| Titel: | Die Jute und ihre Verarbeitung; von Ingenieur G. Pfuhl, Lehrer an der kgl. Provinzial-Gewerbeschule zu Königsberg i. Pr. | 
| Autor: | G. Pfuhl | 
| Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 148 | 
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                        Die Jute und ihre
                           								Verarbeitung; von Ingenieur  G. Pfuhl, Lehrer an der kgl.
                           								Provinzial-Gewerbeschule zu Königsberg i. Pr.
                        Mit Abbildungen.
                        (Nachdruck
                           								vorbehalten.)
                        (Fortsetzung von Bd. 223 S.
                           								587.)
                        Pfuhl, über die Jute und ihre
                           								Verarbeitung.
                        
                     
                        
                           Wir wollen nunmehr die andern (auf S. 499 Bd. 223 erwähnten)
                              									Streckmaschinen einer kurzen Besprechung unterziehen, und
                              									bedeuten in den beigegebenen Figuren 1
                              									bis 5 auf Tafel VII gleiche Buchstaben stets
                              									entsprechende, mit denen der vorher beschriebenen Maschinen
                              									übereinstimmende Theile.
                           
                        
                           Streckmaschine mit Hechelnadelwalze
                              									(rotary-drawing). Figur 1
                              									Taf. VII [a/1] gibt die arbeitenden
                              									Theile derselben im Querschnitt in 1/8 n. Gr. unter
                              									Hinweglassung des Antriebes. Von den Einziehwalzen p₁, p₃, p₂ gelangen
                              									die Bänder etwas ansteigend über die Hechelnadelwalze r (rotary-gill), sich in deren Nadeln eindrückend, alsdann
                              									zwischen die Streckwalzen C₀,
                              									C₁ über die Doublirplatte P nach den Abzugswalzen g₀, g₁. Die Einwirkung der Hechelnadeln geschieht hier
                              									nur an einer Stelle in der Nähe der Streckwalzen, während das
                              									Band vorher ohne jegliche Unterstützung ist. Hiermit und durch
                              									den Umstand, daß nur wenig Hechelnadeln auf die einzelnen Fasern
                              									zertheilend und ihre Vorwärtsbewegung regulirend wirken können,
                              									erklärt sich die weniger gute Leistung dieser Maschinen, bei
                              									denen ein willkürliches, regelloses Verschieben der Fasern
                              									– noch begünstigt durch das bogenförmige Ein- und
                              									Austreten der Nadeln in die Bänder – möglich ist. Sollen
                              									diese Maschinen nur einigermaßen gut wirken, so müssen die
                              									Faserlängen möglichst genau mit der Distanz übereinstimmen, da
                              									Bänder mit einigermaßen kürzern Fasern sehr häufig vor der
                              									Hechelwalze abreißen, weil die vordern, von den Streckwalzen
                              									gefaßten und vorwärts bewegten Fasern den Zusammenhang der
                              									Bänder an dieser Stelle so lockern, daß sie durch ihr eigenes
                              									Gewicht niederfallen. Die Hechelnadelwalzen, von denen Figur
                                 									2 [a/1] eine Vorderansicht
                              									zeigt, sind aus Messing und aus zwei Hälften hergestellt, die
                              									auf der schmiedeisernen Achse o
                              									befestigt werden; sie haben vorstehende Ränder, und in dem Raume
                              									zwischen beiden sind die Hechelnadeln (rotary-gill-pins) in jede Hälfte von innen in
                              									Schraubenlinien eingetrieben.
                           Zu weniger guten Garnen, bei denen Ungleichmäßigkeiten in der
                              									Dicke – hervorgerufen durch fehlerhafte Beschaffenheit
                              									der Bänder – nicht schaden, die aber eine möglichst hohe
                              									Production wünschenswerth machen, sind diese Streckmaschinen
                              									allenfalls geeignet, da sie ihres einfachen Hechelapparates
                              									wegen einen schnellern Gang als die Schraubenstrecken erlauben.
