| Titel: | Ueber das Taseometer und Versuche mit demselben; von Ingenieur Friedr. Steiner, Docent am Wiener Polytechnicum. | 
| Autor: | Friedrich Steiner | 
| Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 283 | 
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                        Ueber das Taseometer und
                           								Versuche mit demselben; von Ingenieur Friedr. Steiner, Docent am
                           								Wiener Polytechnicum.
                        Mit Abbildungen im Text und
                           								auf Taf. VI [d/4].
                        Steiner's Taseometer.
                        
                     
                        
                           Die Unsicherheit, welche stets in der Berechnung und Prüfung
                              									auszuführender Bauconstructionen liegt, gab wohl feit langem
                              									Veranlassung, auf Methoden zu sinnen, die eine directe Messung
                              									der auftretenden Kräfte gestatten. Besonders wichtig erscheint
                              									diese Frage für den Brückenbau.
                           Man hat zu diesem Zwecke an Stelle einzelner Theile Dynamometer
                              									eingeschaltet, oder wohl auch, wie dies durch Dupuy geschehen ist, mit Hilfe eines
                              									Fühlhebels direct die Ausdehnung und Zusammenziehung einzelner
                              									Stäbe gemessen und dadurch auf die Beanspruchung geschlossen.
                              									Die Resultate, welche aus diesen Experimenten erhalten
                              									wurdenVgl. Notice sur les dessins, modèles et
                                       									ouvrages etc. réunis par les soins du ministère
                                       									des traveaux publics. Exposition universelle à Vienne
                                       									en 1873 (Paris, Imprimerie
                                       									nationale), p. 430., zeigten, daß die in den Gitterstäben einer Brücke
                              									hervorgerufenen Kräfte kaum die Hälfte der Werthe von jenen
                              									betrugen, welche sich auf Grund der gewöhnlich zur Anwendung
                              									kommenden Formeln ergaben, ja daß gegen die Mitte des Balkens
                              									jene Stäbe, welche nach den Unterstützungspunkten hin abfallen,
                              									Zugspannungen aufwiesen, während in den andern von
                              									entgegengesetzter Neigung Druckkräfte zur Geltung kamen, was den
                              									Hypothesen, welche die Theorie aufstellt, gradezu
                              									widerspricht.
                           Auch ich habe mich seit langem mit der Idee getragen, irgend eine
                              									empfindliche Methode für die directe Messung zu finden. Die
                              									unharmonischen Töne eines Claviers, das bei plötzlich
                              									eingetretenem Witterungswechsel durch Verziehen des Holzes
                              									verstimmt worden war, riefen in mir den Gedanken wach, ob es
                              									nicht möglich wäre, aus der Aenderung des Tones auf die
                              									Veränderung der Inanspruchnahme des Holzes zu schließen. Dieses
                              									Princip näher verfolgend, construirte ich zwei Klammern, die ich
                              									an einen Stab schraubte, und über welche ich eine Saite spannte.
                              									Versuche zeigten mir bald, daß die Aenderung der Belastung des
                              									Stabes sofort Tondifferenzen hervorrief. Durch Prof. Rebhann, dem ich meine Versuche
                              									mittheilte, wurde ich auf die mir damals noch unbekannten
                              									Versuche und Schlüsse Göbbel's
                              									aufmerksam gemacht, der es schon 1863 probirt hatte, die Größe
                              									der Spannung einzelner Bestandtheile in Eisenconstructionen
                              									durch die Töne daran angebrachter Eisendrähte direct zu
                              									messen.Vgl.
                                    									Bericht über die 14. Versammlung Deutscher Architekten und
                                    									Ingenieure, abgehalten zu Wien 1864 (Verlag des österreichischen
                                    									Ingenieur- und Architektenvereines), S. 167. Die
                              									Hauptresultate seiner Versuche waren, daß bei den Be- und
                              									Entlastungen jeder bestimmten Belastung ein bestimmter Ton, der
                              									mit der Belastung höher wurde, entsprach; daß die Temperatur
                              									zwischen 12 und 16° ohne wesentlichen Einfluß blieb; und
                              									daß um so kleinere Belastungsunterschiede merkbar wurden, je
                              									tiefer der Ton war.
                           So interessant nun auch die vorgelegten Methoden sein mögen, so
                              									leiden sie doch an zwei wesentlichen Gebrechen. Das erste
                              									besteht darin, daß man zur Vergleichung der Tonhöhen an das
                              									Gehör des Experimentators, welches nur bei wenigen Personen die
                              									hierfür nöthige Empfindlichkeit besitzt, angewiesen ist, und daß
                              									diese Methode bei über die Brücke rollenden Eisenbahnzügen,
                              									deren Einfluß man constatiren will, absolut unbrauchbar sich
                              									erweisen dürfte; das zweite, daß nur die Zusammenziehung oder
                              									Ausdehnung des ganzen Stabes gemessen wird, nicht aber örtlich
                              									auftretende Spannungen bestimmbar sind.
                           Indem ich das obgenannte Princip beibehielt, suchte ich beide
                              									Uebelstände zu beseitigen und construirte nach manchen Versuchen
                              									für das Polytechnicum zu Hannover den in Fig. 35
                              									bis 38
                              									skizzirten Apparat.Derselbe wurde in seiner gegenwärtigen Form von dem
                                    									Mechaniker Leo Elger, dem ich manche
                                    									praktische Idee hinsichtlich der Detaildurchführung verdanke,
                                    									hergestellt. Ein anderer in den Details bedeutend abweichender
                                    									Apparat wurde in der Wochenschrift des österreichischen
                                    									Ingenieur- und Architektenvereines, 1877 S. 13 ff.
                                    									beschrieben. 
                           Auf dem zu untersuchenden Stabe oder Stabbestandtheil A werden zwei Klammern K₁ und K₂ durch Anziehen der Klemmschrauben S befestigt. Die Klammern sitzen mit
                              									glatt gehobelten Flanschenflächen f
                              									auf, während durch Feststellen der Schräubchen s, von denen je zwei hinter einander auf
                              									jeder Klammer sich befinden, die Angriffspunkte bestimmt und
                              									eine Ebene fixirt werden. (Es sei hier ein für allemal bemerkt,
                              									daß natürlich die Form der Klammern und ihre Einspannung eine im
                              									Allgemeinen veränderliche, nach dem Querschnitte der zu
                              									untersuchenden Stabstelle sich richtende sein kann.) Ueber beide
                              									Klammern legen sich zwei Stahlbändchen b₁ und b₂, aus
                              									feinen englischen Uhrfedern gebildet; dieselben laufen über
                              									ausgefeilte Stege, sind an einem Ende mittels Schräubchen
                              									befestigt und können an dem andern durch die Mikrometerschrauben
                              									M₁ und M₂, deren bewegliche Muttern die weiteren
                              									Befestigungsschräubchen tragen, angespannt werden. An die
                              									Bändchen sind zwei feine Stahlschreibfederchen z₁ und z₂ angelöthet. Die Klammer K₂ trägt eine Stimmgabel, deren eine Zacke
                              									ebenfalls mit einem Schreibfederchen z versehen ist. Mit beiden Klammern steht ein Rahmen in
                              									Verbindung, der mittels zweier in k
                              									und k' lose sitzenden Kugelgelenke
                              									eine Drehung um die Achse kk'
                              									zuläßt und durch einen federnden Hebel h in beliebiger Lage erhalten werden kann. Der Rahmen
                              									trägt einen Schlitten r, in welchen
                              									man ein berußtes Glasplättchen P
                              									(Fig. 38)
                              									schiebt. Eine Spiralfeder zieht den Schlitten, wenn er sich frei
                              									überlassen wird, stets gegen K₁.
                           Führt man den Schlitten ganz nach rechts, bringt das berußte
                              									Glasplättchen zur leichten Berührung mit den Spitzen der
                              									Federchen und steckt unmittelbar rechts neben den Federchen,
                              									senkrecht zur Ansichtsfläche, einen Keil L (Fig. 37),
                              									welcher, sich zwischen die Zacken der Stimmgabel und die
                              									gespannten Bändchen klemmend, diese aus einander zwängt, so wird
                              									hierdurch der Schlitten in seiner Lage erhalten. Zieht man dann
                              									den Keil mittels einer daran angebrachten Schnur rasch heraus,
                              									so gerathen sowohl die Bändchen als auch die Gabelzacken in
                              									Schwingungen; die an den Federchen anliegende Glastafel wird im
                              									Schlitten von der Spiralfeder rasch vorüber geführt, und es
                              									entsteht auf der berußten Fläche ein Bild der
                              									Schwingungsverhältnisse; man erhält ein Phonogramm.
                           Die Stimmgabel ersetzt die Uhr, sie dient als zeitmessendes
                              									Instrument. Nimmt man ein Phonogramm vor, eines nach der im Stabe
                              									A eingetretenen Beanspruchung auf,
                              									so kann man aus beiden die Größe der Beanspruchung von A direct berechnen, wie ich in Folgendem
                              									zeigen will.
                           Hat sich der Stab gedehnt, so wird die ursprüngliche
                              									Schwingungszahl der Bändchen eine größere, hat er sich
                              									zusammengedrückt, eine kleinere werden. Hat sich der Stab
                              									gebogen, so wird, im Falle dies z.B. nach abwärts geschehen ist,
                              									das obere Bändchen verhältnißmäßig mehr an Tonhöhe, bezieh.
                              									Schwingungszahl abnehmen als das untere.
                           Fig. I und II (S. 286) zeigen Theile zweier
                              									Phonogramme, wie dieselben thatsächlich gelegentlich eines
                              									Versuches erhalten wurden, bei dem das Instrument an einem Stabe
                              									befestigt war.
                           Die Sinuslinie 0 zeigt in beiden Fällen die Schwingungen der
                              									Stimmgabel, 1 jene des obern, 2 jene des untern Bändchens. Im
                              									ersten Falle kommen auf 40 Schwingungen der Stimmgabel 25
                              									Schwingungen des obern, 20 Schwingungen des untern Bändchens, im
                              									zweiten auf 40 Schwingungen der Stimmgabel 20,5 des obern, 20,3
                              									des untern Bändchens. Der Stab hat sich daher – in
                              									horizontaler Lage betrachtet – jedenfalls nach abwärts
                              									gebogen, gleichzeitig hat derselbe aber auch, da sich die
                              									Schwingungszahl des untern vermehrt, einen Zug
                              									erlitten. Die nähere Berechnung der factischen Beanspruchung
                              									müßte nach den später zu entwickelnden Formeln erfolgen.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 226, S. 286
                              Fig. I;
                                 										Phonogramm für den unbelasteten Zustand.
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 226, S. 286
                              Fig. II;
                                 										Phonogramm im belasteten Zustande.
                              
