Titel: | Die Jute und ihre Verarbeitung; von Ingenieur E. Pfuhl, Lehrer am Polytechnikum in Langensalza. |
Autor: | E. Pfuhl |
Fundstelle: | Band 223, Jahrgang 1877, S. 493 |
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Die Jute und ihre Verarbeitung; von Ingenieur
E. Pfuhl, Lehrer am
Polytechnikum in Langensalza.
Mit Abbildungen.
(Nachdruck vorbehalten.)
(Fortsetzung von S. 365 dieses
Bandes.)
Pfuhl, über die Jute und ihre Verarbeitung.
Wird die Zuführung der Vorkardenbänder zur Speisewalze der Feinkarde durch Wickel
bewirkt, so bedarf man zur Herstellung derselben der Wickelmaschinen, und es soll
als Beispiel einer solchen die Combe'sche Wickelmaschine (lap machine)
in Folgendem beschrieben werden. Fig. 20 und 21 Tafel VIII
[b.c/2] stellen dieselbe in Vorder- und
Seitenansicht in 1/16 n. Gr. dar; Figur 22 zeigt den auf
der Rückseite der Maschine befindlichen Betrieb, die vordern Theile weggenommen
gedacht; endlich gibt Figur 23 in 1/8 n. Gr. im
Grundriß den Expanderantrieb (sloping motion) und den
Ausrückmechanismus. Es dient diese Maschine zur Herstellung von Wickeln, welche bei
20 Zoll (508mm) Breite einen größten
Durchmesser von 21 Zoll (553mm) haben.
In den beiden Gestellständern b, b₁ und deren
Verlängerungen sind zwei kurze Wellen gelagert, die an ihren Enden die Scheiben a, a₁ tragen. Die Achse mit Scheibe a₁ ist seitlich verschiebbar, indem ihr
Außenlager c auf einem Schlitten d befestigt ist, der mittels excentrischer Scheibe durch Kurbel e nach rechts oder links in seinen Supportführungen
bewegt werden kann. Die Scheibe a₁ kann somit der
Scheibe a genähert oder von ihr entfernt werden.
Zwischen beiden Scheiben wird das Wickelholz f
eingelegt, das an beiden Enden mit Kupplungen versehen ist, deren Klauen in
entsprechende Vertiefungen der Scheiben eingreifen. Zum Einlegen dieses Wickelholzes
wird Scheibe a₁ zurückgezogen, Wickelholz f in Scheibe a eingesteckt
und nun Scheibe a₁ wieder genähert, bis auch ihre
Vertiefungen in die Klauen der Wickelholzkupplung einfallen. Es ist also jetzt
Scheibe a durch Wickelholz f
mit Scheibe a₁ verbunden. Zwischen beiden
Scheiben liegt auf dem Wickelholz eine nahezu dieselbe Länge wie diese habende
Druckwalze g, welche bei Drehung der Scheibe a bezieh. des Wickelholzes durch Friction mitgenommen
wird. Die Achse dieser Druckwalze ist in Schlitzen der Gestelle geführt, kann also
bei zunehmender Aufwicklung emporsteigen, dabei immer fest auf den sich bildenden
Wickel drückend. Außerhalb der Gestelle sind über die Achse der Walze g zwei Arme h, h₁
lose aufgeschoben, deren untere Enden mit einer Querstange verbunden sind, über
welche das Belastungsgewicht i geschoben ist; außerdem
sind an den untern Hälften zwei Zahnstangen angeschraubt. Die über das Leitblech L zwischen die Wickelwaze f
und die Druckwalze g aus den vorgesetzten
Vorkardenkannen gebrachten Bänder unterliegen demnach einer Belastung, welche gleich
dem Gewichte der Walze g nebst Welle, der Arme mit
Zahnstangen und dem Belastungsgewicht i ist. Bei dem
allmäligen Aufwickeln der neben einander eingeführten Bänder durch den Antrieb der
Scheibe a und des Wickelholzes werden die einzelnen
Schichten fest auf einander gepreßt und verdichtet, und hängt von der genügenden
Stärke des Druckes die Haltbarkeit des fertigen Wickels ab, während anderseits das
Aufeinanderpressen das Loslösen der einzelnen Schichten von einander beim Abwickeln in der
Feinkarde nicht hindert. Das Leitblech L hebt sich mit
dem dicker werdenden Wickel, indem die kleine Leitstange l₀ (Fig. 22) auf
entsprechender Knagge k₀ des Armes h₁ aufliegt, so daß die Führung der Bänder immer
richtig erfolgt. Die aufgewickelte bestimmte Länge (gewöhnlich 50 oder 80 Yards =
45,72 oder 73m,15) wird durch einen von der
Achse der Druckwalze aus durch eine Schnecke getriebenen, aus Schneckenrad mit
Stift, Feder mit Nase und Glocke bestehenden Klingelapparat z markirt. Ist der gebildete Wickel fertig, so wird, nachdem der Antrieb
ausgerückt worden ist, durch Drehen von der Kurbel e die
Scheibe a₁ zurückgezogen, so daß der Wickel auf
das untergelegte Bret K fällt und entfernt werden kann.
