Titel: Aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Collegium Carolinum in Braunschweig.Zinnbleilegirungen in Haushalt und Verkehr; von Dr. Friedr. Knapp.
Fundstelle: Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 447
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Aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Collegium Carolinum in Braunschweig.Zinnbleilegirungen in Haushalt und Verkehr; von Dr. Friedr. Knapp. Knapp, über Zinnbleilegirungen in Haushalt und Verkehr. Legirungen von Zinn und Blei haben in frühern Zeiten als Küchen-, Tafel- und Trinkgeschirre ungleich höhere Bedeutung gehabt als in der neuern Zeit, wo sie von den Thonwaaren mehr in Hintergrund gedrängt sind. Immerhin haben sie sich in einem gewissen Umfang in der Hauswirthschaft, namentlich aber als Maße im Verkehr, als Mensuren in den Apotheken u. s. w. behauptet und sind in sofern wiederholt Gegenstand von Erörterungen in gesundheitspolizeilicher Beziehung von Seiten der Fachmänner und Behörden gewesen. In diesem Sinne sind u. a. im J. 1875 auf Anregung der kaiserl. Normal-Aichungscommission Verhandlungen bei den Regierungen der deutschen Staaten gepflogen worden. Es handelt sich bei der Untersuchung über den Werth der genannten Legirungen um zwei Punkte: 1) um die Befähigung zu Zinngießerarbeiten, also Ansehen, Farbe und ihre Eigenschaft, sich gießen und drechseln zu lassen; 2) um den Widerstand gegen chemischen Angriff, d. h. Aufnahme von Blei oder Zinn, durch Flüssigkeiten, Speisen etc. Die in den verschiedenen Ländern zum Schutze des Publicums gegen den schädlichen Einfluß der Zinn-Bleilegirungen erlassenen Vorschriften gehen weit aus einander. Meist von der Ansicht ausgehend, daß die Schädlichkeit der Legirung mit dem Bleigehalt zunehme, lassen die einen nur Legirungen von wenigstens 70 Proc., andere von wenigstens 80 Proc., noch andere von wenigstens 90 Proc. Zinn zu; selbst die gänzliche Ausschließung von Blei, das Gebot der Verwendung von blosem Zinn, liegt vor, obwohl reines Zinn des hohen Preises und zu großer Weichheit wegen sich nicht empfiehlt. Nicht mehr Uebereinstimmung geben die zahlreich vorhandenen wissenschaftlichen Untersuchungen, von denen namentlich folgende, als mit der nachstehenden Abhandlung in näherer Beziehung stehend, hier aufzuführen sind, nämlich: Roussin, Deutsche Industrie Zeitung, 1865 S. 425. Pleischl, Ebendaselbst, 1871 S. 85. Reichelt 1864 172 155. Phlo 1868 189 428. Pohl 1851 122 62. Man behandelte die Legirungen mit verdünnter Essigsäure, Kochsalzlösung, auch wohl verdünnter Schwefelsäure, unter verschiedenen Bedingungen und untersuchte die Flüssigkeit auf Blei und Zinn. Das Ergebniß hängt selbstverständlich zunächst von der Metallmischung, von der Art und Stärke der einwirkenden Flüssigkeit und ihrer Temperatur ab — aber auch von dem Umfang der Oberfläche der Legirung, welche der betreffenden Flüssigkeit zur Einwirkung geboten ist. Während die erste Bedingung von den genannten Autoren mehr oder weniger Berücksichtigung fand, ist die letzte überall ganz außer Acht gelassen — ein Umstand, der jede, wenigstens jede quantitative Vergleichung der Ergebnisse unmöglich macht. Auch im Uebrigen und in den allgemeinern Beziehungen stößt man auf widersprechende Angaben. So werden nach Pleischl von Essigsäure stets beide Metalle von der Legirung aufgenommen — und in