Titel: Ueber die betrügerische Färbung der Weine.
Fundstelle: Band 222, Jahrgang 1876, S. 475
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Ueber die betrügerische Färbung der Weine. (Schluß von S. 380 dieses Bandes.) Gautier, über die betrügerische Färbung der Weine. Gautier gibt dann noch folgenden systematischen Gang in Tabelle II an, die gewöhnlich angewendeten Farbstoffe in den verfälschten Weinen aufzufinden. Der zu untersuchende Wein wird mit 1/10 seines Volums einer Mischung von 1 Th. geschlagenen Eiweißes und 1,5 Th. Wasser versetzt und damit digerirt. (Sollte der Wein arm an Gerbstoffen, wenig zusammenziehend und wenig gefärbt sein, so füge man vorher einige Tropfen von frisch bereiteter wässeriger Tanninlösung hinzu.) Man läßt dann 30 Minuten stehen und filtrirt. Zu dem Filtrate setzt man tropfenweise Natriumbicarbonatlösung bis zur schwach sauren Reaction, was man an einer eigenen weinvioletten Farbe erkennt. Alle in der Tabelle angegebenen Reactionen sind mit der so bereiteten, ihres natürlichen Farbstoffes theilweise beraubten Flüssigkeit angestellt, ausgenommen die, welche sich auf die Auffindung des im Niederschlage enthaltenen Indigos beziehen. Tabelle II. Diese Tabelle bezieht sich vorzüglich auf die Farbenreactionen 3 bis 6 Monate alter Rothweine, bei welchen die fremden Farbstoffe 12 bis 25 Proc. der schließlichen Farbenintensität ausmachen. Was die Weißweine oder die Gemische von Wasser und Alkohol, nur mit künstlichen Farbstoffen gefärbt, anlangt, so sehe man nach Tabelle I. Es ist überall nur der Name der Substanz oder der Gruppe von Farbstoffen genannt; die Reactionen beziehen sich aber auf deren Gemische mit Rothwein. Durch einen „*“ sind jene Stoffe hervorgehoben, deren Reactionen im Allgemeinen deutlich und leicht zu beobachten sind, gegenüber jenen, welche mit dem Reagens eine nur schwer zu bemerkende oder unbeständige Färbung geben.       A) Den Niederschlag wäscht man aufdem Filter so lange aus, bis das abfließendeWasser fast farblos ist. Zwei Fälle sind möglich:       a) Niederschlag nach dem Auswaschenweinroth, lila oder kastanienbraun: natürlicherWein oder solcher, welcher durch die meistengenannten Stoffe gefärbt sein kann. – Man gehezu C.       b) Niederschlag von sehr dunkler Weinfarbe,violettblau oder bläulich: Wein aus dendunkelsten Trauben oder Indigoweine.– Man gehe zu B.       B) Der Niederschlag von A. b wird2 bis 3 Mal mit Alkohol bei 25° ausgewaschen,dann von dem Filter gebracht. Ein Theil wird mitAlkohol bei 85° gekocht und wieder auf einFilter gebracht:       a) Filtrat entweder rosenroth oderweinroth. Ein Theil des Niederschlages,mit wenig Wasser angerührt und vorsichtigmit Kaliumcarbonatlösung gesättigt,wird schmutzigbraun oder schwärzlichbraun:natürlicher Wein oder solcher, derdurch andere Stoffe, ausgenommenIndigo gefärbt ist. – Man gehe zu C.       b) Filtrat blau. Ein Theil des Niederschlages,wie in a behandelt, gibt eine dunkelblaue Flüssigkeit,welche durch mehr Alkali in Gelb übergeht: *Indigo.       C) 2cc des Weines werden nach derFarbenintensität mit 6 bis 8cc (soviel,daß nach der Farbenveränderung 1cc imUeberschuß ist) einer Natriumcarbonatlösung(1 : 200) behandelt:       a) Flüssigkeit wird violett oder blau,zuweilen weinroth: Fernambuk, Cochenille,Phytolacca, Fuchsin, *einigeWeine, frische rothe Rübe, Campeche,Heidelbeere, Sambucus nigra undS. ebulus, Phytolacca. – Man gehe zu D.       b) Flüssigkeit wird bläulichgrün, zuweilenmit sehr wenig lila oder weinroth: Wein,Malve, Ligustrum, Heidelbeere,Campeche, Sambucus nigra undS. ebulus, Phytolacca, Fuchsin.– Man gehe zu M.       c) Flüssigkeit wird grünlichgelb, ohne blauoder violett: alte rothe Rübe, Heidelbeere,einige seltene Weine. – Man gehe zu L.       