Titel: Hochsiedendes Petroleum als Leuchtmaterial, und die Feuergefährlichkeit der Petroleumsorten des Handels; von Dr. Carl Heumann.
Autor: Karl Heumann
Fundstelle: Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 525
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Hochsiedendes Petroleum als Leuchtmaterial, und die Feuergefährlichkeit der Petroleumsorten des Handels; von Dr. Carl Heumann. (Schluß von S. 414 dieses Bandes.) Heumann, über Petroleum. Hiermit ist indeß der Verwendung hochsiedenden Petroleums als Leuchtmaterial durchaus nicht der Stab gebrochen; ich bin im Gegentheil vollkommen der Ansicht, daß überall da, wo es auf einige Pfennige für den Abend nicht ankommt und auch die demnächst zu besprechenden, bedeutenden Vorzüge jenes Oeles mit in Rechnung gebracht werden, letzteres dem Petroleum bei weitem vorzuziehen ist. Ein Hauptnachtheil des Petroleums ist seine bekannte Feuergefährlichkeit. Mit Bestimmtheit ist anzunehmen, daß die häufigen Unglücksfälle durch Petroleumlampen nicht eingetreten sein würden, wenn die in vielen Staaten erlassenen Gesetze, welche den Verkauf von zu niedrig siedendem Petroleum verbieten, auch mit Strenge zur Ausführung gebracht worden wären. Um hinsichtlich der Feuergefährlichkeit des Petroleums im Gegensatz zu derjenigen des mehrfach genannten Oeles sichere und sprechende Zahlenangaben zu erhalten, wurden folgende Versuche angestellt. Das bezüglich der Leuchtkraft bereits als Vergleichsobject benutzte Petroleum aus einem hiesigen Detailgeschäft besaß, wie erwähnt, das nicht allzu niedrige specifische Gewicht 0,794; trotzdem entwickelte es schon bei gewöhnlicher Zimmertemperatur (15°) brennbare Gase oder Dämpfe in solcher Menge, daß ein brennender Holzspan über einige Cubikcentimeter Petroleum gehalten, die sich in einem Reagenzröhrchen befanden, eine mit schwacher Verpuffung begleitete Entzündung des gebildeten explosiven Gasgemisches veranlaßte. Wurde hierauf frische Luft in das Gefäß geblasen, so hatte sich schon nach wenigen Augenblicken abermals ein entzündliches Gasgemisch gebildet, dessen Quantität sich noch vermehrte, wenn man die innere Glaswand durch Schütteln des Petroleums mit demselben benetzte, weil in diesem Fall die Verdunstung beschleunigt wird. Als ich einen brennenden Span in eine zur Hälfte mit Petroleum gefüllte, 1l fassende Blechflasche tauchte, fand mit Geräusch verbundene Entflammung der brennbaren Dämpfe im Innern des Gefäßes statt, welches sich hierbei nicht unerheblich erhitzte. Es ist deshalb mit großer Gefahr verbunden zur Anfachung eines Herdfeuers Petroleum aus der Vorrathsflasche hinzu zu gießen, wie dies oftmals mit schlimmem Erfolg versucht wurde. Ebenso gefährlich ist es, an die Mündung der Vorrathsflasche eine Kerzenflamme zu halten, etwa um bei Abend nachsehen zu können, wie weit die Flasche noch gefüllt ist. Um sicher zu sein, daß ich zu meinen vergleichenden Versuchen kein außergewöhnlich schlechtes Petroleum verwendet hatte, prüfte ich die in den Detailgeschäften verschiedener Stadttheile Darmstadt's verkaufte Waare und war sehr erstaunt, zu finden, daß die Qualität sämmtlicher untersuchten Petroleumproben so schlecht war, daß das Oel nach dem bekannten Petroleum-Gesetz und den Verordnungen der verschiedenen deutschen Staaten nicht hätte zum Verkauf gebracht werden dürfen. Von den 7 Proben, für welche ich die Temperatur zu bestimmen suchte, bei der entzündliche Dämpfe erzeugt werden, waren 5 so feuergefährlich, daß sie schon bei der herrschenden Zimmertemperatur von 18° fortwährend Dämpfe entwickelten, welche sich durch eine Flamme unter schwacher Verpuffung vorübergehend entzünden ließen. Zwei Proben zeigten bei 