Titel: Die Eisenhüttenwerke der österreichischen Staatseisenbahn im Banate; von Dr. C. O. Cech.
Autor: Carl Otokar Cech [GND]
Fundstelle: Band 223, Jahrgang 1877, S. 433
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Die Eisenhüttenwerke der österreichischen Staatseisenbahn im Banate; von Dr. C. O. Cech. Cech, über die Eisenhüttenwerke im Banate. Der von der ungarischen Regierung für die Mitglieder des internationalen statistischen Congresses in Pest im Monate September 1876 veranstaltete Ausflug in die großartigen Industriewerke der k. k. österr. Staatseisenbahngesellschaft im Banate, gab denselben die erwünschte Gelegenheit, diese im Auslande nur wenig gekannten Etablissements eingehend zu studiren. Da die Banater Industriewerke nicht nur die größten Ungarns sind, sondern ihrer eigenthümlichen Betriebsverhältnisse wegen auch das weiteste Interesse in Anspruch nehmen, erlaube ich mir an dieser Stelle mit Benutzung der uns von der Gesellschaft zur Verfügung gestellten statistischen Daten (Die Berg- und Hüttenwerke, dann Domänen und Forste der k. k. priv. österr. Staatseisenbahngesellschaft im Krassoer Comitate Ungarns. Wien 1876) ein übersichtliches Bild dieser Werke zu geben. Die genannten Bergwerksindustrie-Unternehmungen sammt den beiden Domänen Oravicza und Bogsan wurden im J. 1855 um 11123045 fl. angekauft, repräsentiren aber heute nach Einrichtung der großartigsten Investitionen den Werth von 25098250 fl. ö. W., auf einem Areale von 39,5 Quadratmeilen (ca. 22730ha). Sie bestehen aus folgenden Objecten: aus dem Silberbergwerk in Dognácska, aus 5 Kupferwerken in Oravicza, Csiklova, Dognácska, Szászka, Moldova; aus Berg- und Eisenhüttenwerken in Slamina, Moravitza, Gladna, Bogsan, Resicza, Száska, Dognácska, und aus 4 Steinkohlenbergwerken in Domau, Kuplone-Szekul, Steierdorf, Resicza. Die für Zwecke der Eisenhüttenindustrie angelegte Holzkohlenfabrikation ergab von den 87505690ha Waldgrund in den J. 1855 bis 1875 eine Holzkohlenmenge von 25030182hl. Die Eisen-, Stahl- und Steinkohlenwerke befinden sich in der glücklichen Lage, über großen Erz- und Kohlenreichthum von vorzüglicher Qualität zu verfügen. Morawitza und Dognácska liefern Eisenerze von ausgezeichneter Reinheit, in Anina verfügt man über die Blakband-Eisenerze Steindorfs. Die Staatseisenbahngesellschaft richtete in erster Reihe ihr Augenmerk auf die Anlage von großartigen, den Zwecken eines so ausgebreiteten Besitzes entsprechenden Verkehrswegen. Und in der That besitzt bisher kein industrielles Etablissement u.a. eine so ausgedehnte schmalspurige Bahn von so großer Mannigfaltigkeit in der Anlage. Es wurden angelegt: eine 24km lange Eisenbahn von Anina nach Oravicza, eine Bahn von Bogsan nach Vojtek und, um alle Eisenwerke mit den Kohlengruben und den Hauptbahnen zu verbinden, eine 56km Gleise besitzende Werksbahn mit Locomotivbetrieb. Diese auf sehr beachtenswerthe Art erbaute schmalspurige Bahn ist ein belehrendes Beispiel für die Lösung der immer mehr an Bedeutung gewinnenden Frage über Anlage von Vicinalbahnen. Außer Pferdebahnen besitzen einzelne Werke noch 60km Grubenbahnen. Abgesehen von dem für den Betrieb auf den Hauptbahnen nothwendigen Rollmaterial hat die Gesellschaft 8 Locomotiven, 186 Personen-, Kohlen- und Erzwaggons und 1874 Grubenhunde in Betrieb. Die Werke bestehen aus folgenden Objecten: 6 Hohöfen der größten Art, 6 Cupolöfen, 7 Flammöfen, 1 Stahlofen, 23 Röstöfen, 29 Puddelöfen, 48 Schweißöfen, 