Titel: Studien über den Weinfarbstoff und über Weinfärbung; von Dr. V. Griessmayer in München.
Autor: V. Griessmayer
Fundstelle: Band 223, Jahrgang 1877, S. 531
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Studien über den Weinfarbstoff und über Weinfärbung; von Dr. V. Griessmayer in München. Grießmayer, über Weinfärbung. Angeregt durch die Abhandlung von Duclaux: Sur la mattière colorante du vin (vgl. 1874 213 261), unternahm ich in verflossenem Herbste folgende Untersuchungen: I. Blauen Bozener Trauben mit kleinen Beeren wurden die Bälge mit dem Messer abgezogen und diese mit Wasser digerirt, in welches 5 Minuten lang Kohlensäure geleitet wurde. Nach 18 Stunden wurde die rothe Flüssigkeit decantirt und so lange nachgewaschen, bis das Waschwasser farblos und neutral ablief. Nun digerirte man den Rückstand mit Alkohol von 92 Proc. durch 24 Stunden hindurch. Es entstand eine intensiv rothe Flüssigkeit; man decantirte sie, destillirte den größten Theil des Alkohols ab und brachte den Rest der Flüssigkeit im Wasserbade zur Trockne. Es blieb ein dunkelrother Rückstand in kaltem Wasser mit blutrother Farbe löslich. Die mit Alkohol extrahirten Bälge wurden nun mit Wasser gewaschen, bis dieses farblos ablief, und wiederum mit Alkohol von 92 Proc. digerirt. Es entstand hierdurch eine rothviolette Flüssigkeit (2. Alkoholauszug). Eine dritte Behandlung mit Alkohol gab eine schwachrothe, ins Bläuliche ziehende Färbung der Flüssigkeit. Nachdem diese decantirt, mit Wasser ausgewaschen war, wurden die Bälge mit verdünnter Schwefelsäure 18 Stunden digerirt. Sie wurden zwar hierdurch roth, die Flüssigkeit aber nur ganz schwach gefärbt. Eine Probe derselben mit Natron oder Ammon versetzt, wurde nur vorübergehend violett und dann rasch farblos. A) Verhalten des ersten wässerigen, schwach sauren und leicht rosa gefärbten Auszuges: a) Durch Essigsäure, Weinsäure und verdünnte Schwefelsäure wird er mit steigernder Intensität roth. Dieses Roth wird durch Ammon in Blauviolett umgewandelt, durch Säurezusatz wieder hergestellt. Neutrales weinsaures Kali ist ohne Einfluß auf die Färbung. b) Durch Ammon oder Natron wird er grünlich braun; durch Weinsäure wird dieses Braun wieder roth. c) Schwefelsaures Ammon und Alaun sind ohne Einfluß auf die Färbung. d) Tannin, sowie Traubenkerngerbsäure verändern die Farbe nicht. e) Durch Bleizucker entsteht ein mißfarbiger Niederschlag, der durch Zusatz von etwas Essigsäure blau, durch mehr Essigsäure roth wird. B) Verhalten des ersten weingeistigen, purpurrothen Extractes: a) Durch Weinsäure wird es hellblutroth. b) Mit Ammon blauviolett, dann auf Zusatz von Weinsäure oder Schwefelsäure wieder roth und dieses Roth dann durch Natron grünbraun, durch Ammon aber halblila, halbgrün. c) Mit Natron grün, dann hellbraun. d) Mit neutralem weinsauren Kali bläulichviolett. e) Mit Alaun bläulicher Ton, auf Zusatz von Weinsäure dann hellroth. f) Mit Bleizucker und Bleiessig blauer Niederschlag. Die Fehling'sche Lösung wild durch beide Extracte reducirt. C) Verhalten des zweiten weingeistigen, rothvioletten Auszuges: a) Durch Natron wird er dunkelgrün; auf Zusatz von Schwefelsäure wird dieses Grün roth und dieses Roth dann durch Natron blaß dunkelgrün, durch Ammon graulila grünlich. b) Durch Ammon blaßgrün. c) Durch Bleizucker grüne Färbung (ohne