Titel: Historische und kritische Betrachtungen über die neueren Veränderungen und den gegenwärtigen Zustand des europäischen Münzwesens; von Karl Karmarsch.
Autor: Prof. Karl Karmarsch [GND]
Fundstelle: Band 223, Jahrgang 1877, S. 117
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Historische und kritische Betrachtungen über die neueren Veränderungen und den gegenwärtigen Zustand des europäischen Münzwesens; von Karl Karmarsch. (Fortsetzung von S. 16 dieses Bandes.) Karmarsch, Betrachtungen über das europäische Münzwesen. IV. Die Münzenformate. A. Die Münzenformate an sich betrachtet. In dem Formate der Münzen ist zu betrachten: der Durchmesser, die Dicke und das aus diesen beiden Dimensionen so wie dem specifischen Gewichte des Metalles hervorgehende absolute oder Brutto-Gewicht der Stücke. Setzt man einstweilen die Dicke – deren Verhältniß zum Durchmesser vernünftiger Weise nur innerhalb ziemlich enger Grenzen schwanken kann, also annähernd von dem Durchmesser bestimmt wird – beiseite, so ist klar, daß der Begriff eines für den Zweck des Geldes angemessenen Formats alle Münzen ausschließt, welche für den bequemen Gebrauch zu groß und zu schwer, oder zu klein und zu leicht sind. Für die hier aufwärts und abwärts einzuhaltenden Grenzen gibt es kein anderes Gesetz als das von der Erfahrung an die Hand gegebene, und bei der Verschiedenheit der Ansichten wird sich über diesen Gegenstand einigermaßen streiten lassen. Allein die große Mehrheit der aufmerksamen Beobachter wird doch zugeben, daß z.B. der deutsche Vereins-Doppelthaler von 41mm Durchmesser und 37g Gewicht zu groß, anderseits der preußische Halbe-Silbergroschen von 15mm und 1g,09 zu klein war. Stellt man daneben einige der beliebtesten und angenehmsten Münzenformate größter und kleinster Art, so darf gesagt werden, daß die Grenzen der Zulässigkeit etwa durch 17 und 38mm beziehungsweise 2 und 28 oder 30g auszudrücken seien. Vergangene Zeiten haben über diese Grenzen hinaus vielfach sich verirrtDie größten Geldstücke des 19. Jahrhunderts sind wohl in Silber die Genfer Zehnfrank-Stücke von 1848 und 1851 (48mm – 55g,022), in Kupfer russische Stücke zu 5 Kopeken von 1802 bis 1809 (43mm – 50 bis 56, gesetzlich 51g,189)., und die Fortschritte zum Bessern sind unläugbar; aber auch neueste Münzordnungen, obwohl sie meist weit richtigeren Grundsätzen huldigen, sind noch nicht gänzlich frei von Verstößen. Als Belege mögen nur angeführt werden: In Gold: der nordamerikanische Dollar (13 und 15mm – 18,671) und das Fünsfrank-Stück (14 und 17mm – 1g,612) als zu klein; unser noch nicht geprägtes, aber in Aussicht genommenes Fünfmark-Stück (17mm – 1g,991) steht scharf auf der Grenze.In dem ursprünglichen Entwurfe des Reichs-Münzgesetzes fehlte das Fünfmark-Stück, welches die beigefügten Motive ausdrücklich für „zu klein“ erklärten. Es ist aber neuerlich zur Begründung der Nothwendigkeit des goldenen Fünfmark-Stückes angeführt worden, daß ohne dasselbe es an einer Goldmünze für kleinere Zahlungen gebreche und daraus der Zwang entstehe, mehr Silber zu prägen, als für die gesicherte Aufrechthaltung der Goldwährung gut sei. Allein die sechzigjährige Erfahrung Englands (wo kein kleineres Goldstück als der dem deutschen Zehnmark-Stück entsprechende Halb-Sovereign besteht) scheint diese Ansicht nicht zu unterstützen. Als entgegengesetzte Extreme treten