der Regel um so mehr Blei, je reicher die Legirung an diesem Metalle. Dasselbe ist der Fall nach Roussin bei einer Flüssigkeit aus Wasser, Essig und Kochsalz gemischt, aber die Aufnahme von Blei ist wesentlich abhängig von der Zeit bei den zinnreicheren Legirungen. Nach Reichelt nimmt Essigsäure und Kochsalzlösung selbst aus Legirungen mit 2 Proc. Blei noch von diesem Metalle auf, aber kein Zinn, dessen Oxydation sie nur befördern. Von einer Legirung aus 4 Th. Zinn mit 5 Th. Blei lösen nach ihm (bei längerer Einwirkung in der Kälte, sowie bei kurzem Kochen) Kochsalzlösung gar nichts, verdünnte Essigsäure nur eine Spur Zinn, aber gar kein Blei. Von besonderm Interesse ist die weitere Angabe von Pohl, daß gewisse bleireiche Legirungen, so die aus 5 Th. Zinn mit 12 Th. Blei, ebensoviel Widerstand bieten gegen Essigsäure, Kochsalzlösung und Schwefelsäure, wie die zinnreichen Legirungen. Siebzehn Jahre später — offenbar in Unkenntniß der Pohl'schen Untersuchung — empfiehlt Phlo eine bleireiche Legirung aus 4 Th. Zinn mit 9 Th. Blei, welche „beinahe“ alle Vorzüge der gewöhnlichen zinnreichen Legirungen besitze und von Essig oder Salzwasser gar nicht angegriffen werde. Wie aus folgender Uebersicht hervorgeht, sind beide Legirungen, die Pohl'sche und Phlo'sche, nicht wesentlich verschieden: Pohl. Phlo. Zinn 5 Th. = 30,77 Proc. 4 Th. = 29,74 Proc. Blei 12 Th. = 69,23 Proc. 9 Th. = 70,26 Proc. –––––––– –––––––– 17 Th. 13 Th. Es liegt nahe in diesen Legirungen eine chemische Verbindung zu vermuthen, deren Widerstand gegen chemische Agentien dann einfach aus der innigen Bindung der Bestandtheile seine Erklärung fände. In der That entsprechen: 3 Sn = 177 Zinn 29,95 Proc. 4 Pb = 414 Blei 70,05 Proc. ––––––– ––––––– 591 100,00, aber nach Riche (1863 170 113) besteht zwischen Zinn und Blei nur eine und zwar die chemische Verbindung Sn2 Pb, dem Maximum der Contraction zwischen beiden Metallen entsprechend. Die im Folgenden mitgetheilten Beobachtungen sind zum Zwecke besserer Vergleichbarkeit und mit besonderer Rücksicht auf die erwähnten bleireiche Gemische mit folgenden drei Legirungen angestellt. A) die nach Pohl (bez. Phlo) aus 4 Th. Zinn mit 9 Th. Blei; B) eine nach der Valenz des Zinns (nach dem Verhältniß Sn Pb2) entsprechende aus 4 Th. Zinn mit 15 Th. Blei; C) eine den gewöhnlich gebrauchten Legirungen entsprechende aus 4 Th. Zinn mit 1 Th. Blei. Die ausgesprochene Neigung der Legirungen überhaupt und Zinn-Bleilegirungen insbesondere, sich vor dem Erstarren zu entmischen, ließ eine Controle nöthig erscheinen. Man goß zu dem Ende aus den beiden am meisten maßgebenden Legirungen A und B Stäbe in einer etwaige Scheidung möglichst begünstigenden Weise. Ein 10cm hohes Glasrohr, in einem Tiegel mit Sand aufrecht eingesetzt, zur Rothglut gebracht, diente als Form. Die Umgebung des heißen Sandes bewirkte möglichst langsame Erkaltung, während die Höhe und Enge des Rohres die Trennung der etwaigen Scheidungsproducte nach dem specifischen Gewichte sördern mußte. Von den erkalteten Stäben nahm man je das oberste und unterste Ende als Probe zur vergleichenden Analyse; sie führte zu folgendem Ergebniß: A B oberes unteres oberes unteres Ende. Ende. Zinn 29,53 31,21 21,41 21,40 Blei 69,15 68,53 78,04 77,92 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Summe 98,68 99,74 99,45 99,32 Spec. Gewicht 10,42 10,45 