Niederschlag), die durch successiven Zusatz von Essigsäure blauviolett und dann röthlicher wird – aber nie ganz roth. II. Beeren von bläulich rothen Malaga-Trauben wurden in ähnlicher Weise wie die Bozener Trauben behandelt und die Bälge zunächst mit kohlensaurem Wasser 18 Stunden digerirt. Dann wurde ein zweiter wässeriger Auszug veranstaltet, der bereits eine gänzlich ungefärbte Flüssigkeit lieferte. Nach der Decantation dieses Auszuges digerirte man die Bälge mit Alkohol von 92 Proc. und erhielt hierdurch einen gelben, ins Bläuliche schimmernden Auszug. Verhalten des ersten wässerigen, schwach röthlichen Auszuges: a) Mit Ammon grün.b) Mit Natron saftig grüngelb. Beide durch Säuren wieder roth. c) Durch Säuren roth. B) Verhalten des zweiten wässerigen ungefärbten Auszuges: a) Mit Natron grünlich gelb. b) Mit Ammon schwach grünlich. c) Mit Schwefelsäure roth; dieses Roth wird durch Ammon blauviolett, aber nur schwach und rasch verblassend. d) Durch Bleizucker keine Reaction. e) Bei längerm Stehen setzte dieser farblose Rosit Substanz ab, die zwar nach 14 Tagen bereits compendiöse Flocken, welche sich bei mikroskopischer Prüfung als Massen von Carpozyma apiculatum neben geringen Mengen von Bacillen und Coccen enthüllten. Die Flüssigkeit gab dann mit Schwefelsäure nur mehr einen kaum merklichen gelbröthlichen Ton. C) Verhalten des weingeistigen gelblichen Auszuges: a) Mit Natron dunkelgrüngelb. b) Mit Ammon hellgrüngelb, auf Zusatz von Schwefelsäure prachtvoll roth, welches Roth dann auf Zusatz von Ammon durch Blauviolett nach Graublau hin sich veränderte. c) Durch Säuren roth. d) Mit Bleizucker gelb opalescirend und auf Zusatz von Essigsäure nicht blau, sondern gleich roth. III. Um künstliche Weinfärbungen zu erkennen, wurden folgende Farbstoffe auf ihr Verhalten zu Reagentien näher untersucht: 1) Vergohrener Heidelbeersaft (Vaccinium Myrtillus). 2) Hollunderbeerensaft (Sambucus niger). 3) Attichbeerenabkochung (Sambucus arboreae). 4) Pappelrosen (Flores Malvae arboreae). 5) Flores Malvae sylvestris. 6) Saft von rothen Rüben. 7) Cochenille mit Rötzer Wein abgekocht. 8) Fernambukholz mit Rötzer gekocht. 9) Fuchsinlösung. Die Tabelle auf S. 535 gibt die betreffenden Reactionen. IV. Mit Rücksicht auf vorstehende Ergebnisse wurden folgende Weine untersucht. Bei dem zweiten derselben, einem Desse Pauillac, wurde besonders auf Fuchsin untersucht, aber keines gefunden. 1. Bordeaux aus dem Keller eines Privaten ohne Quellenangabe. Man dampfte 300cc ein und nahm den Rückstand mit Wasser auf. So erhielt man mit: Ammon: Grünlichbraune Färbung und dunkelbraunen Niederschlag. Textabbildung Bd. 223, S. 534 Reagentien; Heidelbeere; Holunderbeere; Attichbeere; Pappelrose; Fl. Malv. sylvest.; Rothe Rüben; Cochenille; Fernambuk; Fuchsin; Zink und Salzsäure; Allmälig schwach entfärbt; entfärbt; bräunlichroth; roth; braunroth ins Orange ziehend; roth, dann entfärbt; rasch entfärbt; Ammon; Grünbraun; grünlich schwarz; dunkelgrün; braungelb; schmutzig blaß rothbraun; dunkelpurpurroth ins Blauviolette zieh.; blutroth; Salpetersäure; In Kälte bluthroth, beim Sieden rasch orange; roth, durch Kochen gelb; in der Kälte schon entfärbt; in der Kälte blasser, beim Kochen gelb; in Kälte nichts, beim Sieden orange bis dunkelgelb; Baryt; graugrüner Niederschl. Fl. farblos; grüner N. grüne