Titel: | Mittheilungen über die Indigobereitung in Pondichéry und an der Küste Koromandel; von J. Dépierre. |
Autor: | J. Dépierre |
Fundstelle: | Band 225, Jahrgang 1877, S. 602 |
Download: | XML |
Mittheilungen über die Indigobereitung in
Pondichéry und an der Küste Koromandel; von J. Dépierre.
Dépierre, Mittheilungen über die
Indigobereitung.
Aus authentischer Quelle ist Dépierre eine
Beschreibung der Indigobereitung, wie sie in Pondichéry und an der Küste
Koromandel ausgeführt wird, zugegangen. Da dieselbe die nicht allzu reichlichen
Mittheilungen über diesen Gegenstand, welche überdies älteren Datums sind,
theilweise bestätigt, theilweise ergänzt, gleichzeitig aber auch eine wesentliche
Verschiedenheit bei der Operation des Schlagens der gegohrenen Flüssigkeit aufweist,
so dürfte ihre Wiedergabe, wenigstens im Auszug, nicht ohne Interesse sein.
Wie in den andern Ländern der Indigoproduction, so wählt man auch in dieser Gegend
für die Cultur der Indigopflanze hochgelegene, abhängige Orte, welche die nöthige
Feuchtigkeit nur durch das Regenwasser erhalten. Der kräftige, eher fette als
sandige Boden wird vor Eintritt der Regenzeit dreimal geackert, freilich in sehr
unvollkommener Weise mit
sehr primitiven Geräthen. Im Monat März, wenn der Boden ungefähr 46cm tief durchfeuchtet ist, werden beiläufig
alle 6cm die Samenkörner in kleine, etwa 40
bis 45cm von einander entfernte Furchen
ausgelegt, so daß 1ha Land ungefähr 14k Samen gebraucht. Dann wird das Feld
wieder geebnet; die Samenkörner gehen nach 3, 4 oder 5 Tagen auf und die Pflanze
erreicht bald eine Höhe von 6cm, wo alsdann
mit dem fleißigen Ausjäten des Feldes begonnen und dasselbe fortgesetzt werden muß,
bis die Sträucher 20 bis 24cm hoch sind.
Nach 90 Tagen beginnt die Blüthe, womit der richtige Zeitpunkt für den ersten
Schnitt der Pflanze gegeben ist. Dieser erste Schnitt, welcher in den Juni fällt,
liefert keine besonders glänzende Qualität Indigo, der zweite Schnitt im September
ist sehr ausgiebig, der dritte im Januar ist quantitativ der schwächste, aber
qualitativ ist er, wie auch der zweite Schnitt, sehr gut, welche Angabe mit den
älteren Mittheilungen nicht ganz übereinstimmt (vgl. Kurrer's Druck- und Färbekunst, 1848 Bd. 2 S. 304). Alle drei
Schnitte zusammen liefern ungefähr 20hl
Blätter. Man schneidet die Pflanzen 20cm
über dem Boden ab und bringt sie direct in die Einweichkufe, wo sie horizontal
eingelegt und mittels eingeklemmter Balken unter Wasser gehalten werden. Sie bleiben
in dieser Kufe bei einer äußern Temperatur von 35° während 18 Stunden
eingepreßt liegen, bei niedrigerer Temperatur auch 20 Stunden. Die größere oder
kleinere Zeitdauer des Einweichens hängt überdies von der kleinern oder größern
Reife der Sträucher ab. Wenn alsdann die an der Oberfläche der Flüssigkeit
erscheinenden Gasblasen bei ihrem Auftreten sogleich zerplatzen, wenn die
Flüssigkeit beim Aufrühren gelbgrün gefärbt erscheint und einen angenehm süßlichen
Geschmack zeigt, wenn ihr Niveau allmälig sinkt, so sind dies die Kennzeichen, daß
die Gährung unterbrochen werden muß.