die californischen 50- und 90-Dollar-Stücke (83,59 beziehentlich 150g,46) auf. In Silber hat man das neue skandinavische 10-Oere-Stück (15mm – 1g,45), das französische 20-Centim-Stück (15mm – 1g), das deutsche 20-Pfennig-Stück (16mm – 1g,11); in Bronze den französischen Centim (15mm – 1g). Das Verhältniß zwischen dem Durchmesser und der Dicke der Münzen ist ein Umstand von erheblicher Bedeutung. Je größer bei gleichem Gewichte die Dicke, desto kleiner ist die Oberfläche, desto weniger Angriffspunkte für die Abnutzung sind also geboten; aber ein zu dickes Geldstück wird plump und unbequem. Zu dünn, fällt die Münze blechartig aus, ist dem Verbiegen ausgesetzt und hat den Fehler, daß sie nicht genug Körper für ein kräftiges dauerhaftes Gepräge besitzt. Die meisten Münzen der Gegenwart treffen im Dickenverhältniß nahezu die richtige Mitte und bekunden damit einen anerkennenswerthen Fortschritt; doch sind Ausnahmen vorhanden, und man muß z.B. die jetzigen österreichischen 10- und 20-Kreuzer, die französischen 20-Centim- und die deutschen 20-Pfennig – Stücke für zu dünn erklären. In der That ist die geringe Dicke dieser Sorten nur dadurch hervorgegangen, daß man ihnen bei dem festgesetzten Gewichte einen entsprechenden Durchmesser geben wollte. Im Allgemeinen ergibt sich allerdings die Nothwendigkeit, kleine Münzen relativ ein wenig dünner zu machen, damit ihre Fläche nicht zu klein wird. Nach den besten Mustern habe ich eine praktische Regel zur Berechnung des zweckdienlichsten Durchmessers abgeleitet, welche durch folgende Formel ausgedrückt wird: D = ∛G . P, worin D den gesuchten Durchmesser in Millimeter, G das Gewicht des Münzstückes in Gramm, und P eine aus der Erfahrung abgeleitete Zahl bedeutet. P ist zu setzen: für Gold durchgängig = 11,3 Silber bei mehr als 158 Gewicht = 12,4 desgleichen bei 5 bis 15g = 13       „          bei 2,5 bis 5g = 13,5       „          unter 28,5 = 14 Kupfer, Bronze und Nickelkupfer = 13. Man wird also aus dem Gewichte der Münze die Cubikwurzel ziehen und diese mit der dem Falle entsprechenden Zahl aus vorstehendem Verzeichnisse multipliciren. Ich werde nun tabellarisch darstellen, wie sich in einigen der bedeutendsten unter den jetzt geltenden Münzsystemen die wirklichen Durchmesser gegen die nach obiger Formel berechneten verhalten. BezeichnungderMünzen. Gewicht. Durchmesser wirklich. berechnet.    g mm mm Oesterreich-Ungarn. GoldDie vierfachen Dukaten sind nicht Gegenstand des gewöhnlichen Umlaufs; die Stücke zu 20 und 10 Franken (den französischen an Gehalt, Gewicht und Größe gleich) stehen ungeachtet oder grade wegen ihrer gleichzeitigen Bezeichnung als 8 und 4 Gulden im Conflict mit der herrschenden Silberwährung und deren Decimalsystem. Dukaten *         3,490 20    17,1 Silber. Doppelgulden       24,691 36 36 Gulden       12,345 29 30 Viertelgulden         5,341 23    22,7 20 Kreuzer *         2,666 21    18,7 10     „ *         1,666 18    16,6 Kupfer.   4     „       13,333 27    30,5   1     „         3,333 19    19,4   0,5  „ *         1,666 17    15,4 Frankreich. Gold. 100 Frank       32,258 35    35,1   50   „       16,129 28    28,5   20   „         6,451 21 21   10   „ *         3,225 19    16,7     5   „ *         1,612 17    13,2 Silber.     5   „ 25 37    36,2     2   „ 10 27 28     1   „   5 23    23,1   50 Centim      2,5 18    18,3   20     „ *   1 15 14 Bronze.   