Damit aber hierbei die emporgestiegene Druckwalze nicht mit herabsinkt, sondern
vorläufig in ihrer höchsten Lage bleibt, fassen die erwähnten Zahnstangen in kleine,
auf einer durchgehenden Welle sitzenden Getriebe l,
l₁ ein und wird der Eingriff zwischen beiden durch die Frictionsrollen
m, m₁ erhalten. Auf der erwähnten Welle sitzt
ferner hinter dem Getriebe t₁ das Klinkrad n, in welches eine mit doppeltem Handgriff versehene, um
den Zapfen der Frictionswelle m₁ drehbare
Sperrklinke o einfällt, wodurch das Niedersinken der
Druckwalze so lange gehindert wird, als sie mit einem Zahne des Klinkrades im
Eingriff ist.
Soll die Neubildung eines Wickels, nachdem eine leere Wickelwalze f eingelegt worden ist, vorgenommen werden, so muß man
die Druckwalze wieder auf den Umfang des Wickelholzes herablassen. Damit aber dieses
Herabgleiten bei Auslösung des Klinkhebels o nicht
plötzlich und zu rasch erfolge, sitzt auf der Getriebwelle hinter dem Klinkrade noch
ein größeres Zahnrad p, das im Eingriff mit einem
kleinen, mit dem Bremsrade r fest verbundenen Rade q ist, und welche beide um einen Zapfen drehbar sind.
Man faßt zunächst das Bremsrad r, hebt den Klinkhebel
mit der andern Hand aus und hat es jetzt in der Gewalt, indem man das Bremsrad
langsam durch die Hand gleiten läßt, die Druckwalze sanft niederlassen zu
können.
Der Antrieb der Wickelwalze von der Welle der Scheibe a
aus geschieht bei vorliegender Maschine in eigenthümlicher Weise und zwar derart,
daß in demselben Maße, wie der Durchmesser des Wickels wächst, die Umdrehungszahl
der Wickelwalze so abnimmt, daß die Umfangsgeschwindigkeit des Wickels, oder die
Einzugsgeschwindigkeit der Bänder, sich stets gleich bleibt, ob der Wickel klein
oder groß ist; es wird dies durch allmälige Vergrößerung des Durchmessers der
expansiblen Schnurscheibe, des sogen. Expanders E,
bewirkt, von welcher aus durch die Räder s, t, u und v der Betrieb an die Achse der Scheibe a übergeht. Die continuirliche Verschiebung der einen Expanderhälfte
in die andere hinein wird erreicht, indem die mit der Nabe dieser Hälfte durch einen
kleinen Stift gekuppelte Stange s₁ (Fig. 20 und
23) sich
gegen den Umfang eines schraubenförmig ausgeschnittenen Cylinders w legt. Dieser Cylinder ist fest mit der die Getriebe
l, l₁ tragenden Welle in Verbindung, welche
bei zunehmender Dicke des Wickels durch das Emporsteigen der Druckwalze von den
Zahnstangen bewegt und wodurch erreicht wird, daß bei Beginn der Wickelbildung der
Expander am weitesten aus einander und bei vollendeter Wicklung ganz zusammen
geschoben ist. Die Wicklung wird also mit kleinstem Expanderdurchmesser begonnen und
mit größtem vollendet, so daß die Umdrehungszahl continuirlich abnehmen muß.