17 Glühöfen, 11 Dampfhämmer (darunter einer von 15000k), 2 Luppendampfhämmer, 1 Schweißdampfhammer, 14 Walzstrecken, 23 Walzgerüste, 11 Scheren, 5 Eisen-Circularsägen, 9 Adjustir- und Rüstmaschinen, 21 Richt-, Fräs-, Loch-, Bohr- und Stoßmaschinen, 85 Kokesöfen, 2 Kohlenwäschen, 1 Kohlenseparation, 1 Werkstätte mit 12 Schmiedefeuern, 5 Ventilatoren, 3 Schnellhämmern, 69 Drehbänke, 92 Hobel-, Bohr-, Schraubenschneid- und Fräsmaschinen, 7 Circularsägen, 2 Bretsägen, 1 Bandsäge und 7 Schmiedepressen, ein Schienenwalzwerk mit den modernsten Einrichtungen mit großen Adjustirhallen, außerdem die erste und einzige Bessemerhütte (mit 4 Convertern) in Ungarn, einen Siemens-Martin-Schmelzofen, ein Tyreswalzwerk. Durch solche in steter Zunahme begriffene Investirungen ist Resicza eines der größten Werke der österreichischen Monarchie geworden. Hierfür spricht schon die daselbst etablirte Maschinenkraft in der Höhe von 4000e, während alle Werke der Staatseisenbahn im Banate 130 Dampfmaschinen und 137 Dampfkessel mit 6000e besitzen. Der Steinkohlenbergbau liefert die Kohle beinahe ausschließlich zum Werksbetriebe, und während die Kohlenerzeugung im J. 1855 nur 1648t betrug, hat sich dieselbe im J. 1875 bis auf eine Förderung von 65823t gehoben. Für die Kokesbereitung besteht eine große Anstalt mit Separation, Wäsche und 40 Kokesöfen. Die Separation und Wäsche ist für eine tägliche Erzeugung von 250t separirter und 125t gewaschener Kohle eingerichtet. Die Kokesanlage hat zwei 24m hohe Essen von 1m,5 lichter Weite. Vorläufig ist sie für eine Jahresproduction von 10000t berechnet, kann jedoch leicht bis zu einer Production von 30000t pro Jahr vergrößert werden. Die Hohöfen in Resicza bestehen aus 3 neben einander aufgestellten Hohöfen, die das für die angebaute Bessemerstahlhütte erforderliche tiefgraue Roheisen erzeugen. Die Hohöfen sind 13m,3 hoch und besitzen einen Fassungsraum von 53 bis 74cbm. Alle drei Hohöfen produciren durchschnittlich per Stunde ca. 45t mit Holzkohle geschmolzenes Roheisen. Ein auf der Hüttensohle aufgestellter Röhrenapparat bewirkt die Erhitzung des Gebläsewindes auf 400°, fünf stehende Dampfcylindergebläse repräsentiren 120e. Die zum Betriebe sämmtlicher Maschinen, den Hohöfen und den Bessemerhütten dienenden Kessel haben eine Gesammtheizfläche von 1060qm, zu deren Heizung zumeist die überschüssigen Hohofengase verwendet werden. Für die Verkleinerung der Stückerze und des als Zuschlag verwendeten Kalksteins dient eine Steinbrechmaschine, welche durch eine Locomobile von 8e betrieben wird und 150t Brechmaterial in 24 Stunden liefert. Die Eisensteingruben lieferten im J. 1855 nur 9701t, im J. 1875 jedoch bereits 32333t Erze, welche in großen Tagbauen mit Dynamitsprengung gewonnen werden. Der Hohofen in Deutsch-Bogsan hat fast dieselben Dimensionen wie jener in Resicza. Die Eisenerze werden in 3 Schachtöfen geröstet, die Gebläsemaschine wird durch ein rückschlächtiges Wasserrad mit Coulisseneinlauf, das bei mittlerem Wasserstande 40e gibt, angetrieben. Als Reserve dient eine Dampfmaschine von gleicher Leistungsfähigkeit. Die Production an Roheisen beträgt circa 6000t im Jahr. Die Hohöfen Resicza und Deutsch-Bogsan liefern jährlich 20594t Roheisen. Die Bessemerhütte besitzt 4 Converter mit zu 9t Fassungsraum und einen zur Erzeugung von Martinstahl dienenden Umschmelzofen. Das flüssige Roheisen wird von den Hohöfen in eine auf einem Wagengestelle in zwei Zapfen hängende Pfanne