10     „ * 10 30 28     5     „ *   5 25 22,2     2     „ *   2 20 16,4     1     „ *   1 15 13 Bezeichnung der Münzen. Gewicht. Durchmesser wirklich. berechnet.   g mm mm Großbritannien. Gold. Sovereign   7,988 22    22,6 Halb-Sovereign *   3,994    19,5    17,9 Silber. Krone 28,276 38    37,8 Halbkrone 14,138 32    31,4 Florin 11,310 30    29,2 Schilling   5,655    23,7    23,1 Sixpence   2,828    19,4 19 Fourpenceund   1,885  1,885    17,6   16,4    17,3   17,3 Threepence   1,414    16,3    15,7 Twopence   0,942    13,4    13,7 Halfthreepence   0,707    12,4    12,4 Penny   0,471    11,2    10,9 Bronze. Penny *   9,449    30,5    27,5 Halfpenny *   5,670    25,4    23,2 Farthing *   2,835    20,3    18,4 Rußland. Gold.   5 Rubel *   6,544    22,7    21,1   3    „ *   3,926 19    17,8 Silber. Rubel * 20,731    35,5 34 50 Kopeken 10,366    28,5    28,3 25    „ *   5,183 24    22,5 20    „ *   3,599 22    20,7 15    „   2,699    19,6    18,7 10    „   1,799    17,5 17   5    „ *   0,899 15    13,5 Bronze.   5    „ 16,352    32,5 33   3    „   9,820    27,2    27,8   2    „   6,532    24,2    24,3   1    „ *   3,244    21,5    19,2 1/2   „   1,600 16    15,2 1/4   „ *   0,800 13 12 Nordamerika. Gold. 20 Dollar 33,436    33,2    36,4 10    „ 16,718    26,8    28,9   5    „   8,359 21    22,9 3      „   5,015 20    19,3 2 1/2 „   4,179 18    18,2 1      „ *   1,671 15    13,4 Silber. Trade-Dollar 24,494 38 37 50 Cent 12,441    30,7    30,1 25   „   6,221    24,2    23,9 10   „   2,488 18 19   5   „   1,244    15,3 15 Nickel.   5   „ 5 20    22,2   3   „ *   1,944    17,5    16,2 Bronze.   2   „   6,221 22    23,9   1   „   3,110 19 19 Bezeichnung der Münzen. Gewicht. Durchmesser wirklich. berechnet.   g mm mm Deutsches Reich. Gold. 20 Mark       7,964    22,5    22,5 10   „ *       3,982    19,5    17,9   5   „ *       1,991 17    14,2 Silber.   5   „     27,777 38    37,5   2   „     11,111 28 29   1   „       5,555 24 23 50 Pfennig *       2,777 20 19 20     „ *       1,111 16    14,5 Nickel. 10     „ 4 21    20,6   5     „    2,5 18    17,6 Bronze.   2     „        3,333 20    19,4   1     „ * 2    17,5    16,4 Durch das Zeichen * findet man diejenigen Sorten angedeutet, welche merklich dünner sind als die Regel, einem consequenten Systeme entsprechend, ergeben würde; mit † die zu dick ausgefallenen. Gegen 30 Fälle der erstem Art bemerkt man nur 6 der letztern, indeß bei 45 Sorten, also der Mehrzahl und namentlich solchen, welchen unzweifelhaft ein gefälliges Format zuerkannt werden muß, die Regel sich bewährt. Die Abweichung durch zu geringe Dicke ist meist durch die Nothwendigkeit veranlaßt, bei Münzen kleinster Art einen gar zu geringen Durchmesser zu vermeiden; dies trifft aber zum Theil (in 11 Fällen) Stücke von weniger als 2g Gewicht, welche besser ganz ferngehalten würden. Manchmal mag die Rücksicht auf eine genügende Verschiedenheit des Durchmessers in den Sorten einer und derselben Gruppe bestimmend gewirkt haben; einzeln ist das Bestreben sichtbar, den Abstufungen einfache und in deutlicher Beziehung zu dem landesüblichen Längenmaße stehende Größen zu geben (bei den französischen Bronzemünzen). In den englischen kleinsten Silbersorten hat man es nicht gescheut, angemessene aber praktisch viel zu geringe Durchmesser einzuführen; doch sind diese Miniaturmünzen