                              									Wenn jedoch zu diesen Garnen auch kürzere Abfälle verwendet
                              									werden sollen, so wird durch das oben erwähnte, öfter
                              									eintretende Abfallen der Bänder der schnellere Gang reichlich
                              									wieder durch diese Betriebsstörungen compensirt. Die Maschinen
                              									sind etwas niedriger im Anschaffungspreise als die erstem, und
                              									kommen Reparaturen des Hechelapparates höchst selten vor;
                              									trotzdem aber werden sie der geringen Qualität ihrer Arbeit
                              									wegen nicht mehr angeschafft und sind nur noch selten im
                              									Betriebe.
                           
                        
                           Nur wenig besser in ihrer Wirkung sind die Streckmaschinen mit Hechelstäben in Scheibenführung (circular-drawings). Fig. 3a  [a/1] zeigt die arbeitenden Theile einer
                              									dieser Maschinen im Querschnitt in 1/6 n. Gr. Die Hechelstäbe
                              									sind neben einander derartig angeordnet, daß sie zusammen eine
                              									größere Hechelwalze bilden, die sich möglichst dicht bei den
                              									Streckwalzen vorbei bewegt. Die Bänder legen sich über den obern
                              									Umfang derselben in die Hechelnadeln, von den Einziehwalzen p ab stark emporsteigend, und treten
                              									alsdann, wieder etwas abwärts gehend, zwischen die Streckwalzen
                              									C₀, C₁. Sehen wir vorläufig ab von einer
                              									eigenthümlichen Bewegung der einzelnen Hechelstäbe, so ersieht
                              									man ohne weiters, daß die Anzahl der die Bänder haltenden,
                              									unterstützenden und die Fasern zertheilenden Nadeln größer als
                              									bei der vorigen Maschine, ferner daß dies durch die beschriebene
                              									Führung der Bänder erreicht ist. Diese Führung hat aber ihre
                              									Nachtheile, indem dabei die Bänder sehr straff gespannt und fest
                              									auf die Hechelstäbe aufgedrückt werden, so daß trotz der größern
                              									Anzahl der fassenden Nadeln nicht selten ebenfalls ein Abreißen
                              									der erstern vor dem Hechelapparate eintritt. Die Bänder laufen
                              									alsdann von den Einziehwalzen direct nach unten und müssen erst
                              									aufs Neue, wie beschrieben, über die Nadeln den Streckwalzen
                              									zugeführt werden. Die Wirkung der Nadeln auf Zertheilung und
                              									Führung der Fasern ist aber besser als bei den vorigen
                              									Maschinen. Die Hechelnadeln treten nämlich nahezu senkrecht in
                              									das Band ein und aus, indem die Stäbe S, auf welchen sie befestigt sind, in besonderer Art und
                              									Weise geführt werden. Auf einer Welle o sitzen zwei Scheiben, die eine centrisch, die andere
                              									excentrisch, in deren Nuthen die Hechelstäbe mittels zweier
                              									Stifte fassen, wodurch bei der Drehung der Welle o das oben erwähnte Einstechen und
                              									Austreten der Nadeln erreicht wird. Figur 3b  zeigt einen
                              									kleinen Theil des Hechelapparates mit 3 Hechelstäben in 1/2 n.
                              									Gr. – Der Hechelapparat unterliegt einer nicht
                              									unbedeutenden Abnutzung, wodurch die richtige Führung der Stäbe
                              									bald
                              									beeinträchtigt wird, und weshalb man diese Maschinen nicht
                              									schneller gehen lassen darf als die Schraubenstrecken. Da
                              									außerdem der Preis dieser Maschinen höher als der
                              									Nadelwalzen-Streckmaschinen ist, so haben sie in der Praxis mit
                              									Recht noch weniger Anwendung gefunden als diese, welche bei fast
                              									derselben Arbeitsqualität jene in der Quantität übertreffen und
                              									dabei fast gar keinen Reparaturen unterworfen sind.
                           Aus dem Erwähnten geht hervor, daß die beiden letzten Strecken
                              									den Schraubenstrecken, bei denen die genaueste Führung und
                              									Unterstützung der Bänder und die vortheilhafteste Einwirkung des
                              									Hechelapparates auf die Fasern erreicht ist, weitaus nachstehen
                              									und diese nur sehr vereinzelt einigermaßen ersetzen können.
