Titel: Farcot's Regulator für Schiffsmaschinen.
Fundstelle: Band 223, Jahrgang 1877, S. 136
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Farcot's Regulator für Schiffsmaschinen. Mit Abbildungen auf Taf. IV [d/4]. Farcot's Regulator für Schiffsmaschinen. Zur Erreichung einer gleichmäßigen Umdrehungsgeschwindigkeit bei Schiffsmaschinen ist die Construction eines Regulators, welcher trotz der mannigfaltigen beirrenden Einflüsse doch richtig und sicher functionirt, ein dringendes Bedürfniß. Die Wichtigkeit des gleichförmigen Ganges von Schiffsdampfmaschinen ist sowohl für die Handelsschifffahrt zur genauen Einhaltung der gewählten Reiseroute und der richtigen Zeittermine, wie auch für Kriegsschiffe zur Ausführung taktischer Manöver, sowie zur Erleichterung der Navigation überhaupt schon lange erkannt, und es wurden auch verschiedene Constructionen aufgestellt, welche zumeist von dem Principe der Schwungpendel oder Centrifugalregulatoren abgegangen sind und deren tachometrischen Theile häufig in dem Luftwiderstand gegen bewegte Flügel einen constanten Factor erlangen. Die Umstände, welche die Gleichförmigkeit des Ganges von Schiffsmaschinen abträglich beeinflussen, sind verschiedenartig und wirken in größerem Maße ein als bei Landmaschinen: die Dampferzeugung ist nicht so gleichmäßig, indem die Zugsverhältnisse in höherem Grade von Witterungseinflüssen abhängig sind Die Kesselkraft im Verhältniß zur entwickelten Maschinenkraft ist stets kleiner als bei Landmaschinen, so daß eine unbedeutende Unregelmäßigkeit der Heizung zu merkbaren Aenderungen der Betriebsintensität führt. Das Wasserquantum ist relativ geringer und die vergleichsweise kleinere Ausdehnung an Rost und Heizfläche bedingt eine größere Unregelmäßigkeit in der Dampfentwicklung, die sich in einem ungleichmäßigen Gang der Maschinen zu erkennen gibt. Der Schiffswiderstand ist bei bewegtem Seegange nicht gleichbleibend und die Rückwirkung des Wellenschlages auf den Propeller bei ungünstigen Witterungsverhältnissen so bedeutend, daß die Unregelmäßigkeit des Ganges der Maschinen die Sicherheit des Betriebes gefährdet; insbesondere tritt Gefahr für die Maschinentheile dann ein, wenn der Propeller – Schraube oder Ruderrad – durch den Seegang ganz biosgelegt wird, so daß die Maschinen, momentan des Nutzwiderstandes vollkommen entlastet, sich drohend beschleunigen, um nach kurzer Weile unter einem vermehrten Widerstand fast still zu stehen. Eine solche Wirkungsweise setzt die einzelnen Bewegungsmechanismen der Maschinen einer Ueberanstrengung aus und erschüttert durch die auftretenden Stöße die Schiffshülle, weshalb es bei schwerem Seegange nothwendig wird, den Dampfzufluß dem wechselnden Widerstand entsprechend zu reguliren und zeitweise ganz zu unterbrechen, um Havarien hintanzuhalten. Diesem Uebelstande des „Rasens der Maschinen“ wird durch Silver's und Porter's Marine-Regulator wohl hintangehalten, doch ist der ausgleichende Einfluß bei ruhigem Wetter vergleichsweise nur gering. Die Bedingungen, welche bei Construction eines Regulators für Marinezwecke außer den bekannten beobachtet werden müssen, sind kurz folgende: Die tachometrischen Theile des Regulators müssen gegen den Einfluß der Schwerkraft bei jeder beliebigen Lage (gegen die Verticale und während der Function) vollkommen im Gleichgewichte sein, damit die Schiffsbewegungen und die eintretenden Schwankungen auf dessen Wirkungsweise keinen Einfluß nehmen. Der Regulator muß derart eingerichtet sein, daß er während des Betriebes mit Leichtigkeit für verschiedene Umdrehungsgeschwindigkeiten eingestellt werden kann; außerdem soll der Regulator in seinen tachometrischen Theilen innerhalb der anzuwendenden Tourenzahlen isochron sein, so daß er bei verschiedenen Lagen der Schwungpendel in gleicher Weise wie für die Normalumdrehungszahl wirke. Endlich muß es möglich sein, den Apparat rasch und sicher auszuschalten, um unverzüglich über die Maschinenkraft nach ihrer Maximalintensität verfügen zu können und die Maschinen für auszuführende Manöver bereit zu halten. Alle diese wesentlichen Bedingungen werden durch den Marine-Regulator von Farcot et ses Fils in Saint-Ouen bei Paris erfüllt. Dieser Regulator, in Fig. 6 bis 8 nach Armengaud's Publication industrielle, Bd. 22 S. 497 dargestellt, ist ein pseudo-parabolischer Schwungpendelregulator und als solcher in seiner Wirkungsweise