D) Die Flüssigkeit von C. a läßt man             einen Augenblick aufkochen:       a) Es bleiben weinlila, rosenroth oderweinviolett gefärbt oder werden helllila:Fernambuk, Campeche, Cochenille,einige Weine. – Man gehe zu E.       b) Das Lila oder das wenige Weinrothverschwindet (kann ersetzt werden durchgelb oder schwach kastanienbraun oderrothgelb, wenn Phytolacca zugegen):Wein, Fuchsin, Sambucus nigraund S. ebulus, Heidelbeere, Phytolacca,frische rothe Rübe. – Man gehe zu F.       E) Eine neue Probe Wein von 4ccwird mit 2cc einer 10proc. Alaunlösungund mit 2cc einer 10proc. Lösung vonkrystallisirtem Natriumcarbonat behandelt.Den Niederschlag bringe man auf einFilterDie Anwendung des Alauns und des Natriumcarbonates zur Erkennung einiger fremder Stoffe aus der Farbe der Niederschläge rührt von Nees v. Essenbeck her. Man kann in dieser Weise Fernambuk und Campeche sehr gut charakterisiren; aber es ist fast unmöglich, aus der Farbe der Niederschläge auf etwas zu schließen, wenn der Wein, wie in unserer Probe, nur mit 12 bis 20 Proc. fremder Farbstoffe versetzt ist. Es versteht sich von selbst, daß man dann die Farbe der Filtrate beobachtet, wenn man die Reagentien genau abgemessen hat. Versäumt man letzteres und nimmt zu viel Reagens, so können Irrthümer eintreten, da z.B. der Niederschlag von Cochenille-Wein und der von nicht gefälschtem Weine fast dieselbe Farbe hat, während das Filtrat im ersten Falle rosenroth, im letzten farblos ist.:       a) Niederschlag hell gelblichgrün (gelblichgrünoder bläulich bei Gemischen vonAramon mit andern Weinen). – Dasfarblose Filtrat wird beim Erwärmenschwach grün. Das gleiche Volum essigsaureThonerdelösung von 2° B. entfärbtes größtentheils; nach dem Behandelnmit dem gleichen Volum bei 15° gesättigtenBaritwassers wird die Flüssigkeit hellgelbgrün, wenn sie mit Essigsäure angesäuertwird: *Reine Aramonweineoder mit andern Weinen gemischt.       b) Niederschlag grünlichblau oderschmutzig gelblichgrün, zuweilen schwachweinroth. Das rein rosenrothe Filtratentfärbt sich nach und nach beim Erwärmen,eine Spur Lila bewahrend, welchesin der Kälte durch Kalkwasser nicht entferntwird: *Cochenille.       c) Niederschlag violettweinroth, wirdan der Luft dunkler. – Filtrat bouteillengrünoder grau mit wenig kastanienbraun,wenn Campeche in großem Ueberschusse;wird ein wenig grün beim Erwärmen:*Campeche.       d) Niederschlag lila oder lilakastanienbraun.Filtrat gräulich mit kastanienbraun,nimmt nach dem Kochen die schöne Farbevon altem Wein an: *Fernambuk.       F) 4cc Wein werden wie in E behandelt;darauf fügt man 2 bis 3 Tropfeneiner sehr verdünnten Natriumcarbonatlösunghinzu und filtrirt:       a) Filtrat lila oder weinroth: Phytolacca,frische rothe Rübe. – Man gehe zu G.      b) Filtrat bouteillengrün oder kastanienbraungrün:Wein, Fuchsin, Sambucus nigra,Heidelbeere, rothe Rübe. – Man gehe zu H.       G) 2cc Wein werden mit 1cc einerBleizuckerlösung von 15° B. behandelt.Man bringe auf ein Filter:       a) Filtrat rosenroth, selbst nach Hinzufügungvon wenig Alkali; die Farbe verschwindet nachund nach beim Kochen; Kalkwasser zerstört sie:*Phytolacca.       b) Filtrat gelblich oder gelbroth:*Frische rothe Rübe.       H) Der Niederschlag von F. b war:       a) Dunkelblau. Man behandelt denWein mit einigen Tropfen essigsaurerThonerdelösung; er wird rein violett oderweinviolett: Sambucus nigra undS. ebulus. – Zu I.       b) Bläulichgrün, grün oder schwachrosenroth: Wein, rothe Rübe, Heidelbeere,Fuchsin. – Man gehe zu J.       I) Andere 2cc Wein werden nach dermehr oder weniger dunklen Farbe desselbenmit 1,5 bis 2cc einer 8proc. mitCO₂ gesättigten Natriumbicarbonatlösungbehandelt:       a) Flüssigkeit bleibt einen Augenblicklila und nimmt schnell einen grünlichblaugrauen Ton an. Eine neue Probemit Natriumcarbonat wie in C behandeltund gekocht, nimmt eine grünlich dunkelgraueFarbe an: *Sambucus nigra.       