Titel: | Automatischer Stromsender für den Hughes'schen Typendrucker; von Girarbon. |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 412 |
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Automatischer Stromsender für
den Hughes'schen Typendrucker; von Girarbon.
Mit einer
Abbildung.
Girarbon's automatischer
Stromsender.
Die Vorzüge der automatischen Stromsendung sind jetzt allgemein
anerkannt; sie liegen außer der Regelmäßigkeit und Reinheit der
Zeichen in einer größern Leistung. Schon längst hat man auch bei
den Typendrucktelegraphen von Hughes
eine automatische Stromsendung zu ermöglichen versucht, und
bereits 1861 hat der Telegraphenstationschef Renoir dazu eine sinnreiche Vorbereitung
der Telegramme erdacht.
Alle Vorschläge laufen darauf im Voraus auf einem Papierstreifen
eine Anzahl Alphabete hinter einander zu drucken, in denselben
aber vor denjenigen der in gleichen Abständen von einander
stehenden Buchstaben, welche telegraphirt werden sollen, Löcher
einzustanzen und den Streifen dann mit einer der
Schlittenbewegung entsprechenden Geschwindigkeit unter einer
Contactvorrichtung hinwegzuführen, welche bei jedem Loche eine
Stromsendung veranlaßt.
Die von Girarbon, Specialagenten der
Telegraphenlinien in Paris, vorgeschlagene Anordnung besitzt
außer andern Vorzügen den, daß sie sich leicht an den
gewöhnlichen Hughes-Apparaten anbringen läßt, ohne jedoch
unlöslich mit ihnen verbunden zu sein, so daß man jederzeit die
automatische Beförderung verlassen und zur Beförderung mittels
des Claviers übergehen kann, ohne den Apparat zu wechseln, und
ohne daß der Telegraphist sich von seinem Platze zu entfernen
braucht.
Textabbildung Bd. 220, S. 412
Das Wesentlichste in dem Vorschlage Girarbon's ist eine zur Vorbereitung des Telegrammes
dienende metallene Kette. Diese KetteWir unterlassen nicht, hier in
Erinnerung zu bringen, daß eine ganz ähnliche Kette und zu
ganz gleichem Zwecke in dem 1873 in Wien von Siemens und Halske in Berlin mit ausgestellten, von Fr. v. Hefner-Alteneck für gewöhnliche
Morseschrift angegebenen und von Dr. Werner Siemens für
Steinheilschrift eingerichteten Kettenschriftgeber Verwendung gefunden hat. In dem
Kettenschriftgeber wurde das Telegramm in einer Kette ohne Ende unmittelbar vor dem
Abtelegraphiren mittels einer einfachen Claviatur
vorbereitet. Trotz dieses Wegfalles einer besondern Maschine
zur Vorbereitung erwies sich der Kettenschriftgeber nicht
als lebensfähig, und deshalb entwarf v. Hefner-Alteneck schon 1872 den
vollkommenern Dosenschriftgeber. (Vgl. Zetzsche: Die Entwicklung der automatischen
Telegraphie. Berlin 1875.)D. Ref. hat die Form einer
geraden Leiter, deren Bäume jeder aus zwei parallelen, in
einander greifenden Gliedern oder Schleifen a gebildet sind, während ihre
Sprossen aus platt gedrückten, metallenen Ringen b bestehen. In dem Zwischenraume
zwischen je zwei Ringen kann man in den doppelten Schleifen
einen Metallstab c verschieben,
der in seiner Mitte einen Ansatz trägt, welcher an den
Schleifen anstößt und so verhütet, daß der Stab aus den
Schleifen herausrutscht. Alle diese Stäbe sind gleich lang
und ragen, je nachdem ihr Ansatz an dem einen oder dem
andern Leiterbaume anliegt, mehr oder weniger über den Baum
vor. Jeder Stab ist mit einer Ziffer, einem Buchstaben oder
sonstigen Schriftzeichen markirt. Man kann mehrere Ketten
mittels besonderer Stäbe, welche die Verbindung bewirken, an
einander setzen und erhält so eine Kette, welche so viele
Alphabete enthält, als zu dem beteffenden Telegramme nöthig
sind. In jedem Alphabete entspricht ein Stab der weißen
Taste für Buchstaben, und ein anderer der weißen Taste für
Ziffern, ganz wie in dem Clavier und den Typenrädern des
Hughes. Die so gebildeten Ketten sind sehr biegsam und
lassen sich wie ein wirkliches Metallband aufrollen.