nicht für den regelmäßigen Umlauf bestimmt (die sogenannte Maundy money, Gründonnerstags-Münzen). Ein beachtenswerther Vortheil ist es, wenn die Münzen in ihrer Durchmessergröße solche Bruchtheile des Längenmaßes darstellen, daß durch die Aneinanderreihung einer gewissen Anzahl Stücke ein größeres Maß mit für die Praxis oft hinreichender Genauigkeit gebildet wird. Dies ist bei den Bronzemünzen Frankreichs erreicht, indem 10 Stück zu 10 Centim 300mm, 10 zu 5 Centim 250mm, 10 zu 2 Centim 200mm, 10 zu 1 Centim 150mm ausmachen und durch Zusammenlegung verschiedener Stücke alle Längengrößen von 15mm aufwärts in Abstufungen von 5mm hervorgebracht werden können; von den Bronzemünzen Großbritanniens machen 10 Penny- oder 12 Halfpenny-Stücke oder 15 Farthings die Länge eines englischen Fußes. Viel wichtiger aber ist eine rationale Gewichtgröße der Münzen, damit nicht nur jeder die Richtigkeit des Gewichtes leicht prüfen und auf diesem einfachen Wege meist falsche Stücke als solche erkennen kann, sondern auch die Münzen fähig werden, im Nothfalle und bei passenden Gelegenheiten selbst als Gewichtstücke zu dienen. Bei den Silber- und Bronzemünzen Frankreichs und Italiens ist dieser Zweck sehr schön erreicht, indem sie eine Gewichtscale von 1, 2, 2 1/2, 5, 10 und 25g darbieten, man also – um so zu sagen – einen brauchbaren Satz Gewichte ungesucht in der Tasche trägt. Damit übereinstimmend sind die neuen spanischen Münzen seit 1869 : 5 und 2 Pesetas, 1 Peseta, 50, 20, 10, 5 und 2 Centimos, 1 Centimo; in Griechenland seit 1868 : 5, 2 und 1 Drachme, 50, 20, 10, 5 und 2 Lepta, 1 Lepton; in Rumänien seit 1867 : 2 Lei, 1 Leu, 50, 10, 5, 2 Bani, 1 Banu; in Serbien seit 1868 : 2 und 1 Dinar, 50, 10, 5, 1 Para. In Schweden, Norwegen und Dänemark haben seit 1873 die Silber- und Bronzemünzen folgendes Gewicht wenigstens größtentheils in ganzen Zahlen von Grammen: Doppelkrone 15; Krone 7,5; 50 Oere 5; 40 Oere (eine Sorte, deren im Gesetz zugelassene Prägung wohl schwerlich erfolgen wird) 4; 25 Oere 2,42; 10 Oere 1,45; 5 Oere 8; 2 Oere 4; 1 Oere 2g. Die Niederlande haben das Dritthalbgulden-Stück mit 25, den Gulden mit 10, den Halbgulden mit 5g Gewicht. – Was hat nun das Deutsche Reich in solcher Beziehung gethan? Die Gewichte seiner Silbermünzen zeigen Brüche von ein, fünf und sieben Neuntel Gramm, der Doppelpfennig den Bruch ein Drittel Gramm – Größen, die mit dem metrischen Gewichtsatze streng genommen gar nicht zu wägen sind und denen das Decimalsystem widerstrebt. Man hätte den Uebelstand in Betreff des Silbers außerordentlich leicht vermieden, wenn statt der Silberlegirung zu 0,900 jene zu 833 1/3 = fünf Sechstel gewählt worden wäre, deren Zweckmäßigkeit ich bereits weiter oben gezeigt zu haben glaube. Dann hätte, bei der angenommenen Ausbringung des Pfundes Feinsilber zu 100 Mark, in einfachen Zahlen gewogen: das   5 Mark-Stück 30g   2-      „ 12   1-      „   6 50-Pfennig-Stück   3 20-      „   1,2. Diese Anordnung ist in der That rechtzeitig bei einflußreicher Stelle erfolglos angerathen worden. Was andere Staaten außer den schon genannten und in der besprochenen Hinsicht leisten, ist freilich auch nur sehr lückenhaft und unvollkommen. In Oesterreich wiegt das Stück von 20 Kreuzer 2 2/3, von 10 Kreuzer 1 2/3, von 4 Kreuzer 13 1/3, von 1 Kreuzer 3 1/3, von 0,5 Kreuzer 1 2/3g (wonach wenigstens durch Zusammenlegung