Die Antriebsschnurscheibe sitzt auf der Betriebswelle; die von dieser herabkommende
Treibschnur umschlingt zur Hälfte den Expander, geht über die Leitscheibe L₀, sodann über die Spannrolle L₁ und hierauf wieder nach oben. Der Bolzen der
Spannrolle, auf welchem sich dieselbe dreht, ist mit dem Gewicht G des Hebels H verbunden,
der drehbar über die vordere Achse z aufgesteckt ist.
Auf dieser Achse sitzen noch fest die Ausrückhebel x,
x₁, durch deren Zurückziehen der Hebel x die
Zange y (Fig. 23) aus einander
drückt und die Frictionsscheibenkupplung F löst, so daß
sich nur der Expander weiter bewegt, der Betrieb nach der Wickelwalze aber
aufgehoben ist.
So sinnreich der beschriebene Antrieb angeordnet ist, so leidet er doch an dem großen
Nachtheile eines sehr starken Verschleißes der Triebschnuren, so daß sich die
Unterhaltungskosten ungewöhnlich hoch stellen und häufige Betriebsstörungen durch
Reißen der Schnur eintreten. Man hat Schnüre aus Leder, Baumwolle, Hanf, aus Därmen
u.s.w. angewendet; doch immer blieben die Unterhaltungskosten viel zu hoch. Ein
Mittel, den Verschleiß an Schnüren wesentlich zu beschränken, besteht darin, daß man
von der Betriebswelle aus durch Riemen eine kleine, an der Maschine gelagerte, mit
loser und fester Scheibe versehene Welle treibt und von dieser erst durch
Schnurscheibe den Betrieb geeignet auf den Expander überträgt. Soll die Maschine
still stehen, so führt man den Treibriemen auf die Losscheibe der erwähnten kleinen
Welle, und steht alsdann der Schnurenbetrieb ganz still.
Die constante Einzugsgeschwindigkeit dieser Maschine ist, je nachdem man die Maschine
mehr oder weniger ausnutzen will, 14 bis 17 Yards (12,80 bis 15m,54) in der Minute. Wickelmaschinen
anderer englischer Maschinenfabriken sind der Hauptsache nach ebenso construirt, nur
ist der Antrieb ein anderer – gewöhnlich sehr unvollkommener; derselbe
besteht im Princip gewöhnlich darin, daß auf einer Betriebswelle der Maschine drei bis vier Scheiben
neben einander angeordnet sind. Die eine dieser Scheibe dient als Losscheibe zum
Stillstellen der Maschine, die andern bewirken durch Räderwerk eine verschiedene
Uebersetzung nach der Scheibenwelle. Man beginnt die Wicklung durch Ueberführung des
Riemens auf die Scheibe, welche die größte Umdrehungszahl der Scheibenwelle hervorbringt, und setzt die
nächste Scheibe in Thätigkeit, welche die Zahl der Scheibenumdrehungen vermindert,
sobald bei zunehmender Dicke des Wickels die Umfangsgeschwindigkeit sehr groß
geworden ist.
Neuerdings sind aber auch Wickelmaschinen in Gebrauch gekommen, bei denen durch
Anwendung von Frictionsscheiben eine continuirliche Verminderung der
Umdrehungsgeschwindigkeit der Wickelwalze erreicht wird.
