Titel: Apparat zum Austrocknen fester und flüssiger Substanzen im luftverdünnten Raume; von Dr. C. Scheibler.
Fundstelle: Band 223, Jahrgang 1877, S. 313
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Apparat zum Austrocknen fester und flüssiger Substanzen im luftverdünnten Raume; von Dr. C. Scheibler. Mit Abbildungen. Scheibler's Apparat zum Austrocknen von Substanzen. Die Bestimmung des Wassergehaltes der in den Zuckerfabriken zur Untersuchung gelangenden Substanzen, durch welche man gleichzeitig den Gehalt an Trockensubstanz in den letztern erfährt, ist eine ebenso wichtige als häufig vorkommende Operation. Obgleich es für den analytischen Chemiker kaum leichtere Arbeiten geben kann als Wasserbestimmungen (da diese nur einfache Wägungen mit einer dazwischen liegenden Trockenoperationen erfordern), so hängt die Genauigkeit der Resultate doch von der strengen Befolgung gewisser Vorsichtsmaßregeln beim Austrocknen ab, die durch die Natur der Substanzen und deren Verhalten in der Wärme vorgeschrieben sind, gewöhnlich aber nicht gebührend berücksichtigt werden. Bei flüchtiger Betrachtung könnte man vielleicht der Ansicht sein – und ich habe dieselbe in der That häufig genug äußern hören – daß es zum Zwecke von Schlußfolgerungen für die Praxis des Fabrikbetriebes ziemlich gleichgiltig sei, ob man in einem Untersuchungsobject einige Zehntel Procente Wasser mehr oder weniger findet. Für diejenigen Substanzen, bei welchen nur der Wassergehalt als solcher in Frage kommt, kann diese Ansicht zuweilen einige Berechtigung haben, nicht aber für diejenigen zuckerhaltigen Stoffe, bei welchen man die Menge der Nichtzuckerbestandtheile, für die man zur Zeit eine directe Bestimmungsmethode nicht besitzt, aus der Differenz der übrigen Bestimmungen zu 100 kennen lernen will. Jeder Fehler in der Wasserbestimmung bei letzteren Substanzen trifft alsdann nicht allein diese Bestimmung selbst, sondern er macht sich auch geltend in der Beurtheilung der Menge der nicht direct bestimmbaren Nichtzuckerbestandtheile. Erwägt man nun, daß die Mehrzahl der über zuckerhaltige Flüssigkeiten und Producte auszuführenden Untersuchungen darauf abzielt, den Reinigungsgrad, den diese Substanzen besitzen, oder den Reinigungseffect, den sie erfahren haben, zahlenmäßig auszudrücken, so erkennt man, daß es kaum wichtigere Bestimmungen als die des Wassergehaltes geben kann, sowie daß auf diese Bestimmungen die größte Sorgfalt verwendet werden muß, damit nicht falsche Zahlen für den Nichtzucker zum Vorschein kommen. Flüssigkeiten, welche Zucker und Nichtzucker enthalten, bieten für genaue Wasserbestimmungen deshalb besondere Schwierigkeiten, weil bei einer gewissen, durch fortschreitende Abdampfung bewirkten Concentration die Beweglichkeit der Masse aufhört und bei letzterer dann an der Oberfläche eine ausgetrocknete Schicht entsteht, welche, als Decke wirkend, die darunter liegenden, noch wasserhaltigen Schichten vor dem Austrocknen schützt. Um daher eine vollständige Entwässerung solcher Flüssigkeiten zu erzielen, müßte man nur wenig Substanz anwenden und diese in flachen Gefäßen zu einer großen, dünnen Schicht ausbreiten; beides führt aber Ungenauigkeiten mit sich, einmal weil die Wägungsfehler bei geringern Substanzmengen von großem Einfluß sind, das andere Mal, weil bei den getrockneten Substanzen der hygroskopische Einfluß auf die Wägung mit der Oberfläche derselben wächst. Aus diesen Gründen, und gestützt auf besondere Versuche, kann ich deshalb auch die noch neuerdings von Stammer Stammer: Lehrbuch der Zuckerfabrikation S. 782. Von der Ungenauigkeit der Methode des Trocknens