Titel: | Zur Theorie leuchtender Flammen; von Dr. Karl Heumann. |
Autor: | Karl Heumann |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 589 |
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Zur Theorie leuchtender Flammen; von Dr.
Karl Heumann.
(Schluß von S. 463 dieses Bandes.)
Heumann, zur Theorie leuchtender Flammen.
Zur Erklärung der mannigfachen Erscheinungen, welche an leuchtenden
Kohlenwasserstoffflammen beobachtet wurden, diente in den früheren Abhandlungen
stets die Ansicht als Ausgangspunkt, daß in den Flammen fester Kohlenstoff
ausgeschieden werde. Wir fanden, daß sich diese Theorie den Thatsachen immer in
bester Weise anschloß und hierdurch selbst an Wahrscheinlichkeit gewann. Da jedoch
Frankland das Vorhandensein festen Kohlenstoffes in
den Leuchtflammen bestritt und die Leuchtkraft speciell dichten dampfförmigen
Kohlenwasserstoffen zuschrieb, so ist es geboten, die Richtigkeit der frühern, von
Davy aufgestellten Theorie auch noch in anderer
Hinsicht, und zwar vom mehr chemischen Standpunkt aus, zu prüfen. Hierzu zeigen uns
die in der vorigen Abhandlung besprochenen Versuche den Weg.
Die bedeutende Vergrößerung des gesammten „Leuchteffectes“ einer
Gasflamme durch Erhitzen der Brennerröhre war als Folge einer doppelten Wirkung der
zugeführten Wärme erkannt worden: der leuchtende Flammenmantel wurde glänzender und größer. Die
Steigerung der „Lichtintensität“ kann nun selbst wieder in
zweierlei Umständen begründet sein, wenn wir von unserer Theorie ausgehen; entweder
werden die ausgeschiedenen Kohletheilchen durch höhere Flammentemperatur zu stärkerm
Glühen erhitzt, oder die Anzahl der in ein und dem nämlichen Volum des
Flammenmantels vorhandenen, suspendirten Kohletheilchen wird vermehrt. Ob bei dem
erwähnten Versuche beide Umstände eintreten, läßt sich nicht ohne weiteres
entscheiden.
Die Vergrößerung des Leuchtmantels beim Erhitzen der Brennerröhre wurde durch ein
frühzeitigeres Ausscheiden des Kohlenstoffes im untern Theil der Flamme erklärt,
welcher durch die zugeführte Wärme eine zu jener Zersetzung des Kohlenwasserstoffes
genügend hohe Temperatur erhalte. Ist diese Erklärung richtig, so muß statt der
Wärme auch jedes andere Agens, welches im Stande ist, Kohlenwasserstoffe bei der
niedern Temperatur des untern Flammentheiles unter Kohleabscheidung zu zersetzen,
eine Vergrößerung des Leuchtmantels zur Folge haben, wenn es in geeigneter Weise zur
Wirkung gelangt. Als solche Agentien sind offenbar Chlor und Brom anzusehen, und in
der That entspricht der Versuch jener Voraussetzung.
Aus einer horizontalen, etwas engen Röhre austretendes Leuchtgas lieferte bei der
Entzündung eine langgestreckte Flamme, deren Leuchtmantel erst 1 bis 2cm von der Mündung begann. Wurde nun
Chlorgas aus einer Röhre gegen jenen blauen, dicht am Brenner beginnenden Theil der
Flamme geleitet, so wurde letzterer sofort gleichfalls hellleuchtend, d.h. der
Leuchtmantel begann bereits direct an der Mündung; außerdem zeigte er viel stärkeren
Glanz. Letztere Erscheinung kann ihren Grund nur darin haben, daß die
Lichtintensität durch Vermehrung der Anzahl leuchtender Kohletheilchen erhöht wird,
da das Chlor eine erhebliche Steigerung der Flammentemperatur nicht bewirkt. Statt
des Chlores läßt sich Bromdampf mit ganz demselben Effect anwenden; bei einem
Uebermaß dieser Agentien wird die Kohleabscheidung so massenhaft, daß die Flamme zu
rußen beginnt, da das Chlor resp. Brom theilweise die Stelle des eintretenden
Sauerstoffes vertritt, ohne jedoch wie dieser im Stande zu sein, den Kohlenstoff in
eine gasförmige Verbindung überzuführen.