b) Flüssigkeit behält eine lila odermit kastanienbraune oder schmutziglilagemischte graue Farbe. Eine neue Probewie in C mit Natriumcarbonat behandeltund gekocht, verändert dabei die grüneFarbe in gelbroth: *Sambucus ebulus.       J) Eine neue Probe Wein von 5ccbehandelt man mit einigen TropfenAmmoniakflüssigkeit in geringem Ueberschuß.      Man kocht und läßt erkalten;dann setzt man 10cc Aether hinzu, decantirtund verdampft ihn vorsichtig, säuertden Rückstand mit wenig Essigsäure an:       a) Der Rückstand wird rosenroth:*Fuchsin.      b) Der Rückstand wird nicht roth:Wein, frische rothe Rübe, Heidelbeere.– Man gehe zu K.       K) Eine neue Probe des Weines wirdnach C mit Natriumcarbonat behandelt:       a) Das grünlichgraue Gemisch, zuweilenschwach violett, wird beim Erwärmendunkler oder gelbroth: Heidelbeere,frische rothe Rübe. – Zu L.       b) Das grünliche oder bläulichgrüneGemisch, zuweilen weinroth, entfärbt sichbeim Erwärmen: *Natürlicher Wein.       L) Eine neue Probe Wein behandeltman nach I mit Natriumbicarbonat:       a) Flüssigkeit dunkelgrau, schwachgrünlich, grün, zuweilen grün mit sehrwenig lila. Der mit dem gleichen Volumbei 15° gesättigten Baritwassers versetzteund nach 15 Minuten filtrirte Wein wirdschmutziggelb oder schwach grünlich; mitdem gleichen Volum essigsaurer Thonerdelösungvon 2° B. gibt er ein weinlilaFiltrat; durch einige Tropfen Kaliumaluminatverändert er die Farbe nicht.Mit Natriumcarbonat nach C behandelt,entfärbt sich die Flüssigkeit in der Wärme.Durch BaO₂ nach Tabelle I, Spalte Perhält man nach 24 Stunden eine kaumgeröthete Flüssigkeit mit oder ohne eineSpur eines orangefarbenen Niederschlages in Berührung mit BaO₂: *NatürlicherWein.      Erhält man durch Baritwasser einFiltrat von Madeira-Farbe, welches durchEssigsäure in chamoisfarben übergeht, durchBorax einen schwach bläulich dunkelgrünenTon annimmt, mit Alaun und Natriumcarbonatnach E einen schwach bläulichen,dunkel bouteillengrünen Niederschlag gibt,mit essigsaurer Thonerde roth bleibt undnicht bläulich violett wird, so hat man:*Gefärbten Wein.       b) Flüssigkeit röthlich gelb oder lilabraun. Durch Baritwasser nach L. a gelblichesFiltrat; durch essigsaure Thonerdehelllila Filtrat; durch einige TropfenKaliumaluminat zwiebelroth und bei Ueberschußvon diesem Reagens grün, vonkastanienbraun mißfarbig; durch Natriumcarbonatnach C eine Flüssigkeit, welchein der Wärme gelblich und gelbgrau wird,wenn die rothe Rübe frisch ist; mit BaO₂,nach Tabelle I angewendet, fleischfarbeneFlüssigkeit mit einem starken orangefarbenenNiederschlag in Berührung mit BaO₂:Alte oder frische rothe Rübe.Die lila, weinrothen oder kastanienbraunen Farben sind um so deutlicher, je frischer die Rübe ist; sie verschwinden jedoch sehr schnell und gehen in gelblich und in unter L. b angegebenen Farben über in dem Maße, als der Rübendecot alt ist.       c) Flüssigkeit gelblichgrau mit weniggrün oder gelbroth; durch Baritwassergelblich olivengrünes Filtrat; durch essigsaureThonerde bläulichviolettes oderviolettlila Filtrat; durch Kaliumaluminatrein rosenroth oder gelblichgrün, wennnoch Reagens hinzugesetzt wird; durchNatriumcarbonat nach C und beim ErwärmenFlüssigkeit dunkelgrau; durchBaO₂-Flüssigkeit entfärbt oder kaumrosenroth, mit einer Spur eines orangefarbenenNiederschlages in Berührung mitBaO₂: *Heidelbeere.       M) Das Gemisch von Wein und AlkalicarbonatC.b wird zum Kochen erhitzt:       a) Das Gemisch wird violett oderviolettlila: *Campeche.       b) Das Gemisch entfärbt sich odergeht in grünlichgelb, dunkelgrün oderkastanienbraun über: Natürlicher Wein,Heidelbeere, Malve, Ligustrum,Sambucus ebulus und S. nigra,Fuchsin, Phytolacca. – Man gehezu N.       N) Man behandelt den Wein mitAlaun und Natriumcarbonat nach E undfiltrirt:       a) Filtrat lila: *Phytolacca.      b) Filtrat bouteillengrün oder kastanienbraungrün: Natürlicher Wein,Heidelbeere, Malve, Ligustrum,Sambucus nigra und S. ebulus,Fuchsin. – Man gehe zu O.       