                           Durch Anfertigung eines dritten Phonogrammes nach entschwundener
                              									Beanspruchung wird man sich überzeugen, ob die Bändchen nicht
                              									etwa durch ein Nachgeben an den Einspannungsstellen ihre
                              									ursprüngliche Schwingungszahl verändert haben, was bei präciser
                              									Ausführung des Instrumentes nicht zu erwarten steht und auch bei
                              									meinen Versuchen nicht eintrat.
                           Theorie des Instrumentes. Wir wollen
                              									annehmen, daß das Instrument an einem Stabe befestigt sei,
                              									dessen Querschnittsfläche gegen jene der StahlbändchenHierbei
                                    									sind, um einen richtigen Maßstab für die Beurtheilung des
                                    									Fehlers zu gewinnen, die Querschnittsflächen der Bändchen noch
                                    									mit dem Verhältniß des Elasticitätscoefficienten des Stahls zu
                                    									jenem des Stabmateriales zu multipliciren; ein Coefficient, der
                                    									bei Schmiedeisen 1,25, bei Holz 21 beträgt. sehr
                              									groß ist, und daß dasselbe hinsichtlich des Trägheitsmomentes
                              									des Stabquerschnittes in Betracht zu den Trägheitsmomenten der
                              									Bandquerschnittsflächen, bezogen auf die Stabquerschnittsachse,
                              									gelte; es ist dann gestattet, jenen Theil der innern Kräfte,
                              									welcher von den Bändchen bei der Beanspruchung des Stabes
                              									aufgenommen wird, gegen jene des Stabes zu vernachlässigen, was
                              									in den allermeisten praktischen Fällen eintritt.
                           Betrachten wir zunächst ein Bändchen b₁. Es bedeute in Figur
                                 									III:
                           P₁ die
                              									Kraft, mit der dasselbe ursprünglich angespannt wurde,
                           g die
                              									Beschleunigung der Schwere,
                           
                           G₁ das
                              									Gewicht des Bändchens innerhalb der Stege,
                           l₁ die
                              									Länge des Bändchens zwischen den Stegen,
                           l'₁ und l''₁ die über die Stege
                              									greifenden Längen.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 226, S. 287
                              Fig. III.
                              
