Titel: Ein Farbstoff des Pflanzenreichs; von Dr. B. C. Niederstadt.
Autor: B. C. Niederstadt
Fundstelle: Band 219, Jahrgang 1876, S. 166
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Ein Farbstoff des Pflanzenreichs; von Dr. B. C. Niederstadt. Niederstadt über einen Farbstoff des Pflanzenreichs. Musa Fehii gehört ebenso wie die Bananen zur Familie der Musaceen und wächst auf der Insel Taiti, besonders auf ihren Anhöhen. Die Früchte dieses Baumes sollen dort ebenso wie die der Bananen genossen werden. In jüngern Jahren bringen die Bäume, deren man mehrere Species kennt, als Product der Verarbeitung des Pflanzensaftes, eine gefärbte, syrupdicke, an den Fingern klebende Flüssigkeit hervor. Dieselbe verhält sich gegen Reagenspapier neutral, zeigt in dünnen Schichten eine himbeerrothe, in dicken Schichten eine blauviolette Farbe; nach einiger Zeit verliert sie, wenn sie der Luft ausgesetzt ist, etwas an Farbe und bedeckt sich mit Schimmel; in ganz gefüllten, wohlverschlossenen Flaschen hält sie sich Monate lang, ohne eine Veränderung zu zeigen, mit Ausnahme, daß sich nach längerm Stehen aus dem Saft eine violette fadenziehende Substanz absetzt, welche in allen ihren Eigenschaften namentlich auch in ihrem Verhalten gegen Lösungsmittel genau mit dem Kautschuk übereinstimmt. Die vom Kautschuk befreite Flüssigkeit läßt sich mit jeder Menge Alkohol und Wasser vermischen, ohne daß eine Trübung entsteht, und sie zeigt alsdann eine so intensive Färbung, daß man sie mit ihrem fünffachen Volum Wasser verdünnen kann, ohne eine merkbare Farbenabschwächung zu beobachten. Sie hat einen stark adstringirenden Geschmack und gibt mit Leimlösung einen reichlichen Niederschlag, welcher den Farbstoff mit niederreißt, ein Beweis, daß dieser in der Lösung sich in Verbindung mit Gerbsäure befindet. Ganz schwache Alkalilösungen spielen die Farbe der Flüssigkeit ins Grün, ohne einen Niederschlag hervorzurufen, Kalksalze fällen unlösliches Tannat aus, welches ebenfalls den Farbstoff fast ganz mit sich niederreißt. Schwache Säuren bewirken eine noch mehr ins Röthliche spielende Nüancirung der Farblösung. Eisensalze, besonders schwefelsaures Eisenoxyd, verursachen einen schönen blauen Niederschlag, essigsaures Eisen gibt eine mehr schwärzliche, dem gerbsauren Eisen ähnliche Fällung. Zink- und Kupfersalze färben die Flüssigkeit blau, ohne einen Niederschlag zu erzeugen, dagegen ruft essigsaures Blei einen violettblauen Niederschlag hervor, und Pinksalz sowie Zinnchlorid bilden mit dem in der Lösung enthaltenen Farbstoff einen violetten Farblack von besonders lebhaftem Ton. Organische Basen, z.B. Cinchonin, fällen die gefärbte Flüssigkeit ebenfalls aus. Bringt man den erhaltenen Niederschlag aufs Filter, so läuft das Filtrat mit blauer Farbe ab, ein Beweis, daß die violettrothe Färbung der ursprünglichen Flüssigkeit auf den Gerbstoffgehalt derselben zurückzuführen ist. Verdampft man das Filtrat zur Trockene, so erhält man ein blaues Pulver als Rückstand; versetzt man es mit Alaunlösung, so bildet sich ein dunkelgefärbter, rein blauer Farblack, der im getrockneten Zustande sich aufbewahren läßt, ohne eine Veränderung zu erleiden. Um den neuen Farbstoff auf sein Verhalten gegen Gespinnstfasern zu prüfen, wurde mit der Flüssigkeit in der oben angegebenen Verdünnung von 1 Th. kautschukfreiem Saft und 5 Th. Wasser operirt. Sie erzeugte auf alaunirter Baumwolle ein schwaches, ins Graue spielende Violett, dagegen ein prächtiges Violett auf mit Zinnlösung präparirter Baumwolle. Wird letztere zuerst durch ein Zinnbad, hernach durch eine Eisenbeize genommen und dann gefärbt, so resultirt ein sattes dunkles Braun. Auf Leinwand erzielt man dieselben Töne, nur durchwegs heller. Seide, mit Zinnlösung präparirt und hernach durch das Farbbad genommen, erhält eine hellgraue Nüancirung.