Titel: | Verdampfungs- und Indicatorversuche an einer 100pferdigen Dampfmaschinenanlage nebst Kesselanlage. |
Fundstelle: | Band 220, Jahrgang 1876, Nr. , S. 496 |
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Verdampfungs- und
Indicatorversuche an einer 100pferdigen Dampfmaschinenanlage nebst
Kesselanlage.
Verdampfungs- u. Indicatorversuche an einer
100e-Dampfmaschinenanlage.
Die Maschine ist eine liegende Woolf'sche Dampfmaschine, deren
Expansion durch Regulator gestellt wird. Sie ist mit
Condensation eingerichtet. Der Zutritt des Dampfes in den
kleinen Cylinder erfolgt durch Admissions-Doppelsitzventile von
110mm mittlerm Durchmesser. Der Dampf wird durch ein
Dampfrohr von 110mm Durchmesser von der etwa
120m entfernten Kesselanlage hergeleitet. Vom kleinen
Cylinder tritt der Dampf durch verticale oscillirende
Drehschieber von 160mm Durchmesser in den großen
Cylinder und durch gleiche Schieber in den Condensator. Beide
Dampfcylinder liegen unmittelbar neben einander; ihre Entfernung
beträgt von Mitte zu Mitte 1000mm. Die Dampfcanäle zwischen
denselben sind 42mm breit und 370mm
hoch. Die Bewegung der Drehschieber erfolgt durch ein Excenter,
diejenige der Admissionsventile durch einen gußeisernen Conus
mit spiralförmigen Erhöhungen, welchen ein Buß'scher Regulator
hebt und senkt.
Zwischen Condensator und großem Cylinder steht ein
Röhrenvorwärmer, in welchem der gebrauchte Dampf vor der
Condensation eine Temperaturerhöhung des Speisewassers von ca.
25 bis 53° hervorbrachte. Die Kurbeln der Schwungradwelle
sollen um 90° versetzt sein; um jedoch einen größern
Füllungsgrad zu ermöglichen, wurden sie um 100°
versetzt.
Die Kesselanlage besteht in zwei neben einander liegenden
Systemen. Jedes System hat unten einen Lancashire-Kessel mit
zwei Rühren für Innenfeuerung und durch zwei Stutzen verbunden
über sich einen Röhrenkessel. Die Gase gehend zunächst aus den
Flammröhren in die obern Röhren, umspülen darauf den ganzen
Unter- und endlich den ganzen Oberkessel.
Die Anlage dient zum Betriebe einer Mühle von 8 Gängen mit
Räderbetrieb.
Der Effect der Maschine und Kessel wurde nach Vollendung der
Vorbereitungen durch Heizversuche, Wassermessung und
Indicatorversuche unter Leitung des Directors R. Weinlig (Technische Mittheilungen des
Magdeburger Vereins für Dampfkesselbetrieb, 1876 S. 29)
ermittelt. Zu dem Ende war in dem benachbarten Wassercanal eine
Feuerspritze aufgestellt, welche von 6 Mann bedient wurde und
das Wasser in ein hölzernes Gefäß förderte, dessen Inhalt genau
adjustirt und gewogen war. Von hier aus wurde jede Füllung in
den darunter befindlichen Bottich gelassen und notirt. Der
Inhalt war ebenfalls durch Abwägen des
eingefüllten Wassers bekannt. Beide Gefäße standen im
Kesselhause und vor der Dampfpumpe. Letztere förderte das Wasser
sodann vom untersten Gefäße in die Kessel. Die verwendeten
Kohlen wurden vom Haufen genommen und karrenweise in das
Kesselhaus geschafft, auf der Decimalwage gewogen und vor die
Kessel gestürzt. Aus dem Haufen wurde die Probe für die Analyse
genommen und eine zweite Probe auf das Kesselgemäuer gelegt, um
den zufälligen, durch den erhaltenen Regen bedingten
Wassergehalt der Kohle zu ermitteln. Zwei Gehilfen blieben
während der Verdampfungsversuche behufs Nachwägung und Controle
unausgesetzt im Kesselhause. Der Versuch wurde genau 10 Stunden
fortgesetzt und schon nach 6 Stunden zeigte sich, durch stete
Vergleichung von Kohlen- und Wasserverbrauch, daß die
durchschnittliche Arbeit erreicht war.