Kohlenwasserstoffflammen von geringer Lichtintensität können diese Eigenschaft
verschiedenen Umständen verdanken, und es fragt sich nun, ob in allen diesen Fällen
Zuführung von Chlorgas den von der Theorie vorausgesagten Effect gibt.
Kohlenwasserstoffflammen können schwach leuchtend sein, 1) wenn der Lichtmantel nur
wenig feste Kohletheilchen enthält.
Dieses Verhältniß findet sich bei allen kohlenstoffarmen Materialien, z.B. dem
Grubengas CH₄. Eine solche Flamme wird durch Chlor hellleuchtend, sowohl wenn
dasselbe dem Material selbst vor der Verbrennung beigemischt wird, als auch wenn es
der von außen zutretenden Luft beigefügt ist. Im erstern Fall findet bereits im
innersten Theil der Flamme eine partielle Verbrennung statt, indem der Wasserstoff
sich theilweise mit Chlor vereinigt und der hierdurch frei gewordene Kohlenstoff
sich ausscheidet und so zunächst das Leuchten der Chlor-Wasserstoffflamme im
Innern der Hauptflamme bewirkt. Weiter nach außen verbrennt dann sämmtlicher
Kohlenstoff und der noch nicht an Chlor gebundene Wasserstoff; da bei dieser äußern
Verbrennung das Material nunmehr ein relativ wasserstoffarmes, dagegen sehr
kohlereiches ist, so muß hier gleichfalls bedeutende Lichtentwicklung eintreten.
Leitet man das Chlorgas durch eine Röhre ins Innere einer etwas großen
Grubengasflamme, so lassen sich beide Flammen deutlich unterscheiden.
Wird Chlor der äußern Luft beigemischt, in welcher die Verbrennung stattfindet, so
ersetzt es nicht blos einen Theil des inerten Stickstoffes, sondern auch des
Sauerstoffes und verbindet sich wie dieser mit Wasserstoff, nicht aber mit
Kohlenstoff. Letzterer wird daher in größerer Menge abgeschieden und muß so lange
glühend in der Flamme verweilen, bis er an deren äußern Saum mit genügendem Sauerstoff
zusammentrifft, um verbrannt zu werden.
Kohlenstoffarme Gase können auch dann hellleuchtend verbrennen, wenn sie bereits in
ihrem Molecül solche Elemente in genügender Menge enthalten, welche bei Glühhitze
den Wasserstoff sofort theilweise oder ganz in Beschlag nehmen und dadurch entweder
zunächst einen kohlenstoffreichen Kohlenwasserstoff oder sogleich reinen Kohlenstoff
in Freiheit setzen; derartige Verbindungen sind z.B. die Chlorsubstitutionsproducte
des Grubengases: Metylchlorid CH₃Cl und Chloroform CHCl₃. In der That
liefern diese Körper eine hellleuchtende, Chloroform sogar eine rußende Flamme.
(Letzteres brennt nur in der Nähe einer andern Flamme von selbst weiter, oder wenn
sein Dampf mit Wasserstoff gemischt ist.)
2) Kohlenwasserstoffflammen können schwach leuchtend resp. nicht leuchtend (blau)
sein, wenn sie zwar kohlenstoffreiche Gase enthalten, jedoch nicht genügend hohe
Temperatur besitzen, um aus dem vorhandenen Material Kohlenstoff in fester Form
auszuscheiden. Hier sind Zwei Fälle zu bedenken. Entweder ist die allzu niedrige
Flammentemperatur durch Wärmeentziehung von außen veranlaßt, oder die Temperatur,
bei welcher sich das Material unter Kohleabscheidung zersetzt, liegt sehr hoch. Der
erstgenannte Fall tritt ein, wenn eine leuchtende Flamme durch abkühlende Körper
berührt wird; der letztere, wenn die Verbrennungsgase durch andere Luftarten
verdünnt sind, welche indeß, insofern sie nicht selbst an der Verbrennung Theil
nehmen (wie dies z.B. bei Kohlenoxyd, Sauerstoff oder Luft der Fall ist), auch
gleichzeitig die ursprüngliche vorhandene Flammentemperatur durch Wärmebindung
erniedrigen.