nahezu isochron (astatisch). Die aufrecht stehende Spindel S wird durch ein Kegelräderpaar K in drehende Bewegung versetzt und trägt das Schwungpendel AA' auf den Lenkerarmen xy, welche um die excentrischen Gelenke c, c' drehbar angeordnet sind. Die Lenkerarme haben in Leitschienen eine sichere Führung und sind mit den Armen yz mit der Hülfe des Gegengewichtes verbunden. Das Eigengewicht der Pendelkugeln A, A' mit den Lenkerarmen xy wird durch das Gewicht G für jede beliebige Lage ins Gleichgewicht gesetzt. Das tachometrische System ist auf diese Weise von der Schwerkraft unabhängig und wird bei jeder beliebigen Lage einzig und allein durch die Centrifugalkraft bethätigt. Bei einer Drehung der verticalen Spindel S werden die Schwungkugeln A, A' ausschlagen, wobei die Pendelarme xy sich öffnen und das Gegengewicht heben. Diesem Bestreben wird durch den Coulissenhebel F, welcher mit zwei Zapfen in die Hülfe G eingreift, ein Widerstand entgegengesetzt. Der Coulissenhebel ist um f drehbar und dessen rechtes Ende C an die Spiralfeder R' angehängt, welche die Hülse G nach abwärts zu ziehen und das Schwungpendel zu schließen sucht. Es ist also der Widerstand, welchen bei Porter's Regulator das birnförmige Gewicht gegen ein Oeffnen des Schwungpendels äußert, hier durch die Spannung einer Spiralfeder ersetzt. Die Spiralfeder R' ist oben an dem einen Arm eines Doppelhebels E befestigt, an dessen anderm Arme eine unten an der Fußplatte befestigte, gleich gespannte Spiralfeder R zieht. Diese Anordnung der Federbelastung hat den Vortheil, daß deren Wirkung durch heftige Schwankungen und Stöße nicht beeinflußt wird, daß ferner eine eventuelle Dehnung sich auf eine doppelte Länge vertheilt und der Widerstand als praktisch gleichbleibend angenommen werden kann. Der Drehpunkt f des Coulissenhebels F ist an dem Schleifstücke J mittels der Schraube H zwischen C und N verstellbar. Die relative Stellung der Gegengewichtshülse G wird durch den um N drehbaren Winkelhebel und die Zugstange O auf die Drosselklappe oder einen Regulirschieber übertragen. Das Eigengewicht der Coulisse F ist durch zwei Traghebel mit Gegengewicht P ausbalancirt, weshalb der gesammte Mechanismus sich in jeder beliebigen Lage gegen den Einfluß der Schwerkraft im Gleichgewichte befindet, so daß die Stellung der Spindel S durchaus nebensächlich ist und die Schwankungen des Schiffskörpers auf die Wirkungsweise keinen Einfluß nehmen können. Wird das Schleifstück J mit dem Drehzapfen f des Coulissenhebels an das Ende C herausgerückt, so wirkt auf den Drehzapfen f die volle Spannung der Spiralfedern und die Hülse G erleidet keine Belastung. In Folge dessen entfernen sich die Schwungkugeln A, A' von der Spindel und nehmen die in punktirten Linien verzeichnete äußerste Stellung ein, wobei der Winkelhebel GNO den Dampfzufluß ganz geöffnet erhält. Man gebietet nun über die volle Maschinenkraft und kann das Stellzeug oder die Regulirklappe in dieser Lage für erwartete Manöver festklemmen. Je weiter man den Drehzapfen f von dem Federhaken C entfernt, um so größer wird das Moment, welches die Spannung der Federn R, R' auf die Hülse G überträgt. Letztere erfährt nun eine vermehrte Belastung und es wird die Wirkung jener gleichen, wie wenn das birnförmige Gegengewicht bei Porter's Regulator vergrößert wird. Es wird das tachometrische System bei verminderter Winkelausweichung des Schwungpendels in den dynamischen Gleichgewichtszustand gelangen und für eine geringere Betriebsintensität bei vermindertem Dampfzufluß die Drosselklappe reguliren. Die Spindel S trägt mit dem Drehbolzen c und c' einen kleinen Luftcylinder L, in welchem luftdicht der Kolben M spielt, der seinerseits mit der Hülse des Gegengewichtes G fest verbunden ist. Der Kolben sowohl, als auch der Cylinder nehmen an der drehenden Bewegung der Spindel S theil, und es muß bei einer Verschiebung der Hülse G der Kolben M seine Stellung im Luftcylinder verändern. Diese Bewegung kann in bekannter Weise beschleunigt oder durch das Luftkissen gemildert werden, indem man den seitlichen Canal m, welcher die beiden Räume ober und unter dem Kolben M verbindet, durch die Schraube n öffnet oder verengt. Referent hatte Gelegenheit, diesen Regulator an Bord des „Chateau Renaut“ zu sehen, und wurde dessen Wirkungsweise vortheilhaft dargestellt. S.

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