O) Man setzt zu neuen 2cc Wein,nach der Farbenintensität, 3 bis 4cc einer                 bei 15° gesättigten BoraxlösungDiese Reaction ist von Moitessier angegeben, um eine Anzahl fremder färbender Stoffe im Weine zu erkennen. Weine, welche mit Fernambuk, Campeche, rothen Rüben, Phytolacca, Cochenille, Sambucus ebulus und S. nigra, Fuchsin, Ligustrum u.a. gefärbt sind, werden weinlila oder violett. Gautier hat gefunden, daß gewisse Weine, z.B. vollkommen reine Aramon- und zuweilen Carignane-Weine durch Borax ebenfalls weinlila oder grau mit schwach weinroth gefärbt werden.:       a) Flüssigkeit bleibt weinlila oderviolett: Sambucus nigra und S.ebulus, Heidelbeere, Ligustrum.– Man gehe zu P.       b) Flüssigkeit wird bläulichgrau, flachsblumengrau,grünlichgrau oder bläulichgrün,zuweilen mit ganz schwach violett:Reiner Wein, Heidelbeere, Malve,Fuchsin. – Zu R.       P) Man behandelt nach I eine neueProbe Wein:       a) Die Farbe, anfangs lila, geht sogleichin grau mit wenig kastanienbraunoder in ganz kastanienbraun über. Fügtman zu einer andern Probe Wein nachC Natriumcarbonat und kocht dann, sowird sie heller und verliert die grüneFarbe. Der Niederschlag, nach E erhalten,ist dunkel blaugrün: *Sambucusebulus (Attich).       b) Die Probe bleibt grüngrau, bouteillengrünoder gelblich; zuweilen (beiS. nigra) nimmt sie einen lila Ton an,welcher fast augenblicklich verschwindet undin bläulich grüngrau übergeht: Heidelbeere,Sambucus nigra, Ligustrum. – Zu Q.       Q) Eine neue Probe wird mit Alaunund Natriumcarbonat nach E behandeltund nach einiger Zeit filtrirt:       a) Niederschlag auf dem Filter dunkelblaugrün, Filtrat hell bouteillengrün.Eine andere Probe Wein, nach C mitNatriumcarbonat behandelt und gekocht,wird dunkler und grünlichgrau: *Sambucusnigra (Flieder).       b) Niederschlag grünlich oder hellblau;Filtrat hell bouteillengrün. Eine andereProbe, nach C mit Natriumcarbonat behandeltund gekocht, wird schmutziggelb:Ligustrum.       c) Niederschlag aschfarbengrün, schwachrosenroth; Filtrat bouteillengrün mitwenig kastanienbraun. Eine andere Probe,wie in C mit Natriumcarbonat behandeltund gekocht, wird dunkelgrau: Heidelbeere.       R) Eine neue Probe wird nach J mitAmmoniak und Aether behandelt:       a) Nach Verdunsten des Aethers wirdder Rückstand durch einige Tropfen Essigsäurerosenroth: *Fuchsin.       b) Rückstand wird nicht rosenroth:Natürlicher Wein, Malve, Heidelbeere.– Man gehe zu S.       S) Eine neue Probe wird mit demgleichen Volum einer essigsauren Thonerdelösungvon 2° B. behandelt:       a) die Farbe des Gemisches bleibtweinroth: Natürlicher Wein, Heidelbeere.Man trennt beide nach L. aund L. c.       b) Gemisch wird bläulich violett:Malve, Heidelbeere. – Man gehezu T.       T) Eine neue Probe wird nach E mitAlaun und Natriumcarbonat behandelt.Nach einiger Zeit filtrirt man:       a) Niederschlag grün mit schwachbläulichund rosenroth; Filtrat hell bouteillengrünmit schwach kastanienbraun. DurchBorax nach O und vorzüglich durch Concentrirenwird das Filtrat grau mit schwachviolett; durch Hinzufügung von 3cc Ammoniakflüssigkeit(10g Ammoniak in 100gWasser) zu 2cc Wein erhält man nachVerdünnen mit dem gleichen Volum Wassereine gelblichgraue, grünliche oder grünlichgraueFarbe. Die andern Reactionenwie in L. c: *Heidelbeere.       