abgestochen und in einem Gang unter der Hüttensohle zur Bessemerhütte transportirt. Die gefüllte Pfanne wird mittels eines hydraulischen Krahnes auf den Horizont des umgekippten Converters gehoben und in diesen entleert; hierauf wird der Converter wieder in seine normale Stellung gebracht und der Bessemerproceß begonnen. Die Bessemerhütten Resicza producirten im J. 1868 nur 287t Stahl, im J. 1875 bereits 13203t, und ist das Werk schon heute in der Lage 30000t Stahl pro Jahr zu produciren. Die Gießerei arbeitet nur für den Bedarf des Werkes und liefert mit 4 Cupolöfen höchstens 3000t Gußwaare im Jahre. Die Puddelwalzhütte besitzt 45 Puddel-, Schweiß- und Glühöfen, dann 10 Walzenstrecken – darunter ein Universalwerk – 2 Blechstrecken für Grob- und Feinbleche und ein Walzwerk zur Herstellung von Bessemertyres (Radreife für Eisenbahnwagen-, Tender- und Locomotivräder) und ein großartiges Schienenwalzwerk, welches eine Leistungsfähigkeit von 25000t Stahlschienen pro Jahr hat und im Stand ist, Stahlschienen selbst bis zu 20m Länge zu erzeugen. Bessemer-Stahlschienen und Tyres ohne Schweißung werden in Ungarn nur in Resicza fabricirt. Im J. 1875 erzeugte die Hütte 3471t Walzeisen, 551t diverse Façoneisensorten, 1422t Eisenbleche und Platten, 62t Laschen und Unterlagsplatten und 5t Zeugwaare, 7750t Stahlschienen, 1289t Stahltyres und Achsen, 149t Stahlbleche und 146t Flach- und Rundstahl – zusammen in Eisen- und Stahlwaaren: 14845t. Die Maschinenfabrik ist insofern von Interesse, als sie die einzige Räderfabrik in Ungarn ist, außerdem in der Erzeugung dieses Artikels eine lohnende Specialität erblickt. Sie kann jährlich 5000 complete Räderpaare liefern. Die Räder werden von 26 verschiedenen Maschinen behufs Abdrehen der Radsterne, Tyres, Achsen etc. bearbeitet. Außerdem erzeugt die Fabrik in vorzüglicher Qualität Spitzwechsel sammt Kreuzzungen, Drehscheiben, eiserne Brücken, Dampfkessel, Wasserreservoirs und Waggonbestandtheile, sowie alle Arten von Dampf- und Betriebsmaschinen, Locomotiven. Einen besondern Fabrikationszweig bildet die Erzeugung schmiedeiserner Radsterne, von welchen 10000 Stück pro Jahr hergestellt werden; die Nagelschmiede liefert mit 3 Nagelpressen jährlich 1000000 Hakennägel für Schienenbefestigung. Da das Werk über 36 Ingenieure verfügt, so steht zu erwarten, daß Resicza vermöge seiner günstigen topographischen Lage und seiner auf Specialitäten basirten großen Leistungsfähigkeit vorzüglich den orientalischen Markt zu gewinnen in der Lage sein dürfte. Das Eisenwerk Dognácska liefert jährlich etwa 14000t Eisenerze und 4144t Roheisen. Die Steinkohlenwerke zu Steierdorf-Anina repräsentiren mit 12 Schächten eine Tiefe von 2307m. Während dieselben im J. 1855 nur 56829t Kohle lieferten, stieg der Ertrag im J. 1868 bereits auf 186000t und blieb seit dieser Zeit zwischen 150000 und 160000t stehen. Tiefe der Schächte und Förderung haben sich seit dem J. 1855 verdreifacht, während der Eisensteinbergbau daselbst bereits das 25fache der ursprünglichen Production (21750t) erreicht hat. Die Kokesanlage lieferte im J. 1875 16245t Kokes, während die Hohöfen von Steierdorf-Anina 16005t Roheisen erzeugten. Die Gießerei daselbst beschäftigt sich nur mit dem Gusse von Kleinwaare (Kreuze, Gitter, Röhren, Kochöfen etc.) und erzeugt 1785t Gußwaare. Die Martinsstahlfabrikation liefert in einem Ofen jährlich 2500t. Die Walzwerke produciren jährlich 20000t Waare (Schienen, Traversen, Rundeisen).