Die Temperatur aller derartigen Flammen liegt hoch genug, um einen dünnen Platindraht
oder eingeführte Kohlensplitter zum Glühen zu bringen, reicht aber nicht aus, um das
betreffende Material unter Kohleabscheidung zu zersetzen; bewirkt man letzteres
indeß durch andere Mittel, so muß der Kohlenstoff glühend und somit die Flamme
leuchtend werden. Ist diese Voraussetzung richtig, so wird Chlorgas in beiden Fällen
die entleuchteten Flammen wieder hellleuchtend machen. Zur Prüfung des ersten Falles
wurde eine kleine leuchtende Gasflamme durch Berührung mit einer Porzellanschale
entleuchtet (ich habe früher bewiesen, daß hierbei nur die Wärmeentziehung als
Ursache der Entleuchtung anzusehen ist); sobald nun unter die blaue Flamme etwas
Chlorgas oder Bromdampf gebracht wurde, erhielt sie sofort wieder bedeutende
Leuchtkraft und überzog die Porzellanfläche mit Ruß.
Hiermit ist bewiesen, daß, wie vorausgesetzt war, die durch Abkühlung entleuchtete Flamme nur darum
kein Licht ausstrahlt, weil ihre Temperatur nicht ausreicht, Kohlenstoff
abzuscheiden; sie genügt aber, um den auf andere Weise ausgeschiedenen Kohlenstoff
zum Leuchten zu bringen.
Die durch Beimischung indifferenter Gase entleuchteten Kohlenwasserstoffflammen
finden sich in einer ähnlichen Lage. Das verdünnte Material bedarf nun einer höheren
Temperatur, um unter Kohleabscheidung zersetzt zu werden; aber auch hier reicht die
vorhandene Hitze aus, auf andere Art abgeschiedenen Kohlenstoff zum Glühen zu
bringen.
Zu den Versuchen dienten die blauen Flammen, welche das zuvor mit Kohlensäure, mit
Luft oder mit Kohlenoxyd vermischte Leuchtgas lieferte. Diese Flammen wurden durch
Zuführung von etwas Chlorgas sofort hellleuchtend.
3) Als dritte Möglichkeit für die Existenz schwach leuchtender
Kohlenwasserstoffflammen ist der Fall anzusehen, daß die Temperatur der Flamme zwar
hinreicht, um aus dem leicht zersetzbaren Material eine Masse Kohletheilchen
auszuscheiden, jedoch nicht hoch genug ist, um diese zum hellen Glühen zu bringen. Als Beispiel sei die Terpentinölflamme genannt.
Derartige Flammen bedürfen nur eine beträchtliche Erhöhung ihrer Temperatur, um ein
brillantes Licht auszustrahlen, und werden daher durch Zuleitung von Sauerstoff oder
durch Einblasen von Luft äußerst hellleuchtend. Da die Einführung von Chlor die
Temperatur der Flamme nicht steigert und an ausgeschiedenem Kohlenstoff kein Mangel
ist, so darf durch Zuleiten jenes Gases in die Terpentinölflamme keine Erhöhung
ihrer Leuchtkraft eintreten.
Der Versuch bestätigt die Richtigkeit dieses Schlusses.