b) Schwach bläulichgrüner Niederschlag;Filtrat hell bouteillengrün; durch Boraxgrünlich blaugraue Flüssigkeit; durch Ammoniaknach T. a. wird die bouteillengrüneFarbe dunkler; durch essigsaure Thonerdenach S bläulich violette Färbung:Schwarze Malve. Dieser systematische Gang, Schritt für Schritt befolgt, gestattet, mehrere verschiedene Farbstoffe in demselben Weine aufzufinden. Schwieriger ist es, jeden Farbstoff in ein und demselben Weine zu bestimmen; arbeitet man jedoch mit Sorgfalt nach Tabelle I und II, so wird diese Aufgabe genügend gelöst. Es ist indessen gut, vor allem andern die Gegenwart oder Abwesenheit von Fuchsin zu constatiren. Hierauf geht man ganz nach Tabelle II vor. Um die Anwendung von Tabelle II noch deutlicher zu zeigen, möge eine Untersuchung von zwei verfälschten Weinen folgen. Der eine war mit Flieder, Fuchsin und Phytolacca gefärbt, der andere mit Flieder, Fuchsin und Cochenille. Nachdem in beiden Weinen die Abwesenheit von Indigo und die Gegenwart von Fuchsin festgesetzt und die Reactionen C. a, D. a und D. b in Tabelle II erhalten waren, wurde zu E sowie zu M und N übergegangen, denn in diesem Falle konnte das Fuchsin die Gegenwart von allen unter C. b angegebenen Farbstoffen verdecken. Die Behandlung mit Alaun und Natriumcarbonat nach E oder N lieferte einen dunkelblauen, etwas grünlichen Niederschlag mit den unter Q angegebenen Eigenschaften, was Flieder erkennen läßt. Aber während ein Wein, welcher nur Flieder und Fuchsin enthält, mit Alaun und Natriumcarbonat ein grünliches oder grünlichgelbes Filtrat geben müßte, war es in diesem Falle rosenroth. Nach der Tabelle II zeigten die Färbungen E. b und G. a Cochenille oder Phytolacca an. Auf Hinzusetzen von Kalkwasser zu dem rothen Filtrate des Albuminniederschlages des einen Weines verschwand die Farbe sofort, was Phytolacca anzeigt. Der andere Wein enthielt Cochenille, weil das Filtrat durch Kalkwasser nicht entfärbt wurde. Verfolgt man den Gang der Tabelle II, so gelangt man durch eine ganze Reihe von Reactionen zur Erkennung von einem oder mehreren fremden Farbstoffen, wie Flieder, Malve, Cochenille, Fuchsin u.s.w.; der Sachverständige sollte sich damit jedoch nicht begnügen. Die Gegenwart eines jeden nach Tabelle II gefundenen Stoffes sollte er durch weitere Reactionen noch sicherer feststellen, indem er alle in Tabelle I für den betreffenden Farbstoff gegebenen Reactionen vornimmt. Im Folgenden sind für jeden Farbstoff noch besondere Reactionen angeführt. Fernambuk- oder Brasilienholz-Wein. Nach einer Klärung mit 2 bis 3mal soviel Albumin, als oben angegeben, bleibt dieser Wein gefärbt. Er wird fahlgelb und an der Luft nach und nach schön roth. Die Reactionen A, D, G, H der Tabelle I sind sehr empfindlich (vgl. 1844 91 393). – Taucht man in diesen Wein einen vorher mit verdünnter Weinsäure getränkten Faden entschälter Seide, nimmt ihn nach 20 bis 24 Stunden heraus, wäscht aus und trocknet bei 60 bis 70°, so ist die Seide lila gefärbt mit deutlich kastanienbraun oder gelbroth; bei nicht gefälschtem Weine ist die Seide lila oder weinroth. Wenn man darauf die Seide in verdünntes Ammoniak taucht und damit einen Augenblick aufkocht, so wird sie, wenn Fernambuk zugegen war, gelbroth lila, dunkelgrau dagegen, wenn reiner Wein angewendet war. Nimmt man statt des Ammoniaks Kalkwasser, so wird die Seide mit Fernambuk aschgrau, die aus reinem Weine schmutzig und matt gelbroth. Taucht man endlich die durch Fernambuk gefärbte Seide in essigsaure Thonerde und erhitzt darauf zum Kochen, so behält sie ihre Farbe, was das Fernambuk von Campeche unterscheidet. Campeche-Wein. Wenn die Campechefarbe im Weine im Ueberschuß ist, so erhält dieser durch Ammoniak eine violette Nüancirung. Ist sie in kleinen Mengen vorhanden, so müssen die sehr empfindlichen Reactionen B, L, N der Tabelle I vorgenommen werden. – Taucht man in den mit Campeche verfälschten Wein einen Faden Seide und behandelt ihn wie beim Fernambuk, so bekommt er eine lila Farbe mit gelbroth oder kastanienbraun, welche durch verdünntes Ammoniak in Violettlila, durch grau geschwächt, durch essigsaure Thonerde in schön bläulich Violett übergeht (vgl. 1875 215 383) 217 416). Cochenille-Wein. Die Farbenreactionen A, B, H und K der Tabelle I sind sehr empfindlich; vor allem charakteristisch für Cochenille ist die Reaction K und kann höchstens mit Phytolacca verwechselt werden, welche