18° noch keine solche Dampfbildung, welche erst bei 28° eintrat, ebenso wie die schlechtern Proben, wenn diese einige Tage lose verschlossen gestanden hatten. Sämmtliche Proben lieferten beim Erhitzen auf 30° (in Reagenzröhrchen, die sich im Wasserbad befanden) so lebhafte Dampfentwicklung, daß kleine Explosionen in rascher Aufeinanderfolge veranlaßt werden konnten. (Nach dem amerikanischen Petroleum-Gesetz ist eine Waare, die unter 38° brennbare Dämpfe erzeugt, nicht verkäuflich.) Ob der Unterschied in den von mir untersuchten Proben einer Verschiedenheit der Sorte oder nur dem längern oder kürzern Lagern etc. zuzuschreiben ist, kann ich einstweilen nicht beurtheilen. Während also über den erwähnten käuflichen Petroleumsorten schon bei gewöhnlicher Temperatur stets ein explosives Dampfgemisch lagert, mußte das Möhrings-Oel zuvor hoch über die Temperatur des siedenden Wassers erhitzt werden, um entzündliche Dämpfe zu liefern. Ueberhitzung des Oeles an einzelnen Stellen, wie solche bei directem Erwärmen des Oelgefäßes über einer Gasflamme eingetreten sein würde, war zu vermeiden, und es wurde deshalb das etwas Möhrings-Oel enthaltene, kurze Reagenzröhrchen in ein Oelbad getaucht, dessen Temperatur ein Thermometer genau angab. Das Bad wurde durch eine untergestellte Lampe erhitzt und von Zeit zu Zeit ein brennender Holzspan in das Reagenzröhrchen tief eingetaucht. Nach jeder solchen Probe mußte frische Luft eingeblasen werden, damit Mangel an solcher die Entzündung der Dämpfe nicht etwa verhindern konnte. Durch mehrfache Wiederholung des Versuches wurde 135° als diejenige Temperatur gefunden, bei welcher Möhrings-Oel explosive Dämpfe entwickelt. Hieraus ergibt sich die Ueberzeugung, daß derartiges Oel unter gewöhnlichen Verhältnissen — also bei der Handhabung, dem Füllen und Brennen der Lampen — zu keiner Explosion Veranlassung geben kann, während das jetzt im Handel vorkommende Petroleum als so feuergefährlich zu bezeichnen ist, daß ein wirksam durchgeführtes Verbot des Verkaufes solchen Oeles eine durchaus nicht länger aufschiebbare Maßregel der Gesundheits- und Feuerpolizei-Behörden genannt werden muß. Bekanntlich brennt Petroleum bei gewöhnlicher Temperatur nicht ohne Docht; das von mir geprüfte Petroleum ließ sich indeß entzünden, sobald es in einer Schale zuvor auf 51° erhitzt wurde. Die aus dem Petroleum aufsteigenden Dämpfe konnten zwar schon früher (ohne Erwärmen) vorübergehend zum Brennen gebracht werden; doch erst bei der angegebenen Temperatur war das Oel im Stande, weiter zu brennen. Möhrings-Oel erfordert eine vorherige Erhitzung auf 155°, um in gleicher Weise entzündet zu werden. Abgesehen von der Explosionsgefahr läßt sich der Begriff der Feuergefährlichkeit zergliedern in die Gefahr der leichten Entzündbarkeit eines Stoffes und in die Gefahr der raschen Entzündungsfortpflanzung. Als Anhaltspunkt zur Vergleichung der Entzündbarkeit dient die Höhe der Temperatur, bei welcher eine Entzündung unter sonst gleichen Umständen eintreten, resp. veranlaßt werden kann. Ein Maß zur vergleichsweisen Beurtheilung der Entzündungsfortpflanzung liefert mir der directe Versuch Da ich beabsichtige, späterhin auf die Bestimmung der Feuergefährlichkeit ausführlicher einzugehen, so ist hier nur das auf Petroleum Bezügliche mitgetheilt. Gleiche Dochte, aus 16 nur lose gedrehten Baumwollfäden bestehend, dienten als Träger der zu prüfenden Oele. Der eine Docht wurde in Petroleum, der andere in Möhrings-Oel getaucht, beide dann in gleicher Weise durch die Finger gezogen, um das überflüssige Oel abzustreifen, und nun horizontal auf die Kante eines Bretes gelegt. Jeder Docht war 1m lang und wurde am einen Ende