Titel: | Patent-Frictionskupplung von A. Schönberger in Wien. |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 414 |
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Patent-Frictionskupplung von A. Schönberger in Wien.
Mit Abbildungen.
Schönberger's Frictionskupplung.
Die nachstehend beschriebene Frictionskupplung von A. Schönberg er in Wien löst in sehr befriedigender Art die Aufgabe, einen
Wellenstrang oder
eine Maschinenantriebswelle während des Ganges der Transmission an die letztere
anzukuppeln. Bei den bisherigen Constructionen ist namentlich die Abnutzung einiger
wichtigen Theile so groß, daß sich bald verschiedene Unzukömmlichkeiten, wie
Warmlaufen etc., zeigen. Die Schönberger'sche Kupplung vermeidet diesen Uebelstand
in der einfachsten Weise, da sich bei derselben sämmtliche reibende Theile nur
während der Aus-, resp. Einrückung selbst an einander verschieben, also
während einer so kurzer Zeitdauer, daß eine schädliche Abnutzung nicht eintreten
kann. Ein weiterer wesentlicher Vortheil der Schönberger'schen Kupplung besteht
darin, daß es selbst bei den schwersten Wellen und größten übertragenen Kräften nur
eines leichten Anstoßes bedarf, um die Aus- oder Einrückung zu veranlassen.
Sie eignet sich also vorzüglich zum raschesten Ausrücken ganzer Triebwerke bei
Unglücksfällen.
Der Grundgedanke der Construction besteht darin, daß das Festbremsen des einen
Kupplungstheiles an den andern nicht durch eine eigene von außen wirkende Kraft
(mittels Schraube, Hebel, Gewicht etc.) bewirkt, sondern daß diese Kraft der
vorhandenen Drehkraft selbst entnommen wird. Dies hat noch den Vortheil, daß die
Kraft, mit welcher die Bremsbacken angepreßt werden, immer grade groß genug ist, um
die Widerstände an der zu reibenden Welle zu überwinden, während selbstständige
Kräfte naturgemäß oft viel zu stark genommen werden, was wieder auf die Haltbarkeit
ungünstig einwirkt.
Die Einrichtung der Kupplung ist folgende. Auf dem Ende der treibenden Welle a ist die eine Kupplungshälfte b fest aufgekeilt, während das Ende der zu treibenden Welle c fest mit dem Mitnehmer d
verbunden ist. Auf letzterm sind die beiden Bremsbacken e so angebracht, daß sie in radialer Richtung verschoben werden können.
Werden diese Backen nun nach außen gerückt, so werden sie sich bald an die innere
Seite der treibenden Kupplungshälfte anlegen und dort eine Friction hervorrufen,
welche nach und nach groß genug wird, um die zu kuppelnde Welle c mitzunehmen. Verschieben sich dagegen die Backen e nach innen, so wird sofort die Verbindung beider
Kupplungshälften aufgehoben, somit die Welle c zum
Stillstande gebracht. Es ist dies die gewöhnliche Wirkungsweise der
Frictionskupplung; das Neue besteht aber in der Art der Verschiebung der
Frictionsbacken e, welche es eben ermöglicht, daß die
Anpressung und Auslösung der letztern durch die treibende Welle, also mittelbar
durch die arbeitende Elementarkraft bewirkt wird. Zu diesem Behufe sind in die
Backen e Schraubenmuttern f
so eingelassen, daß sie sich nicht verdrehen, wohl aber um eine kleine Entfernung
der Länge nach verschieben können. In diesen Muttern bewegen sich die
Textabbildung Bd. 225, S. 416
Schrauben g, welche in der Mitte
die Schneckenräder h fest aufgekeilt tragen; jede dieser
Schrauben hat linkes und rechtes Gewinde. Dreht man also die beiden Schrauben
gleichmäßig in gleicher Richtung, so müssen sich alle vier Muttern gleichmäßig nach
außen oder ebenso alle vier nach innen bewegen. Bewegen sich die Muttern f nach außen, so treffen sie auf die Kautschukbuffer i und drücken mittels derselben auf die Backen e; bewegen sie sich dagegen nach innen, so treffen sie
auf die vorgeschraubte Scheibe k und ziehen dadurch die
Frictionsbacken e zurück. Die Bewegung der
Schneckenräder h wird dadurch hervorgebracht, daß
dieselben in eine gemeinschaftliche Schnecke l greifen,
welche lose, aber unverschieblich auf der Welle c
steckt. Auf der langen Hülfe dieser Schnecke steckt, der Länge nach verschiebbar,
aber durch einen eingelegten Keil an der unabhängigen Drehung verhindert, der
Doppelrücker m, welcher also jede Drehung der Schnecke
l mittheilt. Dieser Rücker, welcher entweder mit
Zähnen oder mit Frictionskegeln ausgeführt wird, kann nun in gewöhnlicher Weise
mittels eines Gabelhebels verschoben werden. Schiebt man den Rücker m nach links, so wird er in den Gegenrücker o eingreifen, welcher auf der Kupplungshälfte b befestigt ist. Es werden also dadurch die Schnecke l sowie die Schrauben g in
Bewegung gesetzt, und die Frictionsbacken e werden somit
so lange an die Kupplungshälfte b angepreßt, bis die
entsprechende Friction genügt, um den Mitnehmer d und
dadurch auch die Welle c zu drehen. In dem Augenblicke,
wo die Umdrehungsgeschwindigkeiten der beiden Wellen a
und c gleich sind, wird aber auch jede Verdrehung der
Schrauben aufhören, da dann die Schneckenräder sich ebenso schnell um die Hauptachse
drehen wie die Schnecke selbst, und demnach keine Bewegung mehr erhalten. Schiebt
man dagegen den Rücker m nach rechts, so wird er in den
Gegenrücker p, welcher an jeder Drehung durch seine
Verbindung mit dem Gestell bei s gehindert ist,
eingreifen, demnach sofort stillstehen und dadurch auch die fernere Drehung der
Schnecke l aufheben. Es drehen sich dann die beiden
Schneckenräder h um die stillstehende Schnecke l, verdrehen dadurch die Schraubenspindeln g in entgegengesetztem Sinne wie früher, wodurch der
Backen e von dem Kupplungsring b entfernt und demnach die Verbindung der beiden Wellen aufgehoben wird.
Die Welle c gelangt dann durch ihre Widerstände zur
Ruhe; die Backen würden aber fortfahren, sich dem Centrum zu nähern, so lange die
Welle c noch nicht zur Ruhe gelangt ist, wenn nicht die
an denselben angebrachten keilartigen Ansätze q an den
entsprechend geformten Ring r des Rückers m anstießen, wodurch der letztere in seine
Mittelstellung geschoben und hierdurch aus dem Gegenrücker p ausgelöst wird. Sobald dies geschehen, kann der Rücker m und auch die Schnecke l der drehenden
Bewegung der Welle c folgen, wodurch dann jede weitere
Verschiebung der Backen entfällt und die Kupplung zu neuer Verwendung bereit ist.
– Die Schönberger'sche Kupplung functionirt an einigen Orten schon Jahre lang
ungestört. Nähere Mittheilungen sind von dem Erfinder A. Schönberger in Wien, II. Pillersdorfgasse 4, oder von der Maschinenfabrik
Leesdorf von Escher, Wyß und Comp. in Baden bei Wien zu erhalten, welche letztere die Ausführung der
Kupplung für Oesterreich-Ungarn übernommen hat.