden. Um die innere Fläche des eisernen Rohres zu reinigen, leitet man zuerst einen Wasserstoffstrom durch und erhitzt das Rohr seiner ganzen Länge nach zum Glühen. Darauf läßt man erkalten und bringt eine Schicht grobkörnigen Natronkalk hinein, welcher die ganze innere Weite des Rohres auf eine Länge von 35cm ausfüllt. Man schiebt vor und hinter den Natronkalk zwei Eisendrahtspiralen, welche jenen an seiner Stelle halten. In den leeren Raum hinter den Natronkalk wird ein Eisenblechschiffchen gebracht, welches man mittels eines Eisendrahtes herausziehen und hineinschieben kann. Dasselbe ist etwa 20cm lang. Man füllt nun das Schiffchen zu 3/4 mit pulverförmigem Natronkalk, leitet einen Strom Wasserstoff hindurch und glüht etwa 10 Minuten lang. Dann löscht man die Flammen aus, und sobald sich das Rohr genügend abgekühlt hat, unterbricht man den Wasserstoffstrom, zieht das Schiffchen heraus, setzt es auf ein reines Kupferblech, nimmt mittels eines Platinlöffels einen Theil des Natronkalkes heraus, schüttet denselben in eine Messinghülse, bringt die zu untersuchende Substanz auf den im Schiffchen gebliebenen Rest des Natronkalkes, schüttet den herausgenommenen Antheil darauf, schiebt das Schiffchen rasch in die Verbrennungsröhre, welche vorher mit dem Ammoniakabsorptionsrohr verbunden war, verschließt jene und setzt den Wasserstoffstrom wieder in Gang. Die Verbrennung geschieht dann wie gewöhnlich, indem man das Schiffchen vom vorderen nach dem hinteren Ende zu erhitzt. Das Ende der Analyse sieht man durch Vergleichung der Gasblasen in der Waschflasche mit denen im Stickstoffapparate. Nach Entfernung des letzteren erhitzt man das Rohr im Wasserstoffstrom eine Zeit lang zum starken Glühen, um die im Natronkalk condensirten Kohlenwasserstoffe zu verjagen, schiebt nach geeigneter Vorbereitung ein neues Schiffchen hinein u.s.f. (Chemisches Centralblatt, 1875 S. 553.) Zur Constitution des Chlorkalkes. Kopfer (Liebig's Annalen, Bd. 177 S. 314) hat Versuche über die Einwirkung von Mineralsäuren auf den Chlorkalk gemacht, aus denen er schließt, daß entweder Gay-Lussac's oder Odling's Hypothese (1874 211 33) über die Constitution des Bleichkalkes angenommen werden müsse, nicht aber die von Göpner (1873 209 204) und Wolters (1874 214 140). Violettes Ultramarin; von Lüssy. Das Untersuchungsobject stammt von der Wiener Ausstellung, auf welcher zum erstenmal rein violettes Ultramarin zu sehen war. Dasselbe stellt ein Pulver von hellvioletter Nüance dar, welches, auch unter dem Mikroskop betrachtet, ziemlich homogen erscheint; jedenfalls lassen sich nicht zwei ganz verschiedenartige Substanzen wahrnehmen, etwa eine blaue und eine rothe gemischt, wie man das vielleicht vermuthen könnte. Alkohol zieht nichts heraus, selbst beim Kochen. Durch Säuren wird dasselbe, wie alle Ultramarine, unter Schwefelwasserstoffentwickelung sogleich zersetzt. Gegen Alaunlösung, selbst gegen sehr verdünnte, ist dieses violette Ultramarin absolut unbeständig. In der Wärme wird es von derselben schon nach einigen Augenblicken entfärbt, in der Kälte geht die Entfärbung langsamer vor sich; es wird zunächst lilafarben und dann nach und nach immer heller, bis nach Verlauf von etwa zwei Tagen die ganze Masse vollkommen weiß geworden ist. Dies Verhalten des rein violetten Ultramarins ist ziemlich eigenthümlich, indem im Gegensatze hierzu diejenigen mit mehr röthlichem Stich gegen Alaun verhältnißmäßig resistenzfähig sind. Die Alkalien wirken sehr verschieden ein. Ammoniak und kohlensaures Natrium bewirken gar keine Veränderung, weder in der Kälte noch in der Hitze, dagegen zeigt Natronlauge eine sehr interessante Reaction. Wird nämlich dieses violette Ultramarin mit Natronlauge erhitzt, so verwandelt sich dasselbe in ein schön blaues Pulver und in die Lösung geht Schwefel und Kieselsäure. Es kam nun darauf an zu sehen, ob