entzündet. Bei ganz ruhiger Luft schritt die Entzündung in sehr gleichmäßiger Weise vor, und es konnte mit Leichtigkeit unter Benutzung eines Secundenzählers die Stelle des Dochtes, bis zu welcher die Entzündung am Ende von je 5 Secunden vorgerückt war, durch einen Strich auf dem Bret markirt werden. In solcher Weise bestimmte ich die Entzündungsgeschwindigkeit des mehrfach erwähnten Petroleums zu 46cm in der Minute; Möhrings-Oel ergab in analoger Weise geprüft nur 7cm. Die Versuche wurden bei 14° Zimmertemperatur angestellt. Die erhaltenen Zahlen können natürlich nur als Vergleichsmittel gelten und ist ihnen deshalb kein absoluter Werth beizulegen, da Dicke und Natur des Dochtes auf die Entzündungsgeschwindigkeit einen Einfluß ausüben. Die angewendete praktische Prüfungsmethode ist indeß der einzige Weg, der zu einem Zahlenresultat führt, welches als relatives Maß der zur Beurtheilung der Feuergefährlichkeit so wichtigen Entzündungsgeschwindigkeit dienen kann. Die Versuche führen also den Beweis, daß das Petroleum, ganz abgesehen von der Explosionsgefahr, allein hinsichtlich des raschen Umsichgreifens der Flamme 6 bis 7 Mal feuergefährlicher ist als Möhrings-Oel. Während also beim Zerbrechen des Oelbehälters einer brennenden Petroleumlampe und Ueberfluthen des Zimmer- oder Tischteppiches mit Petroleum in wenigen Augenblicken der ganze Teppich in Flammen stehen wird, kann ein analoger Unfall bei Möhrings-Oel kaum gefährlich werden, da sich die Entzündung 6 Mal langsamer ausbreitet und daher mit Leichtigkeit zu unterdrücken ist. Als weitern Vorzug des Möhrings-Oeles ist sein äußerst schwacher Geruch zu erwähnen, sowie die Annehmlichkeit, daß in der Lampe weder eine zu kleine, noch eine zu große Flamme übelriechende Dämpfe entwickelt, wie dies bei Petroleum in so belästigender Weise der Fall ist. Anderseits hat indeß die Möhringslampe den Nachtheil, daß nach langem Brennen der zu stark herausgeschraubte Docht nach dem Ausblasen der Flamme oft nicht sogleich erlöscht, sondern unter Entwicklung von Dämpfen der unangenehmsten Gattung fortglüht. Durch Abnehmen der Messingkappe sammt Cylinder, was sehr leicht zu bewerkstelligen ist, und Auflegen eines Blechstreifens, Messers u. dgl. kann jedoch der Docht zum alsbaldigen Erlöschen gebracht werden. Die zweckmäßige Construction der Möhrings-Lampe besitzt einige praktische Einrichtungen, welche ganz allgemein adoptirt werden sollten.Die Umänderung einer gewöhnlichen Petroleumlampe in eine Lampe für Möhrings-Oel kostet hier je nach der Größe der Brenner 3,50 oder 5 M. Zum Einfüllen des Oeles ist das Abschrauben des messingenen Dochthalters sammt den daran angelötheten Armen des Schirmträgers nicht nöthig und erspart man sich also alle die Unannehmlichkeiten, welche das so häufig eintretende Ueberschrauben jener Messingschraube im Gefolge hat. Das Oel wird mit Hilfe der langen Ausflußröhre der Oelkanne durch die Röhre, welche vom Docht umschlossen ist, in den gläsernen Behälter herabgegossen. Damit beim Brennen der Lampe keine unnöthige (wenn auch ganz ungefährliche) Communication des Oelbehälters mit der Flamme stattfindet, wird ein an Drahtstiel befestigter Messingstopfen in die vom Docht umgebene Röhre eingesetzt; der Dochthalter ist also nur dann aus der Messingfassung des Glasgefäßes heraus zu schrauben, wenn ein neuer Docht eingezogen werden soll. Auch der Umstand, daß man beim Füllen und Entzünden der Lampe nicht nöthig hat, den Glascylinder aus dem ihn festklemmenden Kranz von Messingfedern heraus zu nehmen und später wieder mühsam einzusetzen, ist eine wirkliche Annehmlichkeit. Jener Kranz federnder Blechstreifen ist an einem die oben erwähnte Messingkappe