Titel: Die Fabrikation des essigsauren Natron und der reinen Essigsäure aus Holzessig; von Ernst Dollfus.
Fundstelle: Band 219, Jahrgang 1876, S. 361
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Die Fabrikation des essigsauren Natron und der reinen Essigsäure aus Holzessig; von Ernst Dollfus. (Fortsetzung von S. 269 dieses Bandes.) Dollfus, über die Fabrikation des essigsauren Natron und der reinen Essigsäure aus Holzessig. Das beschriebene Verfahren zur Darstellung des essigsauren Natron gibt bei sorgfältiger Handhabung recht gute Resultate; man wendet indessen vielfach auch noch eine andere Methode an, die gleichfalls nicht unpraktisch ist. Das durch zweimaliges Umkrystallisiren erhaltene holzsaure Natron wird in Lösung gebracht und mit Knochenkohle entfärbt. Zu diesem Zwecke löst man das Salz in kochendem Wasser, so daß die Lauge 15 bis 16° B. heiß zeigt, und füllt die heiße Lauge auf Filter, welche mit Knochenkohle angefüllt sind. Die Filter bestehen, ähnlich den Dumont'schen Filtern, wie man sie in den Zuckerfabriken anwendet, aus cylindrischen hölzernen oder eisernen Gefäßen mit Doppelböden, von denen der eine durchlöchert ist, und werden mit frischgeglühter grobkörniger Knochenkohle angefüllt. Die hineingebrachte Lauge läßt man einige Stunden mit der Kohle in Berührung und zieht sie dann mittels eines unter dem durchlöcherten Doppelboden angebrachten Hahnes ab. Ist sie noch gefärbt, so muß man sie auf ein zweites Filter füllen; dies geschieht gewöhnlich dann, wenn die Kohle durch den Gebrauch von ihrem Entfärbevermögen eingebüßt hat, und muß man dies so oft wiederholen, bis die Lauge vollständig farb- und geruchlos geworden ist. Die entfärbte Lauge bringt man sofort in Abdampfgefäße, um sie darin zum Krystallisationspunkt einzudampfen, und verfährt damit nunmehr in gleicher Weise wie bei Verarbeitung der Lauge, die man durch Auflösen des geschmolzenen essigsauren Natron erhalten hat. Ist die Knochenkohle eines Filters wirkungslos geworden, so füllt man die Filter mit heißem Wasser an, um das in der Kohle enthaltene essigsaure Natron auszuwaschen und zu gewinnen, und zieht die entstandene Lösung ab; diese schwache Lauge verwendet man zur Lösung des rohen zu entfärbenden Salzes statt Wasser. Die abgewaschene Knochenkohle nimmt man aus dem Filter, um sie durch frische zu ersetzen, und belebt sie wieder auf bekannte Weise. Das beschriebene Verfahren hat gegen das Schmelzverfahren den Vorzug, daß bei seiner Anwendung sehr wenig Verlust an Material entsteht; indessen benöthigt man dazu bei einigermaßen starken Betrieb ziemlich bedeutende Mengen von Knochenkohle, was immerhin bei dem hohen Preis dieses Körpers unter Umständen ein ziemliches Capital nöthig machen dürfte. Da eine Lösung von essigsaurem Kalk mit schwefelsaurem Natron essigsaures Natron und unlöslichen schwefelsauren Kalk gibt, so bedienen sich manche Fabrikanten statt der Soda zur Bereitung des essigsauren Natron des billigern Glaubersalzes (vgl. 1822 9 437. 1850 117 396). Man verfährt hierbei, wie folgt. Man sättigt ein Quantum rectificirten Holzessig mit gebranntem Kalk und überläßt die gebildete Lauge von holzessigsaurem Kalk einige Zeit der Ruhe, wobei sich ziemliche Mengen Theer abscheiden. Die geklärte Lauge, welche 10 bis 12° B. hält, füllt man in eiserne Kessel, erwärmt sie darin mäßig und trägt dann unter sorgfältigem Umrühren so viel calcinirtes Glaubersalz ein, bis aller Kalk als schwefelsaurer Kalk ausgefällt und nur noch eine Lösung von holzessigsaurem Natron vorhanden ist. Durch Abfiltriren eines Pröbchens des Kesselinhaltes und Prüfung, ob bei Zusatz einer Glaubersalzlösung zum Filtrat noch ein Niederschlag entsteht, kann man mit Leichtigkeit beurtheilen, wie lange man Glaubersalz zuzusetzen hat. Ist die Zersetzung vollständig erfolgt, so läßt man den Kesselinhalt abkühlen und absetzen und zieht dann die klare Lauge vom holzsauren Natron ab, um sie in Abdampfgefäßen zum Krystallisationspunkt einzudampfen und dann krystallisiren zu lassen. Man erhält auf diese Weise Krystalle von holzsaurem Natron, die man behufs ihrer weitern Reinigung, wie vorhin beschrieben, behandelt, indem man sie nach