Ist der Vor- und Feinkrempelproceß richtig durchgeführt worden, hat man also
die Einführung des Rohmaterials möglichst gleichmäßig bewirkt, die Stellungen der
Walzen gegen einander, ihre Beschläge und ihre Geschwindigkeiten passend gewählt, so
erhält man ein überall ziemlich gleich starkes Band, in welchem die Fasern genügend
zertheilt und den Dimensionen der folgenden Maschinen angemessen auf Längen von 10
bis 15 Zoll (254 bis 381mm) – je
nach der Qualität des Rohmaterials – verkürzt sind. In ein und demselben
Bande müssen die Fasern stets möglichst gleiche Längen
haben, auch soll die gegenseitige Lage derselben in der Längenrichtung des Bandes
noch einigermaßen parallel sein, jedenfalls dürfen ganz
quer liegende Fasern nicht vorkommen.Die auf Seite 172 erwähnte „einigermaßen
parallele Lagerung“ der Flachsheedefasern durch den Krempelproceß ist so zu verstehen, daß
im fertigen Kardenbande das vollständig wirre und regellose
Durcheinanderliegen aufgehoben und eine Anordnung derselben vorwiegend nach
der Längenrichtung erzielt sein muß. Da aber die Fasern im Kardenbande noch
vielfach gebogen und gekreuzt sind, so kann man im strengen Sinne des Wortes
nicht von einer parallelen Lagerung durch den Krempelproceß sprechen; wohl
aber ist diese Bezeichnung für die Anordnung der Fasern vergleichsweise
– das fertige Kardenband gegen das Rohmaterial gehalten –
zulässig und soll diese Beschränkung durch das Wort
„einigermaßen“ angedeutet sein.Erst der folgende Streckproceß kann durch Geraderichten, Strecken der
einzelnen Fasern deren möglichst paralleles Nebeneinanderliegen
vervollständigen und hervorbringen, was aber nur dann genügend gelingen
kann, wenn ganz querliegende Fasern im Bande, die entweder in der Mitte,
oder an beiden Enden gleichzeitig von den Streckwalzen gefaßt werden, nicht
vorhanden sind. Die im Rohmaterial quer zur Einführungsrichtung liegenden
Fasern müssen daher im obigen Sinne umgelegt, es muß ein erstes Stadium des
Parallelismus durch den Krempelproceß herbeigeführt werden, damit der
Streckproceß richtig gelingen kann. Je vollständiger diese Bedingungen erfüllt sind, desto bessere Resultate
ergibt der folgende Streck- und Doublirproceß.
Dieser Proceß soll nicht nur, wie bereits früher (S. 171) erwähnt wurde,
Vervollständigung der parallelen Lage der Fasern und Verfeinerung der Bänder durch
Strecken und Verziehen derselben, sowie ein Ausgleichen der durch ungleichmäßige
Auflage auf den Karden hervorgerufenen Verschiedenheiten in der Stärke der Bänder durch
Zusammenlegen, Doubliren mehrerer einfachen bewirken, sondern auch ein fortgesetztes
Spalten, Zertheilen und Reinigen der einzelnen Fasern durch Einwirkung eines
Hechelapparates auf die Bänder. Es werden diese Verrichtungen gemeinsam auf den
Streck- oder Doublirmaschinen (drawing-frames,
drawings) durchgeführt, und wendet man stets zwei derselben – bei
feineren Nummern und besonders guten Qualitäten ausnahmsweise auch wohl drei – hinter einander als
erste, zweite, dritte Streckmaschine (first-,
second-, third-drawing) an.Je mehr man innerhalb praktisch zulässiger Grenzen den Streck – und
Doublirproceß ausdehnt – je mehr Streckmaschinen man also das Product
passiren läßt – um so gleichmäßiger und schöner wird dasselbe, um so
besser auch das aus ihm gesponnene Garn und das aus diesem wiederum gewebte
Zeug. Bei den Fabrikaten der Jute-Industrie ist aber neben genügender Güte besonders Billigkeit derselben Bedingung, weshalb man die Anzahl der
Maschinen im System so gering wie möglich zu wählen genöthigt ist, um an
Anlagecapital und Fabrikationsunkosten zu sparen. Alle Streckmaschinen haben als wesentlichste arbeitende Theile zunächst die
Einziehwalzen (back rollers), welche das ihnen
übergebene Band erfassen und den Streckwalzen (drawing
rollers, front rollers) zuführen, die sich mit wesentlich größerer
Umfangsgeschwindigkeit bewegen, wodurch das eingeführte Band verlängert, gestreckt
und verzogen wird. Die Entfernung der Einzieh- von den Streckwalzen (reach)
hängt wesentlich von der Länge der Fasern in den zu streckenden Bändern ab und
beträgt 10 bis 15 Zoll (254 bis 381mm). Auf
dem Wege zwischen Einzieh- und Streckwalzen werden die Bänder durch einen
sich passend vorwärts bewegenden Hechelapparat unterstützt, und findet bei dem
jedesmaligen Eintreten der Nadeln in dieselben das erwähnte Spalten und Zertheilen
und das Reinigen der Fasern, während sie von den Streckwalzen durch die Nadeln
gezogen werden, dadurch statt, daß Basttheilchen und die ganz kurzen, bei der
Spaltung entstandenen Fäserchen – die sich zwischen den Nadeln des
Hechelapparates und unter demselben ansammeln – abgestrichen und
zurückgehalten werden. Gleichzeitig mit dem Strecken, und auch nach Ausführung
desselben, wird das Zusammenlegen, Doubliren mehrerer Bänder vorgenommen; jedoch
überwiegt stets der Streck- den Doublirproceß, so daß die von den
Streckwalzen den Ablieferungswalzen (delivering rollers)
übergebenen Bänder schwächer, dünner und feiner als die ursprünglich eingeführten
sind.