tragenden Ringe angelöthet, welcher sich auf die nach unten conisch erweiterte äußere Dochtröhre sicher aufsetzt und durch eine kleine Drehung mittels Bajonettverschluß gehalten wird. Um den Cylinder von der Lampe zu entfernen, nimmt man also zugleich die ganze obere Messingfassung ab, was ebenso wie das Wiederaufsetzen nur eine einzige Handbewegung erfordert. Wie mitgetheilt, besitzen die Cylinder keine scharfe Einschnürung und nirgends ist die Flamme dem Glase besonders nahe. Hieraus, sowie aus dem Umstand, daß die Cylinder gleichmäßig gearbeitet sind und aus ziemlich dünnem, wenn auch genügend starkem Glase bestehen, glaube ich den Schluß ziehen zu dürfen, daß bei Möhrings-Lampen das Springen der Cylinder weit seltener eintreten wird als bei Petroleumlampen der seitherigen Construction. Statistische Erfahrungen liegen mir indeß nicht vor. Die Flamme der Möhrings-Lampe ist etwas weißer als die Petroleumflamme, was als Folge der intensivern Verbrennung bei dem vorhandenen, stärkern Luftzug aufzufassen ist. Bei Anwendung eines mit Vergleichsprisma versehenen Spectralapparates ergab sich indeß, daß das Spectrum der Petroleumflamme hinsichtlich der Ausdehnung der blauen und violetten Spectralzone dem der Flamme des Möhrings-Oeles nur unbedeutend nachsteht; doch beträgt der Unterschied immerhin so viel, daß manche violett oder blau gefärbte Zeuge bei Beleuchtung durch die Möhrings-Lampe ein wenig lebhaftere, mehr bläuliche Nüance zeigen als bei Petroleumbeleuchtung, welche etwas röthlichere Färbung hervorbringt. Diese Eigenschaft des neuen Leuchtstoffes ist indeß zu geringfügig, um in praktischer Hinsicht als Vorzug gelten zu können. Während also das Möhrings-Oel hinsichtlich der Leuchtkraft und des Consums dem gewöhnlichen Petroleum etwa gleichsteht, ist es letzterm wegen seiner sonstigen vorzüglichen Eigenschaften, wozu hauptsächlich die bedeutend geringere Feuergefährlichkeit gerechnet werden muß, bei weitem überlegen. Nur der vorerst noch hohe Preis des Oeles steht seiner allgemeinen Verwendung im Wege; wenn jedoch die Fabrikation hochsiedenden Petroleums zu Beleuchtungszwecken nicht mehr Monopol einer einzigen Gesellschaft sein wird, so ist sicher anzunehmen, daß der Preis sinken und die Waare einen hervorragenden Platz im Welthandel einnehmen wird. Dies dürfte in um so höherem Grade der Fall sein, je mehr die Speculation auf dem betretenen Wege fortfährt, Petroleum von schlechtester, feuergefährlichster Qualität auf den Markt zu bringen. Ob es in der That nothwendig ist, das Abdestilliren der leichter flüchtigen Oele aus dem Petroleum bis zu dem sehr hoch liegenden Siedepunkt des Möhrings-Oeles auszuführen, und ob man bei Zulassung einer etwas niedrigern Siedetemperatur nicht auch eine gleiche Sicherheit gegen Explosions- und Feuersgefahr mit größerer Ausbeute vereinigen kann, vermag ich ohne weitere Versuche nicht zu entscheiden. Da die Möglichkeit vorliegt, daß das Möhrings-Oel mit Petroleum verfälscht werden könnte, so schützt die jetzt existirende Fabrikationsgesellschaft den Ruf jenes Oeles dadurch, daß sie nur einzelne Niederlagen errichtet, deren Inhaber durch sehr hohe Conventionalstrafen verpflichtet sind, das Oel in genau demselben Zustande zu verkaufen, wie sie es geliefert erhalten. Vorerst wird sich das Möhnngs-Oel nur da als Leuchtstoff einbürgern können, wo es auf einige Pfennige Mehrausgabe für den Abend nicht ankommt; doch auch in Werkstätten, Fabriklocalitäten und Magazinen, in welchen brennbare Stoffe gelagert sind, dürfte die größere Sicherheit vor Feuerschaden den höhern Preis des Oeles vollkommen aufwiegen.Ob solch hochsiedendes Petroleum auch als Heizmaterial für Kochapparate