                           Die Anzahl der Hin- und Herschwingungen n₁ in der Secunde sind dann gegeben durch
                           1)                    n₁
                              									= 1/2 √(gP₁)/(G₁ l₁).
                           Macht die Stimmgabel n Schwingungen in der Secunde, und
                              									setzen wir n₁/n = v₁, so ergibt sich aus (1) sofort, daß
                           2)                    v₁² = g/(4 G₁ l₁ n²) P₁.
                           Bedeutet nun ferner P'₁ die
                              									Kraft, womit das Bändchen während der Beanspruchung des Stabes
                              									angespannt wird, so ist die Verlängerung Δl₁, die dasselbe erfährt, gegeben durch
                           3)                    Δl₁ = (P'₁ – P₁)/E₁f₁ (l₁ + l'₁ + l''₁),
                           wenn E₁
                              									den Elasticitätscoefficienten, f₁ die Querschnittsfläche des Bändchens ausdrückt.
                              									Macht der zwischen die Stege gespannte Theil nun n'₁ Schwingungen in der Secunde,
                              									so ist n'₁ = 1/2 √(gP'₁)/(G₁ l₁). Quadrirt
                              									man diese Gleichung, dividirt sie beiderseits durch n² und zieht Gleichung (2) davon
                              									ab, so erhält man, das Verhältniß n'₁/n mit v₁ bezeichnend:
                           4)                    v'₁² – v₁² = g/4G₁l₁n² (P'₁ – P₁),
                           oder mit Rücksicht auf (3)
                           5)                    Δl₁ = C₁ (v'₁² – v₁²),
                           
                           wenn man unter C₁ = (4 l₁(l₁ + l'₁ + l''₁) G₁ n²)/(gE₁ f₁) eine vom Material und den
                              									Dimensionen des Bändchens abhängige Constante versteht.
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 226, S. 288
                              
                           Es sei nun (Fig. IV) wieder A der zu beanspruchende Stab, an welchem
                              									das Instrument befestigt wurde; I, II zeige die gegenseitige
                              									Lage der Einspannungsquerschnitte vor
                              									der Beanspruchung von A; I, II' die
                              									gegenseitige Lage derselben nach
                              									eingetretener Beanspruchung des Stabes. Hierbei sind abweichend
                              									von der Figur in Wirklichkeit die Aenderungen natürlich sehr
                              									klein gegen die ursprüngliche Länge, so daß es gestattet ist,
                              									den Bogen für die Sehne zu setzen. Bezeichnet man den
                              									KrümmungsradiusStrenge genommen, ist natürlich diese Größe der
                                    									Krümmungsradius der elastischen Linie der eingespannten Strecke
                                    									nur, wenn dieselbe ein Kreisbogen, angenähert dann, wenn l gegen die Länge des Stabes klein
                                    									ist. des Stabes nach eingetretener Beanspruchung mit
                              									r, die Verlängerung, welche das
                              									obere Bändchen erlitten, mit Δl₂, jene des untern mit Δl₁, die Abstände der
                              									Bänder von der Oberfläche des Stabes mit a₂ und a₁, so
                              									ist, wie sich aus der Aehnlichkeit der Dreiecke abo und acO sofort ergibt: l/r = (Δl₂ – Δl₁)/(a₂ – a₁). Bezeichnet man wie früher mit
                              									v₁ und v₂ die Verhältnisse der Schwingungszahlen der
                              									Bändchen 1 und 2 zu den Stimmgabelschwingungen vor, mit v'₁ und v'₂ die
                              									analogen Verhältnisse nach
                              									eingetretener Beanspruchung von A,
                              									mit C₁ und C₂ die diesbezüglichen
                              									Constanten, so ergibt sich, mit Rücksicht auf (5):
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 226, S. 289
                              