Der erwähnte Streckproceß bewirkt eine Bewegung der Fasern in der Längenrichtung des
Bandes zwischen den Nadeln des Hechelapparates, wodurch, wie beabsichtigt, die
parallele Lage derselben wesentlich erhöht und befördert wird. Damit dieser Proceß
aber ausgeführt werden kann und den gewünschten Erfolg hat, muß die Länge der Fasern nahezu mit der
erwähnten Entfernung (reach) der letzten Einzieh-
von den Streckwalzen übereinstimmen. Wir wollen diese Entfernung, welche von der
Mitte der letzten Einziehwalze bis zu der der untern Streckwalze gemessen wird,
fernerhin bei allen Maschinen, wo sie vorkommt, die „Distanz“ nennen. Wäre nämlich die Länge der Fasern größer
als diese Distanz, so daß dieselben einerseits bereits von den Streckwalzen gefaßt,
anderseits aber noch von den Einziehwalzen gehalten werden, so ist eine Bewegung der
Fasern nicht möglich, dieselben müssen entweder zerreißen – und dies
geschieht dann in sehr ungleichen Längen – oder die obern Streckwalzen, die
Druckwalzen, werden rutschen, bis die Einziehwalzen die andern Enden losgelassen
haben, so daß ein höchst unegaler Verzug auftritt und auch Betriebsstörungen durch
die eintretenden Stopfungen nicht ausbleiben können. Ist die Länge der Fasern aber
erheblich kleiner als die Distanz, so sind diese während einer gewissen Zeit weder
von den Einzieh- noch von den Streckwalzen gehalten und geführt, sie liegen
also frei zwischen beiden Walzen und werden daher durch die von den Streckwalzen
bereits gefaßten und vorwärts bewegten Fasern mehr oder weniger verwirrt und quer
gelegt; mithin wird die durch den Streckproceß beabsichtigte Ordnung der Fasern
gehindert und gestört, und zwar um so erheblicher, je mehr zu kurze Fasern in dem zu
streckenden Bande enthalten sind und je weniger der dasselbe
unterstützende Hechelapparat geeignet ist, diesem schädlichen Umstände entgegen
zu wirken. Die einmal verwirrten und verschobenen Fasern schieben sich bei
dem fernern Streckprocesse immer mehr zusammen und bilden schließlich im Feingarn
dickere Stellen, Knoten (knotiges Feingarn), welche dessen Brauchbarkeit und
Haltbarkeit herabmindern. Daß bereits quer liegende Fasern – auch wenn sie
richtige Länge haben – nie wieder vollständig in parallele Lage zu den andern
Fasern durch den Streckproceß gebracht werden können, ist sonach erklärlich; es ist
deshalb Sache des Krempelprocesses, eine derartige Querlage der Fasern möglichst zu hindern. Da
durch den erwähnten Spalt- und Zertheilungsproceß die Fasern gleichzeitig
immer mehr verkürzt werden, die Distanz aber nahezu mit der Länge derselben
übereinstimmen soll, so muß dieselbe bei den folgenden Streckmaschinen stets kleiner
als bei den vorhergehenden sein, und wird nach der Erfahrung bestimmt.
Soll indessen langes Material mit kurzem zusammen verarbeitet werden, z.B. lange Jute
und kurzer, bei dem Krempelprocesse etc. entstandener Abfall zu starkem ordinären
Garne, so darf zunächst die Vereinigung beider nicht bereits auf der Vorkarde bewirkt werden
– weil man dann bei der weitern Verarbeitung Feinkardenbänder erhalten würde,
in welchen sehr verschiedene Faserlängen enthalten sind, die unzweifelhaft
Veranlassungen zu erheblichen Störungen des Streckprocesses und Herabminderung der
Wirkung desselben geben würden, sondern man verfährt dann folgendermaßen: Die lange
Jute wird zunächst auf dem Reißwolf in kürzere Fasern, in Heede zerrissen. Diese
Heede legt man der Vorkarde allein vor und zieht von
dieser demnach Bänder ab, in welchen die Längen der einzelnen Fasern erheblich
reducirt sind. Nun übergibt man diese Bänder der Feinkarde und vertheilt über
dieselben möglichst gleichmäßig den Abfall. Indem es auf diese Weise möglich ist,
eine größere Menge Abfall zuzufügen, erhält man schließlich ein Feinkardenband, in
welchem die Längen der Fasern einigermaßen in Uebereinstimmung sind. Man hat alsdann
Streckmaschinen von kürzerer Distanz – den längsten Fasern im Bande
entsprechend – zu wählen und wird dadurch die günstige Wirkung des
Streckprocesses möglichst erhalten und in Folge dessen ein verhältnißmäßig
knotenfreieres Feingarn erzielen.