Seither diente die Annahme, daß Chlor aus den glühenden Flammengasen festen
Kohlenstoff abscheide, als Ausgangspunkt für die Erklärung. Jene Annahme ist jedoch
nicht etwa nur eine nützliche Hypothese, sondern eine bewiesene Thatsache, insofern
Chlor mit glühenden Kohlenwasserstoffen zusammengebracht stets massenhafte
Abscheidung fester Kohle veranlaßt, welche mit dem auf
sonstige Weise gebildeten Ruß ganz identisch erscheint. Daß der Ruß als (mehr oder
weniger reiner) Kohlenstoff angesehen werden muß, hat bis jetzt nur Frankland zu leugnen versucht. Sein Wunsch, den
Lichtträger im Flammenmantel als dichten Kohlenwasserstoffdampf betrachten zu dürfen, hat ihn zur Bemerkung
veranlaßt, der Ruß sei stets wasserstoffhaltig und darum wahrscheinlich weiter
Nichts als ein Conglomerat der dichtesten lichtgebenden Kohlenwasserstoffe, deren
Dämpfe sich an dem kalten Körper condensiren. Hiergegen erwähnte W. Stein, daß sich dann der Ruß durch Erhitzen auch
wieder in Dampf verwandeln lassen müsse, was nicht der Fall ist, und theilte eine
Analyse von Leuchtgasruß mit, welcher neben 99,1 Proc. Kohlenstoff nur 0,9 Proc.
Wasserstoff enthielt.
Hiernach ist man also nicht berechtigt, den Ruß einen Kohlenwasserstoff zu nennen; er
ist nur Kohlenstoff, welcher geringe Mengen anderer Körper aufgenommen hat. Mir
scheint es ganz undenkbar, daß sich überhaupt chemisch reiner Kohlenstoff aus einer
Flamme ablagern könnte, weil bekanntlich die Kohle ein so bedeutendes Bestreben
zeigt, Dämpfe und Gase zu absorbiren, daß sie sofort nach der Abkühlung am berußten
Gegenstand nicht blos Gase und Wasserdampf, sondern auch unverbrannt hier
austretende Kohlenwasserstoffdämpfe aufnehmen wird.
Ich habe nun gezeigt, daß Chlorgas alle Flammen leuchtend und rußend macht, welche
zersetzbare Kohlenwasserstoffe enthalten; kann Frankland
entgegnen: auch hier ist es nicht der feste Kohlenstoff, der ausgeschieden das
Leuchten bedingt, sondern dichte Dämpfe, welche durch die Wirkung des Chlores
erzeugt werden? Frankland führt selbst an, daß man, um
aus Ruß reinen Kohlenstoff zu erhalten, diesen in Chlorgas ausglühen müsse. Wenn
folglich das Chlor in der Glühhitze die Kohlenwasserstoffs unter Zurücklassung
reinen Kohlenstoffes zerstört, so wird auch diese Reaction inmitten der Flamme
stattfinden.
Auf die größere oder geringere Reinheit des Kohlenstoffes kommt es überhaupt im
vorliegenden Fall gar nicht an, es fragt sich nur, ob das ausgeschiedene Product ein
fester oder ein dampfförmiger Körper ist, und hierüber kann keinerlei Zweifel
bestehen; schon bei dunkler Rothglühhitze scheidet sich aus einem Gemenge von
Chlorgas und Leuchtgas Ruß als fester Staub in Menge ab.
Die bedeutende Lichtentwicklung, welche durch Einführung von Chlor bei den
beschriebenen Versuchen beobachtet wurde, verdankt also ohne Frage der Abscheidung
festen Kohlenstoffes ihr Entstehen. Der Charakter der so erhaltenen Leuchtflamme ist
ganz der normale, d.h. das durch die Wirkung des Chlores veranlaßte Leuchten ist in
Nichts verschieden von dem durch hohe Temperatur bewirkten, und es liegt nicht der
geringste Grund vor, daran zu zweifeln, daß wenn in jenem Fall fester Kohlenstoff
der Lichtträger ist, er es auch in diesem sein wird.