von nur 2 oder 3 Stücken eine ganze Zahl herauskommt!); in Großbritannien gehen vom Penny 3, vom Halfpenny 5, vom Farthing 10 Stück auf eine Unze des Handelsgewichtes; in Rußland wiegen die Bronzemünzen zu 5, 3, 2, 1, 1/2, 1/4 Kopeken beziehentlich 368, 221, 147, 73, 36, 18 Doli; in Nordamerika ist von den Nickelmünzen das Stück zu 5 Cent auf 5g, jenes zu 3 Cent auf 30 Troy-Grän festgesetzt, von den Bronzemünzen der Doppelcent auf 96, der Cent auf 48 Troy-Grän. B. Die Münzenformate im Vergleich mit einander als Glieder eines Systems. Folgende Forderungen sind in dieser Beziehung an jedes Münzsystem zu stellen, wenn dasselbe als richtig und zweckmäßig geordnet anerkannt werden soll: 1) Daß das System durch seinen Inhalt und seine Gliederung den Bedürfnissen sowohl des großen als des kleinen Geldverkehrs genüge. 2) Daß es aber so wenig Sorten (d.h. an Werth verschiedene Stücke) enthalte, als unter Berücksichtigung des praktischen Bedürfnisses möglich ist; daß also nicht Stücke von zu geringem Werthunterschiede neben einander bestehen. 3) Daß sämmtliche Sorten durch ihre Größe auffallend genug von einander verschieden seien, um nicht leicht eine Verwechslung selbst bei flüchtigem Ansehen befürchten zu lassen. 4) Daß die Verschiedenheit der Größe sich auch auf die Stücke von verschiedenem Metalle erstrecke, um den Empfänger, namentlich bei Aufzählung größerer Beträge, nicht der Gefahr auszusetzen, zwischen Silberstücken ein Nickelkupfer- oder versilbertes Kupfer-(Bronze-)Stück, zwischen Gold ein vergoldetes geringwerthiges Stück unerkannt anzunehmen, ebenso auch die ausgebende Person vor dem aus einer Verwechslung entstehenden Nachtheile zu bewahren. 5) Daß jede Sorte rücksichtlich des Werthes eine einfache, leicht aufzufassende und im Gebrauch bequeme Beziehung zur Münzeinheit sowohl als zu den ihr nach oben und unten zunächst stehenden Gliedern des Systems habe. 6) Daß alle in Zahlungen vorkommenden Werthbeträge sich mit möglich kleinster Stückzahl und thunlichst ohne Zuhilfenahme kleiner Theilstücke, daneben aber für den Nothfall durch möglichst viele verschiedene Zusammenlegungen von Münzen darstellen lassen. Es wird nicht unangemessen sein, den durch diese Forderungen gegebenen Maßstab an mehrere und namentlich an die oben in einer Tabelle verzeichneten Münzsysteme der Gegenwart zu legen, um zu erkennen, ob und wie weit diese hierin Genüge leisten. Der ersten Forderung wird in allen Staaten zur Zufriedenheit, ja in einzelnen übermäßig entsprochen. Von Ueberfluß ist in Frankreich das 100- und das 50-Frank-Stück, und thatsächlich ist die Prägung dieser beiden Sorten unbedeutend: bei ihrer Einführung (1855) wurde beabsichtigt, von jeder derselben nur 2 Procent des Werthes der gesammten Goldmünzung zu verfertigen, nach Stückzahl unter 62350 Goldmünzen aller Art 200 zu 100 Frank und 400 zu 50 Frank. Eine gleich unpraktische Rolle würden in England die doppelten und fünffachen Sovereigns spielen, wenn sie – wie das dortige Münzgesetz allerdings gestattet – je geprägt worden wären, was nicht der Fall zu sein scheint. Ein Mangel ist dagegen in Oesterreich das Nichtvorhandensein des halben Guldens. Zur zweiten Forderung sei vor allem die Zahl der Münzsorten in den verschiedenen Staaten übersichtlich zusammengestellt; sie beträgt: Gold. Silber. Nickel-Kupfer. Kupferoder Bronze. Zusammen. in Oesterreich 2Die 8- und 4-Gulden-Stücke sind Reichsmünzen, die Dukaten nur Handelsmünze. 