Die Heizung und Speisung wurde vorsichtig gehandhabt und
sorgfältig überwacht, und der Dampfdruck constant 7at
gehalten; die Feuer wurden rein, die Kohlenschicht niedrig
gehalten, und es wurde streng beachtet, daß abwechselnd geheitzt
und ebenso abgeschlackt wurde. Der Wasserstand war am Anfange
des Versuches durch umgeklebte Papierstreifen an den Gläsern
markirt und wurde zu Ende desselben durch Aufpumpen genau wieder
in die ursprüngliche Höhe gebracht. Die Temperatur der Feuergase
wurde im Fuchse mittels Quecksilberthermometer mehrfach
gemessen. Die durch den Rost fallenden Kohlen wurden von den
Heizern einigermaßen aussortirt und wieder unter die Kohlen
geworfen. Die Schlacke wurde zu Ende des Versuches gewogen. Züge
und Röhren waren zwei Tage vorher gereinigt. Zur Bedienung der
beiden Kessel waren zwei Heizer angestellt, welche nur für ihre
Kessel zu sorgen hatten.
An der Maschine waren zwei Indicatoren angebracht, und wurden
durch die zugehörigen Mechanismen in Bewegung gesetzt. Der
Indicator am kleinen Cylinder wurde mittels Differentialrollen,
der am großen mittels Hebelübersetzung betrieben. Die Schnüre
wurden 18 Stunden lang mit 2k Gewicht gestreckt, weil die
Feder der Papiercylinder eine solche Spannung hat. In den beiden
Differentialrollen saßen dieselben Federn, wie sie am Indicator
sitzen, und so war weder todter Gang, noch eine ungleiche
Anspannung möglich. Die Diagramme wurden stets zu gleicher Zeit
an beiden Cylindern genommen und dabei der Stand des
Vacuummeters und Manometers notirt, die Temperatur des
Condensationswassers gemessen und am Hubzähler die Touren
gezählt. Alle 30 Minuten wurden Diagramme genommen.
Um zu constatiren, ob die beiden Cylinderseiten eine gleiche
Arbeit zeigten, wurden die Indicatoren auf
beiden Seiten angesetzt und unter einander verwechselt, um
etwaige Differenzen oder Fehler zu erkennen. Beim Nehmen der
Diagramme wurde mit der größten Vorsicht zu Werke gegangen, und
es verdient bemerkt zu werden, daß keines mißlungen, sondern
alle ganz vorzüglich scharf ausgefallen sind. Zur Ermittlung der
Tourenzahl war ein Hubzähler angebracht, welcher continuirlich
im Betriebe blieb.
Um die Leistung der Maschine bestimmen zu können, wurde der
Regulator außer Betrieb gesetzt, so daß die Füllung des kleinen
Cylinders constant 3/10 bleiben mußte. Das Dampfventil wurde
ganz geöffnet, die resultirende Kraft wurde mit Absicht zum
Betriebe von 8 Gängen derart consumirt, daß die Maschine ihre
vorgeschriebene Tourenzahl nicht voll erreichte. Es wurde ein
bestimmtes Quantum Korn abgewogen und nun die Arbeit auf die
einzelnen Maschinen so vertheilt, daß alle abgelesenen Zahlen
des Hubzählers zu den verschiedensten Zeiten eine fast constante
Geschwindigkeit der Maschine ergaben. Dieser Zustand wurde genau
10 Stunden, so lange nämlich die Verdampfungsversuche dauerten,
innegehalten. Vorher wurde der Leergang des Mühlenwerkes und
derjenige der Dampfmaschine indicirt und dazu 6 Stunden
verwendet. Zu letztern wurde 1 Stunde Zeit genommen. Aus den 8
Diagrammen ist derselbe genau genug zu ermitteln. Versuchsweise
wurde hierbei mit 3/10 und 1/10 und 1/20 Cylinderfüllung
gearbeitet; auch wurden zwei Diagramme genommen, nachdem die
Maschine frisch geschmiert worden war.
Nachdem der Leergang des ganzen Mühlenwerkes durch Indiciren
untersucht war, wurden des allgemeinen Interesses wegen die
Systeme der Sichtmaschinen, Reinigungsmaschine,
Transportvorrichtung und der Mühlsteine auf die Kraft für ihren
Leergang untersucht. Darauf wurde der Leergang der Maschine
indicirt und wurden alle Maschinen wieder in Gang gesetzt. Um 4
Uhr 10 Minuten Nachmittags wurde das abgewogene Quantum von 20
Wispeln (zu 26381,2) trockenen
russischen Weizens zur Reinigung vorgegeben und dann weiter
gearbeitet, bis 4 Uhr 45 Min. Nachmittags die Gänge beschäftigt
waren und die ganze Arbeit der Maschine consumirt werden konnte.