Man zieht jetzt das Einweichwasser in die tiefer gelegene große Schlagkufe ab, läßt
die Flüssigkeit einige Minuten zur Ruhe kommen, worauf 10 bis 12 nackte Männer mit
hölzernen Schaufeln in die Kufe steigen, um die grüngefärbte Flüssigkeit je nach dem
Grad der Reife der verwendeten Blätter 1 1/2 bis 3 Stunden lang zu schlagen, indem
immer zwei dieselbe mit ihren Schaufeln in entgegengesetzter Richtung aufrühren und
gegen einander bearbeiten. Durch das Schlagen nimmt die Flüssigkeit allmälig eine
hellblaue, zuletzt eine dunkelblaue Farbe an und bedeckt sich mit einem Schaum von
gleicher Färbung. Bildet sich zu viel Schaum, so wird er durch Zusatz von etwas
Sesamöl beseitigt. Um die durch das Schlagen bewirkte Ausscheidung des Indigos in
Flocken und feinen Körnchen genauer zu beobachten, nimmt man von Zeit zu Zeit eine Flüssigkeitsprobe aus
der Kufe, und um auch die fortschreitende Veränderung in der Farbe der Flüssigkeit
zu verfolgen, wird ein Stückchen Zeug an einer Schnur in die Kufe eingehängt. Ist
die grüne Nüancirung der Flüssigkeit ganz verschwunden, so wird mit dem Schlagen
aufgehört, und man läßt den Indigoniederschlag sich zu Boden setzen. Dieses Absetzen
des Indigos wird sonst wohl durch Zusatz von Alkalien, Bleizucker, Galläpfelabsud,
wohl auch Citronensaft, namentlich aber von Kalkwasser befördert, wenn man überhaupt
einen derartigen Zusatz für nothwendig hält. In Pondichéry dagegen verwendet
man zu diesem Zweck hauptsächlich eine Abkochung von Jamblonrinde. Hat sich hernach
der Indigo ganz zu Boden gesetzt, so öffnet man vorsichtig von oben nach unten die 4
Ablaßhähne der Schlagkufe einen nach dem andern, läßt die klare Flüssigkeit
ablaufen, sammelt den zurückbleibenden Indigobrei auf Leinwandfiltern und süßt ihn
mit wenig Wasser aus. Von den Filtern wird der Satz in den Kochkessel gegeben, mit
Wasser zu einem dicken Brei angerührt, und 4 bis 5 Stunden unter fleißigem Umrühren
verkocht. Dann läßt man die Masse erkalten, in den Sammelkasten ausfließen, darin
gut abtropfen und gibt sie schließlich in die Preßbeutel, worin sie möglichst
gleichmäßig und sorgfältig ausgedrückt wird, um die Risse und Sprünge beim Trocknen
zu vermeiden. Die festen Preßkuchen, im Gewicht von 9 bis 10k, werden mit Messingdraht jeder in 7mal 7
Stüke zu 200 bis 210g zerschnitten, die
einzelnen Stücke auf Hurden, die mit einer Lage Asche bedeckt sind, vertheilt und
zuerst langsam ohne allen Luftzug, späterhin rascher, im Ganzen vielleicht in 60
Tagen zur Trockne gebracht.
Dépierre, welcher diese Mittheilungen im Bulletin de Rouen, 1876 S. 434 veröffentlicht, hat die
oben angeführte Jamblonrinde näher untersucht. Dieselbe stammt von Syzigium Jambolanum, einem bis zu 10m hohen, in Ost- und Hinterindien
heimischen Baum aus der Familie der Myrtaceen, hat eine schmutzig hellgraue Farbe
und enthält im Mittel 11 Proc. Gerbsäure. – Sicilianischer Sumach enthält
nach Dépierre deren 26,7, Granatschalen 28,3,
schwarze Galläpfel 74,0 Proc. – Sie enthält ferner einen gelben Farbstoff von
sehr untergeordneter Bedeutung, welcher Thonerdemordant gelbcachou, Eisenmordant
kaum oder gar nicht färbt. Verwendet man diese Rinde in der Garancinefärberei an
Stelle des Sumachs, so kann sie denselben wohl ersetzen, ohne jedoch besondere
Vortheile zu bieten; überhaupt wird sie schon in Anbetracht des weiten Transportes
weder als Gerbstoff noch als Farbstoff für die abendländische Färberei eine
Bedeutung gewinnen.
In Indien benutzen die Blaufärber den Absud der Jamblonrinde als letztes Bad für die
fertiggefärbte Waare; sie glauben damit ihrem Blau eine größere Echtheit zu geben,
aber sicher ohne Grund. Sie werden damit nur ein dunkler aussehendes Blau erhalten,
namentlich wenn sie den Absud schon vor der Küpe verwenden, ungefähr wie unsere
Färber vor dem Blaufärben einen Cachou- oder Rocougrund geben; nimmt man aber
ein solches mit Gerbstoff behandeltes Blau durch eine schwache Säure oder Seife, so
geht die Farbe im Ton herunter, und es bleibt einfach die dem angewendeten Indigo
entsprechende Intensität der Farbe auf dem Stoff.
Was Dépierre hauptsächlich veranlaßt hat, sich mit
der Jamblonrinde zu beschäftigen, ist der Umstand, daß ihr Absud in jener Gegend
nicht blos bei der Operation des Schlagens der Indigoflüssigkeit, sondern auch beim
Auskochen des Indigosatzes Verwendung findet. Dies geschieht insbesondere bei
geringeren Sorten Indigo, wie solche von trockenem sandigem Boden geliefert werden,
um der Waare ein besseres Aussehen zu verschaffen und um derselben gleichzeitig eine
billige, nicht so leicht ins Auge fallende Beschwerung einzuverleiben. Verfasser hat
3 derartig beschwerte, richtiger gesagt, gefälschte Indigoproben, die ein ganz gutes
Ansehen hatten, untersucht und gefunden:
Nr. I
spec. Gew.
1,60 und
40 Proc. Indigotingehalt
Nr. II
„
„
1,39 „
38 „
„
Nr. III
„
„
1,66 „
23 „
„
Alle drei Sorten sind hiernach als gering, Nr. III sogar als
sehr gering zu bezeichnen. Das specifische Gewicht gibt in diesem Fall offenbar
keinen Anhaltspunkt für die Beurtheilung der Qualität; denn nach gewöhnlicher
Annahme sollte Nr. II das meiste Indigotin enthalten; ferner steht die geringe
Differenz der specifischen Gewichte von I und III in gar keinem Verhältniß zu dem
großen Unterschied des Indigotingehaltes der beiden entsprechenden Indigosorten.
Kl.