                           ein Ausdruck, welcher uns direct
                              									gestattet, aus den beobachteten Größen v'₂, v₂, v'₁, v₁ auf die Krümmung des Stabes zu schließen. Sind
                              									die beiden Bändchen gleich lang und aus demselben Material, so
                              									ist C₁ = C₂. Der Ausdruck wird positiv,
                              									wenn der Krümmungsmittelpunkt unter,
                              									negativ, wenn er über den
                              									schwingenden Bändchen liegt.
                           Die Längenänderung Δl
                              									z einer Faser, die den
                              									Abstand z von dem obern Bändchen
                              									hat, ist, wie sich aus der Figur leicht ergibt: Δl z = Δl₂ – (l/r) z.
                           Die Beanspruchung K z auf die Quadrateinheit in
                              									dieser Faser ergibt sich demnach, wenn E den Elasticitätscoefficienten des Stabes bezeichnet,
                              									Kz = (Δl z/l) E,
                              									oder
                           7)                    K z = (v'₂²
                              									– v₂²) C₂ E/l – l/r E/l z.
                           Ist die Dicke des Stabes an den Einspannungsstellen d, so ergibt sich hieraus speciell als
                              									Beanspruchung
                           der obersten Faser: K' = (v'₂²
                              									– v₂²) C₂ E/l – l/r E/l a₂ und
                           für die
                              									unterste:       K'' = (v'₂² – v₂²) C₂
                              									E/l
                              									– l/r E/l (a₂ + d).
                           Man ist hiernach im Stande, direct aus den beobachteten Größen
                              									die Beanspruchung irgend einer Faser des Querschnittes zu
                              									berechnen. Dem positiven Zeichen entspricht Zug, dem negativen
                              									Druck.
                           Einfluß der Temperatur. Wenn möglich,
                              									wird es sich empfehlen, die nöthigen Versuche bei nahe gleicher
                              									Temperatur anzustellen. Sind jedoch Temperatursdifferenzen
                              									unvermeidlich, so läßt sich denselben in nachstehender Weise
                              									Rechnung tragen.
                           Es sei t die Temperatur, bei der man
                              									den ersten Versuch (A unbeansprucht)
                              									gemacht; t' die Temperatur im
                              									Momente des zweiten Versuches bei beanspruchtem Stabe. Die
                              									Differenz t' – t werde mit Δt bezeichnet. Wir setzen wieder voraus, und dies
                              									wird in den meisten praktischen Fällen zutreffen, daß die
                              									Querschnitte der Bändchen sehr klein gegen den Querschnitt des
                              									Stabes seien; es wird sich dann der Einfluß der Bändchen auf den
                              									Stab vernachlässigen lassen.
                           In Folge der Temperatursänderung hat sich l am Stabe geändert um Δl = αl
                              									Δt, wenn α den Ausdehnungscoefficienten
                              									des Stabes bezeichnet; das Bändchen würde sich frei ausdehnen um
                              									αl' = α'l Δt;
                              									durch die Differenz beider Ausdehnungen Δl – Δl'
                              									wird demnach in dem Bändchen l eine
                              									thatsächliche Längenänderung erzeugt, welche gegeben ist durch
                              									(α – α') Δtl₁. Hierdurch erleidet aber das Quadrat
                              									der Schwingungszahl des Bändchens einen Zuwachs, welcher, in
                              									Verhältniß zu n gesetztMit sich
                                    									ändernder Temperatur wird allerdings auch die Schwingungszahl
                                    									n der Stimmgabel eine andere. Die
                                    									Abweichung ist jedoch eine ganz verschwindende und wird auch bei
                                    									feinen physikalischen Untersuchungen innerhalb gewöhnlicher
                                    									Temperatursverhältnisse wohl kaum in Betracht gezogen. und mit Δ (v'₁²) bezeichnet, nach (5)
                              									gibt: Δ (v'₁²) = (α – α')Δtl₁)/C₁.
                           Sind die Länge, das Material und der Querschnitt des Bändchens 2
                              									dieselben wie jene des ersten, so ist der Zuwachs, welchen die
                              									Länge des ersten Bändchens durch die Temperatur erfährt, gleich
                              									dem des zweiten. Unter obiger Annahme, die sich bei jedem
                              									Instrumente erfüllen läßt, bleibt der Werth l/r
                              									unverändert derselbe, da die Correctionsglieder sich aufheben.
                              									Auf Formel (6) ist daher die Temperatur ohne Einfluß; (7) aber
                              									geht mit Rücksicht auf die Temperatursdifferenz Δt über in:
                           8)                    K z = (v'₂²
                              									– v₂²) C₂ E/l – l/r E/l z – (α – α')
                              									Δt E.
                           Besteht das Versuchsstück aus Schmiedeisen, das schwingende
                              									Bänderpaar aus Stahl, so ist α = 0,00001232, α' = 0,00001239, E =
                              									2000000 (für Kilogramm und Qudratcentimeter). Dies gibt für die
                              									Größe des Correctionsgliedes + 0,14 Δt, oder für eine Temperatursdifferenz von
                              									10° 1k,4 für
                              									1qc, d. i. 1/3000 des
                              									Festigkeitscoefficienten, also eine hier wohl nicht zu
                              									berücksichtigende Größe.
                           Bedeutender wird der Einfluß, wenn das Versuchsmaterial Holz ist;
                              									setzt man hier α = 0, E = 120000, so erhält man + 1,49 Δt; dies gibt für eine Differenz
                              									von 10° 14k,9
                              									oder 1/57 des Festigkeitscoefficienten. In diesem Falle wäre
                              									also wohl auf den Temperaturwechsel Rücksicht zu nehmen.
                           Bestimmung der Constanten. Die
                              									Ermittlung der in den Formeln auftretenden, von der
                              									Beschaffenheit der schwingenden Bändchen abhängigen
                              									Constanten kann in verschiedener Weise geschehen, am einfachsten
                              									wohl dadurch, daß man sich direct der Mikrometerschräubchen zur
                              									Anspannung der Bändchen bedient. Die am beschriebenen
                              									Instrumente befindlichen Schrauben besitzen eine Ganghöhe von
                              									genau 0mm,5. Nach
                              									Formel (5) ist aber Δl₁ = C₁
                              									(v'₁² – v₁²); dies gestattet
                              									direct eine Bestimmung der Größen C₁ und C₂.
                           Betrachten wir zunächst ein Bändchen. Nimmt man für eine
                              									bestimmte Stellung der Mikrometerschraube, die eine hinreichende
                              									Anspannung des Bändchens erzielt, ein Phonogramm auf und
                              									ermittelt v₁, verlängert dann
                              									das Bändchen um 0mm,5,
                              									indem man die Mikrometerschraube um eine volle Windung dreht,
                              									und nimmt abermals ein Phonogramm auf, so ist die Verlängerung,
                              									die das Bändchen innerhalb der Stege erfahren: 0,5 – C₁ (v'₁² – v₁²). Daraus berechnet sich aus den
                              									bekannten Werthen von v'₁ und
                              									v₁ unmittelbar C₁ =
                              									0,5/(v'₁² – v₁²) Millimeter. In ganz
                              									ähnlicher Weise erfolgt die Bestimmung von C₂.
                           Am vorliegenden Instrumente ergab sich aus 2 Versuchen
                              									folgendes.
                           
                              
                                 Oberes Bändchen.
                                 Erster
                                    											Versuch.
                                 Zweiter
                                    											Versuch.
                                 
