Titel: Ueber Dampfproduction in direct geheizten Kesseln.
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, S. 271
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Ueber Dampfproduction in direct geheizten Kesseln. Ueber Dampfproduction in direct geheizten Kesseln. Ingenieur L. Ehrhardt, Constructeur der bekannten Dingler'schen Doppeldampfmaschine (beschrieben 1873 210 1 und 251. 1874 213 273) und Kesselanlage (vergl. 1873 210 331) hielt im Palz-Saarbrücker Bezirksverein deutscher Ingenieure (Zeitschrift, 1875 S. 452) einen längeren interessanten Vortrag über die mit seinem Kessel, welcher für 10at Ueberdruck construirt ist, angestellten Versuche, deren Resultate allgemeinere Beachtung verdienen. Der untersuchte Kessel ist für Steinkohlen mittlerer Qualität bestimmt, die Verbrennung geschieht auf einem feinstabigen Roste mit großer Fläche in einer sehr geräumigen Feuerbüchse, welche concentrisch im Unterkessel sitzt. Die Verbrennungsgase durchziehen zunächst ein System von 31 Feuerröhren, jede von 76mm äußerem Durchmesser, welches sammt der Feuerbüchse behufs der Reinigung oder Reparatur ausgezogen werden kann. Auf ihrem weiteren Wege umspülen die Gase den Unterkessel, ziehen dann zwischen dem Unter – und Oberkessel, und zwar 100mm unter der tiefsten Wasserlinie, nach rückwärts, um dann, nachdem sie das 26fache der Rostfläche an unter Wasser stehender Heizfläche berührt haben, den Dampfraum umhüllend und den Dampf trocknend über den Oberkessel wieder nach vorn zu ziehen. Nachdem die Gase in dieser Weise alle wärmeren Kesseltheile umspült haben, umziehen sie zuletzt den oben aufliegenden, aus schmiedeisernen Röhren bestehenden Vorwärmer, welcher, weil er vom kälteren Speisewasser durchzogen wird, im Stande ist, den Rest ausnutzbarer Wärme aufzunehmen. Die Dimensionen der einzelnen Theile sind: Heizfläche des Kessels = 25qm Heizfläche des Vorwärmers =   5qm,8 Rostfläche =   0qm,935 Durchmesser des Unterkessels =   0m,980 Länge des Unterkessels =   3m,500 Durchmesser der Feuerbüchse =   0n,700 Länge der Feuerbüchse =   2m,170 Durchmesser einer Feuerröhre =   0m,076 Länge einer Feuerröhre =   1m,260 Durchmesser des Oberkessels =   0m,865 Länge des Oberkessels =   6m,50. Auf der Rostfläche von 0qm,935 wurden pro Stunde 41k,6 Redenkohlen I verbrannt (wirklich verbrannt, d.h. 41k,6 + Gewicht der Verbrennungsrückstände = Gewicht des auf den Rost gebrachten Materiales) und damit unter einem Ueberdruck von 9at,6 319l Wasser, welches mit 40° in den Vorwärmer gelangte, verdampft. Die mittlere Temperatur der abziehenden Gase war 1800, und es zeigte sich, daß dieselbe eben genügte, um einen zuverlässigen, von Windstößen unabhängigen Zug zu erzielen. Es war somit die äußerste Grenze für die Wärmeausnützung erreicht, wenn man auf die Anwendung künstlicher Zugvorrichtungen verzichtete. Einer Dampfspannung von 9at,75 entspricht eine Temperatur des Dampfes von 183°. Die Abkühlung von dieser Temperatur auf 180° ist die Wirkung des Vorwärmers. Das Speisewasser wurde in demselben um 180° erwärmt. Die Leistung des Vorwärmers pro Stunde beträgt demnach 18 × 319 = 5742c, die Leistung des Hauptkessels in derselben Zeit (nach Zeuner) 319 (183,5 – 58 + 476,45) = 319 × 602 = 192000c. Es verhält sich also die Leistung des Vorwärmers zu der des Hauptkessels wie 18 : 602 = 1 : 33,4. Von der gesammten zur Dampfbildung aufgenommenen Wärmemenge fallen also 3 Proc. auf den Vorwärmer, und müßten ohne einen solchen zur Erreichung desselben Effectes etwa 3 Proc. mehr Kohlen verbrannt werden, in einer Stunde also (3 × 41,6)/100 = 1k,25 und in 300 Tagen zu 12 Stunden 3500 × 1,25 = 4500k. Dieselben kosten am Orte des Verbrauches 90 M., und dies ist die Ersparniß an Brennmaterial durch den Vorwärmer in einem Jahre. Nun kostet aber der Vorwärmer mit Zubehör gerade 900 M., und da jedes Jahr 10 Proc. von diesem Capital eingebracht werden müssen, so rentirt der Vorwärmer gerade noch das Anlagecapital, aber nicht die zu seiner Reinigung und Instandhaltung aufgewendeten Arbeiten. Da bei diesem Kessel die Grenze der Wärmeausnützung erreicht ist, so repräsentirt auch die angewendete Heizfläche das Maximum derselben für Saar-Stückkohlen. Einen gut angeordneten Kessel mit innerer Feuerung vorausgesetzt, muß man also, um die ökonomische Maximalleistung mit Saar-Stückkohlen zu erreichen, zur Verbrennung von 50k Kohlen pro Stunde anwenden: 1qm Rostfläche,             25qm Kesselheizfläche und               5qm Vorwärmerheizfläche. Wenn das Speisewasser mit mehr als 60° zur Verwendung kommt, und die Dampfspannung weniger als 6at Ueberdruck beträgt, so wird es vortheilhaft sein, den Vorwärmer ganz wegzulassen, ohne daß man deshalb die Kesselheizfläche zu vergrößern hätte.Es ist dieses Resultat die beste Illustration des Werthes der in der Anschaffung sehr theueren Economisers für eine rationell construirte Kesselanlage. (Vergl. 1874 212 256. 1875 218 168.)Ref. Vergleicht man die vorstehend mitgetheilten, unter den günstigsten Verhältnissen erzielten Verdampfungsresultate, also das Verhältniß des Gewichtes der verbrauchten Kohle zu dem des verdampften Wassers wie 41,6 : 319 = 1 : 7,69, mit den öfters ausposaunten Kesselleistungen mit Verdampfungsresultaten von 1/10 oder gar 1/12, so wird man die letzteren als Selbsttäuschungen bezeichnen müssen.