aber durch die Reaction B Diese Reaction ist viel bequemer als die von Wurtz, Balard und Pasteur angegebene, welche darin besteht, den Wein mit dem gleichen Volum Baritwasser zu versetzen, zu filtriren, mit Essigsäure zu neutralisiren, wodurch der mit Cochenille und Fuchsin gefärbte Wein rosenroth wird, und darauf einige Tropfen Schwefelnatrium hinzuzufügen. Durch dieses Reagens verschwindet die Cochenillefarbe langsam, die Fuchsinfarbe dagegen augenblicklich. derselben Tabelle seine weinrothe oder rosenrothe Farbe ganz verliert. Reaction G ist weniger empfindlich. Mit Bleizucker erhält man nur dann einen violetten oder purpurrothen Niederschlag, wenn die Färbung durch Cochenille wenigstens 30 bis 40 Proc. der ganzen Farbenintensität beträgt (vgl. 1875 217 416). – Wenn man einen Faden entschälter Seide mit essigsaurer Thonerde beizt, ihn dann 20 Stunden lang in dem mit Cochenille gefärbten Weine liegen läßt, mit Wasser auswäscht und bei 100° trocknet, so erhält man eine weinrothe Farbe, welche sich durch essigsaures Kupfer bei 100° nicht verändert; in eine verdünnte Chlorzinklösung bei 100° getaucht, darauf mit Natriumcarbonat und mit Wasser ausgewaschen und endlich getrocknet, aber in schön Purpurroth übergeht, während der mit reinem Weine gefärbte Faden matt graulila bleibt. Ist die Cochenille in genügender Menge im Weine, so können darin mit dem Spectralapparate die charakteristischen Absorptionslinien beobachtet werden; unter 12 Proc. der Farbenintensität sind die Resultate nicht mehr zuverlässig. Die Cochenille verschwindet schnell aus dem Weine, indem sie sich in der Hefe niederschlägt. Fuchsin-Wein. Die verschiedenen Anilinfarben nehmen unter den Stoffen, welche zum Färben des Weines dienen, wohl eine der ersten Stellen ein. In Rouen, Bezièrs, Montpellier, Narbonne werden unter dem Namen „Colorine, Caramel“ u.s.w. Droguen verkauft, welche Gemische von Anilinfarben, Cochenille, Phytolacca, Sambucus u.s.w. sind und vorzüglich zum Färben des Weines gebraucht werden. Glücklicherweise sind die Anilinfarben leicht zu entdecken. Die Reaction J der Tabelle II ist sehr empfindlich. Um jedoch Spuren von Fuchsin zu finden, muß man sehr vorsichtig arbeiten. Das zugesetzte Ammoniak muß im Ueberschuß da sein; auch ist es gut, etwas zu erwärmen, weil sonst das salzsaure oder arsensaure Rosanilin durch Ammoniak nur theilweise zersetzt wird und im Aether ungelöst bleibt.Nach Faure enthält der Wein einen in Aether löslichen gelben Farbstoff, welcher kaum färbt, aber nach und nach bei Zutritt der Luft und des Lichtes rosenroth, dunkelroth und zuletzt violett wird. Der Nachweis des Fuchsins muß also schnell genug gemacht werden. Endlich sei noch bemerkt, daß die rosenrothe Farbe des Fuchsins oft vor dem völligen Verdampfen des Aethers erscheint. Eine sehr bequeme und schon alte Methode zur Erkennung des Fuchsins besteht darin, den Wein durch essigsaures Blei in geringem Ueberschuß zu fällen, zu filtriren und das Filtrat mit wenig Amylalkohol zu versetzen, welcher allen rothen Farbstoff dem Weine entzieht, wenn Fuchsin zugegen ist.Ivon hat vorgeschlagen, den Wein mit Thierkohle zu behandeln, zu filtriren, mit Wasser auszuwaschen und zuletzt die Kohle mit Alkohol zu erschöpfen; dadurch wird der von der Kohle zurückgehaltene Farbstoff aufgelöst. Gautier gibt an, daß 1g Thierkohle aus 10g Wein vollständig das Fuchsin entfernt. Viele andere Farbstoffe werden von Thierkohle ebenfalls zurückgehalten; auch ist man in diesem Falle nicht sicher, sie in der von Fuchsin befreiten Flüssigkeit wieder aufzufinden. Die beiden Reactionen B und M der Tabelle I sind für Fuchsin ebenfalls charakteristisch und sehr leicht zu beobachten. Ein Faden Seide wird durch mit Fuchsin versetzten Wein schön rosenroth gefärbt, durch reinen Wein mehr violett. Verdünnte Salzsäure verwandelt die Farbe des mit Fuchsin gefärbten