in flachen Schalen habe ich mich überzeugt durch Austrocknen synthetisch bereiteter Lösungen von Zucker mit Salzen etc. Der Wassergehalt solcher Lösungen wurde, genau nach Stammer's Verfahren bestimmt, stets zu klein gefunden, dagegen richtig nach den hier von mir empfohlenen Methoden. empfohlene Art des Austrocknens flüssiger Fabrikproducte in flachen Schalen nicht anempfehlen. Bei den Wasserbestimmungen in den Säften und flüssigen Producten ist zu beachten, daß zuletzt unter den ausgetrockneten obern Schichten eine Dampfbildung des Wassers nur bei Temperaturen, die wesentlich über 100° liegen, würde erfolgen können, bei welcher der Zucker leicht eine Zersetzung (erkennbar an der mehr oder weniger stark auftretenden Bräunung) erleidet, namentlich wenn die Lösungen von neutraler Reaction sind, wobei dann stets durch den Einfluß des Wassers eine Bildung von leicht zersetzbarem Invertzucker dem völligen Austrocknen vorhergeht. Vorstehende Erwägungen hatten mich schon vor längerer Zeit veranlaßt, eine Methode auszubilden, um Wasserbestimmungen im luftverdünnten Raume auszuführen; ich will diese Methode, welche ich nunmehr auf Grund einer fast zweijährigen Erfahrung bestens empfehlen kann, im Nachstehenden beschreiben. Das Austrocknen von Untersuchungsobjecten im luftverdünnten Raume hat vor andern Trockenmethoden den Vortheil, daß es bei niedrigen, eine Zersetzung der Substanzen nicht herbeiführenden Temperaturen bewirkt werden kann und vermöge erleichterter Dampfbildung rasch und vollständig erfolgt. Es kann bei allen Substanzen, sowohl den festen als den mit Sand vermischten, in Anwendung gebracht werden und empfiehlt sich noch ganz besonders als rasch fördernd zum Austrocknen der Rohzucker. Textabbildung Bd. 223, S. 314 Diese Art des Trocknens erfordert Apparate, welche vollkommen luftdicht geschlossen werden können, und deren Trockenraum einerseits mit einer Luftpumpe, anderseits mit einem Rohre, welches trockne Luft in das Innere einzuleiten gestattet, verbunden sind. Der nebenstehend veranschaulichte Apparat ist aus Kupfer gearbeitet und besteht aus zwei in einander gefügten, mit einander verlötheten Kupfercylindern A und B, welche von einem angeschraubten Dreifuß getragen werden. Der innere Cylinder A, dessen Wandung gut verzinnt sein soll, dient zur Aufnahme der zu trocknenden Substanzen, während der von beiden Cylindern gebildete ringförmige Hohlraum mit Wasserdampf, der in einem unten seitlich angefügten Kessel K entwickelt wird, gespeist werden kann. Der hierbei entwickelte überschüssige Dampf entweicht oben durch die Röhre o in die Luft, während das in dem ringförmigen Raum condensirte Wasser in den Kessel K zurückfließt.Verfügt man im Laboratorium über eine Dampfleitung aus der Fabrik, so kann man den Apparat, dem man alsdann einen festen Stand anweist, auch mit dieser Leitung oben bei o in Verbindung setzen; der überschüssige Dampf, sowie das condensirte Wasser müssen dann unten aus der Röhre abgeleitet werden, welche in der Figur mit dem Kessel, der dann wegfällt, verbunden ist. Man regulirt die das Wasser im Kessel erhitzende Flamme so, daß nur wenig Dampf bei o entweicht, in Folge dessen der Kessel nur selten mit neuem Wasser gefüllt zu werden braucht. Die Gefäße, welche die auszutrocknenden Substanzen enthalten, werden mittels eines besondern Gestelles C in den Trockenraum A eingesetzt. Dieses Gestell ist aus einem starken, oben zu einer Oese gebogenen Messingdraht gebildet, auf welchem eine Anzahl siebartig durchlöcherter Teller, die als Träger für die Gefäße dienen und je nach Bedürfniß verstellt Werden können, aufgeschoben