                           
                        
                           Anders scheint dies jedoch mit den neuerdings von Samuel Lawson and Sons in Leeds nach des Amerikaners Good's PatentVgl. das in England im J. 1871 ertheilte und in diesem
                                    									Journal 1873 207 * 285. 210 91 beschriebene Patent. Die Kettenführung (in etwas
                                    									abweichender Construction) war auch bei einer Lawson'schen
                                    									Spinnmaschine auf der Wiener Weltausstellung 1873
                                    									angebracht.Die Red.
                              									hergestellten Streckmaschinen mit
                                 									Hechelstäben in Kettenführung (chain-drawings) der Fall zu sein. Diese Maschinen wurden
                              									von der erwähnten Firma, welcher wir auch die folgenden nähern
                              									Angaben verdanken, in Philadelphia 1876 zuerst ausgestellt und
                              									nach den vorliegenden amerikanischen Ausstellungsberichten in
                              									Bezug auf Qualität und Quantität ihrer Leistung – allem
                              									Anschein nach mit vollstem Recht – sehr günstig
                              									beurtheilt. Wir geben auf Taf. VII Figur 4
                              									[a/2] einen Querschnitt des
                              									Streckkopfes in 1/8 n. Gr. und i
                              									Figur 5 [a/3] die
                              									Kettenführung der Hechelstäbe allein in 1/2 n. Gr. Während die
                              									erste Skizze der Kleinheit des Maßstabes wegen nur die
                              									allgemeine Disposition der einzelnen Theile wiedergibt, ist die
                              									Führung der Hechelstäbe und ihr Einstechen in die Bänder aus der
                              									Detailzeichnung deutlich zu erkennen.
                           Die Bänder werden, wie aus beiden Figuren hervorgeht, zwischen
                              									der letzten Einziehwalze p₂
                              									und den Streckwalzen C₀, C₁ horizontal geleitet, mit
                              									Ausnahme des ersten Theiles der Bänder, der etwas schräg
                              									ansteigt, wodurch das Einlegen derselben in die Nadeln befördert
                              									wird (Fig. 5).
                              									Die Hechelstäbe bewegen sich, soweit sie nicht im Ein- und
                              									Austreten begriffen sind, vollständig horizontal mit den Bändern
                              									vorwärts. Das Einstechen der Nadeln erfolgt so dicht wie nur
                              									möglich an der letzten Einziehwalze p₂ und geschieht etwas schräg aber geradlinig,
                              									ähnlich wie bei den Schraubenstrecken. Das Austreten der Nadeln
                              									erfolgt in nächster Nähe der Streckwalze C₀, vollkommen senkrecht, schnell und
                              									geradlinig.
                           
                           Es ist hieraus ersichtlich, daß die Bewegung der Hechelstäbe, wie
                              									sie durch die Schraubenführung bewirkt wird, möglichst getreu
                              									nachgeahmt und auch mit Glück erreicht ist. Der
                              									Führungmechanismus selbst ist einfacher als der
                              									Schraubenmechanismus, so daß er voraussichtlich weniger
                              									Reparaturen als dieser unterworfen sein wird; auch sind
                              									Betriebsstörungen durch ihn – wie sie beispielsweise
                              									durch Festklemmen der Hechelstäbe bei der Schraubenführung aus
                              									mannigfachen Ursachen vorkommen – hier nicht möglich. Die
                              									Führungen sind an derselben Stelle angebracht, wo sonst die
                              									Schrauben liegen. Zunächst sitzen auf beiden Seiten eines jeden
                              									Kopfes auf den Achsen o₁, o₂ die Zahnscheiben u₁, u₂, welche mit ihren Zähnen die Stifte der
                              									einzelnen Kettenglieder fassen und diese bei ihrer Drehung
                              									dadurch vorwärts bewegen. Welle o₂ liegt tiefer als o₁, welche den Antrieb empfängt, und zwar um so
                              									viel als der Unterschied in der Größe der Scheiben u₁ und u₂ beträgt, so daß die Kettenglieder oberhalb
                              									derselben horizontal laufen. Die einzelnen Kettenglieder haben
                              									einen Fuß mit zwei und einen Kopf mit einer etwas größern
                              									Oeffnung. Jedes Glied ist mit dem vorher gehenden und folgenden
                              									durch in die Fußöffnungen eingesteckte Stifte gekuppelt, wodurch
                              									eine endlose Kette mit normal zu der Mittellinie der
                              									Fußöffnungen abstehenden Kettenglieder-Köpfen entsteht. In die
                              									Kopföffnungen der Glieder sind die Hechelstäbe S mittels kurzer runder Zapfen drehbar
                              									eingelegt, und müssen dieselben also im Sinne der Bewegung der
                              									Kette mit dieser circuliren. Die Hechelstäbe tragen, wie früher,
                              									die messingenen Nadelleisten mit zwei Reihen eingesetzter
                              									Nadeln, von denen aber die vordere Reihe etwas kürzer als die
                              									hintere ist.