Fadens in Gelb, mit reinem Weine in lebhaft Rosenroth. Mit essigsaurem Kupfer behandelt und bei 100° getrocknet, wird ersterer Faden dunkel violettroth, letzterer lila, durch aschgrau geschwächt. (Sehr empfindliche Reaction.) Alle Weine, welche Anilinfarben enthalten, sollten auf Arsen geprüft werden. – Das Fuchsin schlägt sich schnell in allen Weinen nieder. (Vgl. auch Comptes rendus, 1876 t. 83 p. 70.) Phytolacca-Wein. Dieses Fälschungsmittel wird jetzt weniger angewendet als vor einigen Jahren. Die Farbenreactionen A, G und vor allen C der Tabelle I sind für Phytolacca charakteristisch. Der durch Alaun und Natriumcarbonat erhaltene Niederschlag ist nur dann violett gefärbt, wenn die Färbung durch Phytolacca über 25 Proc. der ganzen Farbenintensität beträgt. Nach Duclaux (1874 213 262) wird mit Phytolacca gefärbter Wein durch nascirenden Wasserstoff ziemlich rasch entfärbt. Gautier hat in weniger als 24 Stunden Weine entfärbt, welche durch Phytolacca 12 bis 25 Proc. Farbenintensität erhalten hatten. Er verdünnt sie mit Wasser so weit, bis sie rosenroth sind und setzt zu 1cc dieser Flüssigkeit 1g granulirtes Zink und 1/2 Tropfen verdünnte Salzsäure. Obgleich sehr langsam wird auch reiner Wein und mit Fuchsin oder Cochenille versetzter durch nascirenden Wasserstoff entfärbt. Schwarze Malve-Wein. Die Blüthenblätter oder die ganzen Blumen von Althaea werden sehr viel zum Färben des Weines benützt. Er erhält dadurch nach einigen Monaten einen unangenehmen Geschmack (vgl. 1847 106 77) 1875 217 416). Die blaue Färbung, welche essigsaure Thonerde in mit Althaea gefärbtem Weine hervorruft, ist sehr empfindlich (Reaction N der Tabelle I). Nach Pasteur u.a. erhält man durch Hinzusetzen von 4 bis 5 Tropfen sehr verdünnter Natriumaluminatlösung zu 1cc mit Wasser bis rosenroth verdünnten Weines eine violette Färbung (Reaction O der Tabelle I); aber dieselbe Färbung gibt mit Sambucus ebulus, S. nigra und Heidelbeere gefärbten Wein. Man kann jedoch die drei Farbstoffe in folgender Weise unterscheiden: Setzt man zu dem Weine einen kleinen Krystall Eisenvitriol, darauf einige Tropfen wässeriges Brom, so wird natürlicher Wein gelb, Wein durch Althaea gefärbt lebhaft violett, durch Sambucus nigra (Flieder) dunkelblau und durch S. ebulus (Attich) schmutzig gelblich grün. Löst man einen kleinen Krystall Eisenalaun in den Abkochungen von Althaea, Sambucus ebulus und S. nigra auf, so wird die Malve gelb, ohne sich niederzuschlagen, Sambucus nigra schlägt sich nieder und die Flüssigkeit wird grün. Mit S. ebulus und Heidelbeere erhält man auch einen Niederschlag, aber die Flüssigkeit ist braun. Natürlicher Wein gibt einen Niederschlag, aber die Farbe der Flüssigkeit ist weniger braun als vorher. Später wird gezeigt, wie Sambucus ebulus und Heidelbeere neben einander erkannt werden. Rothe Rübe-Wein. Es ist gerade nicht vortheilhaft, die rothe Rübe zum Färben des Weines anzuwenden. Durch Zersetzung verliert die Farbe sehr an Intensität und geht auch bei frischen Rüben sehr schnell in Roth oder Ranziobraun über. Im Allgemeinen wird die rothe Rübe auch nur zum Verdünnen von gewissen Gemischen benützt. Die Reaction C der Tabelle I, wenn die Rübe frisch ist, und D, E und F derselben Tabelle sind charakteristisch. Sambucus nigra undS. ebulus-Wein. Die Beeren dieser beiden Pflanzen dienen im Norden Frankreichs dazu, geringe Weißweine zu färben. Sie geben den Weinen einen unangenehmen Geruch. Im Süden und in Spanien werden die Beeren zum Färben der Rothweine gebraucht, in Spanien und vorzüglich in Portugal, um gewissen sehr Alkohol und Zucker reichen Weinen eine besondere Farbe und einen besondern Geschmack zu verleihen (Portwein). Zu Fismes, Paris, Poitiers u.a. wird durch Mischen und Keltern von 250 bis 500g Fliederbeeren, 30 bis 60g Alaun und 800 bis 600g Wasser eine geeignete Flüssigkeit zum Färben erhalten. Maumené