sind. Nach Einsetzung der Gefäße kann der Trockenapparat, dessen obere Fläche sorgfältig plangeschliffen ist, durch einen ebenso abgeschliffenen Deckel, den man allenfalls mit etwas Fett einreibt, luftdicht geschlossen werden. Ist dies geschehen, so verbindet man die mit dem Trockenraum A communicirende Röhre m mit einer Wasserluftpumpe (* 1876 221 136), welche die Luft und den aus den Substanzen sich entwickelnden Wasserdampf aus dem Raume A entfernt.Den Kautschukschlauch, welcher die Röhre m mit der Luftpumpe verbindet, füllt man seiner ganzen Länge nach mit kurzen Glasröhrchen aus, welche ein Zusammenklappen der Schlauchwände, als Folge der Luftverdünnung, verhindern. Statt eine Wasserluftpumpe zu benutzen, kann man auch aus der Fabrik von den Condensatoren der Verdampfapparate, oder vom Vacuum aus ein dünnes Bleirohr (von der Stärke der zu den pneumatischen Telegraphen gebräuchlichen) in das Laboratorium leiten, welches hier in mehrere durch Hähne abschließbare Nebenleitungen auslaufen kann, die den verschiedensten Zwecken dienstbar sind, wie Evacuirung der Exsiccatorglocken, Filtration durch Absaugen etc. Von Zeit zu Zeit kann man unten durch die mittels Schlauch und Quetschhahn n verschlossene Röhre u kleine Quantitäten getrockneter Luft nach A eintreten lassen, wodurch der vorhandene Wasserdampf ausgeblasen wird. Läßt man den Quetschhahn n dauernd offen, so erfolgt das Austrocknen der im Cylinder A befindlichen Substanzen in einem trocknen Luftstrom. In dem hier beschriebenen ApparatDerselbe kann durch Hrn. Dr. C. Scheibler in Berlin käuflich bezogen werden.Preis des sehr solid ausgeführten Apparates laut Abbildung150 M.Preis eines zugehörigen, hier nicht abgebildeten Vacuumhahnes mit    Manometer, Wassersack, Scale und Niederschraubhahn  50 M.D. Red. können alle wasserhaltigen Substanzen ohne Ausnahme getrocknet werden. Namentlich empfiehlt er sich für Handelschemiker und für die Laboratorien der Raffinerien zum Austrocknen der Rohzuckerproben, welches in diesem Apparat in kürzester Zeit möglich ist. Besonders ist derselbe aber geeignet, um Wasserbestimmungen in Rübenschnitten vorzunehmen – Bestimmungen, die trotz ihrer Wichtigkeit bisher wegen umständlicher Ausführung verhältnißmäßig selten zur Ausübung gelangten, jetzt aber in einfacher und rascher Weise bewirkt werden können. Zu diesem Behufe tarirt man sich ein in das Gestell C passendes Becherglas nebst Uhrglas, welches als Deckel dazu dient, bringt ein in dünne Streifen zerkleinertes Quantum Rübenschnitte locker auf einander lagernd hinein, wägt wieder und trocknet sie in dem Apparate aus. Der Apparat faßt bequem 2 oder 3 solcher Bechergläser mit Proben. In gleicher Weise trocknet man entzuckerte Rübenschnitzel, Preßlinge u. dgl. aus. Die Erfahrung lehrt bald die Zeitdauer des erforderlichen Trocknens in dem einen oder andern Falle kennen; als Regel muß hier wie überall gelten, daß man so lange austrocknet, bis zwei auf einander folgende Wägungen keine Gewichtsabnahme mehr erkennen lassen. Um die Gefäße mit den ausgetrockneten Substanzen aus dem Apparat zu nehmen, stellt man das Entwickeln von Wasserdampf im Kessel K, sowie die Luftpumpe ab, läßt alsdann durch Oeffnen des Quetschhahnes n getrocknete Luft in den Apparat treten und öffnet zuletzt den Deckel D, um die Gefäße bis zur völligen Erkaltung unter einen Exsiccator zu stellen.Aus der demnächst erscheinenden gekrönten Preisschrift von Dr. C. Scheibler: Anleitung zur quantitativ-chemischen Analyse aller bei der Zuckerfabrikation in Betracht kommenden Stoffe und Hilfsmaterialien. Vom Verfasser gef. eingesendet.D. Red.