Titel: | Ueber die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wärme in einer Eisenstange; von C. Decharme. |
Fundstelle: | Band 221, Jahrgang 1876, S. 446 |
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Ueber die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wärme
in einer Eisenstange; von C.
Decharme.
Decharme, über die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wärme in einer
Eisenstange.
Um die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wärme in einem Metallstabe experimentell zu
untersuchen, notirte Decharme (Comptes rendus, 1876 t. 82 p. 731. 815) während der Erwärmung oder Abkühlung von
Minute zu Minute die Temperatur an verschiedenen Punkten des Stabes und stellte das
Phänomen durch Curven graphisch dar. Er bediente sich zu diesem Zwecke nach Depretz' Methode eines 1m langen und 21mm dicken, sehr homogenen Eisenstabes von
quadratischem Querschnitte. In diesem Stabe befinden sich Grübchen von 14mm Tiefe und 6mm Durchmesser, welche 20cm von einander und von beiden Enden
entfernt sind. Vier gleichzeitig angefertigte Thermometer mit kurzen Behältern,
welche die Temperatur bis auf 0,1° genau anzeigen, werden in diese mit
Quecksilber oder pulverisirtem Eisen gefüllten Grübchen gestellt. Der Stab ruht auf
den Kanten zweier Korkprismen. Als constante Wärmequelle dient ein Gasbrenner. Ein
großer Schirm schützt die Thermometer gegen die strahlende Wärme der Gasflamme. Die Temperatur
des Zimmers wird 20cm unterhalb des
Schirmes in einem Abstande von 3m vom
Metallstab abgelesen, und die Zeit mit Hilfe eines Secunden schlagenden Metronoms
oder einer Secundenuhr gemessen.
Folgendes sind nun die Resultate eines der Versuche. Die 4 Thermometer zeigten beim
Beginn 7,3°. Die Wärmequelle war genau an dem Ende des Stabes angebracht. Die
Wärme erreichte das Thermometer
I
20c
vom
Ende
entfernt
nach
1
Min.
II
40
„
„
„
„
4,5
„
III
60
„
„
„
„
10
„
IV
80
„
„
„
„
16
„
Diese Zeiten, welche von 1, 4, 9, 16 wenig differiren, zeigen,
daß die Fortpflanzungsgeschwindigkeit im umgekehrten Verhältnisse des Quadrates der
Entfernung der Thermometer von der Wärmequelle steht. Zur näheren Bestätigung dieses
Gesetzes wurden die Versuche unter veränderten Bedingungen wiederholt.
Die stationäre Periode war für die 4 Thermometer nach bezieh. 150, 190, 220 und 250
Minuten erreicht. Demungeachtet wurde die Erhitzung noch bis zu einer Dauer von 300
Minuten fortgesetzt. Die Thermometer zeigten alsdann 98,8°, 42,7°,
23°, 15,2°. Demgemäß betrug ihr Ueberschuß über die Temperatur der
umgebenden Luft (9,5°) bezieh. 89,3°, 33,2°, 13,5°,
5,7°. Der Brenner wurde zurückgezogen, worauf die Thermometer bald zu sinken
begannen. Erst 200 Minuten nach Entfernung der Wärmequelle erreichten sie die
Temperatur der umgebenden Luft, welche sich während des Versuches nur um 2°
geändert hatte.
Der Gang jedes Thermometers wird durch eine besondere Curve dargestellt. Diese
besteht aus drei Abtheilungen, welche den drei Phasen der Erscheinung, der
Erhitzung, dem stationären Zustande und der Abkühlung entspricht. Deckt man die auf
das erste Thermometer bezügliche letzte Abtheilung der Curve auf die erste, so zeigt
es sich, daß sie mit dieser keineswegs übereinstimmt. Der Bogen, welcher die Periode
der Abkühlung darstellt, hat eine weniger ausgesprochene Krümmung als derjenige der
Erwärmung, d.h. die Abkühlung geht langsamer vor sich als die Erwärmung. Es lassen
sich übrigens auch die Geschwindigkeiten durch eine Curve darstellen, wodurch der
Unterschied zwischen Erwärmung und Abkühlung noch deutlicher hervortritt.
Mit Hilfe der numerischen Daten hat Verfasser die Curven construirt, welche
gleichzeitig entweder die Temperatur der 4 Thermometer, oder ihren Ueberschuß über die
Temperatur der umgebenden Luft angeben. Man hat auf diese Weise ein System
synchronischer Curven, welche von 10 zu 10 Minuten die thermische Welle darstellen, wie sie sich in dem Metallstabe fortpflanzt.
Dieses graphische System setzt uns in den Stand, die allgemeine Frage zu lösen: die
Temperatur eines beliebigen Punktes der Metallstange, nach Ablauf einer bestimmten
Zeit während der Periode der Erhitzung oder Abkühlung und selbst während des
stationären Zustandes, zu finden.
Bei den oben erwähnten Versuchen wurde mit der Beseitigung der Wärmequelle jedesmal
gewartet, bis sämmtliche Thermometer den stationären Zustand erreicht hatten. Als
nun der Metallstab dem Einflusse dieser Wärmequelle entzogen wurde, so fing die
Temperatur in dem ersten Thermometer, kurz darauf in dem zweiten, und später in den
folgenden zu sinken an. Entfernt man aber den Brenner vor dem Eintritte dieser
Periode des Temperaturgleichgewichtes, so erhält man numerische Resultate, welche
auf ganz andere Curven als die obigen führen. Es ist dieses auch begreiflich, weil
ein Theil der Erwärmungs- und Abkühlungsperioden, sowie die ganze stationäre
Periode hinwegfällt. Man bemerkt in diesem Falle, daß die Wärme auch nach
Beseitigung ihrer Quelle in dem Stabe stetig sich fortpflanzt; sie scheint eine
gewisse Geschwindigkeit erlangt zu haben, welche sie nur allmälig verliert, und die
in verschiedenen Abständen von der Wärmequelle angeordneten Thermometer erreichen
ihre Maxima um so später, je weiter sie von der erhitzten Stelle entfernt sind.
Bei andern Versuchen erhitzte Verfasser den Stab unter gleichen Bedingungen während
5, 10, 15 und 20 Minuten, im Allgemeinen während der Zeiten T, 2 T, 3 T, 4 T... und fand zwischen diesen Zeiten und den Zeiträumen
t, t', t'', t'''..., welche vom Zeitpunkt der
Beseitigung der Wärmequelle bis zum Eintrittsmomente der Temperaturmaxima liegen,
folgende einfache Beziehung:
T + t = 2
T + t' = 3 T + t'' = C,
d.h. die Summe der beiden correspondirenden Zeitwerthe ist
eine constante Größe.
P.