                           Um die Nadeln, so lange sie in den Bändern sind, in senkrechter
                              									Stellung zu erhalten und auch ihr gerades Austreten und
                              									Einstechen in die Bänder zu erzielen, sind an den Wänden jedes
                              									Kopfes noch besonders gestaltete Führungen F₁ und F₂ angeschraubt, die das gewünschte Einstellen der
                              									Nadeln bewirken. Die Führung der einen Hälfte der Hechelstäbe,
                              									also beispielsweise der Stäbe 1, 3, 5... geschieht auf der einen
                              									und die der zweiten Hälfte, also der Stäbe 2, 4, 6... auf der
                              									andern Seite jedes Kopfes. Die Zapfen der einen Hälfte der
                              									Hechelstäbe sind daher links, die der andern rechts über die
                              									Köpfe der Kettenglieder hinaus verlängert und mit je einem
                              									Winkelhebel W versehen, welcher an
                              									seinen Enden die Zapfen w₁,
                              									w₂ trägt.
                           Betrachten wir jetzt den Hechelstab l, so hängt derselbe und mit ihm sein Winkelhebel W frei herab. Der im Sinne der Bewegung
                              									folgende Stab 2 hat seinen Winkelhebel auf der andern Seite,
                              									derselbe ist also in der Figur nicht sichtbar. Es folgt Stab 3,
                              									der bereits seine freie Lage gegen eine bestimmte Stellung
                              									vertauscht hat, da der Zapfen w₁ des Winkelhebels W
                              									sich auf die innere Fläche der Führung F₂ auflegt. Stab 5 ist aus demselben Grunde bereits
                              									erheblich nach oben gedreht, ebenso Stab 7 und 9, bei denen auch
                              									die Zapfen w₂ die äußere
                              									Fläche der Führung F₂
                              									berühren. Stab 9 hat bereits in die Bänder eingestochen und Stab
                              									11 beinahe seine senkrechte Lage erreicht, wobei sein Zapfen w₂ und die Zapfen w₂ der folgenden Stäbe 13, 15,
                              									17, 19, auf der äußern Fläche und die betreffenden Zapfen w₁ auf der innern, auch nach oben
                              									zu begrenzten Fläche entlang gleiten, wodurch die senkrechte
                              									Lage ihrer Nadeln erhalten bleiben muß. Das Niedergehen der
                              									Stäbe beginnt bei Stab 21, und schon der folgende, auf der
                              									andern Seite geführte Stab 22 hat mit seinen Nadeln das Band
                              									gänzlich verlassen, indem er senkrecht zurückgewichen ist. Die
                              									Winkelhebel W legen sich hierbei mit
                              									ihren Zapfen w₂ einerseits an
                              									die abwärts gerichtete äußere Fläche der Führung F₂ und an die Führung F₁, während die Zapfen w₁ die innere Führung verlassen.
                              									Die Stäbe gleiten nun, derart geführt, daß ihre Nadeln die
                              									Streckcylinder nicht mehr berühren, an der Fläche F₁ immer weiter herab, und sind
                              									die untersten Stäbe frei und sich selbst überlassen.
                           Der beschriebene verhältnißmäßig so einfache Mechanismus erlaubt
                              									den Maschinen eine bedeutende Geschwindigkeit, welche nur durch
                              									die Rücksichtsnahme auf die Art des Materials und die Größe des
                              									Verzuges begrenzt ist, und welche Grenze überhaupt nicht
                              									überschritten werden darf, wenn der Streckproceß ordentlich
                              									gelingen soll. Die zulässige Geschwindigkeit ist jedenfalls
                              									bedeutend größer als bei den Schraubenstrecken, bei denen der
                              									Bewegungsmechanismus der Hechelstäbe der auf die Dauer
                              									vortheilhaften Geschwindigkeit eine engere Grenze setzt.