Es gilt nun noch directere Beweise aufzufinden, welche das Vorhandensein festen
Kohlenstaubes in den Leuchtflammen über alle Zweifel erheben und gleichzeitig die
Unmöglichkeit der Frankland'schen Hypothese darthun. Ein
früher besprochener Versuch ergab, daß ein Weißes Porzellanstäbchen, welches in eine
leuchtende Flamme eingeführt wurde, sich nur an der untern, dem Gasstrom
entgegenstehenden Seite mit Ruß bedeckte. Erst nach viel längerer Zeit bildete sich auch
an der obern Fläche ein ganz dünner schwärzlicher Hauch. Wäre der Ruß als
leuchtender Dampf in der Flamme enthalten, so müßte die Ablagerung an einem kalten
Gegenstand eine Condensation jenes Dampfes sein, wie Frankland selbst sagt; wenn nun der Gegenstand rings von der leuchtenden
Flamme umgeben ist, so muß auch ringsum Condensation, d. i. Berußung eintreten. Der
Versuch zeigt jedoch, daß sich nur die untere Fläche berußt. Also kann der Ruß nicht
als Dampf, sondern muß als fester Körper in dem leuchtenden Flammenmantel vorhanden
sein; die Berußung ist darum keine Condensation, sondern ein rein mechanischer
Vorgang, ganz analog dem Ansetzen des Staubes an die Wände eines Zimmers oder des
Ofenrußes an die Kaminwände.Daß nach längerer Zeit auch an der obern Fläche des in die Flamme gebrachten
Stabes eine dünne, hauchartige Schwärzung eintritt, hat seinen Grund
jedenfalls in den verschiedenartigen Gasströmen, welche längs dieser obern
Fläche ihre Richtung nehmen. Ferner widerspricht der Auffassung Frankland's,
die Berußung erfolge durch Condensation dichter Dämpfe, die bereits früher
mitgetheilte Thatsache, daß auch stark glühende Flächen
berußt werden. Wäre die Berußung eine Condensation, so könnte sie nur an relativ
kalten Gegenständen erfolgen.
Die bis jetzt gegebenen Beweise für die Anwesenheit festen Kohlenstaubes in den
Leuchtflammen sind mehr indirecter Natur; alle irgend denkbaren Zweifel würden aber
alsbald gehoben sein, wenn es gelänge, die ausgeschiedenen Kohletheilchen in der
Flamme selbst sichtbar zu machen.
In einer leuchtenden Gas- oder Kerzenflamme, ja selbst in der stark rußenden
Terpentinölflamme, vermag das Auge keinerlei glühende Punkte zu erkennen; bei
Anwendung der Loupe oder des Mikroskops ist das Resultat nicht besser, der raschen
Bewegung und großen Zahl der Stäubchen wegen. Auch mit Hilfe einer stroboskopischen
Scheibe oder eines rotirenden Spiegels waren keine gesonderten Kohletheilchen
wahrzunehmen; offenbar ist ihre Zahl sehr groß und ihr Durchmesser äußerst klein.
Ebenso wenig läßt jedoch auch die Rußsäule, welche einer Terpentinölflamme
entsteigt, direct über der letztern einzelne Partikelchen erkennen, während in etwas
größerer Höhe sich Rußflöckchen bilden, die beim Aufsteigen noch mehr an Größe
zunehmen. Eine ganz analoge Erscheinung bildet das brennende Zink, dessen Oxyd sich
erst beim Aufsteigen über der Flamme zu den bekannten Flocken zusammenballt. Die
Ursache dieser Flockenbildung erkläre ich mir in folgender Weise. Durch die ruhende
Luftschicht werden die ersten, äußerst kleinen Stäubchen in ihrer aufsteigenden Bewegung
gehemmt oder abgelenkt, die nachfolgenden stoßen dann mit mehr oder weniger
Heftigkeit wider die ruhenden oder in anderer Richtung bewegten Stäubchen und
vereinigen sich mit diesen in Folge des Druckes zu größern Massen.
Um inmitten der Flamme eine ähnliche Zusammenhäufung der kleinen Stäubchen zu
veranlassen, war es also nur nöthig, auch hier eine solche Stoßwirkung
herbeizuführen. Durch Entgegenblasen von Luft hätte eine derartige Wirkung
vielleicht erreicht werden können, wenn nicht hiermit auch eine intensivere
Verbrennung, resp. sogar Entleuchtung, verbunden wäre; es lag also nahe, eine
leuchtende Gasflamme gegen eine zweite stoßen zu lassen. Treffen die kleinen
Kohlestäubchen mit entgegengesetzter Bewegungsrichtung auf einander, so müssen
nothgedrungen größere Kohleaggregate entstehen, welche auch darum noch leichter
sichtbar sein werden, als sie in viel geringerer Zahl vorhanden und weit langsamer
bewegt sind, wie vorher die kleinen Stäubchen.