                              
                                 Ursprünglicher
                                    											Stand:
                                 n₂   = 24,5
                                 
                                    n
                                    
                                 = 60,5
                                 n₂
                                 = 30,5
                                 
                                    n
                                    
                                 = 74,8
                                 
                              
                                 Schraube um
                                    											360° gedreht:
                                 n'₂ = 28,8
                                 n'
                                 = 45,9
                                 n'₂
                                 = 49,8
                                 n'
                                 = 79,0.
                                 
                              
                                 Unteres Bändchen.
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Ursprünglicher
                                    											Stand:
                                 n₁   = 25
                                 
                                    n
                                    
                                 = 60,5
                                 n₁
                                 = 30,5
                                 
                                    n
                                    
                                 = 74,8
                                 
                              
                                 Schraube um
                                    											360° gedreht:
                                 n'₁ = 28,8
                                 n'
                                 = 45,9
                                 n'₁
                                 = 49,2
                                 n'
                                 = 79,0.
                                 
                              
                           Daraus berechnen sich die Werthe für den
                              									ersten Versuch:
                           
                              
                                 Oberes Bändchen.
                                 
                              
                                 v'₂
                                 =
                                 n'₂/n' =
                                    											28,8/45,9
                                 =
                                 0,6274 und v₂ = n₂/n =
                                    											24,5/60,5 = 0,4033.
                                 
                              
                                 C₂
                                 =
                                 0,5/(v'₂² – v₂²)
                                 =
                                 0,5/(0,3937 – 0,1627) = 2mm,165.
                                 
                              
                                 Unteres Bändchen.
                                 
                              
                                 v'₁
                                 =
                                 n'₁/n' =
                                    											28,8/45,9
                                 =
                                 0,6274 und v₁ = n₁/n = 25/60,5
                                    											= 0,4132.
                                 
                              
                                 C₁
                                 =
                                 0,5/(v'₁² – v₁²)
                                 =
                                 0,5/(0,3937 – 0,1707 = 2mm,242.
                                 
                              
                           Für den zweiten Versuch:
                           
                              
                                 Oberes Bändchen.
                                 
                              
                                 v'₂
                                 =
                                 n'₂/n' =
                                    											49,8/79,0 = 0,6304 und v₂ = n₂/n =
                                    											30,5/74,8 = 0,4077.
                                 
                              
                                 C₂
                                 =
                                 0,5/(v'₂² – v₂²) = 0,5/(0,3974 – 0,1662)
                                    											= 0,5/0,2312 = 2mm,163.
                                 
                              
                                 Unteres Bändchen.
                                 
                              
                                 v'₁
                                 =
                                 49,2/79,0 = 0,6228 und v₁ = 30,5/74,8 =
                                    											0,4077.
                                 
                              
                                 C₁
                                 =
                                 0,5/(v'₁² – v₁²) = 0,5/(0,3879 – 0,1662)
                                    											= 0,5/0,2217 = 2mm,255.
                                 
                              
                           
                           Als mittlere Werthe ergeben sich demnach: C₂ = 2mm,164 und C₁ = 2mm,248. Da a₂ – a₁ = 47 – 11,75 = 35mm,25 ist, ergibt die
                              									Formel (6):
                           l/r = 0,0614 (v'₂² – v₂²) – 0,635 (v'₁² – v₁²).
                           Mit Hilfe des bekannten Werthes der Constanten ist es nunmehr
                              									auch leicht, die Ausdrücke, nach denen die Berechnung der
                              									Beanspruchung K' und K'' der obersten und untersten Faser an
                              									der Einspannungsstelle zu geschehen hat, anzugeben.
                           Die Substitution der früher erhaltenen Werthe
                              									in die Formel für K' und K'' gibt für die oberste, bezieh.
                              									unterste Faser:
                           K'  = [0,00746 (v'₁² – v₁²) – 0,00180 (v'₂² – v₂²)] E, beziehungsweise
                           K'' =
                              									[(0,00746 + 0,000159 d) (v'₁² – v₁²) – (0,00180 +
                              									0,000154 d) (v'₂² – v₂²)] E.
                           Beispiel. Um den
                              									Gebrauch des Instrumentes zunächst an einem einfachen Versuche
                              									zu erproben, wurde nachstehendes Experiment gemacht. Ueber zwei
                              									auf festen Unterlagen ruhenden Schneiden von 1m Entfernung wurde ein
                              									Stahlstab von 80mm
                              									Breite, 8mm Höhe und
                              									1500mm Länge
                              									symmetrisch gegen den Halbirungspunkt der Auflagerdistanz
                              									gelegt. Je 50mm von den
                              									Enden des Stabes wurden zwei Wagschalen aufgehängt, unmittelbar
                              									neben jede der Klammern des Instrumentes kam je eine
                              									empfindliche Libelle, nun wurde das Taseometer (ebenfalls
                              									symmetrisch gegen die Stabmitte) an demselben angeschraubt,
                              									jedes der Bändchen angezogen, der Stand der beiden Libellen
                              									beobachtet und notirt, und ein Phonogramm aufgenommen; dasselbe
                              									ergab n₁ = 45,2, n₂ = 34,5 und n = 80. Hierauf wurde in die Wagschalen
                              									je ein Gewicht von 3k
                              									gelegt, der Ausschlag der Blasen an den Libellen markirt und
                              									abermals ein Phonogramm aufgenommen; dasselbe ergab n₁ = 46,5, n₂ = 40,2 und n =
                              									80.
                           Um über den Winkel ins Klare zu kommen,
                              									welcher der Differenz der Ausschläge entspricht, wurde derselbe
                              									Ausschlag mit Hilfe eines Justirbretchens erzeugt. Die
                              									dreimalige Beobachtung und Berechnung dieses Winkels ergab:
                           
                              
                                 Libelle 1.
                                 Libelle 2.
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 4' 52''4' 45''4'
                                    											52''
                                 
                                    
                                    
                                 4'
                                    											50''5'  8''5' 00''
                                 
                                    
                                    
                                 im Mittel
                                 
                                    
                                    
                                    588''
                                    											oder0,00285.
                                 