11,06 11,14. Vergleicht man damit die aus den Mischungsverhältnissen berechneten Zahlen, nämlich: A B Zinn 4 Th. = 30,77 4 Th. = 21,05 Blei 9 Th. = 69,23 15 Th. = 78,95 ––––––– ––––––– 100,00 100,00, so zeigt sich keine Abweichung, die zur Annahme einer Entmischung berechtigt, denn die Abweichungen sind nicht größer, als sie bei Legirungen in Folge der Verschiebung des Mischungsverhältnisses durch ungleiche Oxydation der Bestandtheile auszufallen pflegen. Selbst bei der Legirung A (oberes Ende) liegt offenbar nur ein Bestimmungsfehler für das Zinn vor, wie die richtig gefundene Zahl für das Blei ergibt. Zur Ermittlung des Verhaltens hinsichtlich der mechanischen Verarbeitung, übergab man einem Zinngießer Proben der drei Legirungen. Er fand, daß alle drei ohne Anstand sich gießen und zu Blech walzen, auch A und C gut auf der Drehbank bearbeiten ließen; nur die Legirung B verhielt sich zäh und „schmierte“ am Stahl. — Während die Farbe von B, wie bei den käuflichen Zinngießerwaaren, nur wenig von der des reinen Zinns abwich, erschien die von A und C unansehnlicher, mehr bleigrau. Die Prüfung in Bezug auf den chemischen Widerstand erstreckte sich auf das Verhalten gegen destillirtes Wasser, gegen Essig und gegen Kochsalzlösung bei verschiedenen Temperaturen. Man hatte zu diesem Zwecke aus den Legirungen vom Zinngießer Bleche walzen und daraus viereckige scharfbeschnittene Tafeln fertigen lassen, deren Oberflächengehalt leicht und genau gemessen werden konnte. 1) Verhalten zu destillirtem Wasser. Die Thatsache, daß Blei für sich von destillirtem und vielen weichen Wässern unter Bildung eines weißen (aus Blei, Kohlensäure und Wasser bestehenden) Bleikalkes stark angegriffen wird, ließ eine Prüfung der Legirung in dieser Richtung von Interesse erscheinen. Blankgeschabte Blechstreifen, zur halben Länge in destillirtes Wasser gesenkt und so ruhig mehrere Tage stehen gelassen, verhielten sich wie folgt: A hielt sich blank, ohne nachweisbaren Absatz von Bleikalk; B und C wurden im Gegentheil unter starkem Absatz von Bleikalk angegriffen. Bei diesen letztern, namentlich bei B, ließ sich sehr deutlich erkennen, daß der Angriff nicht gleichmäßig auf der Oberfläche, sondern vorzugsweise von rauhen Stellen ausgegangen. Die Beschaffenheit der Oberfläche erschien demnach als ein maßgebendes Moment des Verhaltens und veranlaßte Abänderung des Versuches. Während sich die Legirung A mit polirten Flächen wie zuvor verhielt, wurde eine Gegenprobe mit absichtlich rauh gemachter Oberfläche entschieden angegriffen; umgekehrt fiel der Angriff auf polirte Platten von B bedeutend schwächer aus. Selbst polirte Platten von reinem Blei widerstanden ungleich besser, wie rauh geschabte, wie dies ja bekannt. Im Ganzen ist der Widerstand der Legirung A befriedigend und entschieden besser als bei B und C, oder blosem Blei. Quantitative Bestimmungen sind bei der Einwirkung des destillirten Wassers nicht vorgenommen. Alle Platten waren gleich groß und gleich tief, aber nicht ganz eingetaucht, da man weiß, daß halb eingetauchte Bleiplatten stärker angegriffen werden als ganz untergetauchte. 