Fl.; grünlichgelber Niederschl.; gelbe Fl.; Nied. grau Fl. farblos; amaranth-rother Nied. Fl. roth; schmutzig braunroth; Natron; röthl. braun; verdünnt grünlichgelb; wie Hollunder; bräunlichgelb; blaß graubraun; dunkelpurpurroth mit Stich ins Violette; roth; Bleiessig; Blauer Niederschlag; dunkel grau-grüner N. Fl. gelblich; blauvioletter Niederschl. violette Fl.; grasgrüner N.; flockigbrauner Niederschl. Fl. farblos; blauvioletter Niederschl.; fleischrother Niederschl.; Schwefelsaures Kupferox; Violett; dunkelbraun-rothe Fl.; blauer N.; blauviolette Fl.; dunkelbrauner N.; schmutzig grüne Fl.; grüne Fl.; etwas Nied. suspendirt; blauviolette Flüss.; mißfarbig; Kohlenaures Natron; Blauschwarz; dunkel graugrün; bräunlich-grün; dunkel olivengrün; hell olivengrün; schwärzlich roth; purpurroth; bluthroth; Borax; Amaranthroth; dunkel braun-roth; grün; rubinroth Natron: Grünlichbraune, hierauf dunkel braungelbe Färbung und dann Niederschlag. Schwefelsäure: Roth. Eisenchlorid: Dunkelbraune, im auffallenden Lichte schwarze Färbung. Gerbsäure. Bleizucker: Blauen Niederschlag. Baryt: Schwarzgrauen Niederschlag. 2. Desse Pauillac 1869, von Péros Mandis et fils et Cie. in Bordeaux. Er wurde nicht eingedampft und gab mit: Zink und Salzsäure: Allmälig schwache Entfärbung. Natron oder Ammon: Schwärzlichbraun. Bleiessig: Dunkelvioletten Niederschlag; eingedampft und nun erst mit Bleiessig versetzt, gab einen graublauen Niederschlag. Baryt: Braunschwarzer Niederschlag. Eisenchlorid: Schwarz. Gerbsäure. Schwefelsaurem Kupferoxyd: Keine Reaction. Nun dampfte man 50cc zur Trockne, nahm den Rückstand mit Ammon und mit Aether unter Schütteln auf und erhielt so eine farblose Flüssigkeit, die auf Zusatz von Essigsäure eine vorübergehende Trübung erfuhr – aber farblos blieb. (Fuchsin würde hierdurch roth gefärbt werden.) 100cc des ursprünglichen Weines wurden nach der Vorschrift von Lamattina (1876 222 375) mit 153 grob pulverisirten Braunsteines 15 Minuten geschüttelt, die gelbliche Flüssigkeit abfiltrirt. Der Rückstand wurde mit Alkohol von 92 Proc. gesotten und die so erhaltene weingeistige Flüssigkeit mit concentrirter Essigsäure versetzt und einige Tropfen Ammon hinzugefügt. Sie blieb farblos. (Fuchsin würde roth.) 3. Vino nero di Spalato von Leibenfrost und Comp. in Wien. Dieser Wein ist von so schwarzrother Farbe, daß er erst auf das dreifache verdünnt wurde. Er wurde mit: Salpetersäure: Selbst nach 2 Minuten langem Sieden kaum blasser, Zink und Salzsäure: Nach langer Zeit nur blasser. Ammon: Schwarz. Natron:       „ Kohlensaures Natron: Schwarz. Borax: Schwärzlichviolett. Schwefelsaures Kupferoxyd: Keine Aenderung. Eisenchlorid: Ein Tropfen dunkel, mehrere Tropfen dickschwarz. Baryt: Schwarzgrau. Bleieisig: Graublauen Niederschlag. 4. Rother Vöslauer von Leibenfrost und Comp. in Wien. Salpetersäure: In Kälte nichts, beim Sieden rasch entfärbt. Zink, Salzsäure: Blos allmälig blasser. Ammon: Schwarz; bei starker Verdünnung braun. Natron:        „                                  „ Kohlensaures Natron: Schwarz; bei starker Verdünnung braun. Borax: Schwarzroth. Schwefelsaures Kupferoxyd: Keine Aenderung. Eisenchlorid: Schwarz. Baryt: Grauschwarz. Bleiessig: Hell graublau. Ich glaube hiermit sämmtliche untersuchte Sorten für rein und ungefärbt ansprechen zu sollen. München, 13. December 1876.