dieser blaue Rückstand die mittlere Zusammensetzung von gewöhnlichem blauem Ultramarin habe und dieselben Eigenschaften wie dieses zeige. Vorerst mußte aber eine genaue quantitative Untersuchung die Zusammensetzung des violetten Ultramarins kennen lehren. Qualitativ wurden im violetten Ultramarin: Kieselsäure, Schwefelsäure, Schwefel, Thonerde, Natron und Kalk nachgewiesen. Eisen ist keines darin, Kali nur in unwägbaren Quantitäten; auch freier Schwefel konnte nicht nachgewiesen werden und ebensowenig unterschwefligsaures Natrium. Heißes Wasser zieht aus demselben schwefelsaures Natrium aus, welches blos als Verunreinigung vorhanden ist, indem nachher das Ultramarin ebenso schön violett aussieht wie vorher. 1g,703 violettes Ultramarin verloren durch Auswaschen an Gewicht 0g,219, also 12,85 Proc. Dieses reine violette Ultramarin gab bei der Analyse folgendes Resultat: Kieselsäure 47,23 Schwefelsäure 1,88 Thonerde 20,93 Natron 19,28 Kalk 1,97 α Schwefel 0,82 (mit HCl als H₂S austreibbar.) β Schwefel 9,25 (als BaSO₄ aus dem Rückstand bestimmt.) –––––– 101,36 Dieses violette Ultramarin wurde nun, wie gesagt, mit Natronlauge gekocht, wobei ein schön hellblaues Pulver zurückblieb. 4g,783 violetten Ultramarins verloren 0g,625 an Gewicht; es ergibt sich also ein Verlust von 13,06 Proc. Von diesen bestehen, wie die Analyse zeigte, 12,44 Proc. in Kieselsäure und 0,62 Proc. in Schwefel. Die zurückgebliebene blaue Substanz (4g,158) wurden nun ebenfalls untersucht, und es ergaben sich Zahlen, welche mit der ausgetretenen Kieselsäure und dem ebenfalls ausgetretenen Schwefel zusammen die oben mitgetheilte Zusammensetzung des violetten Ultramarins ausmachten. Wie man hieraus ersieht, hat also dieses blaue Pulver noch vollkommen die Zusammensetzung eines gewöhnlichen blauen Ultramarins und muß auch nach seinem ganzen sonstigen Verhalten gegen Reagentien als ein solches bezeichnet werden. Hierdurch scheint also bewiesen, daß sich das violette Ultramarin vom gewöhnlichen blauen blos durch einen bedeutenden Mehrgehalt von Kieselsäure unterscheidet, indem doch höchst wahrscheinlich der kleinen Quantität ausgetretenen Schwefels diese Veränderung nicht zuzuschreiben ist. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1875 S. 978.) Ueber Fäcalsteine. Reimann in Berlin schlug bereits im J. 1827 vor, die Fäcalien zum Brennen oder zur Leuchtgasfabrikation zu verwenden. Petri (1874 213 258) formt dieselben mit Torf und Kohlengruß zu Steinen, um sie zu verbrennen oder zum Düngen zu gebrauchen. Nach seinen neueren Angaben (Vierteljahrsschrift für öffentliche Gesundheitspflege, 1875 S. 496) ist es ihm gelungen, den eigentlichen Stinkstoff der menschlichen Excremente zu entdecken; 100k derselben sollen nur etwa 1g dieser öligen Verbindung von Glycerin mit einer Fettsäure (?) enthalten. Um diesen Stinkstoff zu beseitigen, verwendet er ein Desinfectionspulver und eine Flüssigkeit. Nach einer in den Verhandlungen der Berliner polytechnischen Gesellschaft vom 1. Juli gemachten Mittheilung von Schädler besteht das Pulver aus einer Mischung von Torfgruß und Kohlengruß mit Gyps und Phenol; die Flüssigkeit ist eine Lösung von Chlorcalcium, welche mit etwas Nitrobenzol parfümirt ist. 1 Packet Pulver von 4k Inhalt kostet 0,75 M., 1l der Flüssigkeit ebenfalls. Neu an dieser Desinfection ist also nur der Zusatz von Nitrobenzol, welche wohl nur den Zweck hat, die Sache etwas geheimnißvoller zu machen. Müller und Ziureck (Industrieblätter, 1875 S. 106) betonen, daß der Düngerwerth der Steine sehr gering ist. Daß der Brennwerth der dem Torf- und Steinkohlengruß zugesetzten Excremente nur unbedeutend, des hohen Wassergehaltes wegen, oft sogar negativ sein wird, ergibt die einfachste Berechnung. Sehr richtig wird von einem Fachmann bemerkt, daß das Auftreten des Dr. Petri den ungünstigen Eindruck einer Reclame mache. F.