Von hier ab begannen die gesammten Versuche in der vorhin
beschriebenen Weise und dauerten 10 Stunden, nämlich bis 2 Uhr
45 Min. Nachts. Ihr Ergebniß ist in nachstehenden Tabellen
verzeichnet.
Mechanische
Verhältnisse eines jeden Kessels der Kesselanlage.
Textabbildung Bd. 220, S. 499
System der
Kessel.; Lancashire-Kessel untenliegend.; Durchm.; Länge;
Zwei Rohre.; Durch 2 Stutzen von 400mm Durchm.
Verbunden.; Röhrenkessel; über demselben.; Dm.; Lange.; Zahl
der Röhren.; Innere Weite.; Rost eines jeden Kessels.;
Lange.; Breite.; Querschnitt; totaler.; freier.;
Schornstein.; Höhe.; Obere Weite; Qsch.; Heizfläche;
innere.; äußere.; Wasserraum.; Dampfraum incl.; Dcm.;
Querschnitt der Feuerröhren.
Betrieb der Anlage zur
Zeit des Versuches.
Textabbildung Bd. 220, S. 499
Betrieben
werden 2 Kessel.; Betrieben werden 4 Roste.; Kohlen.;
Speisewasser wird im Betriebe genommen.; Dampf allein für
Dampfmaschine benützt.; Dampfmaschine.; Kesselspannung.;
Maschine treibt; Verhältniß vom;
Rost zur Heizfläche.; Rost zum
Schornstein.; totalen zum freien
Rost; Rost zum Querschnitt der Feuerröhren.; Rost zum
Querschnitt der Züge.; Cylinderfüllung per Hub zum
Dampfraum.
Ergebniß der
Verdampfungsversuche.
Textabbildung Bd. 220, S. 500
Tag.;
Zeitdauer.; Dampfentnahme; Dampfspannung constant.;
Dampfhalten; Zug ist; Kohle; Qualität der Kohle; Zufälliger
Wassergehalt der Kohle.; Schlacke gewogen am Ende des
Versuches.; Temperatur der Gase im Fuchse.;
Speisewassertemperatur.; Verbrauchte Steinkohle.;
Verdampftes Wasser.; Es leistete sonach; Rost pro 1qm.; Heizfläche pro 1qm.; 1k
nach Abzug des zufälligen Wassers verdampfte; Dieselbe Kohle
würde verbraucht haben, wenn das Wasser vorgewärmt wäre,;
12. Oct. 1875.; 10 Stdn., sowie 6 stunden zu Vorversuchen.;
zum regelmäßigen Betriebe der Dampfmaschine.; 7at Ueberdruck in den Kesseln. 63\4
at im Maschinenhause.; sehr bequem.; genügend, konnte aber
lebhafter sein.; geringe, feinstückige, fast staubige
Newcastle-Steinkohle (s. Analyse).; gering. Schlackt stark,
fällt viel durch den Rost.; 10 Proc. (durch den Regen
entstanden). 15 Proc. einschließl. Kokes.; 9°(wurde
nicht erwärmt).; 2562k,5 nach Abzug von 10 Proc.
zuf. Wasser 2306k,5.; 50k,8 Kohle pro Stunde.; 7k,87 Wasser pro Stunde.; zu 7at
Ueberdruck 5k,46 Wasser von 9°.; zu
7at Ueberdruck 5k,74 Wasser von
52°.
Analyse und Preis der
verwendeten Newcastle-Kohle.
Kohlenstoff
70,135
Preis der Kohle October 1875
Wasserstoff
4,892
pro 500k loco Fabrik 10 M.
Sauerstoff
9,211
Wasser (hygrosk.)
2,587
Asche
13,175
–––––––
100,000.
Ergebniß der
Indicatorversuche.
Textabbildung Bd. 220, S. 500
Maschinen.;
Dimensionen.; Geschwindigkeit pro Minute.; Füllungsgrad.;
Inhalt der schädlichen Räume.; Condensation.; Dampfverbr.
pro Stunde.; Praktischer nach dem Heizversuche.; Leistung
der Maschine.; Leergang Indicirt.; Total.; Zusätzliche
Reibung.; Effectiv.; Kohlenverbrauch; Dampfverbrauch; pro
1e effectiv und Stunde.; Durchmesser kl. Cylinder
350 u. gr. Cylind. 700,1120mm Hub. Kurbeln um
100° versetzt.; Nach Hubzähler 43 bis 45, in mittel
44. 3\10 des kl. Cylinders constant.; kleiner Cyl. 0cbm,01255 großer Cyl. 0cbm, 01141; Mangelhaft.