                           Die Qualität der Arbeit ist voraussichtlich gut und soll sich
                              									vollkommen mit der der Schraubenstrecken messen können. Die
                              									Maschinen, im übrigen ebenso wie die früher beschriebenen
                              									gebaut, werden für Jutegarne bis Nr. 6 (leas) als erste und zweite, für feinere Garne nur als
                              									erste Streckmaschinen ausgeführt und finden auch bereits zur
                              									Verarbeitung anderer Materialien, wie Hanfheede, Pite etc., zu
                              									groben Nummern Verwendung. In Deutschland sind diese Maschinen
                              									bis jetzt nicht eingeführt. Die tägliche Production derselben
                              									wird zu 1000k pro Kopf
                              									von 4 Bändern angegeben, was wohl richtig sein wird, da man bei
                              									groben Nummen selbst mit Schraubenstrecken pro Kopf 500 bis
                              									760k täglich zu
                              									verarbeiten vermag. Hiernach würden also die Kettenstrecken im DurchschnittDurschnitt 1 1/2 bis 2 Mal so viel wie die Schraubenstrecken
                              									gleicher Dimensionen leisten können, wodurch in Hinsicht der
                              									Anschaffungskosten sowie der Fabrikationsunkosten wesentliche
                              									Ersparnisse erzielt werden können.
                           
                        
                           Ehe wir die Besprechung der Streckmaschinen beenden, möge noch
                              									eine eigenthümliche, neuerdings von Droßbach construirte und von Victor Rack und Comp. in Zittau
                              									(Sachsen) zur Ausführung übernommene Belastung der Druckwalzen
                              									erwähnt werden, welche zunächst allerdings nur für
                              									Flachsmaschinen ausgeführt ist, die aber auch für
                              									Jute-Streckmaschinen und besonders für die Vorspinnmaschinen
                              									recht geeignet erscheint. Der folgende Holzschnitt bringt den
                              									Querschnitt eines Streckkopfes, welcher mit dieser Vorrichtung
                              									versehen ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 226, S. 153
                              
                           Die Belastung der Druckwalzenachse findet hiernach in der Mitte
                              									derselben statt. Der Bügel h,
                              									welcher an dem festen Ständer H bei
                              									o seinen Drehpunkt hat, legt sich
                              									mittels seines Halblagers über die Druckwalzenachse und erhält
                              									dadurch dieselbe in ihrer Lage, während seine Belastung an dem
                              									andern Ende durch Zugstange z, die
                              									Hebel h₁, h₂ – welche mit einander
                              									durch das Zwischenstück z₂ in
                              									Verbindung stehen – und das Gewicht G stattfindet. Die Enden der
                              									Druckwalzenachsen haben Nunmehr keine besonderen Führungen
                              									nöthig, weshalb je zwei benachbarte Achsen stumpf an einander
                              									stoßen. Hierdurch werden hauptsächlich folgende Vortheile
                              									erzielt: Bei der gewöhnlichen Anordnung sind stets drei
                              									Lagerstellen – zwei Endlager und das Zugstangenlager in
                              									der Mitte – vorhanden. Die ersten: beiden erhalten die
                              									Achse in ihrer Lage, auf das letztere wirkt die Belastung. Bei
                              									der neuen Anordnung sind alle drei Lager in einem einzigen in
                              									der Mitte vereinigt und ist daher eine genaue parallele
                              									Einstellung der Druckwalzenachse zum Streckcylinder viel
                              									sicherer möglich. Die ganze Maschine kann nunmehr kürzer gebaut
                              									werden, weil die einzelnen Walzen dicht neben einander zu liegen
                              									kommen, und wird hierdurch eine nicht unwesentliche
                              									Raumersparniß erzielt; oder es ist jetzt möglich, auf gleichem
                              									Raume mehr Bänder von der Maschine transportiren zu lassen. Das
                              									Auswechseln der Walzen – eine bei den schweren eisernen
                              									Streckdruckwalzen, die nach der bisherigen Methode gelagert
                              									sind, keineswegs leichte und nur durch Männer auszuführende
                              									Arbeit, wobei dieselben auf die Maschinen steigen mußten
                              									– ist jetzt ganz leicht. Man schraubt die Mutter der
                              									Zugstange z in die Höhe, hebt den
                              									Bügel h auf, worauf die Druckwalze
                              									von selbst nach vorn rollen muß, wo sie leicht erfaßt und
                              									abgehoben werden kann. Da außerdem der Bügel h bereits eine Hebelübersetzung bildet,
                              									so hat man bei sonstiger gleicher Anordnung der untern
                              									Hebelverbindung weniger schwere Gewichte bei gleicher Belastung
                              									nöthig. (Die Vorrichtung läßt sich auch bei ältern Maschinen
                              									anbringen.) Wenn, wie bei den ersten Jute-Streckmaschinen, die
                              									Belastung der Druckwalzen an den Enden geschehen soll, was der
                              									breiten Walzen wegen vorzuziehen ist, so kann man zwei solcher
                              									Bügel, an jedem Ende einen, anbringen und erspart dadurch immer
                              									die beiden Endlager in den Ständern.
