Titel: | Ueber Fabrikation von Dynamit. |
Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 274 |
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Ueber Fabrikation von Dynamit.
Mit einer Abbildung auf Taf. VI [d/3].
Nobel, über die Fabrikation von Dynamit.
Nobel, der Erfinder des Dynamits, stellte zahlreiche
Versuche an, um das so sehr explosive Nitroglycerin transportfähig zu machen; wenn
er nun auch, wie man behauptete, auf die Darstellung von Dynamit endlich nur durch
Zufall kam, so schmälert dies Nobel's Verdienst wohl kaum. Eine andere
sehr wichtige und durch das bekannte Bremerhavner Unglück in weiten Kreisen
angeregte Frage ist es dagegen, ob Dynamit ohne Gefahr transportirt, oder selbst nur
aufbewahrt werden kann, und dieses ist eben zu bezweifeln, da Nitroglycerin schon
bei geringem Druck, Stoß oder Erschütterung explodirt und freies Nitroglycerin sich
durch Temperaturwechsel von Dynamit abscheidet. Auf solche Weise werden z.B. die
hölzernen Kisten, in denen Dynamit verpackt ist, nach und nach von Nitroglycerin
imprägnirt und geben dadurch leicht Anlaß zu Explosionen, selbst in den
Lagerhäusern, wenn hier jene Kisten berührt oder bewegt werden.
Dynamit selbst ist eine geruchlose, teigige, fettige Masse von bräunlich grauer,
mitunter röthlicher Farbe und einem specifischen Gewichte von 1,6. Beim Anzünden
durch eine gewöhnliche Flamme brennt es rasch und ohne Explosion; für den Gebrauch
wird es deshalb mittels eines mit Knallsilber gefüllten Zündhütchens entzündet.
Zur Darstellung des Nitroglycerins mischt man zunächst 2 Th. Salpetersäure mit 4 Th.
gewöhnlicher englischer Schwefelsäure. Das sich von selbst erwärmende Gemisch läßt
man 24 Stunden abkühlen. Hierauf setzt man zu dem Säuregemisch 1 Th. Glycerin auf
folgende Weise in dem durch Figur 37
veranschaulichten Apparat. (Vgl. auch 1872 206 34. 1873
208 184.)
Die Säuren befinden sich im Faß I, das Glycerin im Faß II, und Faß III dient als
Wasserreservoir. Die Fässer I und II stehen durch Röhren A,
B mit dem mit Blei verkleideten Kasten C in
Verbindung, welcher in den darunter befindlichen Behälter D mündet. Der Kasten C ist zugleich mit einer
Vorrichtung versehen, durch welche ihm eine oscillirende Bewegung gegeben werden
kann; auch ist ein Thermometer T an demselben
angebracht. Den Behälter D umgibt ein beständiger Strom
kalten Wassers, welches aus dem Faß III durch den Wechsel m eintritt und bei n abfließt.
Sobald nun die Fässer gefüllt sind, läßt man die Säure durch die Röhre A und das Glycerin durch B
in den Kasten C fließen; zugleich geben Arbeiter, welche
hinter einer 9 bis 12m vom Apparate
befindlichen starken Mauer stehen und dadurch gegen die Wirkung einer etwaigen
Explosion geschützt sind, dem Kasten C die oscillirende
Bewegung. Nachdem dann die Säure, sowie alles Glycerin in den Kasten C gelaufen ist, kann die Operation als beendigt
angesehen werden, da die Bildung von Nitroglycerin augenblicklich vor sich geht. Das
Nitroglycerin läßt man in das unter dem Behälter D
stehende, halb mit
Wasser gefüllte Gefäß E ab; es sinkt dort zu Boden und
kann von den verdünnten Säuren abgelassen werden.
Zur Herstellung des Dynamits mischt man das Nitroglycerin mit Infusorienerde, der
sogen. Kieselgur. Die große Porosität derselben ermöglicht die reichliche Absorption
von Nitroglycerin und dadurch die große explosive Wirksamkeit der Kieselgur. Indem
nun die rohe Kieselgur auch fremde Bestandtheile enthält und zwar Wasser, organische
Substanzen, nebst gröbern sandigen Beimengungen, welche bei ihrer Anwendung zur
Dynamitfabrikation störend sind, bedarf dieselbe einer vorbereitenden Behandlung.
Zur Entfernung der sandigen Beimengungen wird gewöhnlich ein Sieben nach vorherigem
Trocknen der Kieselgur angewendet; doch ist für diesen Zweck vorzuziehen, die rohe
Kieselgur zu schlemmen und dann die geschlemmte Masse bei Rothglühhitze zu trocknen;
letztere Manipulation verflüchtigt Wasser und zerstört vorhandene organische
Substanzen. Die geglühte Masse wird nun unter harten Walzen zerdrückt und hierauf
gesiebt.
25k der präparirten Infusorienerde werden
mit 75k Nitroglycerin in einem flachen
hölzernen Gefäß durch Arbeiter gemischt, und zwar mit nackter Hand, welches die
Arbeiter vorziehen, obgleich man ihnen Gummihandschuhe zur Disposition gestellt hat.
Nach einem halbstündigen Durchkneten der Masse ist sämmtliches Nitroglycerin von der
Kieselgur aufgesogen und das Dynamit fertig zum Einfüllen in die Patronen. Letztere
sind einfache Cylinder und müssen von Pergament angefertigt sein, da gewöhnliches
Papier Nitroglycerin einsaugt und hierdurch zu großer Gefahr von frühzeitigen
Explosionen Veranlassung gibt. (Nach dem Engineer, März
1876 S. 171.)
Rg.