Wir wollen nunmehr zur nähern Besprechung der Streckmaschinen übergehen und dieselben
nach der Beschaffenheit des zwischen Einzieh- und Streckwalzen liegenden
Hechelapparates in folgende Arten unterscheiden:
1)2)3)4)
Streckmaschinen
mit„„„
Hechelnadelwalzen (rotary-drawings),Hechelstäben in Scheibenführung (circular-drawings),
„ „ Schraubenführung
(spiral-drawings),
„ „ Kettenführung
(chain-drawings).
Von diesen Streckmaschinen sind die unter 3 genannten, mit Hechelstäben in
Schraubenführung, weitaus am meisten in Anwendung, weil bei diesen der Hechelapparat
in besonderm Maße die vorzügliche Eigenschaft hat, die Wirkung des Streckprocesses
zu erhalten und zu erhöhen, so daß selbst unter ungünstigen Verhältnissen das
Product dieser Maschinen wesentlich besser als das der vorher genannten ist. Die
Maschinen der 4. Classe sind erst neuerdings in besonderer Construction zur
Anwendung gelangt, und bleibt es noch abzuwarten, in wie weit dieselben die andern
Streckmaschinen zu ersetzen vermögen. Es sollen deshalb zuerst die Maschinen unter 3
näher besprochen werden und hierauf die unter 1, 2 und 4 genannten folgen, zu deren
Verständniß die Erklärung des nur allein abweichend construirten Hechelapparates
genügen wird.
Streckmaschinen mit Hechelstäben in Schraubenführung (spiral-drawings). Es folge zunächst die
Beschreibung der auf Tafel VIII Fig. 24 bis 26 [b.c/4] in 1/6 n. Gr. in Seitenansicht, Querschnitt und Grundriß
dargestellten zweiten derartigen Streckmaschine. Dieselbe besteht aus mehrern
Abtheilungen, Köpfen (heads), von denen der eine
gleichsam die Wiederholung des andern bildet, und beziehen sich die angegebenen
Figuren auf eine Streckmaschine mit 3 Köpfen (heads) zu 6 Bändern (slivers) und 3 Ablieferungen (delivers), von
welchen der eine Endkopf vollständig und der andere zum Theil – um den
Betrieb zur Anschauung zu bringen – im Grundriß Figur 26 abgebildet
ist.
Die Einziehwalzen bestehen aus zwei durchgehenden, zwischen jedem Kopfe der Maschine
gelagerten glatten Cylindern p₁ und p₂, die durch Räderwerk bewegt werden, während
die obern p₃ aus kürzern, und zwar für jeden Kopf
aus drei Enden bestehen, welche zwischen die erstern eingelegt, von diesen nur durch
Reibung mitgenommen werden. Zum Abstreifen der an den Cylindern p₁ und p₂ etwa
hängen gebliebenen kürzern Fasern dienen die Putzleisten (dead rubbers) i₀, i₁ Figur 25. Aus den
vorgesetzten Kannen treten die Bänder über das Leitblech J in sechs durch die Stege l₁ bestimmte
Abtheilungen, seitlich begrenzt und geführt durch die verstellbaren Leistchen l₂ in horizontaler Richtung unterhalb der
Einziehwalze p₁ ein, gehen dann über die Walze
p₃, dieselbe zur größern Hälfte umschlingend,
hierauf nach unten und werden schließlich, von p₂
abgeliefert, sofort von sechs auf Stäben (fallers)
befestigten Nadelsystemen (gills) erfaßt. Diese
Nadelsysteme entfernen sich von den Einziehwalzen in horizontaler Richtung mit etwas
größerer Geschwindigkeit, als die Umfangsgeschwindigkeit derselben beträgt, und
übergeben die durch die Führungen l₃ etwas
zusammengezogenen Bänder den Streckwalzen c₀, c₁, von denen sie zur gewünschten Feinheit
ausgezogen werden. Der erste Hechelstab tritt, bei den Streckwalzen angekommen,
senkrecht aus den Bändern nach unten und geht mit größerer Geschwindigkeit zurück,
um, wieder bei den Einziehwalzen angekommen, aufs Neue in die Höhe gehoben in die
Bänder zu fassen. Während sich der erste Hechelstab von den Einziehwalzen entfernt,
treten fortwährend neue Hechelstäbe mit Nadelsystemen in die Bänder, so daß letztere
zwischen Einzieh- und Streckwalzen von Nadeln gehalten und unterstützt
