Titel: Directer Process zur Eisen- und Stahlfabrikation; von Jac. Reese.
Fundstelle: Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 336
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Directer Process zur Eisen- und Stahlfabrikation; von Jac. Reese. Reese's directer Proceß zur Eisen- und Stahlfabrikation. Bei dem immer mehr um sich greifenden Bestreben der Eisenfabrikanten, fertige Waare, mit Umgehung des Hohofenbetriebes, direct aus den Erzen herzustellen (vgl. 1873 209* 1. 1875 217 69), mag es nicht uninteressant sein, auf eine Reihe von Versuchen hinzuweisen, welche Jacob Reese in den J. 1866 und 1867 auf den „Fort Pitt Iron and Steel Works“ in Pittsburgh anstellte, und deren Resultate so befriedigend ausfielen, daß er in den Vereinigten Staaten, in Großbritannien und in Frankreich ein Patent nahm, unter dem Titel: „Reduction der Metalloxyde“. Ausgehend von der Idee, daß die Reduction der Erze im trocknen Zustand nur ein ungenügendes Ergebniß liefern könne, da die nach der Reduction des Eisens zurückbleibenden kieseligen und erdigen Substanzen die Eisentheilchen derart einschließen, daß eine vollständige Trennung derselben bis jetzt nicht gelungen ist, versuchte Reese, Reductionsmittel in gasförmigem Zustande auf geschmolzene Erze wirken zu lassen. In einem gewöhnlichen, von einem Roots' Ventilator getriebenen Cupolofen, von 30 Zoll engl. (762mm) größter Weite und 7½ Fuß (2m, 286) Füllhöhe wurden Iron Mountain-, Lake Superior- und Champlain-Erze geschmolzen und in continuirlichem Strom in einen Converter laufen gelassen, in welchem sie durch die Hitze der von dem Cupolofen abgefangenen Gase flüssig erhalten wurden. Bei dem ersten Versuche wurde sodann ein Strom von Petroleumgas mit einer Pressung von 100 Pfund auf den Quadratzoll (7k, 03 auf 1qc) durch das geschmolzene Erz gedrückt. Die Masse erstarrte in Folge dessen, und man fand sie nach ihrer Herausnahme aus dem Converter allenthalben mit Kügelchen von Schmiedeisen durchsetzt. Hierauf benutzte man Benzingase zur Reduction mit etwas besserem Erfolge. — Später bediente man sich eines Gemisches von Benzingas mit Wasserdampf, ebenfalls unter einem Druck von 7k, 03 auf 1qc. Die Erstarrung erfolgte schneller, das Product aber war ein Gemenge von Gußeisen und Erz. Nachdem die Gase vor dem Eintritt in den Converter auf eine Temperatur von 315° erhitzt worden waren, konnten in 20 Minuten schon etwa 45 Proc. Gußeisen aus dem Converter abgestochen werden. Die Charge wog 90k, und es wurde nie länger als 21 Minuten geblasen; einmal erstarrte das Schmelzgut in 8 Minuten und enthielt 31 Proc. Schmiedeisen, so weiß wie Silber. Ein ander Mal wurde 10 Minuten lang Benzingas mit Dampf vermischt und dann 5 Minuten lang Petroleumgas eingeblasen. Die Masse wurde teigig und erwies sich nach dem Herausnehmen als Federstahl. Die Fortsetzung dieser Versuche wurde leider durch das Eintreten mannigfacher Hindernisse verhindert. Feuersbrunst, Kesselexplosion und der Bürgerkrieg, welche in kurzen Zwischenräumen eintraten, veranlaßten die Außerbetriebsetzung des Werkes. Obgleich bis dahin noch keine in ökonomischer Hinsicht vortheilhaften Resultate erzielt worden waren, so boten dieselben doch in mancher Richtung Anhaltspunkte, welche zu der Hoffnung berechtigen konnten, dereinst auf dem betretenen Wege, etwa unter Zuhilfennahme von Wasserstoff, Kohlenwasserstoff, Kohlenoxydgas u. dgl., nach Wunsch Schmiedeisen, Gußstahl oder Gußeisen herzustellen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die auf diese Weise erzielten Producte an Billigkeit und Reinheit mit allen übrigen concurriren könnten, und daß bei der geringen Zeitdauer, welche der Proceß in Anspruch nimmt, auch in quantitativer Hinsicht bedeutende Leistungen zu erwarten wären. Auffallender Weise sind die durch Reese angestellten Experimente völlig todtgeschwiegen worden, bis er sie selbst im November v. I. im Bulletin of the American Iron and Steel Association veröffentlichte. (Nach dem Scientific American Supplement, Januar 1877 S. 869.) —r.