5 3 10 Frankreich 3Mit Weglassung der beiden größten Stücke, deren Nutzlosigkeit durch ihr ganz seltenes Vorkommen nachgewiesen ist. 5 4 12 Großbritannien 2    5Mit Auslassung der Halbkrone (welche zum Aussterben bestimmt und durch den Florin ersetzt ist), sowie ferner des einen 4-Pence-, des 3-, 2- und 1 1/2-Pence-Stückes sowie des silbernen Penny, welche nicht zum gewöhnlichen Umlaufe im Lande selbst dienen. 3 10 Rußland 2 7 6 15 Nordamerika 6Die californischen Stücke von 90, 50, 1/2 und 1/4 Dollar sind Privatmünzen und werden in den Regierungskassen nicht angenommen.    3Ohne den jetzigen (Handels-) Dollar und das silberne 5-Cent-Stück. Ersterer läuft nicht als Landesmünze um, sondern ist nur für den auswärtigen Handel als Concurrent des mexikanischen Peso oder Piasters geprägt; letzteres wird seit 1873 nicht mehr geschlagen. 2 2 13 Deutschland 3 5 2 2 12 Es fällt hier sogleich auf, daß mit den sechs Goldmünzen der Nordamerikanischen Vereinstaaten sicher ein Ueberflüssiges geschieht; daß Staaten mit Goldwährung an drei, ja zwei dergleichen genug haben können, beweist Deutschland, Frankreich und Großbritannien: auf die letztere kleinste Zahl würde man auch in Frankreich und Deutschland zurückkommen, wenn man unterließe, die Stücke von 5 Frank und 5 Mark, die in Silber da sind, naturwidriger Weise auch in Gold zu prägen. Faßt man die Münzen aus andern Metallen zusammen, so ergibt sich, daß der Werth der kleinsten Scheidemünze durch das größte Silberstück repräsentirt wird: in Oesterreich (2 Gulden und 1/2 Kreuzer) 400 fach Frankreich (5 Frank und 1 Centim) 500 Großbritannien (5 Schilling und 1/4 Penny) 240 Rußland (1 Rubel und 1/4 Kopek) 400 Nordamerika (50 Cent und 1 Cent)   50 Deutschland (5 Mark und 1 Pfennig) 500 Wenn Frankreich und Deutschland das größte dieser Intervalle (1 : 500) mit 9 Münzstücken entschieden erfolgreich zu bewältigen vermögen, so darf wohl als ausgemacht angesehen werden, daß kein nach den Bedürfnissen jetziger Zeit construirtes Münzsystem mehr als 9 Sorten (mit Ausschluß der Goldmünzen) benöthigt, während Rußland 13 besitzt, ungeachtet hier das Intervall nur 1 : 400 ist und dieser Staat gleich jenen beiden das Decimalsystem hat. Vor der neuesten Veränderung besaß Preußen von dem Thaler bis zum Pfennig, also für das Intervall = 360, nicht weniger als 10 Münzstücke (30, 10, 5, 2 1/2, 1, 1/2 Groschen, 4, 3, 2, 1 Pfennig). Mit Erfüllung der dritten und vierten Forderung sieht es häufig nicht besonders gut aus, wie die oben mitgetheilte tabellarische Aufstellung erkennen läßt. Bleiben wir der Kürze halber bei dem deutschen Münzsysteme stehen, so finden sich hierin folgende Stufen: Durchmesser 5 Mark 38mm 2        28 1        24 20        22,5 10 Pfennig        21 50        20 2        20 10 Mark        19,5 5 Pfennig        18 1        17,5 5 Mark        17 20 Pfennig        16. Eine Differenz im Durchmesser von 0,5, ja gelegentlich eine solche von 1mm, wird selbst bei ziemlich geübtem Blicke (wie er unter der Mehrheit des Volkes nicht vorhanden ist) gar leicht übersehen oder in der Eile nicht erkannt. Kommt dazu eine große Aehnlichkeit des Gepräges – wovon ich später handle – so tritt große Gefahr der Verwechslung ein; so zwischen dem 10- und dem 50-Pfennig-Stücke, dem 10-Mark- und einem