Schwanktstark. Im mittel 60 Ctr. Wasser 26°;. 1259k,55; angenommen zu 10 Proc.
Es ergibt das kleinste Diagramm Nr. 40 = 45 Touren, p = 2at,855 im kleinen und p1 =
0at,5 im großen Cylinder und mit Berücksichtigung des
Querschnittes der auf beiden Cylinderseiten durchgehenden
Kolbenstangen:
Querschnitt des kleinen Cylinders
F
=
924qc,
Querschnitt des großen Cylinders
F
=
3785qc.
Da nun die Geschwindigkeit 2sn/60 =
1m,68 beträgt, wenn s den
Hub bedeutet, so ist die indicirte Totalleistung
Textabbildung Bd. 220, S. 500
Aus dem größten Diagramm Nr. 34 ergibt sich n = 45, p =
2at,895, p1 = 0at,566 und N = 108e.
Die übrigen Diagramme sind so gleich, daß sie beim Auflegen einer
Durchzeichnung identisch erscheinen; es ergibt sich p im Mittel zu 2at,87
und p1 = 0at,52. Da nun der Hubzähler nach 10 Stunden Zeit eine
mittlere Tourenzahl von 44 pro Minute ergibt, so ist die
mittlere indicirte Leistung zu 101e anzusetzen.
Der Leergang ist auf mehrfache Weise genommen, nämlich nach
Diagramm 17 bei 2/10 Expansion und gedrosseltem Ventile, nach
Diagramm 19 ebenso, nur wurde die Maschine geschmiert, wobei
sich die Geschwindigkeit von 50 auf 56 Touren erhob, und nach
Diagramm 21 bis 26bei 1/10 bezieh. 1/20 Expansion. Bei 1/10 fiel die Geschwindigkeit auf 53
und bei 1/20 Expansion auf 49 Touren.
Bei 2/10 Cylinderfüllung gebrauchte der
Leergang nach Reduction auf 44 Touren 9e, sank nach dem Schmieren auf 8
und blieb bei 1/20 Füllung constant auf 7e stehen. Unter solchen Umständen
ist der Leergang mit 8e sicher
nicht zu hoch angesetzt.
Die zusätzliche Reibung, welche nur durch Bremsversuche genau zu
ermitteln ist, pflegt zwischen 10 bis 13 Proc. zu liegen. Sie
ist zu 10 Proc. angenommen, so daß die mittlere Leistung der
Maschine bei 3/10 Füllung und 44 Touren in dem
jetzigen Zustande zu 83e
effectiv bei einem Wasserverbrauch von 1259k,5 anzusetzen ist.
Der Dampfverbrauch der Dampfpumpe ist nicht in Abzug gebracht, da
er nicht ermittelt werden konnte. Er ist, auf Grund angestellter
Rechnungen, pro Stunde mit 80k
zu schätzen, wenn man berücksichtigt, daß anstatt ihrer der
Betrieb der Maschinenpumpe auf Kosten des Leerganges hätte
erfolgen müssen.
Um nun einen kurzen Ueberblick über die Leistung der Maschine in
Bezug auf die Production der Mühle zu gewinnen, so ist das
abgewogene Quantum Getreide von 20 Wispeln vollständig fertig
gemahlen. Es stellte sich heraus, daß dieselben in 24 Stunden
Zeit fertig waren.
Sonach hat ein französischer Mahlgang von 1m,2 Durchmesser bei 132 Touren pro
Minute 2½ Wispel Getreide in 24 Stunden fertig gebracht und
dabei ca. 10e,5 erfordert.
Hierbei ist zu bemerken, daß das Mahlgut die Steine mit 24°
Temperatur verließ, und daß die Mühleinrichtung verzweigte
Transmissionen nöthig machte, sowie daß eine vorzügliche
Ausbeute an Mehl erzielt wird.
Dieses Ergebniß stimmt sehr genau mit den Resultaten früherer
Versuche auf andern Mühlen überein, wo ein ebensolcher Mahlgang
ca. 2½ bis 2⅗ Wispel in 24 Stunden fertig mahlte und mit Zubehör
11e nöthig hatte.