Von dieser Erwartung ausgehend, stellte ich viele vergebliche Versuche an, deren
Nichterfolg hauptsächlich in zu bedeutender Größe der angewendeten Flammen bestand,
deren Spitzen sich stets nach oben zu aufbogen und darum nicht direct gegen einander
gerichtet werden konnten. Augenscheinlich waren stoßkräftigere Flammen nöthig.
Solche erhielt ich beim Ausströmen des Gases durch wagrechte, conisch gebohrte, enge
Röhren, aus welchen die Flammen fast völlig horizontal brannten. Letztere wurden nun
vorsichtig gegen einander geschoben, wobei sich die Spitzen gegenseitig abplatteten.
Ein ähnlicher Vorgang findet bei den bekannten Zweilochbrennern statt, indeß treffen
hier die Gasströme unter einem Winkel zusammen und breiten sich zur sogen.
Fischschwanzflamme aus.
Bei jenem Versuch wurde bei gehöriger Sorgfalt eine vollkommen kreisrunde
Flammenscheibe von mehreren Centimeter Durchmesser und blendendem Glanze erhalten;
aber bei noch etwas größerer Annäherung der Brennerröhren und geringer Excentricität
schlug die Scheibe um und verwandelte sich in einen nach unten ausgebogenen
Flammenhalbmond, welcher übersäet war mit glühenden Punkten. In Folge des etwas
excentrischen Stoßes der beiden Flammen befanden sich die jenen Halbmond bildenden
Gase in wirbelnder Bewegung, so daß die glühenden Punkte bei ihrem Aufsteigen
Schraubenlinien beschreiben mußten. In solcher Weise wurden sie den beiden Hörnern
des Halbmondes zugeführt und verließen hier die Flamme als Funken. Wurden diese auf
einem Porzellanteller aufgefangen, so erwiesen sie sich als lauter vereinzelte
Rußkörner; während die wirbelnde Flamme selbst einen grobkörnigen Ruß absetzte. Die Ausführung des
Experimentes ist nicht schwer, erfordert aber etwas Geduld und hinsichtlich des
Einstellens der Flammen und der Regulirung der Hähne eine nur durch Ausprobiren zu
erlangende Uebung. Läßt man das Leuchtgas unter höherem Druck, z.B. aus den
gewöhnlichen Laboratoriumsgasometern ausströmen, so wird die Erscheinung noch
glänzender, doch erheblich schwieriger ist dann die Regulirung.
Schließlich gelang es mir auch, den Kohlenstaub bei Anwendung einer einzigen
Leuchtgasflamme sichtbar zu machen, indem ich letztere etwas schief gegen die
Wölbung einer vertical befestigten, glühenden Platinschale anstoßen ließ. Die
reflectirte Flamme prellt seitlich gegen einen Theil der auffallenden, und es
entsteht auch hier wiederum ein mit glühenden Punkten übersäeter und in Rotation
begriffener Flammenkörper, welcher die Gestalt eines nach unten gewölbten Halbmondes
besitzt.
Durch diese Versuche, welche einen interessanten Anblick bieten, ist es also
gelungen, unter Anwendung eines kleinen Kunstgriffes die Ausscheidung festen Rußes innerhalb der Leuchtgasflamme selbst auch dem Auge
direct sichtbar zu machen. Die Erscheinung beweist aufs Ueberzeugendste,
daß die normal leuchtenden Flammen nur dadurch von jenem Funkenheer verschieden
sind, daß bei ihnen die Kohletheilchen kleiner und zahlreicher sind; denn der
Versuch zeigt in den einzelnen Theilen der Flamme sämmtliche Uebergangsstadien von Funkenheer zum continuirlichen Leuchtmantel in der
allerdeutlichsten Weise.
Darmstadt. Chemisches Laboratorium des Polytechnicums.