                              
                           Die Berechnung dieses Werthes nach
                              									Formel (6) aber liefert unter Berücksichtigung der oben
                              									gefundenen Werthe:
                           
                              
                                 v'₁² =
                                    											0,3379    
                                 v₁²  = 0,3185
                                 
                              
                                 v'₂² = 0,2525
                                 v₂²  = 0,1860.
                                 
                              
                           Daraus findet man φ = 0,0614
                              									× 0,0665 – 0,0635 × 0,0194 = 0,00285, was
                              									mit dem oben ermittelten Werthe vollständig übereinstimmt.
                           Einfluß der Fehler. Es möge im
                              									Weiteren die Genauigkeit etwas näher untersucht werden, welche
                              									sich mit dem vorliegenden Instrumente erreichen läßt. Setzen wir
                              									zunächst den Fall voraus, daß wir es mit der Untersuchung eines
                              									Stabes zu thun haben, der nur auf Zug beansprucht wird. Man
                              									braucht sich dann nur eines Bändchens zu bedienen, und hat K = C₂ (v'₂²
                              									– v₂²) E/l für l/r = 0; für
                              									unser Instrument ist C₂ =
                              									2mm,164 und l = 400mm.
                           
                           Setzen wir ein Versuchsstück aus Eisen voraus und dabei E = 20000, so wird
                           (α)                    K = 108 (v'₂² – v₂²).
                           Die beiderseitige Differenzenbildung gibt
                              									ΔK = 216 (v'₂ Δv'₂ – v₂ Δv₂).
                              									Nun ist aber v₂ = n₂/n,
                              									daher Δv₂ = (Δn₂ n – Δnn₂)/n².
                           Die Länge einer Stimmgabelwelle beträgt durchschnittlich 2mm, wobei 80 Wellen noch
                              									mit voller Schärfe auf die Tafel kommen. Nimmt man den Werth der
                              									Schätzung in der Längenmessung mit 0mm,1 an, so ist Δn = ± 0,05 einer
                              									Stimmgabelwellenlänge. Die Wellenlänge eines Bändchens ist 1/v mal so groß als jene durch die
                              									Stimmgabel erzeugte; wir können daher näherungsweise Δn₂ = ∓ v₂ Δn setzen. Δv₂ erreicht seinen größten Werth, wenn sich
                              									beide Einflüsse summiren, und wir erhalten Δv₂ = ∓ (Δnv₂ n + Δnn₂)/n²
                              									oder, wenn wir Zähler und Nenner durch n dividiren, Δv₂
                              									= ∓ 0,1 v₂/n. In analoger Weise erhalten wir für
                              									Δv'₂ = ± 0,1
                              									v'₂/n und ΔK = 216 (v'₂² + v₂²/n) 0,1. Führt man n wie oben
                              									in beiden Fällen mit 80 ein, so ergibt sich ΔK = 0,27 (v'₂² + v₂²).
                           Nimmt man als kleinstes, praktisch brauchbares Verhältniß v₂ = 0,25 an, wobei das Bändchen
                              									noch eine solche Spannung aufweist, daß die Wellen sehr deutlich
                              									ausfallen, wovon man sich leicht durch Versuche überzeugt, und
                              									berechnet das Verhältniß v x, welches für die größte im
                              									Bauwesen vorkommende Spannung auftritt, indem man als
                              									Maximalinanspruchnahme 10k für 1qmm in
                              									Rechnung zieht, so ist nach Formel (α) : 10 = 108 (v x² – 0,0625),
                              									daraus v x = 0,394, und man erhält
                              									hiernach für ΔK = 0k,058 auf 1qmm oder 0,58 Proc. des
                              									Werthes. Setzt man als Grenzwerth für die Abschätzung nicht 0mm,1, sondern 0mm,5, so nimmt der Ausdruck
                              									das 5fache des Werthes an, und man erhält als Fehler 3 Proc. des
                              									Werthes.Die
                                    									Differenz der bei der Constantenbestimmung erhaltenen Resultate
                                    									findet ihre Ursache in erster Linie wohl nicht in der
                                    									Unsicherheit der Ablesung der einzelnen Schwingungszahlen, als
                                    									vielmehr in dem Umstande, daß eine Drehung der
                                    									Mikrometerschraube um eine volle Windung sich am benutzten
                                    									Apparate nicht mit der nöthigen Präcision ausführen ließ. Diesem
                                    									Uebelstande soll bei einem künftigen Instrumente abgeholfen
                                    									werden, indem es an den Mikrometerschrauben in Grade getheilte
                                    									Köpfe mit Ablesemarken erhalten soll. 
                           Um die oben angegebene Fehlergrenze von 0k,058 durch directe Messung
                              									der Längenänderung des Stabes von 400mm Länge zu finden, müßte
                              									man diese Messung bis auf 0mm,001 genau anstellen. Der Apparat ersetzt also hier
                              									gewissermaßen einen Fühlhebel von 100facher Vergrößerung, bei
                              									dessen Ablesung 0mm,1
                              									als Fehlergrenze angenommen wird. Aus dem Ausdrucke für den
                              									Fehler sieht man ferner, daß die Genauigkeit um so größer wird,
                              									je größer man n nimmt und je kleiner
                              									v₁ und v₂ ausfallen, je tiefer also der Ton ist. Man wird
                              									daher starke Spannungen möglichst vermeiden.
                           Bei eintretender Biegung werden die Bändchen oft größere
                              									Inanspruchnahme erfahren als der Stab selbst. Bei dem größten
                              									Werth, den v überhaupt annehmen
                              									kann, soll die Elasticitätsgrenze des Materials der Bändchen
                              									nicht überschritten werden.
                           Wenn man für die Beanspruchung an der Elasticitätsgrenze 60k auf 1qmm annimmt, so ist nach
                              									Formel (α) 60 = 108 v'₂² max und v'₂² = 0,5555, v = 0,746. Für diesen Werth wird der
                              									äquivalente Werth für den Fehler bei directer Längenmessung etwa
                              									0mm,003, wobei v₁ = 0,25 gesetzt wurde. Durch
                              									Rückschluß auf diesen Fehler ist es auch leicht, nach Formel l/r = (Δl₂ – Δl₁)/(a₂ – a₁) Anhaltspunkte für die Größe
                              									des bei Ermittlung des Krümmungsmaßes auftretenden Fehlers im
                              									einzelnen Falle zu gewinnen.
                           Praktische
                                 									Durchführung. Zum Zwecke der nähern Beschreibung der
                              									Durchführung mögen hier noch einige Bemerkungen Platz
                              									finden.
                           Der Transport des Instrumentes erfolgt am
                              									leichtesten mit Hilfe eines Bretchens, das mittels Schrauben an
                              									die Klammern befestigt wird und in der Zeichnung weggelassen
                              									wurde. Man kann dann die Bändchen stets befestigt erhalten und
