Titel: Musmann's Expansionssteuerung.
Autor: Viktor Sirk
Fundstelle: Band 222, Jahrgang 1876, S. 419
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Musmann's Expansionssteuerung. Mit Abbildungen auf Taf. X [a/1]. Musmann's Expansionssteuerung. Der Vertheilungsschieber A dieser Steuerung (Fig. 1 bis 4) trägt auf dem Rücken den mit zwei Dampfcanälen versehenen Expansionsschieber B, welcher durch ein unter dem Voreilungswinkel (– δ') aufgekeiltes Excenter geführt wird. Die relative Bewegung dieser beiden Schieber erfolgt nach den durch Meyer's Doppelschiebersteuerung bekannten Gesetzen; doch wird an dem Spiegel MN kein die Dampfvertheilung beeinflussendes Abschneiden stattfinden, nachdem die Spalten am Grundschieber die erforderliche Breite aufweisen. Der obere Spiegel KL mit den Doppelspalten schleift an zwei dampfdicht abgerichteten Platten C, welche keine eigene Bewegung empfangen, sondern durch die Scheibe D und die beiden Schienen b und b' aus einander geschoben werden können, so daß die Kanten cd und ef näher an die correspondirenden äußern Kanten k und l des Expansionsschiebers rücken. Sodann wird an dem Spiegel KL ein durch die Stellung der festen Platten C bedingtes voreilendes Dampfabschneiden stattfinden. Die relative Wirkung der Schieber B und C bleibt unverändert, wenn man B feststehend und C durch das nacheilende Excenter bewegt denkt, oder wenn der Expansionsschieber über der expansiblen Zwischenwand C geführt wird. Der Steuerungsmechanismus charakterisirt sich demnach als solcher mit zwei Kammern, bei welchem die Expansionslappen nur mit einer Kante wirksam sind und jedem Einströmungscanal eine gesonderte Spalte in der Zwischenwand C entspricht. Den besten Einblick in die Wirkungsweise gestattet das Zeuner'sche Kreisdiagramm Figur 4. OD bedeutet den Kreis des Vertheilungs-, OE jenen des Expansionsschiebers. Ok ist die Entfernung el (Fig. 3) der den Dampf abschneidenden Kanten (negative äußere Ueberdeckung), mm₁ die Canalbreite a₀ des Expansionsschiebers am Spiegel KL. abcd ist das bekannte Einströmungsdiagramm des Grundschiebers am Spiegel HI, die Figur klmn jenes des Expansionsschiebers am Spiegel KL. Es ist zu beachten, daß eine Droßlung des Dampfes nicht stattfindet, weil zwei Einströmungsspalten von der Breite mm₁ geboten sind. Man hat außerdem das Parallelogramm der Excentricitäten zu verzeichnen und die Breite der Spalten am Spiegel MN gleich der relativen Excentricität dahin richtig zu stellen, daß kein vorzeitiges Absperren oder Drosseln des Dampfes am Spiegel MN erfolgt. Die Kurbelstellungen I und II zeigen die Momente der Eröffnung und Schließung des Grundschiebers, III und IV die des Expansionsschiebers an. Letztere Kurbelstellung entspricht dem Expansionsbeginn. Man ersieht, daß ein größeres OK eine schleichende Absperrung des Dampfweges verursacht, d.h. mit wachsender Füllung wird der Dampf mehr gedrosselt. Die obere Grenze der Füllung wird durch den Umstand bestimmt, daß bei wachsendem OK endlich die Kurbelstellungen III und II zusammentreffen, worauf eine Nacheinströmung einzutreten droht. Werden die verstellbaren Platten C aus einander gerückt, bezieh. OK verkleinert, so wird die Füllung immer geringer, bis man jenes Minimum des Füllungsgrades erreicht, bei welchem der obere Canal nicht mehr ganz eröffnet wird und daher ein Drosseln des Dampfes am Spiegel KL stattfindet. Die absurde Grenze der Minimalfüllung findet beim Drehwinkel δ' statt. Man muß daher den Nacheilungswinkel um so kleiner wählen, je geringere Füllungen erreicht werden sollen. Dabei verringert sich jedoch gleichzeitig die zulässige Maximalfüllung, so daß es nicht möglich ist, eine Variabilität des Füllungsgrades über 25 Proc. zu erreichen, und es wäre nur zwischen 10 und 35 Proc. Füllung eine entsprechende Wirkungsweise zu erzielen. Eine geringere Füllung als 10 Proc. kann nicht zur Anwendung kommen. Gegen Gonzenbach's oder andere Zweikammer-Steuerungen mag außer der geringern Abnützung und sichern Handhabung noch die Verringerung des nachströmenden Dampfvolums (des sogen. schädlichen Raumes der Expansionskammern) angeführt werden. Bei größern Schieberdimensionen würde man Schwierigkeiten begegnen, für höher gespannte Dämpfe eine Entlastungsvorrichtung anzubringen. Der Füllungsgrad mag direct durch einen kräftigen Regulator bestimmt werden. Es ist bei der vorgeführten Anordnung unmöglich, die Expansionsschieberplatte bei etwa gewünschtem geringem Füllungsgrade ganz wegzulassen, indem entweder gar kein Dampf zugelassen würde, oder eine Nacheinströmung stattfände. Mit Meyer's Expansionsplatten zeigt diese Steuerung (deren Einrichtung in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1876 S. 339 zuerst beschrieben ist) nur eine ähnliche Anordnung der Constructionstheile; Musmann's Expansionsvorrichtung ist unverkennbar eine Steuerung mit zwei Kammern und expansibler Zwischenwand. Viktor Sirk.

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