Titel: | Aubin's Mahlgang. |
Fundstelle: | Band 218, Jahrgang 1875, S. 400 |
Download: | XML |
Aubin's Mahlgang.
Mit Abbildungen auf Taf.
IX [c/3].
Aubin's Mahlgang.
Um das zwischen den beiden Steinen eines Mahlganges erzeugte Mehl möglichst schnell
abzusondern und hierdurch die Leistungsfähigkeit des Mahlganges zu erhöhen, bez. an
Betriebskraft für denselben zu sparen, ersetzt Aubin
einen Theil des Bodensteines durch Drahtgewebe, durch welche das gebildete Mehl
sofort gebeutelt und direct abgeführt werden soll, während Kleie und Schrot am Umfang des Steines
ausgeworfen und getrennt vom Mehl abgeleitet werden. Es soll dadurch auch die sonst
nothwendige Beutelarbeit vermieden, die Schärfe des Steines länger conservirt und
das Mehl vor Erhitzung wirksam bewahrt werden.
Da jedoch die Drahtsiebe (T
Fig. 22)
einen Theil der arbeitenden Mahlfläche (Balken) in Anspruch nehmen, letztere also
wesentlich verkleinert wird, so läßt sich vorliegende Einrichtung a priori als Verbesserung nicht bezeichnen, obzwar der Erfinder (Revue
industrielle Juli 1875 S. 257), gestützt auf mehrjährige Erfahrungen in
seinem Mühlenetablissement zu Bouray (Seine-et-Oise), die günstigsten
Resultate mittheilt.
Auf alle Fälle läßt sich der Einwand nicht entkräften, daß der Mechanismus des
vorliegenden Mahlganges (vergl. Verticalschnitt in Figur 21) complicirter
geworden und daß die verschiedenen Theile desselben verdeckt, daher jeder Controle
beim Betrieb des Mahlganges entzogen sind.
Um nämlich die Siebvorrichtungen im Bodenstein zur Wirksamkeit zu bringen, d.h. das
Durchfallen des Mehles zu begünstigen, müssen die in Rahmen eingespannten Drahtsiebe
(welche die trapezförmig durchbrochenen Balkenflächen des Bodensteines bedecken)
regelmäßige Erschütterungen erhalten. Zu diesem Behufe ist unten an jedem dieser
Siebrahmen ein langer Stift e (Fig. 21) angegossen,
welcher über die Unterseite des Bodensteines hervorragt und durch kleine, unter dem
Bodenstein angebrachte Hämmer in regelmäßiger Reihenfolge Schläge empfängt. Diese
(in der Figur nicht ersichtlich gemachten) Hämmer werden durch Keile d des sich drehenden Armkreuzes cc gelüftet und fallen darauf frei gegen Ansätze
der Rahmenstifte. Das Armkreuz cc sitzt auf einer
Spindel m, welche ihre Drehung von dem Mühleisen n durch Schnurbetrieb erhält, wie dies in Fig. 21
deutlich ersichtlich gemacht ist. Auf der Spindel m
sitzt unterhalb cc ein mit Schaufeln armirtes
Armkreuz rr, welches das durch die Bodensteinsiebe
gebeutelte Mehl nach dem Abzug A hinstreicht. Die
übrigen Mahlproducte werden durch die Leitung B
abgeworfen.
Ueber Aubin's Mahlgang mit Sieb- (Beutel-)Vorrichtung gibt das
Hannoversche Wochenblatt, 1875 S. 374 folgende interessante, die obige Beschreibung
wesentlich ergänzende Mittheilung:
„Leider ist die Sache (der vorliegende Mahlgang) weder neu noch
empfehlenswerth, so sehr deutsche Zeitschriften in die französische Lobposaune
mit einstoßen. Alt ist sie deshalb, weil Aubin schon
1864 auf eine derartige Mühlenconstruction ein englisches Patent nahm, nach welchem
das London Journal eine Beschreibung lieferte.Polytechnisches Centralblatt, 1866 S. 160. Bei der Pariser Ausstellung 1867 ertheilte man allerdings Hrn. Aubin die goldene Medaille, allein dies half doch
nicht, die ganze Sache von deutschen erfahrenen Müllern beleuchtet und gründlich
getadelt zu hören.Stenographischer Bericht der ersten allgem. Versammlung deutscher Müller
und Mühlen-Interessenten in Berlin 1867, S. 75. Auch wir stimmen für Verwerfung der ganzen Anordnung und citiren hierzu
noch den Ausspruch des erfahrenen, tüchtigen Mühlenbesitzers Hrn. Schneider zu Schmiegel bei Posen, welcher also
lautetEbendaselbst und auch in der Zeitschrift „Die
Mühle“, October 1875 S. 167.: „Die Mühlsteine müssen mahlen und
nicht sieben. Man hätte dem Aussteller (1867 in
Paris) statt der goldenen Medaille etwas ganz Anderes geben sollen, denn das
Ganze ist reiner Unsinn.“
Um diesen Gegenstand völlig zu erledigen, mag noch erwähnt werden, daß auf der im
August d. J. in Wien stattgehabten Maschinenausstellung für Müllerei, Brauerei,
Brennereibetrieb etc. die Wiener Firmen Gebrüder Pickler
und Gebrüder Israel sogen. Sortir-Bodenmühlsteine
mit Drahtgewebe-Einlagen ausgestellt hatten, welche dem Systeme Aubin's zu entsprechen scheinen.
Auch hatte die erstere Firma Obersteine ausgestellt mit zwei im Herzstück des Steines
eingesetzten conischen Gußstahlwalzen, welche das einlaufende Getreide vor dem
eigentlichen Vermahlen brechen sollen.
Der Engineer (October 1875 S. 301) bezeichnet diese
Ausstellungsstücke als „novelty“
und „further improvement“, weshalb
diesbezüglich auf vorstehenden Artikel, ferner auf „Lefévre's
Läufer mit eingesetzten Quetschwalzen“ (beschrieben 1865 177 344) verwiesen wird, um den Werth dieser
„Novität und weiteren Verbesserung“ auf das richtige Maß
zurückzuführen.
J. Z.