Titel: | Feinheitsnummer einiger vegetabilischen Spinnstoffe. |
Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 214 |
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Feinheitsnummer einiger vegetabilischen
Spinnstoffe.
Feinheitsnummer einiger vegetabilischen Spinnstoffe.
Als im J. 1862 die renommirte Spinnerei von Houldsworth in
Manchester die Londoner Industrieausstellung mit Baumwollgespinnsten bis zur
Feinheit Nr. 2500 (englisch) beschickt hatte, wurden bei Betrachtung dieser
Seltenheit vielseitig der Zweifel ausgesprochen, ob wirklich die Herstellung eines
so äußerst feinen Baumwollengarnes, von welchem eine Länge von über 250
geographische Meilen zu einem englischen Pfund erforderlich sein würde, praktisch
möglich sei. Nothwendig muß die theoretisch erreichbare Feinheit eines Garnes ihre
Grenze in der Mittlern Feinheit der einfachen, zur Verwendung kommenden
Gespinnstfasern finden, welche sie selbstverständlich nicht überschreiten kann, ja
von der sie um so weiter entfernt bleiben muß, je größer erfahrungsgemäß die
kleinste zur Herstellung eines genügend haltbaren und gleichförmigen Gespinnstes
noch erforderliche Anzahl von neben einander zu legenden Elementarfasern ist. Es war
hiernach nicht ohne Interesse, die durchschnittliche Feinheitsnummer der einfachen
Baumwollfasern zu ermitteln, welche ohnehin dem praktischen Spinner ein geläufiger
Ausdruck des Feinheitsgrades der verschiedenen Sorten sein dürfte, als die sonst
übliche Angabe der Mittlern Faserbreite in Millimeter oder in pariser Linien.
Professor Dr. Hartig (Deutsche
Industriezeitung, 1866 S. 403) führte versuchsweise eine solche Nummerbestimmung
zunächst für die zu den allerfeinsten Gespinnsten verwendete
Sea-Island-Baumwolle aus und fandVgl. Karmarsch-Hartig: Handbuch der
mechanischen Technologie. 5. Aufl. 2. Band S. 1025. als mittlere Feinheitsnummer der einfachen lufttrockenen Faser 3637 (840
Yards auf ein Pfd. engl.) = 6146 (1000m auf
1k) bei einem Mittlern Faserquerschnitt
von 0qmm,00011.
Etwas später (vgl. 1867 186 13) bestimmte Hartig auch die Feinheitsnummern verschiedener
Wollsorten.
A. Lüdicke (Civilingenieur, 1876 S. 75) ermittelte nun auf
Anregung des Hrn. Prof. Hartig die Feinheitsnummer für
einige bisher noch nicht untersuchte Spinnmaterialien: Flachs, Hanf und Jute.
Der Gang der Untersuchung war folgender. Ein Stück des Fadens bezieh. Faserbündels
wurde gemessen unter Anwendung einer Spannung von 5 bis 10g, je nach der Feinheit. Hierauf folgte
Wägung des gemessenen Stückes mit Bestimmung der Feinheitsnummer desselben für
lufttrockenen und vollkommen trockenen Zustand. Die Angaben über Wassergehalt der lufttrockenen
Faserstoffen, zum Theil auch die Breiten der Elementarfasern wurden nach Wiesner
Dr. Jul. Wiesner: Die
Rohstoffe des Pflanzenreiches. (Leipzig 1873. Verlag von Wilh. Engelmann.) angenommen. Die Wägung wurde nur einmal ausgeführt, da dies hinreichend
genau geschehen konnte. Nunmehr wurden in 10 in gleichen Abständen befindlichen
Querschnitten mit Hilfe des Mikroskopes die Fasern gezählt, das arithmetische Mittel
(M) aus diesen Größen als derjenige Werth, welcher
sich für gleiche Genauigkeit besitzende Beobachtungen den einzelnen
Beobachtungsgrößen am meisten nähert, berechnet. Die Feinheitsnummern der
Elementarfasern ergeben sich dann durch Multiplication von M mit der vorher entwickelten Feinheitsnummer des Fadens bezieh.
Faserbündels. Die gefundenen metrischen Nummern (d. s. Meter auf 1g) der lufttrockenen Fasern sind
folgende:
Hanf (Cannabis sativa)
4441
Manila-Hanf (Musa textilis)
5670
Italienischer Hanf (Cannabis sativa)
6005
Belgischer Flachs (Linum usitissimum)
7157
Neuseeländischer Flachs (Phormium tenax)
7726
Jute (Corchorus capsularis)
8280
Die höchste Feinheitsnummer zeigt auffallenderweise Jute, welche doch bisher nur zu
niedern Nummern versponnen wird; das letztere rührt von der schwierigen
Zerlegbarkeit der Faserbündel in Elementarfasern auf mechanischem Wege her. Die
Trennung gelang auch unter dem Mikroskope nur durch Anwendung von Chromsäure, welche
etwas freie Schwefelsäure enthielt.