vergoldeten 50- oder 2-Pfennig-Stücke; das 50- und das 2-Pfennig-Stück sind sogar genau gleich groß, und der Unterschied in der Dicke fällt bei Münzen, die etwa auf einem Tische liegen nicht in die Augen, so daß eine versilberte Bronzemünze ohne Schwierigkeit täuscht. Der vergoldete Pfennig wäre dem goldenen Fünfmark-Stücke in gefährlicher Weise ähnlich. Ueberhaupt kommt, unter in der Größe benachbarten Stücken, vor: die Differenz 10mm 1 Mal 4 1 1,5 3 1 2 0,5 3 0 1 Um ein merkliches günstiger liegt die Sache bei dem mit unserm so völlig verwandten französischen Systeme: Durchmesser 5 Frank     37mm 10 Centim 30 2 Frank 27 5 Centim 25 1 Frank 23 20     „ 21 2 Centim 20 10 Frank 19 50 Centim 18 5 Frank 17 20 Centim 15 1     „  15; denn hier trifft man die Differenz 7mm 1 Mal 3 1 2 4 1 4 0 1 und halbe Millimeter sind vermieden. – Auch unter den Münzen Oesterreichs kommen keine Differenzen kleiner als 1mm vor. Was rücksichtlich der fünften Forderung die Werthverhältnisse der Münzsorten betrifft, so müssen einerseits die Vervielfältigungen und anderseits die Untertheilungen der Systemseinheit von solcher Art sein, daß sie durch ganze Zahlen ausgedrückt werden und zwischen benachbarten Sorten keine zu großen Sprünge darbieten. In letzterer Hinsicht war es nicht gut, daß Preußen seit 1809 aufgehört hatte, Drittelthaler zu prägen, wodurch zwischen dem Thaler und seinem zunächstliegenden Theilstücke ein Werthverhältniß von 6 : 1 herbeigeführt wurde. Werthbezeichnungen in gebrochenen Zahlen sollten höchstens in eigentlichen Brüchen mit dem Zähler 1 bestehen. Dergleichen kamen früher z.B. auf dänischen Geprägen mit 1/2 und 1/5 Schilling, auf schwedischen mit 1/3, 1/6, 1/12, 1/24 Reichsthaler, 1/2, 1/4, 1/8, 1/12, 1/16 Species, 1/3 und 1/6 Schilling, auf deutschen und österreichischen mit 1/2 und 1/4 Kreuzer vor. Aber die deutschen, dänischen und schwedischen 2/3 Reichsthaler, die schwedischen 2/3 Schilling waren eben so wenig gut zu heißen wie die 1 1/2 und 3/4 Rubel, welche Rußland der polnischen Rechnung zuliebe als 10- und 5-Gulden-Stücke eine Zeit lang prägte. Besondere Beliebtheit hat die Zahl 2 1/2 gefunden: aus jüngster Vergangenheit sind die preußischen 2 1/2 Silbergroschen und die belgischen 2 1/2 Frank bekannt; noch jetzt besitzt England 2 1/2 Schilling, Nordamerika 2 1/2 Dollar, Niederland 2 1/2 Gulden, und die niederländische Münzcommission von 1873 hat in ihren noch nicht zur Ausführung gediehenen Vorschlägen sogar auf Stücke von 2 1/2 Cent angetragen.Deutschland ist dem 2 1/2 Matt-Stück mit Noth entgangen, wie oben sogleich zur Erwähnung kommt. Man macht doch keine Maßgröße zu 2 1/2 Fuß, kein Gewichtstuck zu 2 1/2 Gramm; wie sollten Münzen von 2 1/2 Mark, Groschen etc. auf Duldung Anspruch haben? Eine solche Halbheitssucht hat in das neue deutsche Gewichtssystem das 2 1/2 Kilogramm- (5 Pfund-) Stück eingeführt, welches nebst der ganzen Pfund-Sippe der Ausrottung entgegensieht. Das zu so ausgedehnter Verbreitung gelangte Decimalsystem gestattet bei consequenter Durchführung keine andern Multiplicatoren und Divisoren als 10 und die Factoren dieser Zahl nebst ihren Zehnfachen, d.h. 2, 5, 10, 20, 50, 100. Meistentheils hat man sich hieran gehalten; allein es kommen Abweichungen vor, z.B. in Rußland 1/4 und 3/20 Rubel nebst 3 Kopeken, in Nordamerika 2 1/2 und 3 sowie 1/4 Dollar und 3 Cent, in