Zur Vorbereitung der Telegramme dient eine Zeigersetzmaschine. Das Niederdrücken einer Kurbel in die
dem zu telegraphirenden Buchstaben entsprechende
Kerbe bewirkt, daß der zugehörige Metallstab auf der einen Seite
der Kette herausgestoßen wird, wie s. Gleichzeitig werden durch eine sinnreiche Vorrichtung
alle jene Stäbe, welche behufs der Abtelegraphirung des
vorhergehenden Telegrammes verschoben worden waren, später
wieder in ihre normale Lage zurückgeführt.Gleiches geschieht auch bei dem
Ketten- und Dosenschriftgeber mit den verschobenen Stiften,
nachdem dieselben abtelegraphirt worden sind.D.
Ref.
Nachdem so das Telegramm in der Kette vorbereitet worden ist,
wird die Kette dem automatischen Stromsender überliefert.
Derselbe enthält in einem an das Apparatgestell des Hughes
angesetzten Rahmen ein Kettenrad, welches mit einem auf
derselben Achse sitzenden Zahnrade gekuppelt werden kann, das
mit einem andern auf die Achse des Typenrades aufgesteckten Rade
von derselben Zähnezahl im Eingriffe steht. Die Kupplung besorgt
eine Federkupplung unter Mitwirkung von Paßstiften, welche für
die richtige Stellung der beiden Räder gegen einander sorgen.
Das Kettenrad enthält ebensoviel Spitzen wie das Typenrad Typen
(28 mit Einrechnung der beiden leeren für Buchstaben und für
Ziffern). Auf das Kettenrad wird die vorbereitete Kette so
aufgelegt, daß die Metallstäbe derselben in die mit den
nämlichen Buchstaben bezeichneten (und den gleichen Typen
entsprechenden) Zwischenräume zwischen den Spitzen zu liegen
kommen. Ist nun das Kettenrad mit jenem Zahnrade gekuppelt, so
läuft es mit derselben Geschwindigkeit um wie das Typenrad und
nimmt natürlich dann die Kette mit. Kommt nun dabei ein
verschobener Metallstab c an die
Stelle, wo der eine Arm des Contacthebels dem Kettenrade
gegenüber liegt, so stößt der Ansatz jenes Stabes c gegen diesen Arm des Contacthebels und
legt dadurch den andern Arm an die mit dem einen Batteriepole
verbundene Contactschraube. Der erste Arm ist abgerundet und mit
einer Lippe versehen, welche dazu bestimmt ist, die Dauer der
Contacte und Stromsendungen etwas zu verlängern. Der andere Arm
ist von Elfenbein, trägt aber eine Contactfeder, woran die
Telegraphenleitung geführt ist, welche mit der
Unterbrechungsfeder des Apparates verbunden ist und mit dem
Elektromagnete und dem Correctionsdaumen in Verbindung steht.
Der Träger, in welchem der Contacthebel gelagert ist, läuft in
eine Elfenbeinplatte aus, in welcher die Batteriecontactschraube
angebracht ist. In seiner Ruhelage liegt der Contacthebel an
einer unter letzterer befindlichen Contactschraube, von welcher
ein Draht nach einem Umschalter führt, dessen Aufgabe es ist,
die Erde gegen den Schlitten des Hughes zu isoliren und dafür an
den automatischen Stromsender zu legen, wenn derselbe in Dienst
genommen werden soll, und umgekehrt sie wieder an den
Schlitten zu legen, wenn man auf dem Clavier telegraphiren will.