                           
                        
                           Nach Beendung des Streck- und Doublir-Processes folgt (vgl. Bd.
                              									223 S. 171) das Vorspinnen im engern
                                 									Sinne, d.h. das nochmalige Strecken der letzten
                              									Streckmaschinenbänder und ihr Zusammendrehen nach demselben zu
                              									Vorgarn, Vorgespinnst (rove) auf der
                              									Spindelbank, der Vorspinnmaschine (roving
                                 									frame, flyer). Die Bänder der letzten Streckmaschine werden
                              									der Spindelbank einfach vorgesetzt, eine Doublirung findet also
                              									jetzt nicht mehr statt, und es geschieht die Zuführung derselben
                              									in derselben Weise wie bei den Streckmaschinen. Das Streckwerk
                              									bis zu den Streckwalzen ist ebenso construirt wie bei diesen,
                              									hat nur geringere Distanz, sowie feinere und dichter stehende
                              									Hechelnadeln. Es werden fast stets Hechelstäbe mit
                              									Schraubenführungen angewendet und höchst selten auch
                              									Hechelnadelwalzen benutzt. Die Kettenführung ist bis jetzt
                              									– wahrscheinlich der geringern Distanz wegen – für
                              									die Spindelbänke noch nicht ausgeführt worden.
                           Die Streckwalzen liefern die Bändchen unmittelbar zu je einer
                              									Spindel, mit welcher ein fest aufgesetzter Flügel sich mit
                              									constanter Geschwindigkeit umdreht. Die Arme der Flügel sind
                              									hohl, und die Bändchen laufen durch die Höhlung eines derselben,
                              									treten unten aus derselben heraus und gehen, rechtwinklig
                              									abgebogen, nach der lose über die Spindel gesteckten Spule, auf
                              									welchem Wege sie ihre Drehung erhalten, um sich dann nach
                              									Maßgabe des Zurückbleibens derselben gegenüber dem Flügel
                              									aufzuwickeln.
                           
                           Die Drehung der gestreckten Bändchen hat den Zweck, die
                              									gegenseitige Lage der Fasern in denselben zu sichern und ihnen
                              									eine genügende Festigkeit zu geben, damit sie den
                              									Feinspinnproceß, ohne aus einander zu gehen, aushalten können;
                              									doch darf anderseits diese Drehung nur gering sein, damit es
                              									möglich ist, die Vorgarnfäden in dem Streckwerk der
                              									Feinspinnmaschinen noch weiter auszuziehen. Um nun ein gutes,
                              									gleichmäßig dickes Vorgarn zu erzielen, darf das Aufwinden
                              									desselben nicht auf Spulen erfolgen, die ihre Bewegung von den
                              									Fäden allein erhalten, d.h. von diesen nachgezogen werden, weil
                              									alsdann eine so starke Anspannung derselben eintritt, daß sie
                              									sich von selbst ungleichmäßig strecken müssen, und weil auch
                              									alsdann der Grad der Drehung nicht constant bleibt, sondern es
                              									müssen die Spulen durch einen besondern Mechanismus eine
                              									selbstständige Bewegung erhalten, welche bewirkt, daß stets in
                              									dem Maße, wie sich der Vorgarnfaden bildet, derselbe ohne erhebliche Spannung in dicht neben
                              									einander liegenden Lagen aufgewunden wird.