                              									hat immer die Entfernung der Klammern fixirt.
                           Das Anbringen des Apparates an dem zu
                              									untersuchenden Stabe hat mit einiger Vorsicht zu geschehen; vor
                              									Allem ist daraus zu achten, daß die glatten Flächen der Backen
                              									gut anliegen; durch allfälliges Glattfeilen der Unebenheiten des
                              									Stabes kann nachgeholfen werden. Im Weitern ist bei gelüfteten
                              									Schrauben, mittels denen die Klammern am Transportbretchen
                              									befestigt sind, eine Klammer durch Anziehen von S festzustellen und nun die zweite
                              									Klammer in die richtige Entfernung l
                              									zu bringen und parallel zu stellen. Ist dies geschehen, wird
                              									auch die zweite Schraube S
                              									angezogen. Diese ganze Manipulation hat bei schlaffen Bändchen
                              									zu geschehen.
                           Durch Anziehen der Stifte s werden nun die Klammern vollends
                              									fixirt, dann die Bändchen durch Drehen der Mikrometerschrauben
                              									gespannt, bis jedes derselben einen hellen Ton gibt. Wie weit
                              									man hierin gehen darf, muß die Uebung zeigen. Tritt im zu
                              									untersuchenden Stabe voraussichtlich Druck ein, so wird man die
                              									Anspannung schärfer, also den Ton höher, im entgegengesetzten
                              									Falle tiefer machen. Es ist keineswegs nothwendig, jedoch
                              									nützlich, beide Bändchen dem Gehöre nach auf den gleichen Ton zu
                              									bringen.
                           Nun wird, wie oben erklärt, ein berußtes
                              									Glasplättchen in den Schlitten gesteckt, derselbe nach rechts
                              									geschoben, die berußte Fläche gegen die Federchen bis zur
                              									leichten Berührung gebracht. Liegt eines derselben
                              									nicht gut an, so kann durch eine mittels des Fingers zu
                              									bewirkende, kleine Biegung desselben leicht nachgeholfen werden.
                              									Hierauf wird der Keil zwischen die Zacken der Stimmgabel und die
                              									gespannten Bündchen gesteckt, wodurch zugleich der Schlitten
                              									Widerhalt findet. Der Keil ist so eingerichtet, daß die
                              									Entfernung seiner Theile geändert werden kann, damit stets ein
                              									gleichmäßiges Anspannen beider Bändchen, deren Entfernung von
                              									den Zacken der Stimmgabel sich ändert, wenn die
                              									Keilflanschenfläche nicht stets ganz parallel zu den Bändchen
                              									aufsitzt, möglich sei.
                           Soll der Versuch gemacht werden, so braucht
                              									man nur den Keil mittels der daran hängenden Schnur rasch
                              									herauszuziehen. Ist letztere hinreichend lang, so ist der Platz,
                              									an dem man sich zu diesem Ende aufzustellen braucht, ziemlich
                              									gleichgiltig – ein Umstand, der namentlich bei Versuchen
                              									an Brücken während des Darüberfahrens von Zügen nicht werthlos
                              									sein dürfte. Ist das Phonogramm verzeichnet, entfernt man durch
                              									Niederdrücken des Hebels den Rahmen mit dem Schlitten von den
                              									Federchen und zieht das Plättchen heraus.
                           Zum Aufbewahren der Platten kann man sich
                              									eines kleinen, mit Coulissen versehenen Kästchens bedienen, das
                              									zugleich stets den nöthigen Vorrath an berußten Gläsern enthält.
                              									An Stelle der Glasplättchen ist auch feines Papier, das
                              									entsprechend versteift ist, benutzbar. Das Berußen geschieht am
                              									einfachsten, indem man die Platte über eine freie Oel- oder
                              									Kerzenflamme hält und mehrmals hin und her bewegt. Es ist nicht
                              									nöthig, den Ruß sehr dick aufzutragen; die Curven fallen im
                              									Gegentheile auf leicht berußten Flächen schärfer und feiner aus.
                              									Papier wird vor dem Berußen schwach mit Wasser befeuchtet.
                           Um die Phonogramme zu fixiren, läßt man
                              									Collodium oder einen schnell trocknenden Firniß, dessen sich die
                              									Photographen bedienen, über das Plättchen fließen. Ist es
                              									trocken, so kann man mittels eines Stahlstiftes auf der berußten
                              									Fläche wie mit Bleistift auf einer Papierfläche zeichnen.
                           Bestimmung von v.
                              									Wichtig ist die genaue Abzählung der in gleichen Zeiten
                              									gemachten Schwingungen. Die ersteren Schwingungen sind hierzu
                              									unbrauchbar, da sie der geringen Anfangsgeschwindigkeit des
                              									Plättchens wegen zu nahe an einander liegen. Nach Erfahrungen,
                              									die ich hierüber gewonnen, geht man wohl am besten, wie folgt,
                              									vor: Man markirt sich mit Zuhilfenahme der Loupe die höchste
                              									Spitze des letzten Wellenberges I
                              									(Fig. 38)
                              									der Bändchenschwingung, die vollkommen scharf erkennbar
                              									erscheint, und zählt nur eine Anzahl von Wellenbergen ab, die
                              									vollkommen deutlich erscheinen; ihre Zahl sei m₁. Dadurch, daß das Plättchen
                              									zur Ruhe kommt, noch ehe die Schwingungen aufgehört haben,
                              									markirt sich der Endpunkt der Schwingungscurve ganz genau als
                              									kleiner verticaler Strich O. Die
                              									Striche O der drei Curven würden
                              									genau über einander stehen, wenn die Spitzen der Federchen genau
                              									in einer Verticalen stünden, was praktisch kaum erreichbar ist,
                              									aber bedeutungslos wird, wenn man die Strecke OI auch vom Punkte O der Stimmgabelcurve aus aufträgt;
                              									ebenso nimmt man den Abstand des Punktes O vom ersten der markirten Wellenberge I' aus und trägt ihn von O der Stimmgabelcurve aus auf. Zählt man
                              									nun die Zahl m der Wellenlängen der
                              									Stimmgabelcurve, die zwischen I und
                              									I' liegen, ab, wobei man Zehntel
                              									derselben noch abschätzen kann, so gibt m₁/m das Verhältniß der
                              									Schwingungszahlen zweier in gleichen Zeiten beschriebenen
                              									Curven, also v₁.
                           