2) Einwirkung von Essig. Zu diesen Beobachtungen dienten die eingangs erwähnten gewalzten Platten von folgenden Ausmaßen in Centimetern: Dicke. Breite. Höhe. Legirung A 0,15 8,2 14,8 Legirung B 0,15 7,4 13,8 Legirung C 0,15 8,2 14,0. Danach berechnen sich folgende Größen der Oberfläche in Quadratcentimetern: A B C 2 Hauptflächen 232,88 204,24 229,60 2 Flächen der Höhenkanten 4,44 4,14 4,20 2 Flächen der Breitenkanten 2,46 2,20 2,46 ––––––––––––––––––––– Gesammtoberfläche 239,78 210,58 236,26. Die Platten, nur blank geschabt nicht polirt, wurden in ein Glasgefäß mit käuflichem Essig zunächst so eingehängt, daß sie ganz von der Flüssigkeit bedeckt und untergetaucht waren. Die Stärke des Essigs betrug 3,078 Proc. bei einer leichten Reaction auf Schwefelsäure. So vorgerichtet, blieben die Gläser 7 Tage (1. bis 7. December) im ungeheizten Zimmer stehen. Nach Ablauf dieser Frist, während welcher außer einer leichten Aenderung der Oberfläche, die eine dunklere Farbe und matteres Ansehen annahm, nichts zu sehen war, goß man den Essig ab und übersättigte denselben mit Schwefelwasserstoff. Der Essig von allen drei Legirungen gab eine Fällung von Schwefelmetall, aber verschieden in Volum und Farbe. Das Volum war bei A weit geringer als bei B und C; die Farbe war bei C gelbbraun, bei A und B schwarzbraun. Die Niederschläge bestanden nach der weitern Scheidung und zwar bei A aus etwas Blei und etwas Zinn, bei B und C aus etwas Blei und viel Zinn. Zur quantitativen Bestimmung der Einwirkung erneuerte man die Oberfläche der Platten durch Abreiben mit Schmirgel und Abspülen und senkte sie in je 1l,25 Essig (dieses Mal von 4 Proc.); aber anstatt sie dauernd darin zu belassen, wurden sie wiederholt aus der Flüssigkeit gehoben, einige Zeit feucht, wie sie waren, der Luft ausgesetzt und wieder eingesenkt. Wie das erstemal befanden sich die Platten, vollkommen untergetaucht, im ungeheizten Zimmer 7 Tage (9. bis 16. December) unter der Einwirkung des Essigs. Nach Ablauf dieser Frist goß man die übrigens klar und frei vom Bodensatz gebliebenen Flüssigkeiten ab, fällte jede mit Schwefelwasserstoff aus und bestimmte in dem Niederschlag das Blei als Sulfat, das Zinn als Oxyd. Man erhielt für die Legirung Blei. Zinn. Summe. g g g A 0,1622 0,0639 0,2261 B 0,1957 0,0334 0,2291 C 0,0063 0,0796 0,0832. Diese Zahlen geben also den Betrag der von jeder Platte (bezieh. Legirung) in Lösung gegangenen Metalle und zwar für gleiche Beschaffenheit, aber nicht für gleiche Ausdehnung der Oberfläche. Für die gleiche Ausdehnung derselben z. B. 100qc berechnet sich für die Legirung Blei. Zinn. Summe. g g g A 0,0677 0,0267 0,0944 B 0,0773 0,0159 0,0932 C 0,0027 0,0337 0,0364. Soweit handelt es sich um den Angriff des Essigs bei gewöhnlicher (Winter-) Temperatur. In dem folgenden Versuche fand die Einwirkung bei der Siedhitze statt. Dieselbe Platte, wiederum mit Schmirgel reingescheuert und abgespült, in Essig von 4,5 Proc. völlig eingetaucht und eine volle Stunde lang jede siedend erhalten, gaben (ebenso behandelt wie vorher) an die Flüssigkeit ab auf gleiche Oberfläche von 100qc: Legirung. Blei. Zinn. Summe. g g g A 0,0130 0,0032 0,0162 B 0,0118 0,0055 0,0173 C 0,0058 0,0100 0,0158. Der Einfluß der höhern Temperatur ist also bedeutend geringer als der Einfluß der Zeit. In der Kälte ist der Widerstand der zinnreichen Legirung (C) ungleich größer als der der bleireichen (A und B), in der Siedhitze ist der Unterschied verschwindend. Unter beiderlei Umständen gibt die zinnreiche Legirung vorzugsweise Zinn, die bleireiche überwiegend Blei ab. Verhalten zu Kochsalzlösung. Man