                           Hiernach ergeben sich folgende Functionen dieser Maschine: a) das Strecken der eingeführten Bänder
                              									bis zu einer für die Feinspinnerei nöthigen Feinheit; b) das Drehen der gestreckten Bänder, um
                              									denselben die nöthige Festigkeit zu geben, damit sie den
                              									Feinspinnproceß – ohne denselben jedoch zu hindern
                              									– aushalten können; c) das
                              									Aufwinden des Vorgarnes auf Spulen.
                           Die Spulen haben stets runde Füße und Köpfe und werden so auf und
                              									ab bewegt, daß die Aufwicklung auf dem dünnen cylindrischen
                              									Theil zwischen denselben erfolgt. Die Spindeln bewegen sich mit
                              									gleichbleibender Geschwindigkeit, haben dieselbe
                              									Bewegungsrichtung wie die Spulen und bewirken außer dem Drehen
                              									des Garnes dessen Aufwindung dadurch, daß ihre Geschwindigkeit
                              									stets größer als die der letztern ist. Der Umfang der Spulen
                              									bleibt aber nicht constant, sondern wird nach jedesmaliger
                              									Vollendung einer Aufwicklung, nach jedem Auf- oder Niedergang
                              									der Spulen durch die Bewicklung größer. Damit nun aber das
                              									gleichmäßig von dem Streckcylinder abgelieferte und von den
                              									Spindeln aufgenommene Vorgarn ebenso gleichmäßig aufgewickelt
                              									werde, muß bei constanter Umdrehungszahl der Spindeln die
                              									Spulendrehgeschwindigkeit eine veränderliche sein, und ebenso
                              									muß sich, damit stets Faden neben Faden gelegt wird, die
                              									Hebungsgeschwindigkeit der Spulen mit zunehmendem Durchmesser
                              									derselben ändern.
                           Bezeichnet man mit u die Anzahl der Spindelumdrehungen, mit F die in der Minute gelieferte
                              									Fadenlänge, d. i. die minutliche Umfangsgeschwindigkeit der
                              									Streckwalzen, so ist zunächst die Anzahl der Drehungen
                              									D des Vorgarnes auf der
                              									Längeneinheit: 1) D = u/F.
                           Ist ferner die Anzahl der Spulenumdrehungen,
                              									nachdem w Wickelungen stattgefunden
                              									haben m, der Durchmesser der leeren
                              									Spule δ, der Durchmesser des
                              									Vorgarnes δ₀ und i der Umfang der Spulen, so ist derselbe
                              									nach w Wickelungen: i = (δ + 2 wδ₀)π.
                           Die Aufwickelung des Vorgarnes muß stets mit
                              									der Differenz der Spindel- und Spulengeschwindigkeit (u – m) erfolgen, und ist nach w
                              									Wikelungen in der Minute i (u – m). Diese Aufwickelung soll aber stets constant und zwar
                              									gleich der gelieferten Fadenlänge sein, mithin ergibt sich die
                              									Beziehung: 2) F = i (u
                              									– m) und hieraus die Anzahl
                              									der Spulenumdrehungen 3) m = u – F/i.
                           Aus Gleichung 2 ersieht man aber sofort, daß,
                              									wenn i wächst, die Spule also voller
                              									wird, die Differenz der Spindel- und Spulengeschwindigkeit (u – m) abnehmen muß, da die in der Minute gelieferte
                              									Fadenlänge F constant ist. Diese
                              									Differenz kann aber bei constanter Spindelgeschwindigkeit u nur dann abnehmen, wenn die
                              									Umdrehungszahl der Spulen zunimmt. Es wächst mithin die Umdrehungszahl der Spulen mit dem Durchmesser
                                 									derselben. Damit sich aber stets gleichmäßig Faden neben
                              									Faden lege, muß die Geschwindigkeit der Hebung und Senkung der
                              									Spulen stets proportional der Differenz der Spindel- und
                              									Spulengeschwindigkeit sein. Da diese aber bei fortschreitender
                              									Aufwickelung abnimmt, so muß auch die Hebungsgeschwindigkeit der
                              									Spulen nach jeder vollendeten Wickelung abnehmen. Die Geschwindigkeit der Auf- und Abbewegung
                                 									der Spulen nimmt also mit wachsendem Durchmesser derselben
                                 									ab.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