Traité du travail des vins, p. 417. fand in so gefälschten Weinen in 1l 4 bis 7g Alaun. Wie schädlich ein solches Getränk, ist leicht einzusehen. Man ersetzt zuweilen den Alaun durch Weinsäure, aber die Klugheit oder, wenn man will, die Ehrlichkeit der Betrüger geht selten so weit. Mit Sambucus gefärbter Wein ist stets auf Alaun zu prüfen (vgl. 1844 91 394). Mit Alaun und Natriumcarbonat (Reaction der Tabelle I) geben die mit Sambucus gefärbten Weine einen dunkel blauvioletten Niederschlag. Diese Reaction ist sehr zuverlässig, zumal wenn man sie vergleichsweise mit dem natürlichen Weine anstellt. Die grünen Färbungen durch Ammoniak können zu Irrthümern führen. Natriumaluminat und Natriumacetat sind auch nicht zu empfehlen. Beizt man ein Stück Flanell oder einen Faden Seide mit essigsaurer Thonerde, erwärmt mit dem Weine so lange, bis 1/20 der Flüssigkeit verdampft ist, wäscht mit Wasser aus und taucht in ein Röhrchen mit sehr verdünntem Ammoniakwasser, so wird die Probe grün bei natürlichem Weine, dunkelbraun dagegen, wenn mit Sambucus nigra gefärbt ist. Dieselbe Reaction kann auf S. ebulus angewendet werden. Sollte man trotzdem noch Zweifel hegen, so versuche man die bei der schwarzen Malve gegebenen Reactionen von Pasteur u.a. Ligustrum-Wein. Ligustrum wird sehr wenig angewendet, am wenigsten in Frankreich. Das Ligustrin, welches Weißweine und andere alkoholische Flüssigkeiten violettroth färbt, verliert bald an Intensität, vorzüglich wenn es in Zersetzung begriffen ist, und gibt dann den Weinen eine nur schwache rothe Farbe. Wie der echte Farbstoff des Weines wird es durch freie Alkalien und Alkalicarbonate blau oder grün, durch Bicarbonate grün oder grau, unterscheidet sich aber dadurch von demselben, daß Borax seine Farbe nur wenig verändert. Die Reactionen N und P der Tabelle I dürfen nicht vernachlässigt werden. Heidelbeeren-Wein. Der Farbstoff der Heidelbeeren wird nicht viel in den französischen Weinen angetroffen. In Paris und in der Schweiz kommt er in einigen weinartigen Flüssigkeiten vor. Die wenig alten Heidelbeeren geben schwach weinrothe Lösungen, alte in Zersetzung begriffene schön violette. In Reaction L. c der Tabelle II sind die Hauptmerkmale zur Erkennung dieses Farbstoffes angeführt. (Vgl. auch 1875 217 416.) Man sollte die Weine, in welchen man Heidelbeersaft vermuthet, immer auf Citronensäure prüfen, weil die Gegenwart derselben eines der besten Anzeichen genannten Farbstoffes ist. Indigo-Wein. Die Reactionen A. b und B. b der Tabelle II sind für Indigo so charakteristisch, daß sie allein schon unzweifelhaft die Gegenwart dieses Farbstoffes beweisen. Wird der Wein mit der angegebenen Vorsicht geklärt, so ist die Menge des darin bleibenden Indigos so gering, daß der Wein ganz die Eigenschaften eines reinen hat. Das Albumin schlägt die kleinsten Spuren von Indigo in Form einer nur sehr geringen Fällung nieder. Eine Grenze für die Menge des nachweisbaren Indigos scheint es nicht zu geben, da Gautier noch viel weniger als 0,000001 Theil im Weine entdecken konnte. Im Allgemeinen sind 50cc Wein zum Nachweis erforderlich. – Wird ein Faden Seide oder ein Stück Wolle, mit essigsaurer Thonerde gebeizt, mit 20 bis 40cc Wein bis fast zur Trockne eingedampft, mit Wasser ausgewaschen und in eine schwach ammoniakalische Flüssigkeit getaucht, so färbt sich die Probe schmutziggrün bei natürlichem Weine, blau dagegen, wenn eine Spur Indigo zugegen ist. Oft wird der Indigo dem Weine mit der Absicht zugesetzt, andere zu stark färbende Stoffe, wie Fuchsin und Cochenille, zu verdecken. Man sollte daher immer in den von Indigo durch Klärung befreiten Flüssigkeiten jene Farbstoffe aufsuchen. Außer den hier angeführten werden noch mehrere andere Stoffe, wie das Färbermoos, die Sulfopurpureosäure, Sulfoalizarinsäure und ihre Salze, wenn auch nicht oft, zum Färben des Weines angewendet.