löst in destillirtem Wasser soviel Kochsalz auf, daß die Lösung ausgesprochen salzig schmeckte. Sie enthielt, bei einem spec. Gew. von 1,025 3,5 Proc. Salz. — In dieses Salzwasser, völlig eingetaucht, blieben die vorher reingescheuerten Platten wieder 7 Tage (11. bis 18. Januar) im ungeheizten Zimmer stehen. Nach Ablauf dieser Zeit hatte sich in der Flüssigkeit von B eine Spur, von C ein starker, in der von A ein merklicher Bodensatz angesetzt. Keine der Lösungen, weder von A noch B noch C, gab mit Schwefelwasserstoff eine Fällung. Die Analyse der Bodensätze ergab in keinem Fall Zinn, sondern ausschließlich Blei, und zwar auf gleiche Oberfläche (100qc) berechnet: A B C 0,0023 Spur 0,0499 Blei. Ein zweiter Versuch, bei welchem die Platten mit derselben Lösung an einem warmen Orte (neben dem Sandbade) ungefähr bei der Blutwärme 14 Tage stehen blieben, gab das gleiche Resultat, d. h. metallfreie Flüssigkeit und nur Blei enthaltende Bodensätze. Der dritte Versuch ging auf das Verhalten der Salzlösung (von gleicher Stärke = 3,5 Proc. Salz) in der Siedhitze. Die völlig eingetauchten, vorher rein gescheuerten Platten, eine volle Stunde lang mit der Salzlösung gekocht, gaben Niederschläge, in denen neben Blei auch Zinn bestimmbar war, während die Salzlösung von beiden frei blieb. Man fand in den Niederschlägen, auf 100qc Oberfläche berechnet: Legirung. Blei. Zinn. Summe. g g g A 0,0078 0,0022 0,0100 B 0,0080 0,0012 0,0092 C 0,0036 0,0020 0,0056. Die Einwirkung der Kochsalzlösung ist bei den bleireichen Legirungen A und B sonach bedeutend schwächer, sowohl in der Kälte als in der Wärme, als die Einwirkung des Essigs; dagegen tritt auffallender Weise bei der zinnreichen Legirung C durch siedenden Essig ein viel stärkerer, in der That der stärkste Angriff in der ganzen Versuchsreihe ein. Wenn auch die Beobachtungen über das Verhalten der Legirungen aus Zinn und Blei noch viel weiter ausgedehnt werden müßten, um ein abschließendes Urtheil zu fällen, so läßt sich doch schon jetzt ersehen, daß so allgemeine Regeln, wie man sie von verschiedenen Seiten aufgestellt findet, nicht begründet sind. Vor allen Dingen muß man die Meinung fallen lassen, als entscheide das blose Mischungsverhältniß oder der chemische Bestand an sich über das Verhalten der Legirungen; dieses Verhalten ist, abgesehen von der Mischung der Legirung, noch von mindestens zwei nicht weniger einflußreichen Bedingungen abhängig, nämlich von der mechanischen Beschaffenheit der Oberfläche des Metalles und von der Natur des angreifenden Stoffes. Dazu kommen noch: die Mitwirkung der atmosphärischen Luft, die dem Angriff auf das Metall gegönnte Zeit und die Temperatur. Die von Pohl und Phlo der bleireichen Legirung A zugeschriebene Immunität ist nicht in voller Strenge zu nehmen, aber doch annähernd wahr. Die Legirung A enthält (auf gleich viel Zinn) 9 mal mehr Blei als die Legirung B, gab aber an Essig nicht 9 mal, sondern fast 26 mal mehr Blei ab; bei Kochsalzlösung verlor B umgekehrt über 21 mal mehr Blei als A. Auch dem destillirten Wasser widerstand diese letztere Legirung besser. Die Menge der den Legirungen entgangenen Metalle ist selbst unter den absichtlich hergestellten ungünstigen Bedingungen des Versuches nicht sehr erheblich und in den meisten Fällen unter den Bedingungen des täglichen Lebens gesundheitspolizeilich irrelevant.