Verwendung finden kann, dürfte noch zu entscheiden sein; jedenfalls steht der hohe Preis gewaltig im Wege. Nachschrift Vielfach hat man Prüfungen der im Handel vorkommenden Petroleumsorten ausgeführt und stets haben sich bedenkliche Resultate ergeben. Soeben, nach Abschluß vorstehender Arbeit, kommt mir wieder ein Bericht über eine solche Reihe von Petroleumprüfungen zu Handen (Chemisches Centralblatt, 1877 2. Heft), welche von A. Gawalowski mit in Prag gekauften Petroleumsorten ausgeführt worden sind. Die Bestimmungen des Entzündungspunktes ergaben, daß ungarisches (galizisches) Petroleum von äußerster Feuergefährlichkeit im Handel vorkommt. Aber auch dem amerikanischen Oele ist eine sehr schlechte Qualität nachzurühmen, und wenn Gawalowski meint, daß die von ihm untersuchten amerikanischen Oele nach der sogen. „Petroleum-Bill“ anstandslos verkäuflich wären, so scheint mir dies doch nicht bewiesen. Aus jenem Bericht, welcher mir nur im Auszuge vorliegt, ist zu entnehmen, daß unter Entzündungspunkt von Gawalowski diejenige Temperatur verstanden wird, bei welcher das Oel ohne Docht brennen kann. Bei amerikanischem Petroleum lag nach Gawalowski dieser Endzündungspunkt bei 49 bis 49,5°; ich fand, wie oben erwähnt, diese Entzündungstemperatur bei 51°. Die Petroleum-Bill verlangt jedoch, wie Gawalowski selbst angibt, daß kein Petroleum unterhalb 100° F., d. s. 38° C., brennbare Dämpfe entwickle, was also durchaus nicht mit der Entzündung des Oeles identisch ist. Das von mir untersuchte amerikanische Petroleum entwickelte, wie mitgetheilt, schon bei gewöhnlicher Zimmertemperatur (15°) brennbare Dämpfe und war somit immerwährend mit einer Dampfschicht überdeckt, welche bei der Entzündung rasch abbrannte, ohne daß das Oel selbst hätte entflammt werden können. Nach kurzer Zeit hatte sich wieder so viel Dampf gebildet, daß abermals Entzündung möglich war. Beim Erhitzen des Petroleums vermehrte und beschleunigte sich die Dampfbildung immer mehr und mehr, doch erst bei 51° war das Oel im Stande, selbst fortzubrennen. Dieses Petroleum, dessen Entzündungspunkt also noch etwas höher liegt als derjenige der von Gawalowski geprüften Sorten, dürfte nach der Petroleum-Bill nicht im Handel existiren. In vielen Staaten Deutschlands und des Auslandes wurden seiner Zeit Verordnungen erlassen, welche den Verkauf von Petroleum, dessen Entzündlichkeit eine gewisse, verschieden normirte Grenze überschreitet, verboten oder eingeschränkt. Wo und wie werden aber diese Gesetze befolgt? Wenn auch den Hamburger Vorschriften gemäß von dort gleichlautend mit der Petroleum-Bill keine Petroleumsendung dem Verkehr übergeben werden soll, von welcher eine Probe nicht den Nachweis geliefert hat, daß sie unter 30° R. (= 38° C.) „keine brennbaren Dämpfe“ entläßt, so wird entweder diese Controle nicht genügend durchgeführt, oder es gelangt amerikanisches Petroleum auf anderm uncontrolirtem Weg nach Deutschland; eine dritte Möglichkeit ist die, daß gutem Petroleum nachträglich von den Händlern billige, leichtflüchtige Petroleumessenzen oder vielleicht schlechte galizische Petroleumsorten beigemischt werden. In anderer Weise lassen sich die von mir gefundenen Prüfungsresultate nicht erklären. Die Durchführung eines Gesetzes ist durchaus nicht sehr schwierig und kostspielig, da die Controlirung von Seiten Sachverständiger gar nicht häufig zu geschehen braucht; wenn sie nur geschieht! Womöglich sollten sich alle deutschen Staaten zu einer gleichlautenden Verordnung entschließen, da nur hierdurch ein nachhaltiger Druck auf die internationale Petroleumindustrie ausgeübt werden kann. Darmstadt, Chemisches Laboratorium des Polytechnicums, Februar 1877.