werden, die in fortwährender Circulation begriffen sind. Aber nicht blos zur Führung
und Unterstützung der Bänder dienen diese Nadelsysteme, sondern, wie oben S. 497
bemerkt, zugleich zur weitern Zertheilung, Spaltung, Zerlegung der Fasern, welche
Wirkung bei dem Eintreten der Hechelnadeln in die Bänder durch die etwas größere
Geschwindigkeit der Nadeln, als die Umfangsgeschwindigkeit der Einzugswalzen
beträgt, erhöht wird. Die untere, flach geriffelte Streckwalze c₀ (fluted drawing
[front] roller)
hat ebenfalls die Länge der ganzen Maschine, ist zwischen jedem Kopfe derselben
gelagert und wird durch die unterhalb angebrachten, durch Gewichtshebel angedrückten
Putzleisten i₂ gereinigt (Fig. 25). Die obern
Walzen c₁, gewöhnlich aus Gußeisen construirt und
mit Leder überzogen, sind Druckwalzen (front roller leather
pressing) und werden nur durch Reibung von der untern Walze mitgenommen.
Jeder Kopf enthält deren sechs, entsprechend der Anzahl der Nadelsysteme, mit deren
Länge ihre Breite übereinstimmt. Je zwei sind auf einer Achse befestigt, deren Enden
in Metalllagern laufen, die ihrerseits durch prismatische Führungen der Ständer a₁ gehalten werden, und wirkt das
Belastungsgewicht mittels einer Hebelverbindung und eines Lagerbügels (Fig. 25 und
26) in
der Mitte der Achse. Putzleisten oberhalb dieser Druckwalzen fehlen häufig, so auch
bei vorliegender Maschine. Die von den Streckwalzen ausgezogenen Bänder gleiten über
die Doublirplatte P herab, die für jeden Kopf mit sechs,
entsprechend der Anzahl der gestreckten Bänder, unter 45° geneigten
abgerundeten Einschnitten versehen ist, so daß es möglich ist, je zwei Bänder zu
vereinigen und den Ablieferungswalzen g₀, g₁ (delivering
rollers) zuzuführen, welche das durch die Leistchen l₄ zusammengezogene Band in vorgesetzte Blechkannen abliefern. Die
untern Ablieferungswalzen g₀ sind auf einer Achse, welche den Betrieb empfängt, befestigt,
während die obern massiven gußeisernen Walzen nur Druckwalzen (delivering pressing rollers) sind, die in den Ständern
a₂ Führung haben. Oberhalb dieser Walzen sind
wieder Putzleisten i₄ angeordnet.
Im Grundriß Figur
26 [c/3] ist ein Paar Streckdruckwalzen, sowie
eine Ablieferungsdruckwalze weggenommen gezeichnet, und sind der Maschine vier
Kannen von der ersten Streckmaschine vorgesetzt. Es werden daher je zwei Bänder
zusammen in die Nadelsysteme 1 und 2 eingeführt, gemeinsam gestreckt und dann durch
Doublirplatte vereinigt, so daß schließlich ein Band
abgeliefert wird. Es findet demnach eine vierfache Doublirung statt, wovon die erste
Hälfte vor, die andere nach dem Streckprocesse fällt. Eine stärkere als zweifache
Belegung einer Nadelreihe ist in den wenigsten Fällen zulässig, weil alsdann die
Bänder von den Nadeln nicht mehr sicher vollständig durchstochen werden und sich
daher die obern Partien der Einwirkung der Nadeln gänzlich entziehen, auch der
Streckproceß nur theilweise gelingen kann. In manchen Fällen genügt eine einfache
Belegung der Nadelreihen, so daß man im ganzen eine zweifache Doublirung erhalten
würde. Wollte man die Nadelreihen 1, 3 und 5 einfach, dagegen 2, 4 und 6 doppelt
belegen, so würde man für jedes abgelieferte Band eine 3fache Doublirung, bekommen,
welche Anordnung
aber möglichst zu vermeiden ist, weil hierbei unter den auf einer Achse sitzenden Druckwalzen verschieden starke Bänder hindurch
geleitet werden, was eine wenn auch geringe Schiefstellung derselben, eine ungleiche
Vertheilung des Druckes und unter Umständen eine schädliche Einwirkung auf den
Streckproceß zur Folge haben kann. Gewöhnlich pflegt man deshalb 4fache Doublirung
auf einer wie vorstehend angeordneten Maschine anzuwenden.