                           Sind die Federchen nicht in der Mitte der
                              									Bändchen befestigt, so zeigen die Curven nicht reine
                              									Sinuslinien, sondern eigenthümliche secundäre Berge und Thäler,
                              									die zwischen den Maxima und Minima liegen. Sie rühren neben
                              									anderem von dem Umstande her, daß die Bändchen nicht nur als
                              									Ganzes, sondern auch in Theilen schwingen, d.h. Obertöne
                              									entstehen. Auf die Bestimmung der Hauptschwingungszahl, die hier
                              									allein in Betracht kommt, ist dies ohne Einfluß.
                           Ich wählte Bändchen, an Stelle von
                              									ursprünglich projectirten schwingenden Saiten, weil diese
                              									während des Schwingens keine seitlichen Oscillationen machen,
                              									daher die Phonogramme viel genauer ausfallen.
                           Vortheile der
                                 									Anwendung. Die Anwendung des vorbeschriebenen Apparates
                              									dürfte eine Reihe von Vortheilen mit sich bringen, die im
                              									Nachstehenden kurz beleuchtet werden sollen.
                           1) Da der Apparat bei geringer Modification
                              									der Klemmschraube sich an beliebigen Stellen einer beanspruchten
                              									Construction anschrauben läßt, ist man im Stande, örtlich
                              									auftretende Spannungen zu messen. Man vermag z.B. leicht zu
                              									untersuchen, in welcher Weise sich die Spannung des Gurtes auf
                              									die Decklamellen und die Stehbleche vertheilt, wie die
                              									Spannungen der Gitterstäbe an den Befestigungsstellen sich
                              									verhalten etc. Welche große Vortheile die Theorie der Brücken
                              									aus solchen Versuchen schöpfen kann, braucht wohl nicht näher
                              									beleuchtet zu werden.
                           2) Da die ganze Manipulation während der
                              									Beanspruchung nur darin besteht, den Keil herauszuziehen, kann
                              									man die Versuche vornehmen, während Züge die zu prüfende Brücke
                              									passiren, und ist dadurch im Stande, den Einfluß der
                              									Geschwindigkeit und Stöße auf die Beanspruchung zu
                              									constatiren.
                           3) In den berußten Plättchen, deren
                              									Phonogramme fixirt sind, besitzt man Documente, die jederzeit
                              									über den gemachten Versuch Rechenschaft geben. Die Ermittlung
                              									der Beanspruchung aus den Phonogrammen kann in aller Ruhe zu
                              									Hause geschehen und jederzeit controlirt werden, was namentlich
                              									für die staatliche Inspection von Werth ist.
                           4) Bei der Montirung wird sich die Verwendung
                              									empfehlen, um zu constatiren, ob sich die Spannungen zu gleichen
                              									Theilen auf einzelne Constructionsglieder, die hierfür berechnet
                              									sind, übertragen; so z.B. auf die Glieder einer Kettenbrücke,
                              									eines gezogenen Gurtes etc.
                           5) Von großem Werthe dürfte es sein, daß uns
                              									der Apparat in den Stand setzt, die geringste Biegung und den
                              									Sinn derselben an einzelnen Constructionstheilen sofort zu
                              									constatiren. Es wäre dies namentlich bei allen Versuchen, die
                              									mit Knickfestigkeit im Zusammenhange stehen, von Bedeutung.
                           6) Auch den Versuchsanstalten über
                              									Baumaterialien dürfte vielleicht manches Nützliche aus den
                              									angegebenen Principien erwachsen, um Beanspruchung und Biegung
                              									zu messen etc. Die Nachtheile, die dem Apparate anhaften, sind
                              									wohl vor allem die, daß man bei ausgeführten Brücken nur die
                              									relative, durch die zufällige Belastung hervorgerufene
                              									Beanspruchung messen kann, und daß die Federchen etwas
                              									empfindlicher Natur sind, daher besonders sorgfältig behandelt
                              									werden müssen. Der erstere Nachtheil ließe sich allerdings
                              									dadurch einigermaßen beseitigen, daß man den Einfluß des
                              									Eigengewichtes in indirecter Weise erprobt, indem man auf die
                              									Construction eine gleichmäßig vertheilte, ruhende Belastung
                              									bringt, die einen bekannten Theil des Eigengewichtes ausmacht,
                              									und aus den Beanspruchungen welche sich hierbei ergeben, auf die
                              									durch das Eigengewicht hervorgerufenen schließt. Ein weiterer
                              									Nachtheil, den die Methode mit allen ähnlichen theilt, die
                              									direct oder indirect auf die Messung der Längenänderung
                              									hinauslaufen, liegt in dem Umstande, daß in der Formel für die
                              									Inanspruchnahme der Elasticitätscoefficient des Versuchsstückes
                              									erscheint, mithin das Resultat nur bis auf jene Grenzen
                              									verläßlich sein kann, innerhalb welcher letztere Erfahrungsgröße
                              									liegt. Dasselbe ist aber auch bei dem Verfahren Göbbel's, Dupuy's, sowie beim Messen der
                              									Durchbiegung der Fall. Ob und welche Uebelstände noch in der
                              									Methode liegen, muß die Erfahrung lehren.
                           
                        
                     
                  
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