| Titel: | Das Chlorophyll und seine Verwendung in der Technik. | 
| Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 97 | 
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                        Das Chlorophyll und seine Verwendung in der
                           								Technik.
                        Das Chlorophyll und seine Verwendung in der Technik.
                        
                     
                        
                           Fremy hat zu seinen ältern Arbeiten über das Chlorophyll
                              									nunmehr eine ergänzende neuere gefügt, welche zu einem überraschenden Ergebnisse
                              									führt. Wir hätten demnach im Chlorophyll ein Gemenge von Phylloxanthin und
                              									Kalium-Phyllocyanat. Der Beweis hierfür wird in folgender Weise geführt:
                           1) Behandelt man grüne Blätter mit Alkohol von 62 Proc., so erhält man eine gelbe
                              									Lösung von Phylloxanthin; wird diese Behandlung dann mit Alkohol von 70 Proc.
                              									fortgesetzt, so geht das Phyllocyanin, an Kali gebunden, in Lösung.
                           2) Der Thonerdelack des Chlorophylls mit Alkohol von 62 Proc. digerirt, gibt
                              									ebenfalls nur das Phylloxanthin ab.
                           3) Hat man eine Lösung des Chlorophylls in hochprocentigem Alkohol und behandelt
                              									diese mit einer Mischung von Aether und Salzsäure, so bemächtigt sich der Aether des
                              									Phylloxanthins und färbt sich gelb, während die Salzsäure
                              									das Phyllocyanin mit blauer Farbe löst. (Man muß die
                              									Salzsäure mit dem gleichen Volum Wasser verdünnen und den Aether erst zuletzt
                              									zugeben.)
                           
                           4) Gießt man in eine alkoholische Lösung von Chlorophyll etwas Barytwasser, so
                              									entsteht dunkelgrüner Phyllocyanbaryt – unlöslich in Alkohol – während
                              									der Alkohol eine schöne gelbe Farbe annimmt, die von gelöstem Phylloxanthin
                              									herrührt.
                           Durch Kohlensäure ist der Phyllocyanbaryt nicht zu zerlegen; alle andern, wenn auch
                              									noch so schwachen organischen Säuren zersetzen aber auch das Phyllocyanin und
                              									bräunen es. Nimmt man aber schwefelsaures Kalium (Natrium oder Ammon), so erhält man
                              									durch Wechselzersetzung schwefelsaures Barium und Kalium-Phyllocyanat, das
                              									sich in Alkohol mit prächtig blauer Farbe löst. Dieses Salz ist auch in Aether und
                              									Kohlenwasserstoffen, sowie in Wasser löslich, welches einen kleinen
                              									Alkali-Ueberschuß enthält. Färbt man Leinwand mit dieser
                              									Phyllocyanin-Kaliumlösung, so hält die Faser dieselbe zurück und läßt sich
                              									mit Wasser derselben nichts entziehen; durch Alkohol oder Aether aber geht sie
                              									wieder in Lösung. Im Spectralapparat zeigt das Salz in Mitte der rothen Partie des
                              									Spectrums den bekannten schwarzen Streifen. Wenn die Blätter gelb werden, verlieren
                              									sie – wie längst bekannt – einen großen Theil ihres Kalis. Ein Theil
                              									aber bleibt an Phyllocyanin gebunden darin zurück. Am Boden wird dann das
                              									Phyllocyanin durch Gährung zersetzt und das Kali so der Erde zurückgegeben.
                           Bei der Bereitung von Gemüseconserven ist die Verwendung von Kupfersalzen zum
                              									Auffrischen der Farbe so gewöhnlich, daß Pasteur neulich
                              									erklärt hat (1877 224 232) Comptes
                                 										rendus, 1877 t. 84 p. 293), man würde in ganz Paris kaum eine Pflückerbsenbüchse finden, in
                              									welcher nicht Kupfer nachzuweisen wäre. Es ist daher vom hygienischen Gesichtspunkte
                              									mit Freude zu begrüßen, daß es Guillemare und Letecour gelungen ist, ein Mittel zu entdecken, welches
                              									die Verwendung dieser giftigen Substanz überflüssig macht. Sie färben nämlich das
                              									Chlorophyll mit Chlorophyll. Ihr Verfahren ist folgendes:
                              									Man behandelt Spinat oder Leguminosenblätter mit Aetznatron; hierin ist das
                              									Chlorophyll löslich. Die Lösung wird mit Alaun gefällt und der so gebildete
                              									Thonerdelack ausgewaschen. Dann löst man denselben in Natriumphosphat, das vorher
                              									mit saurem Calciumphosphat gesättigt wurde. Erhitzt man nun Gemüse mit dieser Lösung
                              									5 Minuten oder etwas mehr, so nehmen sie das Chlorophyll auf und halten es so fest,
                              									daß bei späterem Erhitzen auf 117° in den Conservebüchsen nichts mehr davon
                              									abgegeben wird. (Nach den Comptes rendus, 1877 t. 84 p. 685. 983.)
                           V. G.