Aehnlich wie die beschriebene zweite ist die erste
Streckmaschine construirt, von der in Figur 27 Tafel VIII [d/3] der Grundriß eines Kopfes in 1/16 n. Gr. abgebildet
ist. Die vollständige Maschine besteht ebenfalls aus 3 Köpfen. Jeder Kopf enthält
aber 4 Abtheilungen zur Einführung der Bänder, und liefern sonach die Streckwalzen 4
Bänder pro Kopf, die entweder geradeaus geleitet oder zu je zwei durch Doublirplatte
vereinigt werden können, so daß die Ablieferungswalzen 2 oder 4 Bänder abgeben. Das
letztere wird dadurch ermöglicht, daß die Ablieferungswalzen g₀ doppelte Breite haben und die beiden Ablieferungsdruckwalzen g₁, g₁ jede
von derselben Breite auf einer gemeinschaftlichen Achse
sitzen, die an den Enden nur in zwei Ständern a₂
geführt ist. Eine Schiefstellung der Druckwalzen ist sonach unmöglich, gleichgiltig
ob man 2 oder 4 Bänder abzieht.
Man wählt gewöhnlich zweifache oder vierfache Doublirung und kann im erstem Falle
entweder jede Hechelreihe einfach belegen und nur 2 Bänder pro Kopf abziehen, oder
doppelt belegen und 4 Bänder abziehen; im zweiten Falle muß man stets jede
Hechelreihe doppelt belegen und pro Kopf 2 Bänder abziehen. Durch Belegung jeder
Hechelreihe mit 3 Bändern kann man bei Abzug von 2 Bändern eine 6fache und bei Abzug
von 4 Bändern eine 3fache Doublirung erhalten; doch wird die Stärke der
Feinkardenbänder in den wenigsten Fällen eine derartige Belegung gestatten, ohne das
richtige Durchstechen der Nadeln zu hindern.
Die Einführdruckwalzen p₃ bestehen hier,
entsprechend der symmetrischen Anordnung der andern Theile, nur aus zwei Theilen.
Die einzelnen Nadelsysteme sind bedeutend breiter – 7 Zoll (178mm) – um das Einführen der starken
Feinkardenbänder möglichst neben einander zu gestatten.
Die Streckdruckwalzen c₁ bestehen aus einer gußeisernen Walze, die in zwei Abtheilungen mit
Leder überzogen ist, so daß zwischen beiden ein Raum von etwa 1 Zoll (25,4mm) frei bleibt. Die Belastung der Achse
muß bei dieser Anordnung an den Enden derselben stattfinden, wodurch man eine sehr
gleichmäßige Vertheilung des Druckes erzielt. Die sonstigen Abweichungen dieser
Maschine von der beschriebenen zweiten Streckmaschine beziehen sich lediglich auf
die durch die längere
Faser der Bänder bedingte größere Distanz und einige sonstige hiermit im
Zusammenhange stehende Verschiedenheiten, die am Schluß dieses Abschnittes
tabellarisch zusammengestellt sind.
Der Antrieb dieser Maschine erfolgt grade so wie bei der zweiten Streckmaschine, und
sollen die Abweichungen in den Geschwindigkeiten bei der weiter unten gegebenen
Berechnung der letztgenannten Maschine erwähnt werden. – Im Grundriß Figur 27 ist
das Räderwerk durch die Räderkasten K₁, K₂ verdeckt gezeichnet.
(Fortsetzung folgt.)