Ohne den Umschalter würde der Strom bei der automatischen
Beförderung zur Erde gehen, ohne die Spulen des Elektromagnetes
zu durchlaufen; er würde nämlich zur Unterbrechungsfeder, den
Correctionsdaumen, das Gestell, die gesenkte Lippe des
Schlittens und zur Erde gehen.
Bei der automatischen Beförderung treffen die vorstehenden
Metallstäbe c auf den einen Arm des
Contacthebels und legen dabei den Contacthebel von der
Ruhecontactschraube an die Batteriecontactschraube; in Folge
dessen sendet jeder vorstehende Stab den Strom über die
Contactfeder, den Liniendraht, die Unterbrechungsfeder des
Daumens und den Elektromagnet, genau so wie beim Telegraphiren
mittels des Claviers. Die Kette läßt sich daher als ein Clavier
ohne Ende ansehen, dessen in voraus angeschlagene Tasten wegen
der vorausgehenden Controle jeden Irrthum unmöglich machen und
alle Umläufe des Typenrades völlig ausnützen.
Damit bei Anwendung der Kette die Ströme genau so wie bei
Benützung des Claviers zugeführt werden, müssen die durch die
Metallstäbe c bewirkten
Stromsendungen genau mit jenen zusammenfallen, welche durch die
Tasten und dem Schlitten bewirkt werden würden. Das erreicht man
leicht, wenn man eine Taste, z. B. die gut sichtbare des
Buchstabens T, niederdrückt, und
dann beim Hindurchgehen eines Metallstabes T der Kette unter dem Contacthebel das
Schwungrad langsam mit der Hand dreht und beobachtet, ob der
Contact an diesem Hebel genau gleichzeitig mit dem Contacte am
Schlitten beginnt und endet. Im Falle der eine dieser Contacte
voraus oder zurück ist, hebt man den Rahmen des Rades auf der
Kettenradachse und dreht dasselbe um einen oder mehrere Zähne
vor oder zurück.
Mittels eines Handgriffes läßt sich das Kettenrad von seinem
Zahnrade entfernen und verläßt dann nicht nur das letztere,
sondern sogar die Achse, welche es bisher trug, und tritt in
einen Cylinder ein; in dieser Lage berührt es die sich drehende
Achse nirgends und gibt keinen Anlaß zur Reibung. Das eben
erwähnte Zahnrad läßt sich aber auch mit dem ganzen Rahmen,
worin alle zur automatischen Stromsendung gehörigen Theile
liegen, von dem mit ihm in Eingriff stehenden, auf der
Typenradachse sitzenden Zahnrade abheben. Dieser Rahmen läßt
sich nämlich um zwei an der einen Seite angebrachte Bolzen
drehen, während er auf der andern Seite mit einer die Tiefe des
Eingriffes der beiden Zahnäder regulirenden Schraube auf einer
Schiene aufliegt, die sich heben läßt.
Anfänglich wurde die von dem Kettenrade ablaufende Kette durch
ein schwaches Uhrwerk auf ein Rad gewickelt. Jetzt läßt Girarbon die ablaufende Kette, ohne
Uhrwerk und Rad, einfach in eine tiefe und und breite Büchse aus
Weißblech fallen. Der aufsteigende Kettentheil hält dabei dem
absteigenden das Gleichgewicht. Will man den Kettenanfang oder
den Anfang einer Reihe von Telegrammen haben, so braucht man
blos die Weißblechbüchse umzustürzen.
Auch für Morseschrift läßt sich die Kette benützen. Die Lippe des
Contacthebels wird dann durch ein Röllchen ersetzt. Bei sehr
rascher Beförderung richtet man den Contacthebel so ein, daß er
die Linie nach jeder Stromsendung entladet, zu welchem Behufe
man mittels eines Plättchens vorübergehend eine Verbindung mit
der Erde herstellt. (Nach den Annales
télégraphiques, 1875 S. 480.)
E—e.