wiederholtem Umkrystallisiren entweder der Schmelzung oder der Reinigung über Knochenkohle unterwirft. Den Niederschlag von schwefelsaurem Kalk, der sehr voluminös ist und noch viel Natronsalz in sich enthält, wäscht man wiederholt mit Wasser ab, um ihn von seinem Gehalt an holzsaurem Natron zu befreien und erhält so schwache Laugen, die man gleichfalls mit abdampft oder zum Auswaschen einer neuen Portion schwefelsauren Kalkes verwendet, wodurch sie im Gehalt verstärkt werden. Diese Methode hat den nicht unwesentlichen Nachtheil, daß man ziemlich bedeutende Mengen eines Niederschlages erhält, aus dem nur durch höchst sorgfältiges Auswaschen der Gehalt an Natronsalz zu entfernen ist, wenn nicht erhebliche Einbuße an Material eintreten soll; dies ist aber ziemlich umständlich, abgesehen davon, daß die erhaltenen schwachen Laugen viel Brennmaterial zu ihrer Concentration beanspruchen. Auch scheiden sich beim Eindampfen der Laugen stets noch ziemliche Mengen schwefelsauren Kalkes ab – da derselbe bekanntlich nicht absolut unlöslich ist –, die man aus dem Natronsalz entfernen muß. Endlich bedarf es eines verhältnißmäßig größern Quantums Glaubersalzes, um die äquivalente Menge essigsaures Natron zu erhalten, als nach der Theorie eigentlich nöthig wäre, weil das schwefelsaure Natron die Eigenschaft hat, mit dem schwefelsauren Kalk ein unlösliches Doppelsalz zu bilden, so daß ein nicht unbeträchtlicher Theil des verwendeten Glaubersalzes von dem schwefelsauren Kalk mit gefällt wird und somit verloren geht. Bei dem gegenwärtig sehr niedrigen Preis der Soda dürfte es daher nur für den Fall gerathen sein, statt mit dieser mit Glaubersalz zu arbeiten, wenn die Beschaffung dieses Körpers ganz besondere Vortheile bietet, denn die angeführten Uebelstände, welche die Verarbeitung des schwefelsauren Natron zu essigsaurem Salz mit sich bringt, lassen jedenfalls in den meisten Fällen die Verwendung von Soda vorziehen. In französischen Fabriken findet man zur Darstellung des essigsauren Natron mit Anwendung von Glaubersalz zuweilen einen Apparat im Betriebe, der es ermöglicht, statt mit destillirtem gleich mit rohem Holzessig zu arbeiten. In einen Destillationskessel von ca. 3cbm Inhalt füllt man rohen Holzessig, wie man ihn direct von der Verkohlung erhält, und destillirt denselben entweder mit Dampf oder über freiem Feuer. Die Destillationsproducte leitet man in einen zweiten Kessel von ähnlicher Größe wie der erstere. In diesem befindet sich ein Gemenge von Kalkmilch und Glaubersalz. Eine mechanische Rührvorrichtung hält das Gemenge in steter Bewegung. Das Entbindungsrohr des Destillationskessels taucht in die Flüssigkeit, so daß die übergehenden Destillationsproducte durch dieselbe streichen müssen. Der übergehende Holzessig bindet sich an den Kalk zu holzsaurem Kalk, welche Verbindung sich mit dem vorhandenen Glaubersalz sofort zu holzessigsaurem Natron und schwefelsaurem Kalk umsetzt, der sich unlöslich ausscheidet. Von Zeit zu Zeit entnimmt man dem Kessel eine Probe und prüft mit Lackmuspapier, ob die Flüssigkeit noch alkalisch reagirt; sobald sie saure Reaction zeigt, hat man die Gewißheit, daß aller Kalk gebunden ist, resp. sämmtlicher holzsaure Kalk sich mit dem Glaubersalz umgesetzt hat. Man unterbricht jetzt die Destillation, entleert sofort den Inhalt des zweiten Kessels in Standgefäße, um ein Klären der Mischung zu ermöglichen, und beschickt ihn sofort aufs Neue mit einem Quantum Kalk, Wasser und Glaubersalz, worauf man die Destillation wieder in Gang bringt. Während der Destillation erwärmt sich der Inhalt des zweiten Kessels derart, daß die nichtsauren flüchtigen Körper, welche im rohen Holzessig enthalten sind, hauptsächlich der Holzgeist, Aceton etc., sich verflüchtigen, und können dieselben dadurch, daß man sie durch einen Kühlapparat leitet und verdichtet, nebenbei mit gewonnen werden. Das Gemisch von holzsaurem Natron und schwefelsaurem Kalk behandelt man sodann genau in der Weise, wie schon früher beschrieben; die schwachen Laugen, welche durch Abwaschen des schwefelsauren Kalkes gewonnen werden, kann man statt Wasser beim Anmachen von Kalk und Glaubersalz verwenden. (Schluß folgt.)