Titel: | Die Eisfabrikation der „Manchester Ice-Making Company“ mit Siddeley und Mackay's Aethermaschine. |
Fundstelle: | Band 226, Jahrgang 1877, S. 389 |
Download: | XML |
Die Eisfabrikation der
„Manchester Ice-Making Company“ mit Siddeley und
Mackay's Aethermaschine.
Mit Abbildungen im Text und
auf Tafel VIII [b.c/1].
Siddeley und Mackay's
Aether-Eismaschine.
Die künstliche Eisbereitung der „Manchester Ice Making
Company“ in Manchester beruht auf der Verdunstung des
Schwefeläthers (vgl. 1877 224 168) in einem luftverdünnten
Raume und der dadurch erhaltenen Temperaturerniedrigung einer
concentrirten Salzlösung als Kälte übertragendes Mittel. Eine
Aether-Vacuumpumpe saugt den in dem Verdunstungsbehälter
erzeugten Aetherdampf ab, verdichtet und treibt ihn in einen
Kondensator, wo er wieder die flüssige Form annimmt, um seinen
Kreislauf zu erneuern.
Die ganze Fabrikanlage ist in Fig. 34
im Grundrisse veranschaulicht; Fig. 35
stellt die Dampfmaschine mit den Aether Vacuumpumpen und den
Wassercirculationspumpen nach einem größern Maßstabe dar.
Als Kraftquelle, welche den Aether und die Salzlösung in Bewegung
setzt, dient ein Galloway-Dampfkessel (K) von 6m,7 Länge
und 2m,3 Durchmesser.
Der Dampf strömt unter 4at Spannung in ein Paar mit einander verbundene
horizontale Dampfmaschinen, eine Expansionsmaschine mit
Hochdruckcylinder (A) von 457mm Durchmesser und eine
Condensationsmaschine mit Niederdruckcylinder (B) von 711cm Durchmesser. Beide
arbeiten mit 980mm Hub
gemeinschaftlich, ihre Verbindung ist jedoch eine derartige, daß
nöthigen Falles die eine oder die andere für sich allein in Gang
gesetzt werden kann, der Betrieb also keine Unterbrechung
erleidet, wenn an einer derselben eine Störung eintreten sollte.
Die horizontalen, 863mm
im Durchmesser haltenden Aether-Vacuumpumpen (C) werden direct von den Kolbenstangen
der Dampfcylinder in Thätigkeit gesetzt und haben somit
gleichfalls einen Hub von 980mm. Zwei Circulationspumpen (D) treiben die Salzlösung und das frische Wasser durch die
verschiedenen Abtheilungen der Fabrik. (E ist die Kesselspeisepumpe, F
die Luftpumpe, G der
Dampfcondensator; die Röhren k und
l führen zu dem
Aethercondensator.)
Textabbildung Bd. 226, S. 390
Wir gehen nun unter Hinweisung auf die beigefügte schematische
Skizze zur nähern Schilderung des Kreislaufes über, in welchem
der Aether während des Eisbildungsprocesses begriffen ist. Der
Refrigerator oder Verdunstungsbehälter a, worin die Kühlung der concentrirten Salzlösung vor sich
geht, ist von einem Röhrensystem durchzogen, welches von der
Lösung durchströmt wird. In Berührung mit der Außenfläche dieser
Röhren verdunstet der Aether unter einem Vacuum von ungefähr
600mm Quecksilberhöhe
und einer Temperatur von – 6°. Auf dem Wege vom
Verdunstungsbehälter a nach der
Vacuumpumpe C streicht der
Aetherdampf durch einen (über a
gelegenen) Schlangenrohrbehälter b,
durch welchen der tropfbar flüssig gewordene Aether behufs der
Wiederbenutzung seinen Rückweg zu nehmen hat. Indem er der
Aetherflüssigkeit einen Theil ihrer Wärme entzieht, gelangt er
bis auf etwa + 7° erwärmt in die Vacuumpumpe. Beim
Rücklauf des Kolbens wird der Aetherdampf comprimirt, wobei
seine Temperatur bis auf + 43° steigt, und unter einer
Spannung von ungefähr 0at,2 nach dem Condensator d
getrieben. Es verdient erwähnt zu werden, daß bei dem in Rede
stehenden System eine äußere Condensation oder ein Reifanflug an
Röhren und Pumpe nicht wahrzunehmen ist – ein sicherer
Beweis, daß der umgebenden Luft keine Wärme auf Kosten des
Nutzeffectes entzogen wird.
In dem Condensator d durchstreicht
der Aetherdampf ein System enger horizontaler Kupferrühren,
welche von einem constanten Wasserstrom umspült werden, der mit
seiner natürlichen Temperatur von + 17° von unten in die
Condensatorkammer eintritt und dieselbe, nachdem er seine
kühlende Wirkung auf den Aetherdampf ausgeübt hat, oben mit
einer Temperatur von + 23° verläßt. Auf dem Rückweg zum
Verdunstungsbehälter a hat der
flüssige Aether außer dem bereits erwähnten Behälter b, worin seine Temperatur eine
erhebliche Erniedrigung erfährt, noch den Regulator e zu passiren – einen
Sammelbehälter, welcher den Zufluß zum Verdunsten durch eine
automatische Speisevorrichtung mit Ventil und Schwimmer regelt.