den Niederlanden 1/4 Gulden, in Oesterreich 1/4 Gulden und 4 Kreuzer; in Frankreich war zeitweise das Stück zu 1/4 Frank und in Belgien nebst diesem ein anderes zu 2 1/2 Frank eingeführt, aber beide sind verschwunden. Der ursprüngliche Entwurf des deutschen Münzgesetzes wollte Stücke zu 2 1/2 Mark einführen; man weiß, welche Verhandlungen nöthig gewesen sind, um diese Anomalie sowie die nachher beabsichtigten 1/4 Mark- gleich dem schon früher erstrebten goldenen 30- und 15-Mark-Stücke vor der Geburt zu ersticken. Wäre dies alles nicht gelungen, das deutsche sogenannte Decimal-Münzsystem hätte einen wunderlichen Anblick geboten. Die Erfüllung der sechsten Forderung wird in einem Münzsysteme – es sei, welches es wolle – dadurch bedingt, daß die besten Werthverhältnisse zwischen den einzelnen Münzsorten getroffen sind. Prüft man in dieser Beziehung die nach dem Decimalsysteme construirten Münzordnungen nach Entfernung desjenigen, was diesem Systeme am meisten widerstreitet (der 15 und 3 Kopeken in Rußland, der amerikanischen 3 Dollar und 3 Cent, der 4 Kreuzer in Oesterreich), so gewahrt man im Wesentlichen nur den Unterschied, daß zwischen die Werthe 1 und 5 als Mittelstufe von einigen zum Theil der Werth 2 1/2 und von andern (in strenger Festhaltung am System) nur der Werth 2 eingeschaltet ist. Zu ersterer Art gehören: die frühere französische Ordnung: 5, 2, 1 Frank, 50, 25, 10, 5 Centim; die erste belgische: 5, 2, 1 Frank, 50, 25, 10, 5, 2, 1 Centim; die spätere belgische: 5, 2 1/2, 1 Frank, 50, 25, 10, 5, 2, 1 Centim; die niederländische: 2 1/2, 1 Gulden, 50, 25, 10, 5, 1, 1/2 Cent; die nordamerikanische: 20, 10, 5, 2 1/2, 1 Dollar, 50, 25,10, 5, 2,1 Cent; die neue skandinavische (Schweden, Norwegen, Dänemark): 20, 10, 2, 1 Krone, 50, 25, 10, 5,2, 1 Oere; die mexikanische: Peso (100 Cent) 50, 25, 10, 5, 1 Centavo. Von der zweiten Art sind: die jetzige französische und belgische, übereinstimmend in Italien und der Schweiz: 100, 50, 20, 10, 5, 2, 1 Frank, 50, 20, 10, 5, 2, 1 Centim; die deutsche: 20, 10, 5, 2, 1 Mark, 50, 20, 10, 5, 2, 1 Pfennig. Oesterreich und Rußland combiniren beiderlei Einrichtung, indem jenes neben einander 25 und 20 Kreuzer, dieses 25 und 20 Kopeken schlägt (unzweifelhaft ein Ueberfluß).Hierher ist nun auch Nordamerika zu setzen, sofern es seit 1875 – allerdings zunächst für die Küstenstaaten am Stillen Meere – Stücke zu 20 Cent prägt. Es ist leicht nachzuweisen, welcher Unterschied in den Zahlungsoperationen hervorgeht, je nachdem die Werthreihe 1, 2, 5 oder die andere 1, 2 1/2, 5 angewendet wird. Wenn man die Möglichkeit untersucht, mit den drei Münzstücken der einen und der andern Art die Summen 2 bis 9 darzustellen, so ist das Resultat folgendes: Textabbildung Bd. 223, S. 129 Die Summe; ist zu bilden durch folgende Anzahl von Zusammenstellungen; mit den Stücken; Total Dabei muß 11 Mal ein viertes kleineres Stück vom Werthe 1/2 zu Hilfe genommen werden. Mit den Stücken 1, 2 1/2, 5 allein gibt es für die Summe 2 nur 1 Art 3 1 4 1 5 3 Arten 6 3 7 3 8 2 9 2 ––– Total 16. Die kleinste Anzahl von Stücken, mit welcher die Summe zu bilden ist, beträgt für mit 1, 2, 5 mit 1, 2 1/2, 5  2 1 2  3 2 2  4 2 3  5 1 1  6 2 2  7 2 3  8 3 3  9 3 4 –––––––––––––––– Total 16 20. Der Vorzug des Stückes vom Werthe 2 gegen jenes vom Werthe 2 1/2 springt also in die Augen. (Schluß folgt.)