Eine an der Seitenwand dieses Behälters angebrachte Glasröhre
zeigt den Stand des flüssigen Aethers im Innern.
Zur Aufnahme des in Eis zu verwandelnden Wassers dienen drei
Reihen eiserner Kästen f, worin die
senkrechten 1m langen,
1m,2 tiefen und 0m,3 breiten Gefrierzellen
angeordnet sind, welche von der kalten Salzlösung umkreist
werden. Um die Herausnahme der Eisblöcke zu erleichtern, sind
diese Zellen nach unten etwas verjüngt. Ist einmal die Arbeit in
regelmäßigem Gang, so geht der Gefrierproceß in folgender
Ordnung vor sich.
Die bis auf – 6° erkältete Salzlösung strömt
zunächst durch einen Eiskasten Nr. 1, bei welchem der
Gefrierproceß seinem Ende sich nähert, von da bis auf etwa
– 4,5° erwärmt nach dem Kasten Nr. 2, dann nach
Nr. 3 und verläßt endlich Nr. 4 mit der Temperatur 0°.
Das in Nr. 4 befindliche Wasser ist es also, welches im
regelmäßigen Verlauf des Processes zuerst gefriert und die
äußere Schichte des künftigen Eisblockes ansetzt. Nach einer
Periode, wir wollen sagen von 12 Stunden, ändert man die
Stromrichtung der Salzlösung, indem man den letztgenannten
Kasten von einem auf die niedrigere Temperatur gekälteten Strom
umkreisen läßt, dessen eigene Temperatur dadurch auf –
2° steigt, und nach weiteren 12 Stunden von einem Strom,
dessen Temperatur auf – 5,5° herabgesunken ist.
Schließlich gibt ein Strom vom höchsten Kältegrad dem Eisblock
seine Vollendung. Auf diese Weise sind plötzliche
Temperaturveränderungen in den verschiedenen Stadien der
Eisbildung vermieden, und es wird dadurch ein sowohl in
ökonomischer Hinsicht, als auch hinsichtlich der Dauerhaftigkeit
günstiges Resultat erzielt.
Um die Eisblöcke, welche von einer bis auf – 6°
erkalteten Salzlösung umgeben sind und daher fest an ihren
Zellen haften, herausnehmen zu können, müssen die Zellen erwärmt
werden. Da es aber kostspielig wäre, die umgebende Salzlösung
mit zu erwärmen, so sind noch zwei besondere Behälter (g und h)
angeordnet, einer zur Aufnahme der kalten, der andere zur
Aufnahme der warmen Salzlösung. Eine Speisepumpe (s) pumpt die warme Salzlösung in den
Behälter der Gefrierzellen, und zwar von oben auf die kalte
Lösung, welche, ohne sich mit der warmen Lösung zu mengen, durch
eine passend angebrachte Ausflußröhre in den für sie bestimmten
Behälter abfließt. Das Steigen eines im Abflußrohr angebrachten
Thermometers bis zu einem gewissen Punkte dient dem
Beaufsichtigenden als Zeichen, daß nun die Eisblöcke von den
Zellenwänden losgeschmolzen sind und herausgehoben werden
können. Ist letzteres geschehen, so wird die Speisepumpe wieder
in Thätigkeit gesetzt, um die warme Salzlösung aus dem
Gefrierkasten zu entfernen und gleichzeitig die kalte Lösung in
denselben zurückzupumpen. Hierauf wird die Verbindung mit den
Circulationspumpen wieder hergestellt und der Gefrierproceß von
Neuem eingeleitet. In Folge dieser Einrichtung werden bei jeder
Herausnahme einer Reihe von Eisblöcken mindestens 2t an Kälte übertragender
Salzlösung gespart.
Ein anderer wichtiger Punkt ist die Production klaren Eises. Das
Wasser absorbirt bekanntlich eine Quantität atmosphärischer
Luft, welche beim Krystallisiren beseitigt werden muß (vgl. 1877
224 170). Da die Eistafeln von den äußeren Flächen aus gegen
das Innere hin gefrieren, so bleibt das Wasser im Mittlern
Theile der Zellen bis beinahe zur Beendigung des Processes
flüssig. In diesem Theile befindet sich ein Zinkrechen in
fortwährend auf- und niedergehender Bewegung, bis er endlich
beim Erstarren des innern Kernes oben auf dem Blocke liegen
bleibt; letzteres ist dadurch ermöglicht, daß der Rechen zwar
durch eine mechanische Kraft gehoben wird, jedoch vermöge seines
eigenen Gewichtes niederfällt. Da auf diese Weise die Eisbildung
nur langsam vor sich gehen kann, so ist der Eisblock vollkommen
klar. Die Abwesenheit der Luftbläschen trägt zur Dichtigkeit des
Eises bei und macht, daß dasselbe dem Schmelzen
unter atmosphärischem Einflusse länger widersteht. Die
systematische Verlangsamung der Eisbildung setzt bei einer
täglichen Production von 22 bis 23t Eis, wobei gleichzeitig
ungefähr 200t Wasser in
der Behandlung sind, ausgedehnte Räumlichkeiten voraus. Der
Brennmaterialaufwand zur Erzeugung von 8t Eis beträgt 1t Kohlen.
(Nach Engineering, Juni 1877 S.
480.)
A. P.